Protocol of the Session on November 21, 2013

Es gibt auch keinen Dissens darüber, dass wir eine Dokumentationspraxis brauchen. Auch das ist notwendig und muss nach den rechtlichen Vorgaben gewisse Mindeststandards erfüllen.

(Beifall PIRATEN)

Und es gibt keinen Dissens darüber, dass wir anerkennen, dass eine Entbürokratisierung der Pflege auch etwas mit der Attraktivität des Berufs an sich zu tun hat. Wer Menschen pflegen will, will keine Papiere ausfüllen. Sie hatten es ausführlich und richtig dargestellt, Frau Bohn: Das sollen Pfleger sein und keine Dokumentationsassistenten.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich das, was Sie an weiteren Maßnahmen im Ministerium vorhaben. Ich hoffe, dass wir im Frühjahr mit belastbaren Thesen gute Beratungen führen, die zielführend sind und möglichst schnell helfen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für den SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Thema Pflege ist für die Landespolitik aus guten Gründen ein Dauerbrenner. Wir können alle beruhigt sein: Die rot-grün-blaue Regierung arbeitet hier mit mindestens so großem Engagement an einer bedarfsgerechten Versorgung wie ihre Vorgänger.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist auch dringend nötig, denn eins lässt sich nicht von der Hand weisen: Eine wirklich menschenwürdige Pflege zu organisieren, ist und bleibt eine enorme Herausforderung. Ich denke, für Schuldzuweisungen oder gar Vorwürfe ist hier weder Zeit noch Raum.

Weil wir Menschen immer älter werden und damit auch die Zahl der Pflegebedürftigen unter uns wächst, sollten wir uns alle gemeinsam auf diese große Herausforderung konzentrieren. Sicher spielen Themen wie die Dokumentation oder die Auf

(Wolfgang Dudda)

sichts- und Prüfaktivitäten im Pflegebereich eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Versorgung bedarfsgerecht zu gestalten. Deshalb haben wir auch konkrete Maßnahmen in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, die zur Entlastung der Pflegefachkräfte führen.

Dokumentationsaufgaben sollen spürbar reduziert und Doppelstrukturen abgebaut werden. Das spart nicht nur Geld, sondern vor allem wertvolle Zeit, die dringend den Pflegebedürftigen zugute kommen muss.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Aufstockung der Zahl der landesseitig geförderten Ausbildungsplätze in der Altenpflege wird zur Sicherung der Versorgung beitragen. Hier führen wir die Politik von CDU und FDP konsequent fort.

Wenn wir schon bei der reinen Zahl der professionell Pflegenden sind, dann muss auch auf das gelöste Problem bei der Finanzierung der Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege hingewiesen werden. Ich denke, dass wir mit diesen Maßnahmen zumindest beim zahlenmäßigen Verhältnis zwischen Pflegebedürftigen und Pflegefachkräften auf einem guten Weg sind. Diese Entwicklung ist, für sich genommen, natürlich erst einmal positiv.

Doch wenn ich ehrlich bin, dann macht mich diese Tatsache nicht wirklich glücklich und zufrieden. Denn seit Jahren erleben wir die zunehmende Verkürzung der Pflegediskussion auf rein quantitative Kriterien. Man fragt sich fast nur noch, wie viele Pflegebedürftige zu erwarten sind, und danach, wie viele Pflegekräfte benötigt werden, um diesen Bedarf zu decken.

Kein Zweifel: Für sich genommen sind das durchaus wichtige Fragen. Aber wenn Pflege menschlich sein und bleiben soll, dann reicht das nicht. Dann geht es eben nicht nur um die reine Erhöhung der Zahl derer, die in der Pflege arbeiten. Dann geht es um weit mehr als die bloße Versorgung der physischen Grundbedürfnisse von Pflegefällen. Das sprichwörtliche „satt und sauber“ ist einfach nicht genug. Eine menschenwürdige Pflege braucht vor allem Zeit und Platz für Zwischenmenschlichkeit und Zuwendung.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer im Pflegebereich wirklich im Sinne der Betroffenen handeln und die Pflege nach den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen ausrichten will, der

kommt um einen Punkt nicht herum: Kernaufgabe ist und bleibt es, diesen menschlichen Faktor zu erhalten und nach Möglichkeit sogar auszubauen.

Natürlich sieht auch der SSW die begrenzten Ressourcen und die fehlende Attraktivität des Pflegeberufs. Aber gerade weil die Ressourcen so begrenzt sind, müssen wir sie optimal - damit meine ich im Sinne der Bedürftigen - einsetzen. Und genau das wollen wir tun, indem wir uns dafür einsetzen, dass die Dokumentation in der Pflege auf das Maß beschränkt wird, das für das Patientenwohl nötig ist.

Natürlich ist die Reduzierung der Pflegedokumentation auf ein erforderliches Maß bei Weitem nicht die einzige Maßnahme, die für eine zukunftssichere und hochwertige Pflege nötig ist. Um mehr Menschen für dieses Berufsfeld zu begeistern und die Pflegefachkräfte länger in ihrem Job halten zu können, braucht es mehr: Ein veränderter Personalschlüssel gehört hier genauso dazu wie die höhere Wertschätzung - nicht zuletzt auch durch eine bessere Bezahlung.

Mit Blick auf die Entlastung der professionell Pflegenden müssen wir nicht nur die Akademisierung der Pflege vorantreiben, sondern auch für bessere Weiterbildungsmöglichkeiten sorgen. Denn uns ist nicht nur die höhere Zahl an Pflegefachkräften wichtig; wir halten auch eine hohe Qualität der Pflege durch gut ausgebildete und vor allem motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für absolut unverzichtbar. - Danke.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag gemäß § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat die Abgeordnete Birte Pauls.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne noch einmal mit einigen Zahlen aufräumen. Die Kollegin Rathje-Hoffmann hat gesagt, dass sich 44 % generell gegen einen Beitrag für die Pflegekammer ausgesprochen haben. Das ist zwar richtig, aber es ist nur die Hälfte der Wahrheit.

Die ganze Wahrheit ist nämlich, dass sich 52 % für einen Beitrag ausgesprochen haben. 33 % aller Befragten sind damit einverstanden, zwischen 5 € und 9 € zu bezahlen, 14 % zwischen 10 € und 14 €, 4 % zwischen 15 € und 20 € und sogar 1 % mehr als 20 €. Von den Befürwortern der Pflegekammer sind

(Flemming Meyer)

insgesamt 78 % für einen Beitrag - das noch einmal zu den 44 %, die angeblich alle dagegen sind.

(Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: Ich habe 70 % gesagt!)

- Es tut mir leid. Das gibt diese Befragung leider nicht her.

Frau Abgeordnete Pauls, lassen Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Herrn Tobias Koch zu?

Ich möchte gerne noch einmal einen Satz an Frau Klahn richten.

Danach Herr Koch.

Vielleicht.

(Heiterkeit)

Frau Klahn, Sie sprachen die Prüfrichtlinie an und sagten, dass der Beirat unter der alten Vorgängerregierung unter Herrn Garg eingeführt wurde - richtig. Das passierte alles im April 2012. In diesem Projektbeirat unter der Federführung des Ministeriums sind die Aufsichtsbehörden, die Trägerverbände, der Landesseniorenrat, die LAG Heimmitwirkung und der MDK als Mitglieder einberufen. Das ist Ihre Art und Weise, mit Pflege umzugehen. Wo in aller Welt sind die Pflegenden in diesem Bereich?

(Beifall SPD)

- Sie waren nicht einbezogen. Das ist Ihre Art und Weise, mit Pflegenden umzugehen. Das ist das beste Argument für eine Pflegekammer. - Danke schön.

Herr Abgeordneter, die Überlegungen der Abgeordneten Pauls haben offensichtlich zu dem Ergebnis geführt, keine -

(Heiterkeit)

Dann haben Sie die Chance, nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu sprechen.

(Beate Raudies [SPD]: Prozentrechnung!)

Das Stichwort war in der Tat „Prozentrechnung“. Frau Raudies, vielen Dank, da konnte ich mich gerade nicht zurückhalten.

(Beate Raudies [SPD]: Dafür haben wir ja Sie, Herr Koch! - Weitere Zurufe)

Prozentrechnung ist nicht jedermanns Sache. Aber ich habe bei diesem mir vollkommen unbekannten Thema Folgendes verstanden: 51 % der Befragten haben sich für eine Pflegekammer ausgesprochen. 78 % von diesen 51 % haben sich für eine Beitragspflicht ausgesprochen. Damit stellt sich die Frage: Wie viele der Befragten sind für Pflegekammer und Beitragspflicht gleichermaßen?

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Gut 39 %!)

Beides gehört zusammen und ist untrennbar miteinander verbunden. Ich konnte die Zeit nutzen und habe mit meinem Handy nachgerechnet. 39,78 % sind also für eine Pflegekammer.

(Serpil Midyatli [SPD]: Herr Koch, was ist eine Pflegekammer? - Weitere Zurufe von der SPD)

Das heißt aber, dass knapp unter 40 % für Pflegekammer und Beitrag gleichermaßen sind.