Um die Kommunen zu unterstützen, wird die Landesregierung im nächsten Jahr 2 Millionen € für die Herrichtung von anerkannten Unterkünften bereitstellen. Parallel dazu überarbeiten wir gegenwärtig den Erlass mit den Regelungen zur Anerkennung von Unterkünften für Asylbegehrende. Unter anderem werden wir künftig Mindeststandards vorgeben.
Um besonders betroffene Kommunen zu entlasten, haben wir uns um Mittel eines Sofortprogramms des europäischen Flüchtlingsfonds zur Bewältigung der stark angestiegenen Asylbewerberzahl beworben.
Ein weiterer Schritt ist der Spracherwerb. Beim Zugang zu Sprachkursen ist das Land zweigleisig aktiv. Die Landesregierung hat eine Bundesratsinitiative zur Öffnung von Integrationskursen für Asylsuchende und Geduldete auf den Weg gebracht, die deutlich weiter geht als die Entwürfe anderer Länder und hoffentlich noch im Dezember im Bundesrat behandelt wird.
Darüber hinaus hat das Land in diesem Jahr 50.000 € für die sprachliche Erstorientierung von Flüchtlingen bewilligt, die wir durch EFF-Mittel in gleicher Höhe ergänzen konnten. Sieben Kurse starten in diesem Jahr beziehungsweise sind gerade angelaufen. Träger der Kurse sind die Volkshochschulen. Im nächsten Jahr werden wir dieses Angebot als Land mit 150.000 € fördern und damit landesweit weitere Kurse anbieten können.
Für Kinder heißt die erste Station in der schleswigholsteinischen Gesellschaft: Besuch von Kindergarten oder Schule. Für alle Kinder, die in SchleswigHolstein wohnen, auch für Flüchtlinge, unbegleitete Minderjährige und Kinder ohne gültige Aufenthaltspapiere bestimmt das Schulgesetz die Schulpflicht. Zur Sicherstellung der sprachlichen Förderung haben sich zahlreiche Schulen zu DaZ-Zentren verbunden. Es gibt derzeit 67 solcher Zentren für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache mit 220 Lehrerplanstellen. Ein großes Problem ist nicht nur bei den Flüchtlingen die schulische Förderung von Quereinsteigern. Das Bildungsministerium hat dieses Thema aufgegriffen, damit Jugendliche, die am Ende der Schulpflicht oder danach einreisen, hier ihre Bildungskarriere fortsetzen können.
Wie steht es um die Arbeitsaufnahme? - Asylsuchenden sowie Geduldeten kann nach neuem Recht erst dann eine Zustimmung zur Beschäftigungsausübung erteilt werden, wenn sie sich seit neun beziehungsweise zwölf Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhalten. Wie Sie wissen, haben wir weitreichende Regelungen angestrebt, aber dafür keine Mehrheit gefunden. Dennoch hoffe ich sehr, dass mit der neuen Beschäftigungsverordnung mehr Asylsuchende und Geduldete Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Integration.
Das sogenannte Anerkennungsgesetz des Bundes ist 2012 in Kraft getreten. Das schleswig-holsteinische Pendant wurde im August in erster Lesung im Landtag beraten. Wichtiger Baustein bei der Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern ist das IQNetzwerk Schleswig-Holstein, das auch Flüchtlingen offensteht. In Trägerschaft des Flüchtlingsrats zielt es auf eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitssituation von Zuwanderinnen und Zuwanderern ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Arbeit setzt Bewegungsfreiheit voraus. In Schleswig-Holstein gibt es derzeit nach dem Auszug aus der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende grundsätzlich eine räumliche Beschränkung auf das ganze Land. Wir bemühen uns gegenwärtig um Vereinbarungen mit Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, damit sich Asylsuchende auch in diesen Ländern erlaubnisfrei aufhalten können. Auch hier setze ich zukünftig auf bundesweite Regelungen, die Ländergrenzen durchlässiger machen. Das eine oder andere in Berlin bereits Vereinbarte nährt meine Hoffnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Stationen der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen lassen sich nicht chronologisch darstellen. Vieles bewegt Flüchtlinge, kommt aber erst mit der Zeit zum Tragen und findet nicht gleich Lösungen. So ist Familiennachzug für viele Flüchtlinge ein Thema. Über die allgemeinen Regelungen des Aufenthaltsgesetzes hinaus ist der Familiennachzug zu Flüchtlingen, denen die Asylberechtigung oder internationaler Schutz zuerkannt wurden, unter erleichterten Bedingungen möglich. Bei speziellen Aufnahmeregelungen wie Resettlement oder anderen humanitären Aufnahmeaktionen ist die Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft schon Bestandteil der Aufnahmeanordnung.
Ein wichtiges Thema der Koalitionsverhandlungen im Bund war auch die zukünftige Ausgestaltung der Leistungen an Asylsuchende. Im Moment sieht das Asylbewerberleistungsgesetz grundsätzlich nur eine Behandlung akuter Erkrankungen vor. Hier werden wir uns mit dem Ziel angemessener Lösungen intensiv in die Rechtsänderung einbringen. Im Rahmen der Gesundheitsversorgung stehen neben dem Leistungsbezug auch andere Fragestellungen an. Ein Beispiel ist die qualifizierte Psychotherapie für traumatisierte Flüchtlinge.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, das waren einige, aber nicht alle Aspekte der Flüchtlingspolitik der Landesregierung. Jedes der Themen ist komplex und mit anderen verbunden. Im nächsten Jahr werden wir alles in unserem Integrationskonzept zusammenführen. Wir lassen nicht locker. Ich freue mich über den parteipolitischen Konsens, der in diesem Haus zugunsten einer humanitären Flüchtlingspolitik besteht. Das erleichtert mir die Arbeit im Land, aber auch bei den Diskussionen im Bund. - Herzlichen Dank dafür. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 6 Minuten überzogen. Diese Zeit stünde theoretisch auch den Fraktionen zusätzlich zur Verfügung. Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei Ihnen, Herr Minister Breitner, ausdrücklich für den Bericht zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein bedanken.
Beinahe täglich erreichen uns Meldungen über Flüchtlingstragödien im Mittelmeer. Die Menschen, die ungeachtet der widrigen Umstände und der Gefahren, denen sie sich auf ihrer Flucht aussetzen müssen, flüchten, wollen nur eines, eine bessere Zukunft. Die Glücklichen, denen die Überfahrt gelingt, stehen nun in Europa vor weiteren Problemen.
Der Flüchtlingsbeauftragte des Landes, Stefan Schmidt, hat die Situation der Flüchtlinge drastisch, aber zutreffend in einem Interview des Straßenmagazins „Hempels“ auf den Punkt gebracht:
Diese Schicksale spielen sich direkt vor unserer Haustür ab. Wir können und dürfen die Augen nicht davor verschließen. Jeder von Ihnen hat sicherlich kürzlich die Debatte um die sogenannte „Lampedusa-Gruppe“ in Hamburg verfolgt. Die Reaktionen aller Beteiligten offenbaren, in welcher misslichen Lage wir uns befinden. Gewiss war diese Situation einem aktuellen Hintergrund geschuldet, doch sie ist keinesfalls neu. Wir müssen uns angesichts der nicht abreißenden Flüchtlingsströme und der steigenden Flüchtlingszahlen auf europäischer Ebene zwangsläufig auch mit den Umständen hier vor Ort befassen. Das Land, die Kreise und die Kommunen, alle sind betroffen. Herr Minister, Sie haben das ausgeführt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns ist allen bewusst, dass die Situation der Flüchtlinge in unserem Land immer schwieriger wird. Die Flüchtlingszahlen werden absehbar weiter steigen. Ich vermute sogar, dass sie im nächsten Jahr drastisch steigen werden. Damit steigen auch die Unterbringungs- und Betreuungsbedarfe.
Der Flüchtlingsbeauftragte schilderte erst kürzlich anlässlich seiner Zweijahresbilanz einige bisher ungelöste Probleme, darunter auch die der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge in Schleswig-Holstein. Ein altbekanntes Problem, das den Kommunen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, ist schlicht und ergreifend der Wohnungsmarkt, der oftmals keine geeigneten Objekte vorhält, die den Flüchtlingen als Unterkunft dienen könnten. Stattdessen werden den Flüchtlingen zum Teil denkbar unbrauchbare Alternativen zur Verfügung gestellt. Herr Minister, es ist richtig, aber auch euphemistisch zu sagen, dass auch moderne Wohncontainer zumindest als Übergangslösung herangezogen werden können. Als Übergangslösung können sie dies wohl, als Dauerlösung sind sie aber für uns inakzeptabel.
Die Landesregierung, allen voran der Innenminister, ist gefragt, wenn es um die Ausarbeitung vernünftiger und umsetzbarer Lösungsansätze geht. Erst diese Woche war Folgendes zu der Gemeinschaftsunterkunft Schackendorf in den „Lübecker Nachrichten“ vom 16. November zu lesen:
„Innenminister Andreas Breitner hatte im Sommer den Segebergern für die dringend erforderliche Sanierung in Schackendorf Hil
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Handlungsbedarf ist also vorhanden und geboten, und zwar gerade bei den Unterbringungsstandards der dezentralen Einrichtungen. Erst vor einem Jahr haben Sie, Herr Innenminister, in Ihrem Bericht vom 18. September 2012 zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen Folgendes angekündigt:
„Es wird in einem Jahr einen Bericht zur Überarbeitung der Unterbringungsstandards und zur Umsetzung geben.“
Der 18. September 2013 ist längst vorbei. Herr Innenminister, wir haben Sie nun zur Berichterstattung gebeten, weil wir an diesem Bericht sehr interessiert sind, den sie anscheinend zumindest bisher nicht in ausreichender Weise bearbeitet haben. Ebenso vermissen wir konkrete Ergebnisse Ihrer neu gegründeten Arbeitsgruppe „Kommunale Aufnahme von Asylsuchenden“. Sie haben in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses am 24. Oktober 2012 ausweislich des Ausschussprotokolls folgendes Fazit zur Unterbringungssituation in Schleswig-Holstein gezogen:
„Es gebe keinen Grund zur Panik. Die Landesregierung plane sehr sorgfältig, sei gut vorbereitet und stelle sich gemeinsam mit den Kommunen auf die Herausforderungen ein.“
Ich möchte Sie ungern beunruhigen, aber dieses Fazit scheint doch von recht optimistischer Natur. Die Einschätzungen des Flüchtlingsbeauftragten zur Situation der dezentralen Unterbringung zeichnen ein anderes Bild. Darüber hinaus sind scheinbar wohlgemeinte Maßnahmen gänzlich ins Leere gelaufen. So sind nach Angaben des Flüchtlingsbeauftragten Sprachkurse in Schleswig-Holstein unterdurchschnittlich, teilweise überhaupt nicht von Flüchtlingen besucht worden, obwohl das Angebot vorhanden war. Herr Innenminister, wir brauchen eine Antwort, denn die Ausweitung von Angeboten ist dann sinnlos, wenn die Angebote nicht angenommen werden. Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, warum die Angebote von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Schleswig-Holstein nicht wahrgenommen werden.
Ich sage Ihnen: Gerade dann, wenn wir eine Integration in den Arbeitsmarkt wollen, ist Sprache die Schlüsselkompetenz. Es kommt zentral darauf an, die Menschen kommunikativ in die Gesellschaft einzugliedern. Das sind auch die Voraussetzungen für eine berufliche und soziale Eingliederung.
Herr Minister, trotzdem ich anerkenne, dass Sie sich um die Belange der Flüchtlinge in diesem Land bemühen. Wie Sie bin ich froh, dass wir uns zumindest in diesem Haus und anders als in anderen Parlamenten nicht über die Grundsätze einer vernünftigen Flüchtlingspolitik streiten müssen. Es gibt hier ganz wenige Ausnahmen. Ich sehe jetzt nicht den Kollegen Lars Harms an, weil Sie die Ausnahme sind, Kollege Harms, sondern weil ich nicht woanders hinblicken möchte. Jedenfalls gibt es hier einen breiten Konsens dahin gehend, dass wir mit denjenigen, die in unserem Land Asyl suchen oder als Flüchtlinge zu uns kommen, vernünftig umgehen müssen.
Die zusätzlichen Mittel, die nun nachträglich über die Änderungen zum Haushalt den Gemeinden für die Unterbringung der Flüchtlinge zukommen sollen, sind ein richtiger Schritt. Dennoch möchte ich, dass Sie auch die qualitative Verbesserung der Unterbringung im Blick behalten. Die bereits angesprochene Arbeitsgruppe sollte schließlich ihren Namen auch verdienen. Herr Minister, nach Quantität muss Qualität folgen, ansonsten bleiben wir auf halber Strecke stehen. - Ich bedanke mich herzlich.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Breitner, zunächst herzlichen Dank für Ihren Bericht. Ich sage Ihnen vor allem deshalb auch herzlichen Dank, weil wir schon in der letzten Landtagstagung von Ihnen einen Bericht eingefordert haben zur Unterbringung unserer Flüchtlinge in den Kommunen. Dafür haben Sie allerdings noch ein halbes Jahr Zeit. Wir sind sehr gespannt auf Ihren Bericht.
Der Kollege Kubicki hat es eben schon angesprochen: Wir alle werden im Moment täglich konfrontiert mit den Folgen des Flüchtlingselends in der Welt, vor allem im Mittelmeerraum. Wir alle haben
die Bilder des Elends in Syrien und vor allem auch die Bilder des schrecklichen Unglücks vor Lampedusa vor Augen. Wie der Flüchtlingsbeauftragte sehr richtig bemerkt hat, waren diese nur weitere Bilder eines Unglücks vor Lampedusa; denn alle diese Unglücke sind keine Einzelfälle, und das wissen wir alle schon seit Jahren.
Hier ist Politik gefragt. Ich denke, das ist auch angekommen und war so auch in allen Diskussionen wahrzunehmen. Dieses Problem ist allerdings nicht allein auf Landes- und Kommunalebene zu regeln, sondern ganz im Gegenteil: Hier sind in erster Linie die EU gefragt und natürlich auch unsere Bundesgesetzgebung.
Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse, die der Rat der Innenminister der EU-Mitgliedstaaten uns vorlegen wird. Die Ergebnisse der Taskforce werden wir im Dezember 2013 bekommen. Es bleibt nur zu hoffen, dass man hier zu Lösungen kommt, die auch Ergebnisse zur Folge haben. Um diesem Elend Herr zu werden, brauchen wir eine europäische Lösung, die vor allem auch die Anrainerstaaten der EU einbezieht sowie die Herkunftsstaaten der Flüchtlinge. Ich denke, das ist uns allen bekannt.
Auf Bundesebene - der Minister hat es angesprochen - wird ebenfalls intensiv diskutiert. Auch in den Koalitionsverhandlungen ist die Flüchtlingspolitik ein Thema und nimmt einen großen Raum ein. Hier werden Themen diskutiert, die auch wir im Landtag schon mehrfach angesprochen hatten, zum Beispiel die Verkürzung der Asylverfahren, an der sehr intensiv gearbeitet wird. Ich hoffe sehr, dass man hier zu Lösungen kommt, die uns weiter nach vorne bringen werden; denn unsere Asylverfahren sind nach wie vor viel zu lang.
Ebenfalls wurde der erleichterte Zugang zu Deutschkursen angesprochen. Ich wäre sehr erleichtert, wenn wir hier wirklich zu praktikablen Lösungen kommen würden; denn wir alle wissen aus der Praxis: Die Flüchtlinge kommen hier an, sind in Neumünster für etwa vier Wochen, werden dann auf das Land verteilt, sind in den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und erhalten dort häufig Deutschunterricht, allerdings auf rein ehrenamtlicher Basis, die fast nicht planbar ist. Ich bedanke mich bei all denen, die sich auf diese Weise sehr engagieren.