Protocol of the Session on December 12, 2013

Das ist sehr schade. Ich hätte sonst gern gesagt, dass wir einen anderen Punkt gern genauer betrachten würden. Das betrifft die Versammlungsfreiheit. Das werde ich dann im Ausschuss erklären. Die Andeutungen bringen aber schon zum Ausdruck, in welche Richtung das geht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Rede von Herrn Günther weiß ich kaum noch, was man dem hinzufügen könnte. Ich sage das ungern, aber ich teile viele Ihrer Positionen.

Ich muss gestehen, ich tanze gerne, wenn auch nicht zwingend an Feiertagen. Meines Erachtens brauchen wir keine Lockerung des Tanzverbotes.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Mir reichen die anderen 363 Tage im Jahr dafür. Gleichwohl gibt es unterschiedliche Positionen dazu in unserer Fraktion. Man kann alljährlich am Gründonnerstag bei Twitter verfolgen, dass in unserer Fraktion die Positionen dazu unterschiedlich sind. Vielleicht kommt das heute auch noch in einem Dreiminutenbeitrag zum Ausdruck.

Für mich stehen Feiertage nicht rückwärtsgewandt in der Tradition unserer Kultur, sondern für mich sind Feiertage auch Zeiten des Innehaltens und der Stille. Ich halte deshalb auch die stillen Feiertage für schützenswert und richtig.

Meines Erachtens führen wir eine gesellschaftliche und eine Wertedebatte. Eine ähnliche Debatte führen wir immer wieder auf Parteitagen zu Ladenöffnungszeiten.

Im Radio wünschte mir heute Morgen ein Shopping-Center in Niedersachsen „Merry Shopping“. Da muss man sich schon fragen, welche Werte wir in dieser Gesellschaft voranbringen wollen. Für mich stehen deshalb die stillen Feiertage in der Tradition von bestimmten Werten, die wir pflegen.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage beziehungsweise -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer zu?

Liebe Kollegin, Sie haben vorhin angesprochen, dass Sie Ruhe und Stille an Feiertagen für schützenswert halten. Der Kollege Günther hat gesagt, dass die Gottesdienste an diesen Tagen schützenswert seien. Können Sie mir bestätigen, dass es auch nach unserem Gesetzentwurf beim besonderen Schutz der Ruhe und der Gottesdienste bleiben würde, dass es also nur um Veranstaltungen geht, die niemanden stören und die nach außen hin vielleicht gar nicht bemerkbar sind?

- Ich stelle nicht infrage, dass Gottesdienste dadurch geschützt werden. Ich widerspreche aber Ihrer Voraussage, dass Veranstaltungen wie zum Beispiel das Osterfeuer - Entschuldigung, es geht um das sogenannte Osterfeuer; denn am Karfreitag kann man schwerlich ein Osterfeuer entzünden, niemanden stören.

Es wird unterschiedlich eingeschätzt, ob sich jemand von solchen Veranstaltung gestört fühlt. Sie behaupten, niemand fühle sich dadurch gestört. Ich sage, mindestens eine Person fühlt sich dadurch gestört. Ich könnte mir vorstellen, dass sich durch eine Veranstaltung mit bis zu 5.000 Besuchern, die bis in den Morgen hinein Party gemacht haben, vielleicht der eine oder andere Mensch gestört gefühlt hat.

Frau Abgeordnete von Kalben, es gibt das Bedürfnis einer weiteren Zwischenfrage beziehungsweise -bemerkung des Abgeordneten Dr. Breyer.

(Peter Eichstädt)

Frau Kollegin, würden Sie es für ausreichend halten, dass immer dann, wenn sich jemand von einer Veranstaltung gestört fühlt, diese zu verbieten ist? Entspricht das Ihrem Freiheitsverständnis?

- Das kann immer sein. Deswegen gibt es auch ein Immissionsschutzgesetz, um Menschen vor Lärmbelästigungen und so weiter zu schützen. Mir geht es aber darum, dass es ein gesellschaftlicher Wert sein kann, dass an zwei, drei oder fünf Tagen im Jahr in Schleswig-Holstein ein höheres Maß an Ruhe herrscht. Ich halte das für vertretbar.

Es gibt auch bei uns unterschiedliche Positionen dazu. Ich persönlich halte das für ein legitimes Interesse der Menschen, die an diesen Tagen still gedenken wollen. Das sind nicht nur religiöse Menschen. Das kann auch den Volkstrauertag betreffen, der nicht mehr zum Gedenken der Helden da ist, sondern der darauf abzielt, Opfer zu schützen. Das kann zum Beispiel auch am Totensonntag sein, wenn man zum Beispiel Angehörige verloren hat. Ich finde, dass man an diesen Tagen ein höheres Gut ansetzen kann.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Praktisch an den Zwischenfragen ist, dass man die Rede der Hälfte der Zeit schafft.

Die Gesetzesnovelle 2005 war ein Aufeinanderzubewegen. Vorhin wurde gesagt, in Schleswig-Holstein hätten wir die restriktivsten und schlimmsten Regelungen. Mein Kollege hat vorhin schon ausgeführt, dass dem nicht so ist. Es mag sein, dass wir hierzu unterschiedliche Quellen haben. Unsere Recherchen haben aber ergeben, dass wir definitiv nicht an der Spitze stehen. Insofern sehe ich nicht, dass wir etwas lockern müssen.

Sie können natürlich sagen: Die paar Stunden machen den Kohl auch nicht fett. Man kann ja noch den Rest des Jahres feiern. Man kann auch den Rest des Tages still in seiner Wohnung gedenken.

Das stimmt. Andersherum kann man aber genauso argumentieren. Wenn es keinen Unterschied macht, dann kann man es auch so lassen, wie es ist, weil es dann auch nicht darauf ankommt, ob man bis um vier oder bis um sechs feiern kann. Ihre Argumentation, dass das nicht notwendig sei, bedeutet für

mich, dass eine Gesetzesänderung auch nicht notwendig ist.

Deshalb werden wir mehrheitlich einer Gesetzesänderung nicht zustimmen. Auch wir werden die Abstimmung in unserer Fraktion freigeben. Ich bin gespannt, wie die zweite Lesung in diesem Haus enden wird. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass ich es etwas komisch finde, dass Sie davon sprechen, dass Sie die Abstimmung in der Fraktion freigegeben haben. Bei uns ist die Abstimmung immer freigegeben.

(Unruhe)

- Das war schon immer so. Wir haben aber die Prozesse anders gestaltet. Das ist der entscheidende Punkt.

Herr Kollege Andresen, es ist schwierig, wenn wir unseren Besuchergruppen erklären, es gebe keinen Fraktionszwang, an dieser Stelle aber davon reden, dass wir die Abstimmung freigeben. Das ist ein bisschen merkwürdig, finde ich.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, darum geht es aber nicht. Es ist mittlerweile fast schon ein Ritual, dass wir alljährlich zu Ostern - zumindest in der Presselandschaft - eine Diskussion über die Lockerung des Tanzverbots am Karfreitag führen. Ich gebe freimütig zu, dass ich daran nicht immer ganz unbeteiligt war. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, dass ich heute für meine Fraktion zu diesem Thema reden darf oder muss. Herr Dr. Dolgner, das liegt aber nicht daran, dass ich der beste Tänzer in der Fraktion wäre. Insofern ist es ganz erfrischend, dass wir im Dezember abseits des vorhin genannten Termins darüber diskutieren können.

Herr Dr. Stegner, pubertäre Provokationen, die Ihnen ja fremd sind, wie Flashmobs und andere Dinge, sind bei diesem immer noch emotionalen Thema unangebracht. Auf der anderen Seite wäre es förderlich, wenn sich die Hüter dieser Regelungen

von ihrer teilweise doch recht eingefahrenen Argumentation ein Stück weit lösen würden. Schon der alte Heraklit hat gesagt: Nichts ist so beständig wie der Wandel.

Frau von Kalben, in allen Ehren: Sie empören sich darüber, dass Einkaufscenter „Merry Shopping“ wünschen. Es ist schon ein bisschen merkwürdig, wenn man sich darüber aufregt, dass Shoppingcenter zum Einkaufen aufrufen.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, viele Bürgerinnen und Bürger und auch Abgeordnete meinen, dieses Thema sei völlig unwichtig, da es sich nur um wenige Tage im Jahr handele und dieses Verbot deshalb nicht so schlimm sei. Das ist aus meiner Sicht ein Übertünchen einer mangelnden Argumentation. Insofern sollten wir uns vergegenwärtigen, dass es bei dieser Debatte im Wesentlichen um einen interessanten und nicht ganz unwichtigen Kern geht, Frau von Kalben.

Letztlich geht es um die Frage, aus welchen Gründen und zu welchen Anlässen der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern Vorschriften machen sollte oder eben nicht. Obwohl ich kirchensteuerzahlender Protestant bin, empfinde ich es als anmaßend und kleinlich, erwachsenen Menschen an bestimmten Tagen das Tanzen in geschlossenen Räumen oder Veranstaltern den Geschäftsbetrieb zu verbieten.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Das finde ich relativ anmaßend, wenn dabei doch niemand gestört wird.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Herr Dr. Stegner, es gibt die räumliche Distanz. Das kommt uns beiden häufig zugute. Deswegen ist das ja auch kein Problem.

Herr Abgeordneter Vogt, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner?

Ja, herzlich gern.

Lieber Herr Kollege Vogt, habe ich Sie richtig verstanden, dass einer der zentralen Freiheitskämpfe dieser Zeit darin besteht, Menschen an drei Tagen im Jahr nicht etwa das Tanzen zu ermögli

chen, sondern dieses Freiheitsrecht im öffentlichen Raum auszuüben? Ist das aus Ihrer Sicht ein vordringliches Ziel von Freiheitskampf in der heutigen Zeit? Finden Sie das richtig?

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Auch schon mal schlauere Fragen gestellt!)