Protocol of the Session on August 22, 2012

Herr Albig, Sie sind dabei, aus meiner Sicht einen verhängnisvollen Fehler zu machen. Vielleicht haben Sie in dem Moment, als Sie im Wahlkampf Ihre Ankündigung - dabei ist es mir gleich, ob 15 %, 6,5 % oder sonst wie viel Prozent - machten, Ihr eigenes Gehalt kürzen zu wollen, möglicherweise wirklich geglaubt, das würde mit Ansehen und Respekt honoriert oder Glaubwürdigkeit zurückbringen. Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen, ich sage Ihnen, Sie werden das Gegenteil dessen erreichen, was Sie sich möglicherweise versprechen. Vielleicht erlaubt Ihr neuer Politikstil, den Sie heute schon den ganzen Tag so gelobt haben, noch einmal darüber nachzudenken, ob das, was Sie hier dem Parlament vorschlagen, wirklich zu dem führt, was Sie sich davon versprechen. Ich befürchte, das ist nicht der Fall. Herr Dr. Stegner, ich hätte nie gedacht, dass ich das in diesem Parlament noch einmal sagen würde, aber ich tue es an dieser Stelle doch: Ich glaube, Sie haben heute Morgen in der Aktuellen Stunde - oder in der sogenannten Aktuellen Stunde; was immer daran auch aktuell gewesen sein mag - zum Wert von Demokratie und auch zum Wert eines jeden einzelnen von uns selbst - dazu zähle ich auch die Regierungsmitglieder - alles Notwendige gesagt. Dazu passt das, was uns heute Nachmittag vorgelegt wird, bedauerlicherweise in keinster Weise.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich Herrn Abgeordneten Torge Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kürzung der Bezüge für den Ministerpräsidenten und die Ministerinnen und Minister ist ein gutes Signal. Schleswig-Holstein befindet sich in einer sehr schweren finanziellen Lage. Viele Stellen müssen abgebaut werden. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass auch diejenigen, die dieses Land führen, ihren Teil dazu beitragen.

(Beifall Abgeordnete Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Dr. Heiner Garg)

Allerdings hat sich die Regierungskoalition gleichzeitig dafür entschieden, einen zusätzlichen Staatssekretär einzustellen. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten übertreffen die Einsparungen der eben angesprochenen symbolischen Kürzungen der Amtsbezüge der Regierungsmitglieder deutlich. Wir bezweifeln die Notwendigkeit der Einstellung dieses Staatssekretärs. Die Koalition hat beschlossen, die Anzahl der Abteilungen in den Ministerien zu reduzieren und Personal einzusparen, das heißt, die Arbeit in den Ministerien verdichtet sich. Ein zusätzlicher Staatssekretär wäre logischerweise nur dann notwendig, wenn zusätzliche Abteilungen geschaffen würden.

(Beifall PIRATEN)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben uns PIRATEN erklärt, dass dieser Staatssekretär einen Mehrwert ergeben werde. Dieser Mehrwert hat sich bisher noch nicht gezeigt, und es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch nicht erkennbar, dass sich in Zukunft ein solcher Mehrwert ergeben könnte.

Aber ich möchte noch einmal auf einen anderen Aspekt Ihrer symbolischen Sparpolitik hinweisen. Ihre Entscheidung führt nämlich dazu, dass ein Ministerpräsident, der die Verantwortung für die vielen Tausenden Bediensteten, die Finanzen, die Sicherheit und vor allen Dingen die Zukunft dieses Landes trägt, nun zukünftig 11.610 € brutto weniger als ein Fraktionsvorsitzender einer Landtagsfraktion verdient.

(Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

Die Aufgaben und die Verantwortung eines Fraktionsvorsitzenden im Vergleich zu dem eines Ministerpräsidenten scheinen uns gegenwärtig in keinem Verhältnis mehr zu den monatlichen Bezügen zu stehen.

Herr Ministerpräsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, seien Sie doch bitte so konsequent, nun auch den nächsten Schritt zu gehen. Für mich und meine Kollegen aus der PIRATEN-Fraktion steht außer Frage, dass jetzt die Anpassung der Zulagen von Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführern fällig ist.

(Beifall PIRATEN)

Ich möchte Sie dazu aufrufen, diese Anpassung nun in Angriff zu nehmen, um wieder eine Verhältnismäßigkeit herzustellen. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bevor ich dem Abgeordneten Lars Harms vom SSW das Wort erteile, bitte ich Sie, mit mir zusammen Mitglieder der CDU-Seniorenunion Lübeck hier im Landeshaus zu begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Lars Harms vom SSW.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier ein bisschen eine bunte Gemengelange zwischen Einsparungswünschen oder Rechtfertigung, zwischen der Frage, ob man einen Staatssekretär nun gegenfinanziert hat oder nicht, oder auch darüber, was der Wert der Demokratie an sich eigentlich darstellt.

Wenn es um die Einsparungen geht, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen: Die Fraktionen haben bereits gespart. Sie haben 10 % gespart, und Sie haben sich jetzt wieder auferlegt, diese 10 % Einsparung weiterzuführen und keinerlei Fraktionsmittelerhöhungen zuzulassen. Das ist eine Einsparung.

Wir haben auch festgestellt, dass die Abgeordneten schon seit 2003 gespart haben. Sie haben eine Diätenreform durchgeführt, die nicht nur dazu geführt hat, dass wir weniger in der Tasche haben, weil wir keine steuerfreien Zulagen mehr bekommen, sondern auch eine wesentlich schlechtere Altersversorgung haben. Das haben wir in Kauf genommen und bewusst gemacht, weil wir sparen wollten.

Wir haben dann noch einen draufgesattelt, indem wir gesagt haben, auch die Parlamentarischen Geschäftsführer und Fraktionsvorsitzenden sollen weniger verdienen, und haben vor zwei Jahren eine Kürzung für diese beiden Personengruppen beschlossen. Auch die Abgeordneten haben gespart um das einmal ganz klar festzustellen. Auch der Landtag hat gespart, indem er sich ein Wahlgesetz gegeben hat, das dazu geführt hat, dass wir wahrscheinlich um die 2,7 Millionen € dadurch sparen, dass weniger Abgeordnete in diesem Parlament sitzen. Auch der Landtag hat seinen Beitrag dazu geleistet.

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

(Torge Schmidt)

Meine Damen und Herren, der Staatssekretär, der eine gewisse Summe kostet, ist der eigentlich dadurch gegenfinanziert - das war die Frage, die herauszuhören war -, dass der Ministerpräsident und die Minister auf Gehalt verzichten, dass die zusätzliche Bezahlung als Abgeordneter gekürzt wird und auch die Altersversorgung als Abgeordneter gekürzt wird? Das sind round about 75.000 €. Das reicht noch nicht, um einen Staatssekretär zu finanzieren, da fehlt noch ein Drittel.

Lieber Kollege Koch, wir haben ja auch noch andere Sparmaßnahmen im Rahmen der Landesregierung durchgeführt, im näheren Umfeld, die dazu führen, dass wir den Staatssekretär durchaus finanzieren können.

(Zurufe CDU und FDP: Welche denn?)

- Das werde ich Ihnen jetzt sagen: Wir haben den Integrationsbeauftragten eingespart, und wir haben den Mittelstandsbeauftragten eingespart.

(Beifall Abgeordnete Jette Waldinger-Thier- ing [SSW] und Bernd Heinemann [SPD] - Johannes Callsen [CDU]: Das reicht immer noch nicht!)

11.800 € pro Nase Aufwandsentschädigung, Geschäftsbedarf circa 340 €, Büro im Ministerium, Dienstwagen, Mitbenutzung vorhandener Vorzimmerkonstellationen. Es ist ja gesagt worden, der Staatssekretär habe ein Vorzimmer gekriegt. Wir haben aber auch zwei eingespart.

Das geht alles auf eine Kleine Anfrage der damaligen Abgeordneten Heinold zurück, Drucksache 17/167. Wir haben in diesem Bereich wahrscheinlich irgendwo zwischen 25.000 und 30.000 € gespart. Das reicht jetzt schon für den Staatssekretär.

(Widerspruch CDU und FDP)

- Selbstverständlich reicht das.

(Tobias Koch [CDU]: 113.000 € Grundge- halt!)

- Lieber Kollege Koch, machen Sie sich keine Sorgen, ich habe auch noch die Kulturbeauftragte für Sie. Die haben wir auch noch eingespart, und das ist richtig Asche, die wir da eingespart haben. Insofern ist es überhaupt kein Problem, dies gegenzufinanzieren.

Herr Kollege Harms, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Garg zu?

Nein, lasse ich nicht.

Eine weitere Zwischenfrage wird von Herrn Abgeordneten Koch erbeten. Lassen Sie diese zu?

Nein, auch nicht.

Wir können also feststellen: Wir können den Staatssekretär ohne Schwierigkeiten gegenfinanzieren. Wir können feststellen: Das Parlament hat gespart. Wir können feststellen: Die Fraktionen haben gespart. Wir können auch feststellen, dass die einzelnen Abgeordneten in der Vergangenheit gespart haben.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Deswegen haben wir unseren Beitrag schon geleistet. Dass jetzt auch die Regierung einen Beitrag leisten will, finde ich in Ordnung. Das macht die Sache rund. Deswegen können wir jetzt mit Recht behaupten - wir werden das hoffentlich in der nächsten Landtagstagung beschließen -, dass alle, die im Landtag sitzen oder in der Regierung etwas zu sagen haben, sich tatsächlich an den Sparmaßnahmen des Landes Schleswig-Holstein beteiligt haben. Das ist gut so. Das ist die Abrundung einer vernünftigen Sache. Das finde ich in Ordnung.

Es ist aber auch wichtig, dass wir uns nicht in eine Spirale hineinbewegen dürfen, die heißt: Wir müssen immer noch weniger, immer noch weniger, immer noch weniger haben. Vielmehr ist Demokratie ein Wert an sich. Selbstverständlich - da gebe ich dem Abgeordneten Garg recht - müssen wir uns auf Augenhöhe mit denjenigen bewegen, mit denen wir zu tun haben. Das hat nicht nur etwas mit dem Intellekt zu tun, sondern ab und zu eben auch tatsächlich mit dem Gehalt.

Man muss das machen, denn die Leute, die hier tätig sind, nehmen wirklich eine verantwortungsvolle und zeitaufreibende Arbeit wahr und leisten eine wichtige Arbeit. Ich will unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. All die Maßnahmen, die ich aufgezählt habe, sind Dinge, die wir freiwillig und gern tun, weil wir unsere Verantwortung sehen und wir dieser Verantwortung nachkommen wollen. Das soll aber nicht bedeuten, dass wir der Auffassung sind, dass wir hier ganz, ganz schlechte Menschen sind, die nicht vernünftig arbeiten. Wir sind diejenigen, die eine große Verantwortung tragen. Dafür

(Lars Harms)

haben wir es auch verdient, vernünftig bezahlt zu werden, wie andere Menschen in dieser Gesellschaft auch.

Und wir sind diejenigen, die unsere Redezeiten einhalten. Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Hätte ich glatt gemacht. Ich wäre schon fertig gewesen, wenn Sie mich nicht unterbrochen hätten. Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich zunächst Herrn Abgeordneten Ralf Stegner von der Fraktion der SPD das Wort.