Protocol of the Session on November 21, 2013

Meine Damen und Herren, das Internet ist schon heute kein rechtsfreier Raum. Das dürfen wir nicht vergessen. Wir haben einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Wir haben Gesetze, die natürlich genauso im Internet gelten und die auch durchgesetzt werden. Niemand wird sich guten und wirksamen Ideen in den Weg stellen, wenn es darum geht, wie Jugendliche und vor allen Dingen Kinder vor schädlichen Inhalten im Internet geschützt werden können. Klassifizierungen von Seiten, von Blogs und Web 2.0, verbunden mit Alterssperren oder Zeitsperren, zählen nach meiner Überzeugung nicht dazu.

(Vereinzelter Beifall SPD und PIRATEN)

Natürlich kann man den JugendmedienschutzStaatsvertrag novellieren. Dies sollte aber nur geschehen, wenn wirklich eine Perspektive da ist, wie man die damit verbundenen Ziele sinnvoll und wirksam erreichen kann. Diese sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Kollegen Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der aktuelle Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wird den Herausforderungen nicht gerecht; das ist bereits gesagt worden. Aller

dings zeigte sich bei Versuchen zur Novellierung in der Vergangenheit auch politische Ohnmacht.

Ziel muss es sein, Kinder und Jugendliche bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Sicherlich muss die Frage nach sogenannten schädlichen Inhalten für junge Menschen auch mit den Betroffenen stärker diskutiert werden. Es sollte also nicht so sein wie hier, wo Ältere - meine Person inklusive darüber reden und die jungen Leute auf der Besuchertribüne zuhören. Ich glaube aber, dass dieser Schutzcharakter gegenüber Kindern und Jugendlichen etwas aus der Zeit gefallen ist. Natürlich müssen Gefährdungen für Kinder und Jugendliche bewertet werden, und daraus müssen auch Konsequenzen gezogen werden. Aber Medienschutz lässt sich nicht gut über Verbote definieren. Es dürfen aus meiner Sicht keine Strukturen geschaffen werden, die eine Zensur oder Gängelung der Internetkultur ermöglichen. Auch digital muss sich des Dilemmas zwischen Sicherheit und Freiheit kreativ und progressiv angenommen werden.

Erneut wird die Verantwortung zwischen den Akteurinnen und Akteuren hin und her geschoben. Das Problem bei den Anbieterinnen und Anbietern lösen zu wollen, scheitert an der Realität. Das Prinzip der regulierten Selbstregulierung wäre höchstens innerhalb deutscher Grenzen wirksam. Es werden aber nur wenige von Jugendlichen genutzte Inhalte in Deutschland verwaltet. Sinnvoller ist es daher, die Medienkompetenz zu fördern, statt - wie es die Große Koalition heute vorgeschlagen hat; man kann es der Presse entnehmen - Schüler komplett mit Smartphones oder anderen Endgeräten auszustatten. Es ist sicherlich ein populärer Vorschlag, der da diskutiert wird. Aber ich glaube, dass es da auch um andere Ansätze geht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt PIRATEN)

Es geht darum, die Medienkompetenz dauerhaft und strukturiert zu fördern und nicht punktuell an bestimmten Tagen oder mit wohlklingenden Veranstaltungen.

Dazu liefert die Antwort auf die Große Anfrage ein paar Ansätze, auch wenn die Anfrage sicherlich nicht besonders ausführlich beantwortet wurde. Da gebe ich dem Kollegen Bernstein recht. Nichtsdestotrotz steht da beispielsweise drin, dass an der Uni Flensburg eine Professur zu diesem Thema entsteht. Das ist ein Ansatz, den wir als grüne Fraktion auf jeden Fall unterstützen.

Eine ausgeprägte und ständig vermittelte Medienkompetenz, beispielsweise durch Schulen, wirkt

(Peter Eichstädt)

auch dann, wenn die Server der Anbieterinnen und Anbieter in Südamerika oder in den USA stehen. Kinder und Jugendliche müssen auch in der Medienlandschaft fähig sein, sich sicher und selbstbewusst zu behaupten, um vernünftige Entscheidungen treffen zu können. Sie müssen sich der Konsequenzen ihrer Handlungen bewusst werden. Da hilft kein Pop-up, auf dem die Frage, ob man denn 18 sei, mit einem Klick auf „Ja“ beantwortet werden kann.

Ferner müssen auch Grundlagen des Datenschutzes, insbesondere des Schutzes der eigenen Daten, und die Sensibilisierung für dieses Thema bereits in der Schule gelegt werden. Auch dafür gibt es Ansätze, beispielsweise über den Offenen Kanal oder auch von unserem Landesdatenschutzbeauftragten.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung oder Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Stegner?

Ich ahne, zu welchem Thema - ja.

Lieber Herr Kollege Andresen, zur Medienkompetenz, über die wir hier reden, gehört es auch, gelegentlich zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht jede Meldung, die in der Zeitung steht, stimmt.

- Das ist ein interessanter Hinweis von Ihnen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Deshalb haben Sie mir bestimmt ganz genau zugehört und auch gehört, dass ich gesagt habe, dass das ein diskutierter Vorschlag ist, den zumindest wir als grüne Fraktion nicht als zentral in der Frage der Vermittlung von Medienkompetenz betrachten. Irgendjemand wird es in den Raum geworfen haben, sonst würde es auch nicht in der Zeitung auftauchen.

Dieses Thema muss nicht nur bei Schülerinnen und Schülern oder jungen Leuten stärker verankert werden, sondern auch Eltern und Lehrkräfte haben in dieser Hinsicht sicherlich noch nicht ausgelernt. Nur mit dem Wissen, was möglich ist, können verantwortungsbewusste Entscheidungen getroffen werden, denn die fortschreitende Digitalisierung der Kinder- und Jugendzimmer ist und darf nicht aufgehalten werden.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der PIRATEN zeigt durchaus den Willen zu einer Förderung der Medienkompetenz. Ich habe gerade zwei Beispiele genannt. Im Verlauf des Prozesses muss jedoch mit allen relevanten Akteuren eng zusammengearbeitet werden. Es ist auch von dem Kollegen Krumbeck angesprochen worden ich will es auch ausdrücklich sagen -, dass das auch vorher der Fall sein muss, nicht erst dann, wenn ein Vertrag fertig vorgelegt wird. Das ist klar.

Eine Novellierung des JugendmedienschutzStaatsvertrages wird viel Kompromissbereitschaft von allen Seiten abverlangen. Wir müssen auch die Aufgabe ernst nehmen und sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen ergreifen.

Wie sich so etwas entwickeln kann, zeigt beispielsweise auch der Bildungsausschuss, in dem die Kollegin Erdmann zusammen mit Ihnen, Herr Krumbeck, eine Veranstaltung zu diesem Thema organisiert hat. Das sind meiner Meinung nach gute Ansätze. Es steht uns als Parlament gut zu Gesicht, in dem Bereich weiter aktiv zu sein. Ich glaube nämlich, dass so etwas viel mehr bringt als irgendein Staatsvertrag. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat der Kollege Oliver Kumbartzky von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Genauso ist es, Herr Stegner. Ich rede immer, wenn Herr Dr. Habeck redet. Deswegen habe ich es mir ganz einfach gemacht und mir auch diesen Tagesordnungspunkt gegriffen.

Apropos einfach machen: Die PIRATEN haben es sich einfach gemacht, indem sie einfach auf Anträge von Kollegen aus anderen Landtagsfraktionen zugegriffen haben. Aber gut, doppelt beziehungsweise vierfach hält manchmal besser. Und ich bin geneigt, liebe Freunde von den PIRATEN, Ihnen zu danken, dass Sie dieses wichtige Thema heute in den Landtag gezogen haben. Es ist gut, dass wir darüber sprechen, denn der Schutz der Kinder und Jugendlichen hat in Zeiten, in denen der Umgang mit modernen Medien auch schon bei der jüngeren Generation alltäglich und als zunehmend selbstverständlich angesehen wird, natürlich eine besondere Bedeutung.

(Rasmus Andresen)

Dieser Bedeutung und vor allem den Herausforderungen des digitalen Zeitalters wurde die letzte gescheiterte Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages bekanntermaßen nicht gerecht. Gemäß der Antwort auf die Große Anfrage der PIRATEN wurde die Rundfunkkommission der Länder von den Regierungschefs im Oktober 2012 damit beauftragt, im Herbst 2013 einen Entwurf für einen Staatvertrag vorzulegen. Ich war bis heute Morgen, 10:10 Uhr gespannt, ob dieser Entwurf vorliegt. Wir haben gerade gehört, dass er noch nicht vorliegt - leider. Ich denke, wir werden weiter umfassend informiert werden beziehungsweise dann informiert werden, sobald er vorliegt.

Meine Damen und Herren, aus den Antworten auf die Große Anfrage wird ersichtlich, dass die Landesregierung eine Weiterentwicklung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages für sinnvoll erachtet und die Kritik an der letzten Novellierung in die Erarbeitung eines neuen Vorschlags einfließen wird. Diesen Umstand begrüßen wir natürlich ausdrücklich.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, lehnt die FDP einen Nanny-Staat ab, der meint, alles kontrollieren zu müssen.

(Beifall FDP)

- Danke. Wir glauben vielmehr an die Selbstkontrolle und das eigene Interesse eines jeden Seitenbetreibers an einen funktionierenden Jugendschutz.

Auf Anregung der FDP hat Schleswig-Holstein schon bei der letzten Novellierung erklärt, dass die technische Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen nicht dazu führen darf, dass Kontrollpflichten für fremde Inhalte in Foren oder Blogs erweitert werden. Die Antwort der Landesregierung dahin gehend, dass keine neuen Regelungen für nutzergenerierte Inhalte erfolgen sollen, erfreut uns daher sehr.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund des wachsenden Medienangebots im Internet war es für uns stets von großer Bedeutung, dass der Förderung der Medienkompetenz eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Maßnahmen für einen effektiven Jugendschutz dürfen sich aber nicht nur auf die Jugendlichen beschränken, sondern müssen sich in einem breit gefächerten Angebot der Medienkompetenzförderung wiederfinden. Eltern, aber auch Lehrer bedürfen einer solchen Förderung genauso wie die Jugendlichen selbst. Da schließe ich mich den Worten des Kollegen Andresen an.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Ich erwarte jetzt Beifall von den Grünen.

(Heiterkeit - Beifall Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum Ende meiner Rede möchte ich noch kurz die Frage 19 der PIRATEN aufgreifen, die da lautet ich zitiere -:

„Wann werden die Sitzungen der Rundfunkkommission über das Internet zugänglich gemacht - entweder als Livestream oder als Aufzeichnung?“

(Beifall PIRATEN)

Klatschen Sie jetzt, weil ich die Frage richtig vorgelesen habe? - Die Antwort der Landesregierung lautet zutreffend schlicht - auch die lese ich vor -:

„Die Sitzungen der Rundfunkkommission sind nicht öffentlich.“

Ich frage mich wirklich, liebe Kollegen von den PIRATEN, wer gemäß Ihrer permanenten Forderungen nach öffentlichen Ausschusssitzungen, Livestreams von Beiratssitzungen überhaupt noch die Zeit finden soll, sich auch noch die Sitzungen der Rundfunkkommission anzusehen. - Der hat jetzt auch nicht so gezündet.

Meine Damen und Herren, das öffentliche Interesse über den Stand der Beratung der Kommission ist ohne Zweifel groß. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Landesregierung mehr als nur ihren obligatorischen Einsatz aufbringen wird, um tatsächlich eine Verfahrenstransparenz zu erwirken. Man darf hoffen, dass die altbewährte Dialogkultur der Landesregierung wieder auflebt und eine Einbindung des Landtags frühzeitig erfolgt. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Herr Kollege, der Abgeordnete Patrick Breyer von den PIRATEN würde auch gern mit Ihnen in einen Dialog treten. - Das möchten Sie nicht.