Herr Kollege, der Abgeordnete Patrick Breyer von den PIRATEN würde auch gern mit Ihnen in einen Dialog treten. - Das möchten Sie nicht.
Informationen recherchieren, sich mit ihren Freunden weltweit unterhalten und Sprachen lernen. Sie können aber auch auf pornografische oder gewalthaltige Inhalte stoßen, Opfer von Abzockern werden oder sich in Online-Spielen verlieren.
Das Internet ist - wen wundert es? - Fluch und Segen. Und wir sollten neben allen Gefahren des Internets nicht dessen unglaubliche Vielfalt unterschlagen. Darum warne ich an dieser Stelle auch ausdrücklich vor einer Überregulierung.
Die Notbremse zum Jugendschutz im Rahmen des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrags war richtig, weil die vorgesehenen Regelungen technisch überzogen waren.
Seitdem haben wir aber den äußerst unbefriedigenden Zustand, dass bis zu einem neuen Staatsvertrag die Regelungen aus dem Jahre 2003 weiterhin in Kraft sind. Seitdem hat sich vor allem die mobile Internetnutzung völlig geändert. Doch als Gesetzgeber dürfen wir nicht vor dem enormen technischen Wandel kapitulieren. Darum ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die Fraktion der PIRATEN eine Regelung für dieses Thema anmahnt.
Allerdings betone ich vorab, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Alles, was strafbar ist, wird bereits strafrechtlich verfolgt - Beispiel Cybermobbing. Filmen Schüler, wie ein Mitschüler verprügelt wird, und laden das Filmchen über Youtube hoch und machen es auf diese Weise öffentlich, ist das strafbar und kann nach dem Strafgesetzbuch bei Erwachsenen mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.
Wir reden allerdings nicht über das Strafrecht, sondern über die altersgerechte Nutzung des Internets. Der Jugendmedienschutz setzt hierbei von zwei Seiten an: erstens mittels technischer Schutzvorkehrungen, die die Anbieter betreffen, und zweitens über die Verbesserung der Medienkompetenz der Nutzer. Beides muss parallel laufen.
Zur technischen Seite: Tatsächlich laufen und funktionieren derzeit - im Übrigen auch ohne die anstehende Novellierung im Rundfunkstaatsvertrag - bereits Jugendschutzprogramme im Netz. Das ist Software, mittels derer die Eltern Internetangebote je nach Altersstufe der Kinder freischalten beziehungsweise ungeeignete Inhalte blockieren können. Das ist sozusagen ein Bereich, in dem man eher über Kinder und weniger über Jugendliche redet. Es geht eher darum, dass Eltern für ihre Kinder, die noch nicht mit der Nutzung des Internets vertraut sind, eine Hilfestellung leisten. Wenn es um Ju
Zu diesen Schutzprogrammen hat Jugendschutz.net, die zuständige Internetplattform der Bundesregierung, festgestellt, dass diese Filter bei einem Versuch mit 1.200 Internetseiten zu 80 % zuverlässig sind - eine beachtliche Quote, die international ihresgleichen sucht. Das Problem besteht nun darin, dass nur wenige Eltern die entsprechende Software überhaupt kennen und dementsprechend auch nutzen. Bevor wir uns also in einer Perfektionismusdebatte in Sachen Filterleistung verrennen, müssen wir Sorge dafür tragen, dass mehr Eltern die nötigen Informationen überhaupt bekommen und damit den häuslichen PC kindgerecht gestalten können. Und wie gesagt: Ich betone „kindgerecht“, nicht „jugendgerecht“. Jugendliche schützt man anders, meine Damen und Herren.
Damit kommen wir zum zweiten Aufgabenfeld der Medienkompetenz. Schleswig-Holstein steht bezüglich der niedrigschwelligen Information der Nutzer ausgesprochen gut dar. Das zeigen auch die Antworten auf die Große Anfrage. Kein Kind durchläuft die Schule, ohne dass es über den richtigen und angemessenen Umgang mit dem Internet und den neuen Medien seitens der Schule informiert wird.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche außerschulische Angebote. Eines davon möchte ich herausgreifen. Für Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse ist in den Freizeitheimen der dänischen Minderheit der Internetführerschein eine zwingende Voraussetzung, um die PCs in diesen Einrichtungen nutzen zu können. Bereits die Acht- bis Zehnjährigen lernen auf diese Weise beispielsweise Suchmaschinen kennen, die ihnen altersgerechte Seiten vorschlagen; sie lernen auch den Umgang mit Cybermobbing. Wenn ich von „Acht- bis Zehnjährigen“ spreche, ahnen Sie, wo für uns ungefähr die Grenze liegt, ab der man mit Filterprogrammen nicht mehr weiterkommt, sondern ab der man Erziehung, Aufklärung und Medienkompetenz benötigt.
Viele Grundschüler wissen nämlich mehr über das Internet als wir. Darum sind Veranstaltungen wie der „GameTreff“ im Sommer im Landtag ein tolles Angebot, damit auch wir Politiker einmal lernen, wie Internet beziehungsweise die Internetnutzung in Bezug auf die Jugendlichen überhaupt funktioniert.
Der SSW warnt ausdrücklich davor, die neuen Medien zu verteufeln, auch weil das Verbotene erfahrungsgemäß Kinder und Jugendliche besonders reizt. Die Jugendlichen fühlen sich in der Debatte um einen altersgerechten Umgang mit den neuen Medien sehr oft missverstanden und gegängelt.
Darum ist es gut, dass Schleswig-Holstein in Erweiterung des Kreises der Experten auch die Nutzer anhört und mit ihnen zusammen Lösungen diskutiert. Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass nicht nur Fachverbände, Experten und die Landesregierung im „Netzwerk Medienkompetenz“ vertreten sind, sondern auch der Offene Kanal, in dem viele Jugendliche ihre ersten Schritte vom Nutzer zum Macher tun, und vor allem der Landesjugendring. Denn nur gemeinsam mit den Jugendlichen kann es gelingen, sinnvolle Regelungen und Programme zu entwickeln, die dem jugendlichen Nutzerverhalten entsprechen. Ich glaube, das ist der Kern der Sache.
Wenn es um Jugendmedienschutz und darum geht, etwas Altersgerechtes herzustellen, ist es klug, mit den Jugendlichen und auch mit den Kindern selbst zu sprechen, um herauszufinden, welche Lösung die beste ist. Wenn wir diesen Weg weiter gehen, bekommen wir etwas Vernünftiges hin.
Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer von der Piratenfraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der öffentliche Proteststurm gegen die letzte Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und sein abruptes Ende haben deutlich gemacht, wie wichtig die Öffentlichkeit für den Inhalt der nächsten Novelle sein wird.
Deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet, als der Kollege Oliver Kumbartzky unsere Forderung ein bisschen ins Lächerliche gezogen hat, diese Verhandlungen über einen neuen Vertrag transparent zu gestalten. Herr Kollege Kumbartzky, Ihnen ist vielleicht bekannt: Wenn es diesen Staatsvertrag nicht gäbe und jedes Land seine eigenen Jugendmedienschutzgesetze machte, wären die Beratungen darüber im Plenum und in den Ausschüssen öffentlich. Wir PIRATEN fragen uns: Warum soll die Transparenz komplett entfallen, nur weil mehrere
Länder gemeinsam solche Regelungen aushandeln? Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Wir fordern eine öffentliche Verhandlung.
Diejenigen, die im Verfassungsausschuss sitzen oder sich die Beratungen angehört haben, wissen auch, dass wir schon längst darüber reden, wie wir Vertragsverhandlungen zwischen Ländern transparenter gestalten können.
Ich freue mich darüber, dass alle Kolleginnen und Kollegen dazu gesprächsbereit sind. Ich hoffe, dass wir dabei zu einem guten Ergebnis kommen, um solche Vertragsverhandlungen genauso transparent und demokratisch auszugestalten, wie es im Gesetzgebungsverfahren der Fall ist. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich aus den Ausführungen des geschätzten Kollegen Dr. Bernstein ein bisschen die Hoffnung herausgehört habe, dass man mit Filterprogrammen - egal ob sie einem Provider verordnet oder freiwillig auf privater Basis eingeführt werden - Jugendmedienschutz erreichen könne.
Die letzte Anhörung hat ziemlich deutlich gezeigt: Bestimmte Programme sind erfolgreich; sie filtern 90 %. Das ist eine super Angelegenheit! Das heißt, wenn meine Tochter so alt ist, wird sie zukünftig nur noch jede zehnte Pornoseite ansurfen können. Das ist dann gelebter Jugendmedienschutz, oder wie kann ich mir das vorstellen? - Das ist absurd.
Etwas, was weder der Iran noch China hinbekommen haben, werden wir hier mit unseren rechtsstaatlichen Mitteln schon gar nicht hinbekommen. Ich habe es bereits vor drei Jahren gesagt - das ist immer noch erreichbar -: Ich kann Ihnen beliebige Internetadressen zeigen, die dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht unterliegen, die innerhalb kürzester Zeit rum sind und wo Sie härteste Pornografie und Sonstiges nur mit einer Bestätigung ansurfen können, indem Sie einen Button anklickt, der
lautet: Ich bin 18 Jahre alt. - Dann können Sie sich das anschauen. Die Seitenbetreiber interessiert überhaupt nicht, ob es irgendwelche Filterprogramme gibt oder nicht. Deshalb ist diese Grundidee an sich absurd.
So neu ist das überhaupt nicht. Auch früher war der Jugendmedienschutz nur so gut wie der Schlüssel zu Papas Videoschrank.
Man konnte damals auf die Videokassetten die Aufkleber kleben, die man wollte; da hieß es, bestimmte Filme seien ab 12, 16 oder 18 Jahren freigegeben. Aber manchmal hat ein älterer Bruder einem das besorgt und nicht darüber nachgedacht, was er macht, oder Eltern haben diese Filme, Bücher oder sonstigen Medien herumliegen lassen. Je nach Generation waren das früher Bücher, Schallplatten und so weiter. Meine Eltern besaßen damals noch Singles, die abschließbar waren, mit ganz fiesen Chansons aus den 50er-Jahren.
Heute würde man sie wahrscheinlich im Kindergarten spielen. Unter anderem gab es das Lied „Der Novak lässt mich nicht verkommen“. Das war sogar zensiert. Sie können gern googlen, was das ist.
Völlig unverständlich ist übrigens, dass die gleichen Eltern, die ihre Kinder jeden Meter zur Schule fahren, diese unbegleitet surfen lassen.
Das ist doch der zentrale Punkt: Die Sorge- beziehungsweise Erziehungsberechtigten kann man nicht von den Anforderungen ausnehmen.
Manchmal habe ich bei den Debatten den Eindruck, es gehe nach dem Motto: Lieber Staat, verhindere, dass ich mich um mein Kind kümmere.