Protocol of the Session on November 22, 2013

Wir haben nicht gesagt, dass wir einen fertigen Aktionsplan vorlegen, sondern wir bekennen uns dazu, dass wir einen Aktionsplan wollen, der mit Leben gefüllt wird.

(Zurufe CDU)

- Frau Franzen, Sie können sich gern wieder hinsetzen. Ich sage Ihnen ganz klar: Der Aktionsplan in Rheinland-Pfalz - so, wie ich Sie kenne, haben Sie ihn sich sicherlich angeguckt - ist ein dickes Buch mit 90 Seiten, in dem konkret für jedes Ministeri

um, für jeden Bereich drinsteht, was gemacht werden soll. Ich bin mir ganz sicher, dass unsere Sozialministerin Kristin Alheit das sehr gut auf den Weg bringen wird. Wir werden einen Aktionsplan haben. Sie sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.

Sie haben gerade eben die Weiterentwicklung der Förderzentren zu Kompetenzzentren gelobt. Das gilt auch für den Kollegen Kubicki. Das freut mich sehr. Dann sind wir ja wieder beieinander, und Sie haben die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Dr. Bohn, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung?

Nein.

Dann gehen wir jetzt in der Rednerliste weiter. Für die FDP-Fraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Anita Klahn das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Bohn, ich muss an dieser Stelle auf das eingehen, was Sie gerade eben gesagt haben. Ich bedaure zutiefst, dass dieser Klang in diese Debatte hineingekommen ist; denn Sie sollten eigentlich wahrgenommen haben, dass wir, was das Thema Inklusion betrifft, eigentlich immer alle an einem Strang gezogen haben, und zwar im Sinne der Menschen mit Behinderung.

Ich möchte auch ganz deutlich sagen: Der Vorwurf, den Sie der Kollegin Franzen gegenüber gemacht haben, ist völlig ungerechtfertigt; denn Frau Franzen weiß aus ganz persönlicher Erfahrung, was es heißt, mit einem Menschen, der eine Behinderung hat, leben zu müssen und im Alltag zu bestehen.

(Vereinzelter Beifall CDU - Zuruf SPD)

- Sie können es formulieren, wie Sie wollen. Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, als sich verbal über Formulierungen zu ereifern, dann ist das auch recht schwach.

Meine Damen und Herren, als ersten großen Erfolg möchte ich herausstellen, dass wir es geschafft ha

(Dr. Marret Bohn)

ben, die Beratung dieses Themas auf Freitagmorgen, 10 Uhr, und nicht auf Freitagnachmittag, 16 Uhr, zu terminieren. Ich denke, es ist schon ein dickes Dankeschön an den Ältestenrat wert, dass das geklappt hat.

Da wir bei den Dankesworten sind: Ich möchte mich im Namen der FDP-Fraktion bei Herrn Dr. Hase und seinem Team für den vorliegenden Bericht, vor allem aber für die im Berichtszeitraum geleistete Arbeit ganz herzlich bedanken. - Ihr dürft gern klatschen!

(Beifall FDP)

Der Bericht ist wie immer ein beeindruckendes Dokument und unterstreicht die Notwendigkeit der unabhängigen Aufgabenwahrnehmung im Interesse der Menschen mit Behinderung. Das haben Sie, Herr Dr. Hase, und Ihre Mitarbeiter immer wieder unter Beweis gestellt. So sind Ihre Anregungen, aber auch Ihre konstruktiven Kritikpunkte parteiübergreifend aufgenommen worden.

Benachteiligungen in allen Lebensbereichen prangern Sie nicht an, sondern Sie hinterfragen. Sie bieten auch pragmatische Lösungen an, und Sie suchen kontinuierlich das persönliche Gespräch mit allen Beteiligten. Hartnäckig fordern Sie die Umsetzung von wohl formulierten politischen Aussagen, gleich, welcher Fraktion. Dafür danke ich Ihnen persönlich.

Ich begrüße an diese Stelle exemplarisch Ihre kritischen Anmerkungen zur Umsetzung des Inklusionsgedankens an Schulen. Wir Liberale sehen wie Sie einen dringenden Diskussionsbedarf zur Definition und der daraus abzuleitenden Ausgestaltung inklusive der Bereitstellung der personellen und sächlichen Ressourcen. Dies ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass wir Ihre Forderung, den Ressourcenvorbehalt aus dem Schulgesetz herauszunehmen, mittragen.

An erster Stelle der Handlungsempfehlungen finden wir die Aufforderung des Landesbeauftragten zur Erstellung eines Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention für Menschen mit Behinderung. Diese Anregung greift die Küstenkoalition mit dem vorliegenden Antrag auf. Allerdings entspricht dieser Antrag wieder einmal dem typischen Aktionismus der Koalition;

(Unruhe - Glocke Präsident)

denn das, was Sie eben formuliert haben, Frau Kollegin Bohn, Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst beziehungsweise in den Ministerien

einzustellen, ist eine Aufgabe, die der Dienstherr mit beeinflussen und steuern kann.

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP])

Also: Tun Sie es doch einfach. Dafür brauchen Sie keinen Aktionsplan.

Die Landesregierung wird beauftragt, einen Plan zu erstellen. Vorher wird die Kultur des Dialogs mit öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen dargestellt, stereotyp nach dem Motto: Wir reden mit allen; wir lassen niemanden zurück.

Was aber kommt dann? Sind wir in Schleswig-Holstein nicht schon viel weiter? Ich kann ja verstehen, dass Sie noch ein Papier für die Ewigkeit verfassen möchten. Aber ich möchte auch daran erinnern, dass es ein Gesamtkonzept der Politik für Menschen mit Behinderung aus dem Jahre 2008 gibt, welches sich natürlich an der UN-Konvention orientiert und verschiedene Leitprojekte beschreibt. Es ist mir ein Rätsel, warum dieses beziehungsweise die geleistete Arbeit im Koalitionsantrag nicht erwähnt wird. Mein Vorschlag ist, auf dieser Basis zu analysieren, zu hinterfragen und zu prüfen, was gemacht wurde und mit welchem Erfolg.

Uns Liberalen ist es wichtig, konkrete Maßnahmen weiter voranzubringen. Es ist völlig gleich, ob es Gesamtkonzept oder Aktionsplan heißt. Wichtig ist mir, dass wir die bislang gute Arbeit im Bereich der Inklusion und Integration fortführen. Ich sage Ihnen eines: Der Prozess des gesellschaftlichen Wandels ist im Gang. Die Kommunen brauchen aber Hilfe bei der Umsetzung, auch in finanzieller Hinsicht. Da lassen Sie die Kommunen mit der Änderung des FAG doch ziemlich allein.

(Beifall Heike Franzen [CDU])

Wenn die Zielsetzung allen Beteiligten klar ist, wo sind dann Ihre konkreten Maßnahmen, die uns dahin führen? Sie haben uns in der letzten Legislaturperiode doch stereotyp dazu aufgefordert. Sie regieren jetzt seit 18 Monaten. Sie hätten also schon viel Zeit gehabt, ganz konkrete Anträge zu stellen und nicht nur diesen armseligen Antrag - ich benutze dieses Wort wirklich auch gern -,

(Beifall CDU)

in dem einfach nur ein Aktionsplan gefordert wird, ohne konkrete Anhaltspunkte zu nennen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie oft kann man sich in einer Rede eigentlich widersprechen?)

(Anita Klahn)

- Darüber können wir uns auch einmal unterhalten. Das hat Ihre Kollegin rhetorisch wunderbar geschafft.

Bitte kommen Sie zum Ende!

Sie haben nicht registriert, dass wir ambulant vor stationär bei der Eingliederungshilfe umgesetzt haben. Es ist Ihre Regierung, die keine Veränderung vorhat. Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen nachgefragt. Es wurde uns deutlich gesagt, dass alles beim Alten bleibt. Darüber können wir uns gern im Sozialausschuss unterhalten. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Aber wir finden, das ist zu wenig. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem an dieser Stelle schon mehrfach formulierten Dank an Herrn Dr. Hase schließe ich mich für meine Fraktion natürlich an. Das ist keine artige Pflichtübung, sondern das machen wir gern.

(Beifall PIRATEN und FDP)

Ihr Tätigsein beschränkt sich ja nicht nur auf den Bericht, sondern auf das Wirken für die Menschen in diesem Land generell. Und - das muss ich einmal sagen - Sie können auch wohltuend einschüchternd wirken. Dafür danke ich Ihnen auch.

Wie Sie mir und anderen in diesem Hause unnachahmbar klar gemacht haben, reicht es nicht, sich in Sonntagsreden für die Inklusion auszusprechen, sondern Taten müssen her. Wer etwas tun will, der ist gut beraten, es planvoll zu tun.

Sie, Herr Dr. Hase, haben hier vor wenigen Wochen erklärt, welchen Plan Sie haben - Sie nennen es Aktionsplan - und was er bewirken soll. Da waren Sie so konkret, wie wir es von Ihnen auch gewohnt sind.

Der Antrag der Koalition ist demgegenüber unkonkret. Ich muss ganz klar sagen, Frau Kollegin Pauls: Antrags-Telepathie kann nicht Einstellungsvoraussetzung für das Abgeordnetendasein sein.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Hätten Sie nur eines der Beispiele, die Sie in Ihrer Rede genannt haben, hineingeschrieben, wäre es viel konkreter und nachvollziehbarer für uns alle geworden. So hat es mich an die Situation erinnert: Sie machen Ihr Auto an, fahren mit einem Navi, das Sie an der Scheibe haben, los. Es ist schön, unterwegs zu sein, nur wohin, wissen wir nicht!

Einig sind wir uns alle darin, dass etwas passieren muss. Tolle Forderungen, die das eigentlich Selbstverständliche formulieren, haben wir genug, nicht zuletzt auch in der EU-Behindertenrechtskonvention. So richtig etwas passiert ist bei uns in Deutschland trotzdem nicht viel.

Die Teilhabe am Leben, so wie wir Menschen ohne Einschränkung es gewohnt sind und für selbstverständlich halten, ist Menschen mit Einschränkung auf dem Niveau, das vereinbart ist und das die allen Menschen zustehenden Menschenrechte umfasst, noch nicht möglich. Auch wir in diesem Haus haben uns da nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zu oft haben wir die Debatte zum erstatteten Bericht vertagt, als dass man uns tatsächlich den ernsthaften Willen, sich zu kümmern, attestieren könnte.