- Sie haben es neulich bestätigt. Natürlich sind Sie bei unserem Zeitplan geblieben, die Ausweisung der Eignungsflächen auf 1,5 % der Landesfläche bis zum Ende dieses Jahres abzuschließen. Hier wurde bislang gar nichts beschleunigt. Das hätten Sie vor der Wahl eingestehen sollen. Ich sage: Entweder waren Sie wirklich schlecht informiert, oder Sie haben die Kommunen und die Planer verschaukelt. Beides wäre schlimm.
Dass Ihnen diese Situation nicht gefallen hat, konnte man spätestens Ihrem hilflosen Brief an die Kommunen zur Vorabausweisung von Windeignungsflächen entnehmen. Die kommunalen Empfänger wussten nicht, ob sie lachen oder weinen sollten. Das Einzige, was Sie dort erreicht haben, ist, dass eine Vorfestlegung zulasten Dritter erfolgt, nämlich eine Vorfestlegung auf das Risiko der Kommunen hin. Sie als Minister haben die Landesplanung, für die Sie gar nicht zuständig sind, aus der Pflicht genommen. Das ist keine rechtssichere Politik. Das ist Effekthascherei zu Lasten Dritter. In der Windbranche weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll.
Meine Damen und Herren, die Energiewende ist für Schleswig-Holstein die Jahrhundertchance. Deshalb hatte die alte Landesregierung bereits im Jahr
2010 ein zukunftsweisendes Konzept beschlossen, das unser Land auf den Weg zu einer der energieeffizientesten und umweltschonendsten Regionen der Welt gemacht hat. Deshalb wollten wir bis 2020 doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energien produzieren, als bei uns gebraucht wird. Das konnten Sie natürlich nicht auf sich sitzen lassen und haben dieses Ziel auf 300 % erhöht. Herr Kollege, Sie müssen wirklich aufpassen, dass Sie nicht zum Ankündigungsweltmeister werden. Sonst werden Sie – wie schon bei den Windeignungsflächen – gegen die Wand laufen.
Wir begrüßen natürlich, dass Sie die Millionenförderung für die Offshore-Pier in Brunsbüttel freigegeben haben. Den Standort Brunsbüttel zum Offshore-Port auszubauen, ist schon unter SchwarzGelb ein wichtiger Baustein des Hafenkonzepts gewesen. Wir hören aber immer öfter, dass es auf See Probleme mit dem Anschluss der in den nächsten zwei Jahren geplanten Offshore-Windparks an das Übertragungsnetz gibt. Hier muss die Landesregierung einerseits bei den Versorgern Druck machen, andererseits muss sie die Voraussetzungen für eine bürgerfreundliche Anlandung der Hochspannungskabel mit Netzanschluss schaffen.
Wir, die Bürger und die mittelständische Wirtschaft in Schleswig-Holstein, brauchen bei der Umsetzung die Kooperation. Wir schaffen das nur gemeinsam. Die Menschen im Land stehen im Mittelpunkt. Ohne sie wird das nichts. Deshalb brauchen wir eine frühzeitige Bürgerbeteiligung an der Planung und der Umsetzung des Netzausbaus. Deshalb ist die Möglichkeit zur Einrichtung von Bürgernetzen und Bürgerwindparks für uns so wichtig. Deshalb hatten wir im Rahmen der Netzentwicklungsinitiative mit den Netzbetreibern und den Kommunen einen konkreten Fahrplan vereinbart.
Herr Minister, ich danke Ihnen sehr für Ihre positive Bewertung der Freileitung Krümmel-Görries, die auch ein Vorbild für die länderübergreifende Umsetzung des Netzausbaus ist. CDU und FDP haben diese in Schleswig-Holstein gemeinsam verwirklicht. Dies geschah im Übrigen gegen den Widerstand von Bürgerinitiativen und den von Ihnen manchmal so geschätzten Umweltverbänden. Auch unsere Einrichtung von regionalen Dialogforen war richtig, um die Bürger frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Wir können uns beim Ausbau keine Verzögerung erlauben.
Herr Minister, wir beglückwünschen Sie ebenso zu Ihrer großartigen Leistung der Einweihung eines Umspannwerks in Büttel und einem Lückenschluss im Netz von drei Kilometern. Wir beglückwünschen Sie zu dem für Sie offensichtlich so gewaltigen Schritt in Richtung der Energiewende. Das waren tolle Fotos und tolle Statements. Dass Sie aber den Abschluss nur aus unserer Regierungszeit geerbt haben, braucht man nicht näher zu kommentieren. Ihr Meisterstück steht in der Tat noch aus.
Wie schwierig dies in Teilen noch wird, hat Ihre Staatssekretärin in der vergangenen Woche in Pinneberg erlebt. Da passt es gut ins Bild, dass Sie die Westküste zur Wachstumsregion machen wollen. Wachstumspolitik setzt aber eine schlüssige Infrastrukturpolitik voraus. Diese hört eben nicht beim Netzausbau auf. Dafür bedarf es einer Politik mit Weitblick, bei der man sich nicht schon im Vorhinein seiner Optionen beraubt.
Während unserer Regierungszeit sind in SchleswigHolstein über 8.000 Arbeitsplätze im Windenergiesektor entstanden. Die HUSUM WindEnergy ist als Messe und als globale Leitmesse das Aushängeschild der Windenergiebranche in der Welt. Diese Messe ist das Schaufenster für Innovationen im Windenergiesektor, und sie ist ein innovativer Arbeitsplatzmotor im Norden. Vor allem für die SPD ist die Diskussion über diese Messe kein Ruhmesblatt gewesen. Das wissen wir. Wir erinnern uns an das Zieren und Zaudern in der SPD, als es um die Abwerbeversuche aus Hamburg ging, die als klug und gut bezeichnet wurden. Weil Sie in dieser Frage auch gegenüber Hamburg keine klare Kante gezeigt haben, sondern alle wie immer ganz fest umarmen wollen, werden die Hamburger dies weiter tun.
Schleswig-Holstein und Husum werden 2012 Gastgeber von über 1.200 Ausstellern mit über 36.000 Besuchern aus über 90 Nationen sein. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, muss dies Aufgabe dieser Landesregierung sein, und daran darf es keinen Zweifel geben.
Denn die Alternative für Husum heißt nicht Hamburg, sondern Barcelona oder Rio de Janeiro. Sie als Landesregierung sind in der Pflicht, dass Hamburg nicht auf Kosten des Nordens gerade Standorte im Bereich der erneuerbaren Energien schädigt. Gerade deswegen - das will ich auch sagen hätten wir uns vom Ministerpräsidenten bei seinem Hamburg Besuch ein klares Bekenntnis für die HU
Herr Ministerpräsident, wenn man die Interessen eines starken Schleswig-Holsteins stark vertreten will, dann ist das eindeutig zu wenig.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag zur Westküste ebenfalls beschlossen, die A 20 nur bis zur A 7 zu bauen und das Steinkohlekraftwerk Brunsbüttel, das zur Absicherung des Industriestandortes Brunsbüttel als Ergänzungs- und Übergangslösung zur Energiewende gedacht war, nicht bauen zu wollen. Damit wissen wir jetzt, was Sie nicht wollen. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Sie sich dort ein Gaskraftwerk wünschen, im Übrigen die teuerste Art der konventionellen Energieerzeugung. Die bittere Wahrheit ist: Es ist bis jetzt nur ein Wunsch, nichts als Träumerei, und von Träumerei allein kommen keine Arbeitsplätze. Wir sind sehr gespannt, woher Sie die Alternativen bekommen wollen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Investoren, die Sie zunächst durch die Hintertür rauswerfen, durch die Vordertür wieder freundlich hereinkommen.
Meine Damen und Herren, unsere kleinen und mittelständischen Betriebe sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie durch eine ideologisch überladene Energiepolitik mit unkalkulierbaren Risiken und Kostensteigerungen in ihrer Existenz zu bedrohen, kann nicht unser Wunsch sein. Schon heute wir haben eben etwas über Energiepreise gehört werden über das Erneuerbare-Energien-Gesetz 14 Milliarden € umverteilt. Das entspricht 3,6 Cent pro Kilowattstunde oder umgerechnet auf das ganze Jahr, 125 € für einen Vierpersonenhaushalt. So, wie das EEG heute ausgelegt ist, werden unsere mittelständischen Unternehmen die Verlierer sein.
Ihr Vorschlag, die Waschmaschinen für den Privathaushalt nur bei Wind einzuschalten, klingt interessant und charmant. Aber für einen Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze ist die Vorstellung, dass nur bei Wind produziert wird, in der Tat ein Drama.
Damit verlieren die Unternehmen und auch die Menschen. Wir als Opposition werden sehr genau darauf achten, dass diese Energiewende nicht zum Brotpreis des 21. Jahrhunderts wird. Wenn Sie schon von einer Börsensteuer sprechen, dann können Sie gleich das Beispiel der Strombörse nehmen. Da nämlich wirkt besagte EEG-Umlage wie eine Steuer auf den reinen Energiepreis.
Der eigentliche Witz an Ihrem Verständnis von Börsenpreisen ist, dass Sie die Strombörse mit ihrer Preisfindung offenbar gar nicht verstanden haben. Darüber haben wir auch etwas gelesen.
Was wir brauchen, ist die verstärkte Integration der EEG-Anlagen in den Strommarkt. Diese Möglichkeit bietet das EEG schon heute. Das muss eines Ihrer Ziele sein, anstatt ständig mit dem Finger auf die großen Vier zu zeigen, die sich am Ende nur an Recht und Gesetz im Rahmen der Möglichkeiten bewegen. Auch ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei, die Börsenpreise auf den Rechnungen der Privatkunden auszuweisen. Das wird ein spannender Einzelverbindungsnachweis wie bei den Telefonrechnungen.
Herr Minister, Sie sprachen richtigerweise von 40 Millionen € volkswirtschaftlichen Schaden durch das Einspeisemanagement,
der in Schleswig-Holstein fast zu 100 % anfällt. Ich erinnere Sie deswegen an dieser Stelle gern daran, dass Sie in der vergangenen Wahlperiode unserem Antrag zugestimmt haben, die Speicherung von erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein wissenschaftlich begleitet voranzubringen. Hier erwarten wir jetzt Taten. Wenn Sie beklagen, dass das Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht noch nicht voll einsatzfähig ist, will ich Sie gern daran erinnern, dass es SPD und Grüne waren, die mit der damaligen Regelung der Oberflächenwasserabgabe zur Unwirtschaftlichkeit dieses Kraftwerks beigetragen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen schleunigst eine Diskussion darüber, wie wir die Förderung in erneuerbare Energien zukünftig gestalten wollen, und wir brauchen schnellstmöglich
Klarheit darüber, wie die Energiepolitik in Schleswig-Holstein zukünftig konkret - ich betone: konkret - aussehen soll. Dies hier heute war nicht der große Wurf. Wie ein gangbarer Weg aussieht, haben CDU und FDP mit ihrem Integrierten Energieund Klimakonzept für Schleswig-Holstein vorgemacht und vorgelegt.
Wenn Sie dieses Konzept zur Grundlage Ihres Handelns machen, dann machen Sie auch keinen Fehler bei der Umsetzung der Energiewende, die für Schleswig-Holstein eine Jahrhundertchance ist und die wir ausdrücklich unterstützen. Vage Ankündigungen und philosophische Betrachtungen allerdings machen vielleicht die Landesregierung mit sich selbst zufrieden. Schleswig-Holstein kann damit nicht zufrieden sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Energiewende: Herausforderung und Chance für Schleswig-Holstein - eine Eröffnungsbilanz“. Lieber Herr Minister Habeck, schon mit dem Titel haben Sie sehr genau beschrieben, worum es bei diesem Thema geht.
Sie haben die Dimension der Herausforderung erkannt, und ich beglückwünsche Sie namens meiner Fraktion zu dieser starken Regierungserklärung, die ein deutlicher Ausdruck des Politikwechsels in Schleswig-Holstein ist.
Sie haben völlig recht, wenn Sie unsere Aufgabe beschreiben, die darin besteht, vorhandene Schwierigkeiten zu überwinden und damit das Nichtstun, die Schneckengeschwindigkeit oder - noch schlimmer - den Versuch, Sand ins Getriebe zu werfen, zu beenden. Wir reden über harte Arbeit für den Fortschritt unserer Gesellschaft und einen richtigen und wichtigen Paradigmenwechsel gegenüber der Politik der Vergangenheit.
Herr Minister Habeck, ich stimme Ihnen in einem weiteren Punkt zu, nämlich dass es keine Blaupausen für das gibt, was wir jetzt vor uns haben, sodass Fehler und Korrekturen nötig sein werden, Überzeugung zu leisten ist und es viele Widerstände zu überwinden gilt. Da reicht die Palette vom allzu mächtigen Sankt-Florians-Prinzip bis hin zur Muskelkraft milliardenschwerer Energiekonzerne.