Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung erteile ich nun der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Frau Dr. Wara Wende, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Der SchleswigHolsteinische Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, zur heutigen 14. Tagung einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Förderung von Schulen in freier Trägerschaft vorzulegen. Zudem waren wir aufgefordert, uns in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Ersatzschulen, des Dänischen Schulvereins, des Landesrechnungshofs und der kommunalen Landesverbände über eine faire, transparente und dynamisierte Berechnungsweise der Schülerkostensätze zu verständigen. Beides ist erfolgt.
Der Gesetzentwurf liegt mit Artikel 6 im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2014 vor. Auch bei diesem Thema haben wir den Dialog gesucht.
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf greift die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe auf, die von November 2012 bis Juni 2013 intensiv beraten hat. An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Beteiligten für ihr Engagement und ihre konstruktive Mitarbeit.
Die Beteiligten haben sich darauf geeinigt, dass die Schülerkostensätze künftig für alle Schulen in privater Trägerschaft nach einheitlichen Grundsätzen berechnet werden sollen. Zudem sollen die Kostensätze die Verhältnisse an den öffentlichen Schulen möglichst aktuell abbilden. Das war nämlich bisher nicht der Fall. Die Schülerkostensätze waren bisher auf das Jahr 2001 festgeschrieben und damit von den aktuellen Verhältnissen an den öffentlichen Schulen zum Teil weit entfernt.
Bei den Personalkosten wird auf die betreffenden Ist-Kosten des Landeshaushalts abgestellt. Bei den Sachkosten wird auf den letzten Landesdurchschnittswert des Jahres 2010 zurückgegriffen, der jährlich mit einem Anstieg des Verbraucherindex dynamisiert wird.
Die bisher erforderliche Prüfung des Bedarfs der einzelnen Ersatzschulen entfällt. Jede Schule wird nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist mit dem Höchstbetrag aus der Multiplikation von Schülerzahl und Schülerkostensatz gefördert. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Förderung ist, dass der Schulträger kein auf Gewinn orientiertes Geschäftsmodell verfolgt.
Die Erörterungen in den Arbeitsgruppen haben ferner dazu geführt, dass ergänzend zu den bisher berücksichtigten Personal- und Sachkosten künftig auch pauschale Zuschläge für Kosten der Schülerbeförderung, der Schulverwaltung und für Investitionen in die Schülerkostensätze eingehen. Auch wird mit der neuen Rechtslage erstmalig dafür Sorge getragen, dass die inklusive Beschulung von Kindern mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf mit einem Zuschlag auf den Regelschülerinnen- beziehungsweise Regelschülerkostensatz gefördert wird.
Meine Damen und Herren, die Reform der Ersatzschulfinanzierung ist alles andere als ein Sparprogramm. Im Haushalt ist für die deutschen allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren ein Ansatz von 52,5 Millionen € vorgesehen. Gegenüber dem Haushalt von 2012 ist das eine Steigerung von mehr als 12 Millionen €, also ungefähr 25 %. Insgesamt werden die deutschen Ersatzschulen und die Schulen des Dänischen Schulvereins mit fast
100 Millionen € bezuschusst, denn zu den genannten 52,5 Millionen € sind im Haushalt noch 37,5 Millionen € für die Schulen des Dänischen Schulvereins und 8,6 Millionen € für die beruflichen Schulen angesetzt. Bis 2017 ist für die deutschen allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren zudem ein weiterer Zuwachs in Höhe von 60 Millionen € geplant.
Die Ersatzschulfinanzierung wird gerechter. Wir stärken die Grundschulen, die Gemeinschaftsschulen und die Förderschulen, deren Kostensätze nach der alten Regelung zu niedrig berechnet worden sind. Aber die Schulen, die bisher von einer günstigeren Situation im Jahr 2000 profitiert haben, müssen sich zum Teil auf geringere Schülerinnenund Schülerkostensätze einstellen. Bei den berufsbildenden Schulen wird das gegenwärtige Förderniveau insgesamt gehalten. Einige müssen sich allerdings auf weniger einstellen. Das wird allerdings für die Schulen mit mehrjährigen Übergangsregelungen abgefedert.
Die alte Regelung würde zu einer teils erheblichen Besserstellung einiger privater Schulen im Vergleich zu anderen privaten Schulen und zu allen öffentlichen Schulen führen. Darüber hinaus war die unterschiedliche Bezuschussung der verschiedenen Schularten ungerecht. Das korrigieren wir jetzt.
Wir haben erreicht, dass die dänischen Schulen den deutschen Schulen wieder gleichgestellt werden, dass wir künftig eine faire und einheitliche Berechnungsweise haben werden, dass die Inklusion an den Ersatzschulen gestärkt wird, dass der Sachkostenanteil im Schülerkostensatz dynamisiert wird, dass der Personalkostenanteil faktisch ebenso dynamisiert wird, weil davon auszugehen ist, dass aufgrund des erheblichen Schülerinnen- und Schülerrückgangs an den öffentlichen Schulen und den jetzt schon feststehenden Tariferhöhungen die Kosten pro Schüler und Schülerin steigen werden.
Last, but not least ist von Bedeutung, dass künftig die Pensions- und Beihilfeaufwendungen des Landes in die Schülerinnen- und Schülerkostensätze nicht mehr eingerechnet werden. Stattdessen wird ein pauschaler Sozialversicherungszuschlag entsprechend der gesetzlich festgelegten Sozialversicherungssätze berücksichtigt. Dies ist durch einen Kompromiss des dänischen Schulvereins möglich gewesen. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Dieser Kompromiss hat maßgeblich zum Gelingen des Gesetzentwurfs beigetragen. - Ich bedanke mich für Ihr Interesse am Thema.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schließe damit die Beratung.
Da es sich bei den hier gestellten Anträgen um Berichtsanträge handelt, schlage ich Abstimmung in der Sache vor.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/1187 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kollegen der CDU, der SPD, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP, der PIRATEN und des SSW. Gegenstimmen? - Enthaltungen? Damit ist dies einstimmig so beschlossen.
Dann lasse ich abstimmen über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/1141 einschließlich der soeben angenommen Änderung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist auch dies einstimmig so angenommen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir nach dieser sozusagen doppelten Doppelstunde in die Mittagspause gehen. Allerdings war verabredet worden, bis 14 Uhr zu tagen. - Sie wollen alle zum Essen gehen. Dann wünsche ich Ihnen guten Appetit. Wir sehen uns hier um 15 Uhr wieder. Die Sitzung ist unterbrochen.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung wieder. Wir setzen die Beratungen fort. Ich begrüße Sie alle wieder im Plenarsaal.
Bevor wir in die Debatte einsteigen, darf ich mit Ihnen gemeinsam auf der Tribüne Herrn Hauke Bruhns vom Verband Deutscher Sinti und Roma e. V. begrüßen. - Seien Sie uns ganz herzlich hier im Landtag willkommen!
Verantwortlichkeiten für Minderheiten bei der Europäischen Kommission verbindlich regeln, Europäische Bürgerinitiative unterstützen und Arbeit der FUEV in Schleswig-Holstein sichern
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1147 (neu)
Ich werde gerade darauf hingewiesen, dass sich die Koalitionsfraktionen offenbar darauf verständigt haben, dass die Kollegin Jette Waldinger-Thiering zunächst redet. Deshalb erteile ich ihr jetzt sehr gern das Wort.
Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Plenarsaal füllt sich so langsam wieder. Ich weiß, dass die Mittagspause etwas verkürzt war. So langsam kommen aber alle wieder zurück, denn dies ist für uns als Minderheit hier in Schleswig-Holstein und auch für meine Koalition ein großes Thema.
Jeder siebte EU-Bürger gehört einer autochthonen Minderheit an oder spricht eine Regional- oder Minderheitensprache. Ist das etwa keine Angelegenheit für die EU-Kommission? Die Regierungen in Griechenland und Frankreich verweigern ihren Minderheiten ein Recht auf Anerkennung, Schutz und Gleichbehandlung. Auch keine Angelegenheit für die EU-Kommission? Eine institutionalisierte Minderheitenpolitik auf EU-Ebene? - Fehlanzeige. Dass die Kopenhagener Kriterien auch entsprechend für alteingesessene EU-Mitgliedstaaten gelten, ist auch kein Thema.
Die sogenannte Minority-Safepack-Initiative will eine Million Unterschriften sammeln, um in einer gigantischen Bürgerinitiative mehr Minderheitenrechte auf europäischer Ebene einzufordern. Dies wurde vor einigen Tagen in Brüssel abgelehnt. Hier geht es nicht um den genormten Krümmungsgrad einer EU-Banane, sondern um die Wahrung fundamentaler Menschenrechte.
Wenn das keine Angelegenheit für die EU-Kommission ist, dann muss ich wirklich festhalten: Brüssel, wir haben ein Problem!
Doch jetzt die Köpfe in den Sand zu stecken, bringt die Sache nicht nach vorn. Die Initiatoren von der FUEV sind gestern mit dem gesamten Präsidium zu Gesprächen nach Brüssel gereist. Die rechtlichen Debatten sind in vollem Gange. Jetzt ist Durchhaltevermögen gefragt. Das sind wir nicht nur den anderen autochthonen Minderheiten in Europa schuldig, sondern auch uns selbst. Keine Frage, die kulturelle Vielfalt und die Sprachenvielfalt im deutsch-dänischen Grenzland sind etwas ganz Besonderes.
Die minderheitenpolitische Infrastruktur gehört zweifelsohne dazu. Für uns als SSW ist das FUEVBüro in Flensburg nicht mehr wegzudenken. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit der FUEV sehr. Deshalb unterstützen wir sie auch, wenn es nötig ist. Die rot-grün-blaue Koalition hat der JEV - das ist die Jugendorganisation der FUEV - einen Zuschuss gewährt, gerade vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Situation der JEV. Schließlich wird es auch immer schwieriger, Förderung aus EU-Mitteln zu bekommen. Die Arbeit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ein Mehrwert für unser Grenzland, gerade weil sich die jungen Nord- und Südschleswiger sowie Nordfriesen sehr aktiv an der Arbeit der JEV beteiligen. Der frühe Blick über den Tellerrand ist prägend und das beispiellos.
Für den Blick über den eigenen Tellerrad gilt, dass Schleswig-Holstein noch weit vom Standard entfernt ist, wenn es darum geht, dass die verschiedenen Sprachen im Alltag auch wirklich präsent sind. Heute ist der Europäische Tag der Sprachen. Dieser wird seit 2001 jährlich gemeinsam von Europarat und Europäischer Union ausgerichtet. Wenn wir heute das Radio anmachen oder die Zeitung aufschlagen und uns die Sprachenvielfalt einmal genau ansehen, werden wir auf keine besonders große Vielfalt stoßen, und das finde ich sehr bedauerlich. Sprachliche Vielfalt hat nicht nur etwas mit Fremdsprachenkenntnis oder einem glänzenden Lebenslauf zu tun, sondern es geht auch darum, dass ich beispielsweise als Friesin oder als Dänin auch im Alltag meine Sprache nutzen, hören und lesen kann. Die Europäische Kommission kann da wenig machen. Diese Sache können und müssen wir selbst angehen.
Minderheitenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe und gerät gerade deshalb allzu oft unter die Räder. Für uns als SSW ist es ganz wesentlich - das gilt auch für unsere Kollegen von der Küstenkoalition -, dass Minderheitenpolitik bei allen Initiativen und politischen Vorhaben mitgedacht wird.
Für viele ist diese Denkweise sicherlich neu, für uns jedoch gehört sie schon immer zum politischen Leben dazu.
Abschließend möchte ich noch etwas zur Bürgerinitiative sagen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ein Zitat des FUEV-Präsidenten Hans Heinrich Hansen einbringen, der sich zur Nachricht der EUKommission wie folgt äußert: