Protocol of the Session on August 21, 2013

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, das ist wirklich das Problem. Das wurde von uns, von der Wirtschaft und auch von weiten Teilen der Bevölkerung schon kritisiert. Es ist ein Armutszeugnis, dass Sie nach über einem Jahr immer noch keine gemeinsame Linie mit der Landesregierung gefunden haben. Herr Albig, vielleicht sollten Sie einmal miteinander sprechen und nicht über die eigenen Abgeordneten in der Öffentlichkeit sprechen. Die permanente Selbstbeschäftigung der Koalition muss endlich ein Ende haben.

(Heiterkeit SPD - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, ich versuche, von Ihnen zu lernen, auch wenn Sie in Sachen Humor bisher nicht mein Vorbild waren. Aber das kann ja noch kommen.

Abschließend möchte ich noch zur Rader Hochbrücke kommen. Ich möchte ausdrücklich betonen: Das Krisenmanagement von Minister Meyer ist in Ordnung. Auch die Informationspolitik und das, was der Staatssekretär uns letzte Woche mitgeteilt hat, sind vollkommen in Ordnung. Da gibt es nichts zu beanstanden. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten muss man sich darum kümmern, ob die Rader Hochbrücke erneuert werden muss und ob vielleicht eine Schienentrasse integriert werden muss. Insofern herrscht dort Einigkeit, Herr Dr. Stegner. Ich bin nicht für den Abriss der Eisenbahnbrücke. Das ist ein Denkmal, das als Wahrzeichen der Stadt Rendsburg erhalten bleiben muss. Aber ich glaube nicht, dass die Eisenbahnhochbrücke angesichts ihres derzeitigen Zustands und des ständigen Sanierungsaufwands ihr 150-jähriges Jubiläum als aktive Eisenbahnbrücke noch erleben wird. Insofern müssen die Planungen da gemeinsam mit dem Bund beginnen. Da sind wir ausnahmsweise einmal einer Meinung.

Insofern kann ich Sie abschließend nur dazu auffordern: Finden Sie endlich eine gemeinsame Linie, Herr Albig! Sprechen Sie einmal mit Ihren eigenen Abgeordneten! Wenn Sie ein so großer Fan der A 20 und der festen Fehmarnbelt-Querung sind, dann wäre es schön, wenn auch die Anträge der Koalitionsfraktionen zukünftig entsprechend ausse

(Christopher Vogt)

hen würden. - Ganz herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Nun hat die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abgeordnete Eka von Kalben, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die finanziellen Auswirkungen des Zensus haben dem Land Luft verschafft. Extrageld? Glück des Tüchtigen? Als Grüne muss ich bekennen: Volkszählungen haben auch ihr Gutes.

(Zurufe: Oh! - Beifall Volker Dornquast [CDU])

Es lebt sich gut bei uns im Norden. Das beweisen nicht zuletzt die vielen Bürgerinnen und Bürger, denen wir die zusätzlichen Zensus-Millionen zu verdanken haben. Es lebt sich gut im Norden, das zeigt auch der Glücksatlas 2012, die Studie der Deutschen Post. Das Glück ist vielleicht doch mit den Tüchtigen, und tüchtig ist diese Landesregierung allemal.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Unruhe)

Unsere Finanzministerin hat gemeinsam mit dem gesamten Kabinett im ersten Jahr ihrer Amtsführung die Weichen erfolgreich gestellt. Bildung und Klimaschutz sind die Leitplanken dieser Koalition. In diese Richtung hat Schleswig-Holstein nun Fahrt aufgenommen. Bildung und Klimaschutz sind die Zukunftsfelder, die eindeutig am dauerhaftesten wirken.

Die Landesregierung hat uns einen Haushaltsplan vorgelegt, nach dem wir mit Sicherheit im Jahr 2020 oder - wenn die Konjunktur gut läuft - sogar schon im Jahr 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen werden.

(Unruhe)

Das ist schon weit mehr als Licht am Ende des Tunnels, das ist erfolgreiche Finanzpolitik. Vielen Dank, Frau Ministerin!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Konsequenter Personalabbau und Aufgabenkritik, Landeseinnahmen erhöhen und das Vorziehen von Investitionen bestimmen unseren Kurs.

(Lachen FDP)

Wir sanieren heute Gebäude und sparen morgen Energie. Wir erneuern die Decken der Landesstraßen und sparen uns so spätere Flickschusterei. Wir investieren heute in Kindertagesstätten und sparen morgen teurere Extraförderung für Kinder, die zu spät gefördert wurden. So sieht eine Politik der Nachhaltigkeit aus.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Callsen, es ist falsch, Straßenbau gegen Schulbildung auszuspielen.

(Zurufe CDU und FDP: Das machen Sie doch gerade!)

Sie haben gesagt, es nütze nichts, Geld in Bildung zu stecken, wenn man da nicht hinkomme. Da haben Sie völlig recht. Aber es nützt uns auch nicht, eine Straße zu bauen, die nirgends hinführt, außer vielleicht in die Elbe.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zu- ruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Meine Damen und Herren, die Opposition ist sprachlos - nein, das wäre zu schön, sie ist verwirrt. Das hat Herr Koch eben selbst gesagt. Da wäre Sprachlosigkeit das kleinere Übel. Schade, dass sich die Opposition nicht auf den Weg macht, um mit uns um das bessere Konzept zu streiten, sondern unkoordiniert Forderungen stellt: Wir sollen mehr sparen und mehr investieren, wir sollen die Grunderwerbsteuer nicht erhöhen, aber den Beamten auch rückwirkend mehr zahlen.

Zurück auf Los, Herr Callsen! Legen Sie uns endlich ein stimmiges Oppositionskonzept für den Landeshaushalt vor! Das haben wir Grünen in Oppositionszeiten auch getan; wir haben uns immer konstruktiv eingebracht. Sie aber belassen es beim Mäkeln.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Meine Damen und Herren, die zusätzlichen Zensus-Millionen lösen nicht alle Probleme. Sie geben uns etwas Beinfreiheit und beschleunigen die Konsolidierung unserer Landesfinanzen. Im Himmel ist deswegen noch lange nicht Jahrmarkt. Ich warne sehr vor allzu großen Begehrlichkeiten. Wir haben nicht mehr Staatseinnahmen zum Ausgeben, son

(Christopher Vogt)

dern ein weniger großes Defizit. Das muss man sich klarmachen. Noch immer müssen im Jahr 2014 circa 14 % unseres Landeshaushalts aus Krediten finanziert werde. Daher wird diese Koalition mit äußerster Sorgfalt und mit Augenmaß über die Verwendung der Zensus-Mittel entscheiden.

Der Abbau der Neuverschuldung und dann in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft auch der Schuldenabbau sind eines unserer zentralen Anliegen. Die Altschulden sind die Eisenkugel am Bein jeden Regierungshandels. Ohne die Zinslasten der Vergangenheit hätten wir schon heute einen ausgeglichenen Haushalt.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Volker Dornquast [CDU]: Das liegt doch an Ihnen!)

Aber auch Straßen und Brücken und der Nord-Ostsee-Kanal, die man jahrzehntelang nicht oder unzureichend gepflegt hat, sind Schulden. Diese Schulden stehen nicht in Bilanzen, stehen nicht im Landes- oder Bundeshaushalt, diese Schulden spürt aber jeder, der morgens zur Arbeit fährt. Diese Schulden, die uns die Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte hinterlassen hat, sind Schulden in Form von Schlaglöchern und bröckelnden Brücken, kaputten Schulen und Turnhallen. Diese Schulden spüren die Reeder mit ihren Schiffen, die nun einen großen Bogen um unser Land machen müssen. Wir schätzen diese Infrastruktur-Schulden - da liegen wir sogar noch höher, als Herr Vogt es angegeben hat - allein auf den Landesstraßen auf rund 1,1 Milliarden €, wenn wir alles sanieren würden. Auch diese Schulden muss diese Landesregierung tilgen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen und müssen investieren, um die vernachlässigte Infrastruktur wieder zu ertüchtigen. Wir werden zunächst 26 Millionen € in die Straßenrenovierung stecken. Das ist gemessen an den Herausforderungen wenig. Ohne eine grundlegend andere Finanzierung im Verkehrssystem werden wir nicht umfassend sanieren können. Da müssen Bund und Länder eine gemeinsame Strategie entwickeln.

Wenn der Bund zur Finanzierung der Bundesstraßen und Autobahnen eine LKW-Maut erhebt, ist es nur recht und billig, wenn dieses Recht auch dem Land und den Gemeinden zugesprochen wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich denke, die Konjunktur soll brummen! - Zuruf Tobias Koch [CDU])

Um der LKW-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen auszuweichen, weichen die LKW auf unse

re Landesstraßen aus, die für solche Lasten nicht ausgelegt sind. Da können wir viele Löcher stopfen, perspektivisch bringt das aber nichts. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir auch prüfen müssen, ob wir die Landesstraßen „bemauten“.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Un- ruhe)

Meine Damen und Herren, wir werden aus den zur Verfügung stehenden Zensus-Mitteln auch in den Kita-Ausbau investieren. Die Kleinsten in unserer Gesellschaft brauchen mehr Unterstützung. Das ist gerecht und zukunftsgerichtet. Jeder Euro, den wir heute in Bildung investieren, wird sich in Zukunft mehrfach amortisieren.

10 Millionen € werden in einen Investitionsfonds für Kindertagesstätten bei der Investitionsbank fließen, um die Kommunen beim Ausbau weiter zu unterstützen. Dies geschieht zusätzlich zu den strukturellen Mitteln, die wir bis zum Jahr 2017 auf 80 Millionen € aufwachsen lassen wollen.

Auch das Sondervermögen Hochschulbau wird um weitere 10 Millionen € aufgestockt, um den Sanierungsstau bei den Hochschulen, insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung, abzubauen.

Das sind Investitionen, die sich auf lange Sicht auszahlen werden, durch einen Beitrag zum Klimaschutz, durch geringere Energiekosten und nicht zuletzt durch eine Attraktivitätssteigerung unserer Bildungseinrichtungen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Die restlichen 30 Millionen € aus den ZensusNachzahlungen wird die Koalition zur Absenkung der Neuverschuldung einsetzen.

Also, Investitionen in Bildung und Klimaschutz, Erhalt der Infrastruktur und Sanierung des Haushalts, das ist vorausschauend und nachhaltig. Das ist die Politik der Küstenkoalition.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW)

Meine Damen und Herren, die Infrastrukturpolitik der vergangenen Jahrzehnte hat einen entscheidenden Denkfehler. Es wurde immer nur geschaut: Was kostet der Bau einer Straße, einer Brücke, eines Tunnels, einer Philharmonie? Die langfristigen Kosten für den Erhalt wurden aber nicht berücksichtigt. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich als nachhaltig bezeichnen würde.