Protocol of the Session on August 22, 2013

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

In einer Alleinverdienerehe mit zwei Kindern ergibt sich dadurch eine Mehrbelastung erst ab einem Haushaltsbruttoeinkommen von etwa 6.500 €. Vorwurf Nummer zwei ist mit anderen Worten reine Panikmache.

Vorwurf Nummer drei lautet, unsere Steuerpolitik belaste den Mittelstand. Auch hier der Faktencheck: Wir werden den Grundfreibetrag von 8.100 € auf 8.700 € anheben. 90 % der Einkom

mensteuerzahlerinnen und -zahler werden damit entlastet. Erst ab einem Jahreseinkommen von knapp 70.000 € fallen bei Alleinstehenden höhere Steuern an. Nur einmal zur Erinnerung: Das durchschnittliche Einkommen von Haushalten liegt nicht bei 70.000 €, Herr Kubicki, sondern bei etwa 46.000 € im Jahr. Hören Sie also endlich auf, die reichsten 10 % in Deutschland als Mittelstand zu maskieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Noch ein paar Sätze zum Schuldenabbau: Von den Bankenrettungspaketen haben vor allem Vermögende profitiert. Unsere Vermögensabgabe - das ist eine Abgabe und keine Steuer, Herr Kollege Callsen - sorgt dafür, dass sie solidarisch zurückgezahlt und angehäufte Schulden gezielt abgebaut werden. Unsere Vermögensabgabe ist im Übrigen auch so ausgestaltet, dass niemand überfordert wird und kleine und mittelständische Unternehmen geschützt sind. Durch hohe Freibeträge für Betriebsvermögen sind 90 % der Unternehmerinnen und Unternehmer gar nicht von der Abgabe betroffen. Macht ein Betrieb keinen Ertrag, muss die Unternehmerin oder der Unternehmer auch die Abgabe nicht zahlen. So einfach ist das.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Welche Alternative bieten Sie eigentlich? Wahlversprechen in einer Größenordnung von 30 Milliarden €, Lobbygeschenke für die Industrie und ein 4,8 Milliarden € schweres Betreuungsgeld als Wahlgeschenk für Horst Seehofer.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Solide Haushaltspolitik gegen Merkels verschwenderische Schuldenpolitik. Vor dieser Alternative stehen wir bei der Bundestagswahl.

Im Land sieht Ihre Politik nicht viel besser aus: Strukturelle Null bis 2016, 60 Millionen € mehr für Beton, gleichzeitig 60 Millionen € große Löcher bei der Grunderwerbsteuer. Das passt alles nicht zusammen, ist aber alles CDU-Programm.

Wir Grüne hingegen entlasten über 90 % der Bürgerinnen und Bürger und investieren clever und gezielt in Bildung und Klimaschutz.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glauben doch nicht einmal Ihre eigenen Leute!)

(Rasmus Andresen)

Im Übrigen bin ich mir sehr sicher, dass wir dabei mit der SPD den besten Partner haben. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben lange überlegt, zum CDU-Antrag einen Änderungsantrag die Überschrift betreffend zu stellen. Die Überschrift hätte lauten sollen: Lautere Wahlkampfhilfe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die FDP! - Letztlich haben wir aber darauf verzichtet, das entsprechend zu formulieren.

Alle Welt beneidet uns um unseren Mittelstand; denn alle Welt hat begriffen, dass es der Mittelstand - die vielen Hunderttausend inhabergeführten Familienunternehmen - ist, die die Grundlage für unsere wirtschaftliche Stärke bildet. Alle Welt außer RotRot-Grün beneidet uns, so könnte man sagen.

Der angesehene Wirtschaftsrat in Frankreich, ein Sachverständigenrat für Wirtschaft, hat 2006 auf die Frage, warum Frankreich im Vergleich zu Deutschland bei Beschäftigung, Kaufkraft und Konsumentenvertrauen so viel schlechter dasteht, geantwortet: In Frankreich fehlt vor allem ein breiter Mittelstand, so wie ihn Deutschland hat. Uns fehlen 10.000 Unternehmen á 300 Mitarbeiter. Hätten wir diese 3 Millionen neuen Beschäftigten, wären all unsere wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Probleme gelöst.

Mit den geplanten Steuererhöhungen setzt RotRot-Grün die Axt an die Wurzeln unseres Wohlstands. Sie treffen damit die vielen persönlich haftenden Familienunternehmen. Deren Vermögen ist im Betrieb gebunden. Sie haben das nicht auf der hohen Kante oder unter dem Bettkissen, so wie Sie sich das anscheinend ausmalen. Man hat manchmal das Gefühl, die Roten und die Grünen glauben, es gebe so etwas wie Entenhausen, einen großen Safe, in dem Dagobert Duck das Geld verwahrt hat. Man müsse nur mit dem Tanklaster vorbeifahren, das Geld umschaufeln, und schon seien die Probleme gelöst. In Wirklichkeit funktioniert die Wirtschaft aber anders. Was sollen die Unternehmer Ihrer Ansicht nach machen? Investitionen

zurückfahren? Maschinen verkaufen? Mitarbeiter entlassen?

Ihre Steuerpolitik trifft nicht den Aktionär, der im Ausland sitzt, sondern den regional verwurzelten Unternehmer, der in Generationen statt in Quartalen denkt.

Als hätte der liebe Gott ein Einsehen gehabt, hat er uns heute dokumentiert, dass auch Sozialdemokraten in Führungsverantwortung, wie beispielsweise die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel, Frau Gaschke, begriffen haben, was nicht sein kann: Erst Steuern erheben, die zu hoch sind, dann die Steuern nicht einziehen und diese anschließend erlassen mit dem Argument, es würden sonst Arbeitsplätze vernichtet werden.

(Beifall FDP)

Das ist genau das Argument, mit dem wir Sie davor bewahren wollen, eine Steuerpolitik im Bund umzusetzen, mit der man genau diesen Weg beschreiten würde.

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Dr. Kai Dolg- ner [SPD])

- Herr Dr. Dolgner, ich höre Ihnen und auch dem Kollegen Dr. Stegner immer wieder gern zu. Ich sage noch einmal: Ich verteidige den Rechtsstaat gegenüber jedermann, auch Ihnen gegenüber, Herr Dr. Stegner. Sie sollten wissen, dass es die Aufgabe von Anwälten ist, sich um den Rechtsstaat zu kümmern.

Der Einzige, von dem ich weiß, dass er ein leistungsloses Einkommen bezogen hat, waren Sie. Sie haben Aufsichtsrattantieme von der HSH Nordbank bekommen, ohne irgendetwas dafür geleistet zu haben.

(Beifall FDP und CDU)

Schließlich haben Sie im Untersuchungsausschuss erklärt, dass Sie an mehreren Sitzungen nicht teilgenommen hätten und im Übrigen auch nicht verstanden hätten, worum es ging.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist sehr egoi- stisch!)

Mit Ihrer Idee sind Unternehmen gezwungen, Vermögen zu liquidieren und auf Investitionen zu verzichten. Damit droht dem Land ein Ausverkauf seines Mittelstands.

Die Behauptung, man könne Betriebsvermögen bei der Vermögen- und Erbschaftsteuer schonen, Herr Kollege Andresen, verstößt gegen den Grundsatz der Gleichheit. Das wird vor Gericht keinen

(Rasmus Andresen)

Bestand haben, wie Sie anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gemerkt haben sollten. Im Übrigen lassen sich die von der SPD erwarteten Einnahmen aus der Vermögensteuer von 11,5 Milliarden € im Jahr ohne Einbeziehung von Betriebsvermögen gar nicht erzielen. Auch das sollten Sie nachrechnen können.

Die im Mittelstand verankerte Unternehmenskultur der Personengesellschaft, die Kombination von Verantwortung und persönlicher Haftung, ist doch das Fundament unserer stabilen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. An diesem Fundament wollen Sie rütteln. Sie würden es zum Einsturz bringen.

Da wirkt es nur noch wie Hohn, wenn ausgerechnet der Altkommunist Jürgen Trittin den Betroffenen rät, die Unternehmen dann doch in Kapitalgesellschaften umzuwandeln, um der Anhebung des Spitzensteuersatzes zu entgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor einer solchen Steuerpolitik warnen nicht nur die Mittelständler und die FDP. Herr Kretschmann, grüner Ministerpräsident aus Baden-Württemberg, Herr Palmer, grüner OB aus Tübingen, und der baden-württembergische SPD-Finanzminister Schmid sahen sich gezwungen, mit einem Brandbrief vor den Konsequenzen einer solchen Politik zu warnen. Sie kennen die Konsequenzen rot-rot-grüner Steuerpläne. Allmählich scheint dies auch Herrn Gabriel zu dämmern. Anders kann ich mir seine Abstriche an dem so „glorreichen“ SPD-Steuerkonzept gar nicht erklären.

Glauben Sie denn wirklich, dass solche massiven Steuererhöhungen zur wirtschaftlicher Prosperität und zu Mehreinnahmen führen? Wer wie Sie die Steuern erhöhen will, der wird erfahren müssen, dass dies Konsequenzen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Land haben wird.

Wenn eine solche Politik beschlossen werden würde, dann würden am Ende im Ergebnis nicht Steuermehreinnahmen stehen, sondern Steuermindereinnahmen. An dieser Stelle empfehle ich Ihnen, die Autobiographie von Peer Steinbrück zu lesen. Lesen Sie das einmal nach. Der Mann ist doch ein herausragend guter Ökonom, der Ihnen genau das unter die Nase reibt.

Das Lebendbeispiel Frankreich kann besichtigt werden.

Mit dieser Politik würden auch die vielen Leistungsträger aus der Mitte der Gesellschaft für ihr Engagement und ihre Leistung bestraft. Wem ist denn wirklich geholfen, wenn unternehmerische In

vestitionen ausbleiben, weil Steuersätze steigen? Wem hilft ein Überbietungswettbewerb um die höchsten Steuersätze? Den dann neuen Arbeitslosen? Den Armen? Der sozialen Gerechtigkeit an sich?

Statt sich dabei zu überbieten, wer mehr verteilen möchte, sollten Sie dafür Sorge tragen, dass der Kuchen, den es zu verteilen gibt, größer wird. Stattdessen glänzen Sie bisher durch Gesetzentwürfe, die vor allem das Wirtschaftswachstum bremsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachhaltig einschränken. Vergabegesetz, Sparkassengesetz - in der Folge wird die Sparkasse Südholstein 130 Mitarbeiter entlassen; das ist das Ergebnis Ihrer Politik, Herr Dr. Stegner -,

(Beifall FDP und CDU)

Zentralisierung der Regionalplanung und Kürzung der Investitionen - Rückschritt, wohin man nur blickt.

Ein Blick nach Frankreich zeigt uns doch, wohin eine verfehlte Politik von immer höheren Steuern und immer mehr Umverteilung führt, nämlich zu weniger Wohlstand, zu stagnierenden Löhnen und zu mehr Arbeitslosigkeit. Wollen Sie dahin? Dann sind Sie mit Ihren Steuerplänen auf dem Weg dahin. Herr Dr. Stegner, Herr Andresen, die Menschen werden am 22. September 2013 darüber entscheiden, ob sie das wollen oder nicht.

Ihre Behauptung, kleine und mittlere Einkommen seien von Ihren Planungen nicht betroffen, ist schon deshalb falsch, weil durch Ihr Konzept der Streichung der Kilometerpauschale jeder, der auf dem Land lebt, vom ersten Euro an betroffen sein wird, weil er keine Abzugsmöglichkeit mehr hat und damit mehr Steuern zahlen muss als bisher. Hören Sie also auf, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Ihr Konzept für Deutschland führt ins Nirwana. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und CDU - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nirwana soll kein schlechter Ort sein!)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Torge Schmidt.