Abschließend möchte ich noch etwas zur Bürgerinitiative sagen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ein Zitat des FUEV-Präsidenten Hans Heinrich Hansen einbringen, der sich zur Nachricht der EUKommission wie folgt äußert:
„Die Minderheiten in Europa sind loyale Bürger, und wir werden nicht akzeptieren, dass die Europäische Kommission uns wie Kleinkinder behandelt.“
Wer Minderheitenrechte lädiert, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen irgendwann von ihm abwenden. Das gilt ganz besonders für die EU.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bevor wir die Beratungen fortsetzen, bitte ich Sie, gemeinsam mit mir weitere Gäste auf der Tribüne zu begrüßen, und zwar Mitglieder des Bürgervereins Lübeck sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Stormarn. Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Minderheiten in Europa benötigen den Schutz und die Stärkung durch die Europäische Union. Ich denke, darüber sind wir uns alle einig.
Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie bringen kulturelle Vielfalt und Farbe in unser Leben. Der Umgang eines Staates mit seinen Minderheiten ist allerdings auch der Maßstab für gelebte Toleranz und Gerechtigkeit. In vielen europäischen Staaten ist der rechtliche Schutz und der Umgang mit seinen Minderheiten überwiegend gefestigt. Es sind Strukturen geschaffen worden, die ihre Existenz unterstützen.
So haben nun auch wir in Schleswig-Holstein die Minderheit der deutschen Sinti und Roma explizit unter den Schutz unserer Landesverfassung gestellt. Das neu geschaffene Gremium für deutsche Sinti und Roma in Schleswig-Holstein nimmt sich auf breiter Basis der Probleme der Minderheiten praktisch an. Ich denke, insgesamt gehört die Bundesrepublik und damit auch Schleswig-Holstein zu den Staaten, die vorbildlich im Umgang mit ihren Minderheiten sind.
Allerdings gibt es auch EU-Länder, in denen sich der Umgang mit den Minderheiten wieder verschlechtert. Leider gibt es EU-Mitgliedstaaten, in denen Minderheiten immer noch weit entfernt von gleichberechtigter Teilhabe sind. Über die schlechten Lebensbedingungen der Sinti und Roma in einigen osteuropäischen Ländern haben wir hier schon gesprochen. Bessere und gleichberechtigte Lebensbedingungen und Chancen für diese Minderheiten müssen dringend geschaffen werden.
Deshalb muss die Europäische Union jedes Mittel nutzen, um ihren Einfluss geltend zu machen. Ihr stehen durchaus diverse Instrumentarien zur Verfügung. Sie muss sie nur einsetzen. Nur wenn die Minderheiten in diesen Staaten Chancen eingeräumt werden, werden sie in ihren Heimatländern auch bleiben wollen und vor allem bleiben können.
In der EU ist die Wahrung der Minderheitenrechte sowohl in der Grundrechtecharta der EU als auch in Artikel 2 des Lissabon-Vertrags als Grundwert festgeschrieben. Die Anerkennung des Status von Minderheiten, deren Selbstbestimmung und Autonomie oder auch ihre rechtlichen Sprachenstellungen obliegen jedoch allein den Mitgliedstaaten.
In den Minderheitenfragen erkennt die EU-Kommission deshalb für sich keinen gesetzlichen Handlungsbedarf. Dies war der formale Grund, weshalb die Bürgerinitiative „Minority Safepack“ trotz breiter Unterstützung in der vergangenen Woche vor der Kommission gescheitert ist.
Diese Initiative hat das Ziel, die Europäische Union zu verpflichten, sich aktiv in den Dialog über die Verbesserung der Beteiligung der europäischen
Minderheiten einzubringen. Sie verfolgt aber auch das Ziel, die Bedeutung und die Anliegen der Minderheiten in der Europäischen Union noch stärker bewusst zu machen. Dies unterstützen wir und sind sehr gespannt auf die Ergebnisse der heutigen öffentlichen Forumsdiskussion in Brüssel.
Wir müssen uns allerdings bei dieser Diskussion auch darüber im Klaren sein, dass durch eine stärkere Kompetenzübertragung der Minderheitenfragen an die Europäische Union auch nationale Länderrechte beschnitten werden. Das heißt, wir kommen möglicherweise in einen Konflikt mit unseren Subsidiaritätsansprüchen, die wir haben und die wir ständig einfordern.
Was ich damit sagen will: Einen eigenen Kommissar einzusetzen, wie es die Minderheitenbeauftragte gefordert hat, kann man ja machen. Ich erinnere aber daran, dass wir nicht immer ganz glücklich sind über die Ideen und Vorschläge, die von der Kommission oder von deren Kommissaren kommen. Insofern werden wir hier sehr genau hinschauen müssen.
Die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen - kurz FUEV - als starker Verbund der Minderheiten in Europa hat diese Initiative auf den Weg gebracht. Die Arbeit der FUEV bewerten wir schon seit Langem als ausgesprochen wertvoll und hilfreich. Insofern suchen wir stets und häufig das Gespräch in Flensburg. Wir begrüßen deshalb die Forderung nach Unterstützung der FUEV.
Wir wünschen uns natürlich auch, dass die Hauptgeschäftsstelle der FUEV weiterhin in Flensburg bleibt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob hierfür ein Überrollen der jährlichen Finanzmittel, wie im Haushaltsansatz 2014 vorgesehen, ausreichend ist. Es gibt durchaus immer wieder Angebote aus anderen Ländern, die Hauptstelle zu übernehmen. An dieser Stelle wird also tatkräftige Unterstützung seitens Landesregierung notwendig sein.
Deshalb möchte ich für meine Fraktion abschließend sagen: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Ich denke, Sie werden Abstimmung in der Sache beantragen.
Außerdem schlage ich vor, dass wir zu einer der nächsten Sitzungen des Europaausschusses Herrn Hansen einladen, um uns intensiv mit ihm über die Initiative „Minority Safepack“ zu unterhalten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
- Ja, gern. Dann hat jetzt die Abgeordnete Birte Pauls für die Kollegen der Sozialdemokratischen Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist der Europäische Tag der Sprache. Jette hat es bereits gesagt. Nicht nur Sprachenvielfalt in Europa sollte heute gefeiert werden, sondern auch die Europäische Bürgerinitiative „Minority Safepack“ sollte heute an den Start gehen. Das ist eine Bürgerinitiative, die erstmalig den Schutz und die Anerkennung der Minderheiten zum Ziel hat. Dieses Bürgerbegehren ist notwendig, weil die im Europa-Vertrag von Lissabon garantierten Schutz- und Grundrechte leider nicht von allen Mitgliedstaaten erfüllt werden.
Doch die Europäische Kommission hat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachdem dieses Bürgerbegehren federführend von der FUEV sehr gründlich vorbereitet worden ist und auch von Regierungsmitgliedern, unter anderem von unserer Frau Ministerin Anke Spoorendonk, eingereicht worden ist, kam am 13. September - ein denkwürdiger Tag in Schleswig-Holstein - die Ablehnung.
Das finde ich schon sehr erstaunlich; denn die Europäische Union hat sich mit der Grundrechtecharta genau dazu verpflichtet, nämlich zum Schutz und zur Anerkennung von Minderheiten. Es ist also zu befürchten, dass diese Ablehnung, wenn auch rechtlich begründet, vielleicht doch politisch motiviert ist. Das würde sich dann in sehr unwürdiger Art und Weise in das einreihen, was wir gerade in den vergangenen Wochen in Schleswig Holstein erleben durften. Erneut wurde der Status des SSW infrage gestellt.
Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, sagte am 13. September auf unserer Veranstaltung „25 Jahre Minderheitenbeauftragte“ in einer äußerst beeindruckenden Rede: Wir haben von Brüssel sehr genau auf das geschaut, was in Schleswig Holstein passiert; denn es hat nicht irgendwer gegen den Status des SSW geklagt, sondern unter anderem der Vorsitzende der Jungen Union, der Jugendorganisation der Regierungspartei in Deutschland.
Diese Auffassung teile ich; denn wir müssen davon ausgehen, dass ein Vorsitzender der Jungen Union morgen vielleicht schon sehr viel mehr die Richtung seiner Partei vorgibt. Wenn ich Herrn Frederik Heinz richtig verstanden habe, bedauert er das Urteil sehr. Vom CDU-Ortsverband Geesthacht ist Ähnliches zu hören. Nach diesem Urteil bestehe Klärungsbedarf, wird gesagt. Was dürfen wir also als Nächstes erwarten?
Viel schlimmer in diesem Prozess fand ich aber, dass sich die Landes-CDU nie in aller Deutlichkeit von dieser Klage distanziert hat. Es hieß, das sei die Junge Union, damit habe man nichts zu tun. Was macht man aber stattdessen? Man wählt den Vorsitzenden der Jungen Union zum stellvertretenden Landesvorsitzenden.
Seit gestern Abend wissen wir, dass er für das Huckepackverfahren für das Europäische Parlament vorgeschlagen wird. Was für eine Doppelmoral.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage beziehungsweise -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?
Liebe Frau Kollegin Pauls, finden Sie nicht auch, dass die Öffentlichkeit erfahren sollte, was das Verfahren, das die Junge Union da angestrengt hat, gekostet hat und wer das eigentlich bezahlt hat? Finden Sie nicht auch, dass daran in dem Kontext, den wir hier gerade erörtern, ein großes öffentliches Interesse besteht?
- Ich weiß nur, dass die Junge Union die Klage bezahlen muss. Irgendjemand muss es dann ja tun. Es scheint aber genug Geld da zu sein, um dann noch so unsägliche Plakate aufhängen zu können wie das zu diesem Einheitsbrei, was vielleicht auch ein versteckter Angriff auf die dänischen Schulen sein könnte;
denn dort gibt es Gemeinschaftsschulen. Die dänischen Schulen sind alle Gemeinschaftsschulen, an zwei Stellen mit gymnasialer Oberstufe. Wenn Sie meinen, dass das Einheitsbrei ist, dann bitte.
(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Was Sie jetzt machen, ist total am Thema vorbei! - Hans- Jörn Arp [CDU]: Können Sie einmal zur Ta- gesordnung zurückkehren?)
Herr Kollege Arp, Sie sind, wenn ich das richtig verfolge, im Moment nicht dran. Es geht noch einmal die Frage an die Kollegin Pauls, ob sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner zulässt.
Liebe Frau Kollegin Pauls, finden Sie es eigentlich intellektuell überzeugend, wenn öffentlich argumentiert wird, man habe nichts gegen den SSW, man wolle ihm nur zwei von drei Mandaten wegnehmen?