Protocol of the Session on August 22, 2013

(Zurufe CDU und FDP)

- Sehen Sie, das unterscheidet mich von Ihnen, dass ich nur über Dinge rede, über die ich im Detail Bescheid weiß, im Gegensatz zu Ihnen.

(Zurufe CDU und FDP)

Ich habe das in der Zeitung gelesen. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel die Frage, ob sie von dem Unternehmen überhaupt Steuern bekommt, mit der Frage, ob das dann in die Insolvenz geht, abwägt. Das heißt aber nicht, dass man duldet, dass sich Unternehmen ihrer Steuerpflicht entziehen. Die gehören verknackt, wenn sie dies tun. Wir wollen gegen Steuerkriminalität vorgehen. Auch das unterscheidet uns von Ihnen. Das ist der Unterschied.

(Beifall SPD und Lars Harms [SSW] - Zuru- fe)

Möchten Sie im Stehen weiter zuhören, oder möchten Sie eine weitere Frage stellen?

(Zurufe)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich möchte eine Ergänzungsfrage stellen!)

Dann frage ich den Abgeordneten Stegner, ob er dies zulässt.

Die Freiheit in Person, bitte schön.

Herr Dr. Stegner, ich weiß, dass es Sie ärgert, dass Sie auf Plakaten nicht so gut abgebildet werden wie ich. Das kann ich nachvollziehen.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Herr Dr. Stegner, es geht hier nicht um Erbschaftsteuer, sondern um Gewerbesteuer. Habe ich Sie richtig verstanden, wenn Unternehmen durch eine Steuer in ihrer Existenz bedroht sein könnten, dass auch Sie der Auffassung sind, dass die Steuer dann nicht erhoben, sondern erlassen werden soll?

- Ich bin der Auffassung, dass Gewerbesteuer gezahlt werden muss. Ich bin im Übrigen der Auffassung, dass Gewerbesteuer auf Rechtsanwälte und andere ausgedehnt werden sollte, die von der Infrastruktur genauso einen Nutzen haben, und nicht nur bei Handwerksbetrieben und anderen gelten sollte. Das war meine erste Bemerkung. - Sie fragen, was Sie wollen, und ich antworte, was ich will. Okay? Das ist eine gute Verteilung.

(Unruhe)

Zweitens. Wenn man in der konkreten Situation - es passiert FDP-Leuten ja eher selten, dass sie Oberbürgermeister werden - ist, Oberbürgermeisterin zu sein und eine Verantwortung zu haben, auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Kann man auch mal ein Auge zudrücken?)

dann muss abgewogen werden, wie man es mit der Eintreibung solcher Steuern macht.

(Zurufe FDP: Oh!)

Daraus kann man aber nicht schlussfolgern, dass man dagegen ist, die Steuern zu erheben.

Im Übrigen, dass dieses Unternehmen offenkundig so lange steuersäumig ist, mag vielleicht auch daran liegen, dass Dinge im Management des Unternehmens nicht so sind, wie sie sein sollten. An den Arbeitsnehmern liegt es jedenfalls ganz bestimmt nicht. Insofern wird Frau Gaschke eine Abwägung vornehmen, von der ich annehme, dass sie vernünftiger ist, als wenn Sie sie vornähmen. Wir schauen einmal, was dabei herauskommt.

Ich möchte gern fortfahren - obwohl Stehen gesund ist, Herr Kollege Kubicki, Sitzen ist ja nicht gut für die Bandscheibe.

(Zuruf FDP)

Drittens. Es liegt an der FDP, dass wir die Spekulationssteuer in Europa nicht bekommen. Was machen wir? Die Arbeitnehmer in Griechenland und anderswo werden zur Kasse gebeten. Die haben 50 % Jugendarbeitslosigkeit. Statt die an dem zu beteiligen, was Sie angerichtet haben, indem Sie die Spekulationssteuer verhindern, verhindern Sie, dass Frau Merkel ihr Versprechen einlöst. Das ist ein Skandal, der uns einholen wird, weil wir Exportland sind. Auf Dauer wird es uns nicht gut gehen, wenn unsere Nachbarländer alle daniederliegen und 50 % Jugendarbeitslosigkeit haben. Auch das ist ein Unterschied.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Herr Kollege Koch und Herr Kollege Callsen reiten immer wieder darauf herum, dass wir das Tariftreuegesetz verabschiedet haben, dass wir das Mitbestimmungsgesetz verabschiedet haben, dass wir die Privatisierung der Sparkassen verhindert haben. Ja, Sie haben recht. Sie können dagegen Sturm laufen, soviel Sie wollen. Wir haben vor der Wahl angekündigt, dass wir dies tun, weil wir für das Gemeinwohl sind, weil wir für faire Löhne sind, weil wir gegen Privatisierungen sind. Wir werden das machen, ob Ihnen das passt oder nicht. Sie können dagegen randalieren, soviel Sie wollen.

(Zurufe CDU und FDP)

Ich sage Ihnen eines: Die meisten Bürgerinnen und Bürger, die zur Wahl gehen, zahlen entweder gar keine Steuern, oder sie zahlen relativ geringe Steuern, und sie müssen hart arbeiten und zahlen hohe Beiträge. Die, die Sie schützen wollen und die Sie wählen, zeigen im Grunde genommen nur, dass die FDP die Partei der Besserverdienenden bleiben will. Mal gucken, wie viel Prozent Sie dafür zusammenkriegen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und Sie mit Ihren 25 %!)

Das ist der Unterschied. Was Sie und uns unterscheidet, ist, dass wir der festen Überzeugung sind, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist.

(Christopher Vogt [FDP]: Sie wählen doch auch heimlich FDP! - Heiterkeit)

- So schlecht könnte es mir gar nicht gehen, dass ich auf die Idee kommen würde, so etwas zu tun.

(Zurufe)

Unsere Auffassung ist die, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht umgekehrt. Deswe

gen begrüße ich jede Rede, wo FDP- oder CDULeute sagen, welche Steuerpolitik sie wollen. Das ist eine, die sich gegen das Gemeinwohl richtet, das ist eine egoistische Steuerpolitik. Die Mehrheit der Menschen sind keine Egoisten. Sie werden keine Mehrheit für Schwarz-Gelb kriegen. Schwarz-Gelb ist nämlich bei den letzten 12 Wahlen überall abgewählt worden. Warten Sie auf den 22. September 2013; da wird das genauso sein. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zurufe CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass beide Reden des Kollegen Stegners von der Öffentlichkeit gehört wurden. Dann kann man nämlich wunderbar feststellen, wie er sich in beiden Reden herrlich widersprochen hat. In der ersten Rede hat er uns noch an seinem statistischen Wissen teilhaben lassen und an der Aufarbeitung von Steuerstatistiken. Da wollte er uns glauben machen, dass die Steuerbelastung völlig asymetrisch zugunsten von Schwächeren verteilt sei ebenso wie die Vermögensverteilung.

Es gibt nur ein Problem, sehr geehrter Herr Dr. Stegner. Ich möchte Sie mit einem Zitat konfrontieren, das nicht von Wolfgang Kubicki und nicht vom Spitzenkandidaten der FDP stammt, sondern von Ihrem Kanzlerkandidaten, der da schreibt:

„Zurück zum Mythos der zu geringeren Besteuerung der vermeintlich Reichen. Auch er verliert seine Ausstrahlung durch trockene Statistik. Das oberste Einkommensdezil, die 10 % mit dem höchsten Einkommen, erbringt 52 % des Aufkommens der Einkommensteuer; das oberste Einkommensfünftel leistet 68 % aller Steuerzahlungen. Die unteren 50 % aller Einkommensteuerpflichtigen tragen hingegen gerade einmal 6,5 % und die untersten 20 % lediglich 0,1 % zum Steueraufkommen bei.“

(Beifall FDP und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das jetzt der verteilungspolitische Skandal, den Sie hier anprangern?

Der Kollege Andresen, finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion, stellt sich hier hin und behauptet wahrscheinlich weiß er es nicht besser - Unsinn über das Ehegattensplitting. Der Kollege Harms behauptet implizit, dass Kita-Beiträge vom Bund festgesetzt werden. Ich hoffe wirklich, dass Steuerpolitik in diesem Wahlkampf eine Rolle spielt, weil Sie nämlich steuerpolitisch nur noch mitleiderregend sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stegner?

Ich gestatte die Zwischenfrage gleich. Ich möchte nur gern meinen Gedanken zu Ende führen. Vielleicht animiert das den Kollegen Stegner ja zu weiteren rhetorischen Höhenflügen.

Herr Kollege Andresen, was Sie hier immer wieder beispielsweise über Lobbyistenvereine und über die Priviligierung bestimmter Gruppen gesagt haben -

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

- Ja, Kollege Andresen, das stimmt doch! 2009 in Bayern: 7 % Mehrwertsteuer auf Gastfreundschaft. Der Landesverband der Grünen in Bayern fordert die Landesregierung auf, endlich diesem Schritt zu folgen, obwohl die schwarz-gelbe Koalition das im Bund gerade getan hat. Ihre Fraktion in Bayern will genau das von Ihnen immer wieder verteufelte Privileg. Das ist im Übrigen bei der SPD in Bayern nichts anderes. Sie erzählen hier wirklich Blödsinn. Sie versuchen, Schwarz-Gelb zu diffamieren, weil Sie in Wahrheit nichts anderes wollen als dem Mittelstand an den Kragen.

(Beifall FDP und CDU)

Sie, Herr Kollege Andresen, verwechseln mal eben Mittelstand mit Mittelschicht. Sie stellen sich hier hin und haben noch nicht einmal eine Ahnung davon, ob es Mittelschicht oder Mittelstand ist. Mittelstand, Herr Kollege Andresen, das sind die Unternehmerinnen und Unternehmer. Das ist die Stütze unserer Wirtschaft. Das sind diejenigen, die dafür sorgen, dass überhaupt einmal etwas erwirtschaftet wird, was Sie verteilen wollen.