Protocol of the Session on August 21, 2013

neten - übrigens über die Parteigrenzen hinweg - im Haushaltsausschuss des Bundestages viel besser und konstruktiver als die norddeutschen, auch die Schleswig-Holsteiner, zusammengearbeitet haben. Das sollten wir uns zu Gemüte führen.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

- Herr Andresen, das ist in der Tat so. Mittlerweile ist das sogar bei den Grünen dort angekommen. Wenn es darum geht, sich im Haushaltsausschuss Geld zu bewilligen, sind auch die süddeutschen Abgeordneten der Grünen dabei. Die norddeutschen Abgeordneten streiten manchmal noch nicht einmal für die eigenen Projekte.

Derzeit wird bundesweit darüber diskutiert, woher zusätzliche Mittel für die Verkehrsinfrastruktur kommen sollen. Meine Fraktion hält nichts von der Einführung einer Pkw-Maut oder der erneuten Ausweitung der Lkw-Maut sogar auf Gemeindestraßen, wie die Grünen es derzeit fordern. Autofahrer und Logistikbranche werden bereits heute massiv finanziell belastet. Aber nur ein Bruchteil der Einnahmen aus diesem Bereich wird wieder in die Infrastruktur investiert. Ich betone: Der Verkehrsbereich gibt nicht zu wenig, sondern jede Menge Geld, und das in jedem Jahr. Nur ein Bruchteil wird zurückgegeben. Wenn man sich den Subventionsanteil im Bundeshaushalt anschaut, sieht man: Dort ist noch viel Luft für ein Umschichten in den Verkehrsetat.

Wenn jetzt Forderungen an den Bund gestellt werden - da sind alle gern dabei -, sollte man Folgendes beachten: Man wird nur dann ernst genommen, wenn man auch die eigene Infrastruktur in Schuss hält und den eigenen Zuständigkeitsbereich im Griff hat.

Ein großer Teil des Landesstraßennetzes ist marode; Frau von Kalben, Sie werden sich sicherlich gleich dazu äußern. Der Sanierungsstau beläuft sich mittlerweile auf knapp 200 Millionen €. Ich halte das nicht für unrealistisch. Das ist für unser Land wahrlich kein Pappenstiel, sondern angesichts der finanziellen Lage Schleswig-Holsteins ein gewaltiges Problem.

Nun wird diese Landesregierung finanzpolitisch vom Glück fast verfolgt: Zunächst konnten Sie die Spielräume, die die schwarz-gelbe Vorgängerregierung Ihnen hinterlassen hatte, nutzen. Nun kommt das Zensusergebnis, und sie erhalten nicht nur künftig strukturell mehr, sondern auch rückwirkend für die Jahre 2011 und 2012. Das sind immerhin rund 50 Millionen €. Meine Fraktion hatte vor die

(Christopher Vogt)

sem Hintergrund bereits im Juni 2013 beantragt, dieses Geld, mit dem hier wirklich niemand gerechnet hatte, in das Landesstraßennetz zu investieren, um es in den nächsten ein bis zwei Jahren zumindest so weit zu sanieren, dass die Verkehrssicherheit wieder gewährleistet ist und ein Großteil der zustandsbedingten Einschränkungen aufgehoben werden kann. Die CDU hatte zwischenzeitlich eine ähnliche Summe beantragt.

Die Koalitionsfraktionen wollen dagegen einen anderen Weg gehen und nun rund 26 Millionen € in die Verkehrsinfrastruktur des Landes investieren, was angesichts des Sanierungsstaus allenfalls ein Anfang sein kann. Es ist erfreulich, dass mittlerweile auch die Grünen erkannt haben, dass das Land mehr Geld in seine Straßen investieren muss. Wir haben noch gut in Erinnerung, dass Sie uns immer als „Betonpolitiker“ betitelt haben. Die kleine Anmerkung sei erlaubt: Es müsste an dieser Stelle eigentlich „Asphaltpolitiker“ heißen. Aber das nur dazu.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Sei’s drum. Die betroffenen Regionen interessiert, welcher Anteil der 26 Millionen € - die übrigens nicht allein für die Landesstraßen bestimmt sind, sondern für die Verkehrsinfrastruktur insgesamt am Ende tatsächlich bei den Landesstraßen ankommt. Ich befürchte, dass ein Großteil wieder für andere Dinge verwendet wird und dass es bei den Landesstraßen am Ende nur ein kleines Strohfeuer sein wird.

Immerhin haben Sie jetzt etwas vorgelegt, das etwas handfester ist als Ihr bisheriger völlig unzureichender und leider auch verfassungswidriger Entwurf, der über Wochen im Finanzausschuss vorlag.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben mit Ihrem Gesetzentwurf nicht die Frist einhalten können. Herr Stegner, ich habe es Ihnen gestern schon gesagt: Im Sinne der Sache werden wir das Verfahren an der Stelle nicht blockieren. Insofern werden wir jetzt so verfahren können.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle betonen - denn es geht in der Tat auch um diese Fragen -: Gegen Investitionen im Hochschul- und Kita-Bereich kann man grundsätzlich wenig sagen. Auch hier gibt es ohne Frage in Schleswig-Holstein großen Bedarf. Aber wir hatten und haben an dieser Stelle andere Vorstellungen. Es ist nicht falsch, mehr Mittel für die

Kinderbetreuung und die Hochschulen bereitzustellen. Aber für diese Bereiche gab es zuletzt bereits Sonderprogramme, die teilweise auch auf Vorschlag beziehungsweise durch Unterstützung der FDP-Fraktion geschaffen wurden. Die von der Koalition beantragte Aufstockung des Sondervermögens Hochschulbau auf nun 50 Millionen € entspricht sogar unserer ursprünglichen Forderung.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Dann stimmen Sie doch zu!)

Insofern, Frau von Kalben, ist dieser Punkt Ihres Gesetzentwurfes für uns kein Beinbruch. Aber für das Landesstraßennetz und insbesondere für die betroffenen Regionen, in denen die Menschen mittlerweile auf die maroden Straßen gehen, deren Sanierung sie fordern, wäre hier deutlich mehr drin gewesen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das Geld kann man nur einmal ausge- ben!)

- Genau! - Nicht nur verkehrs-, sondern auch finanzpolitisch wäre ein höherer Betrag für die Landesstraßen zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht sinnvoll. Wenn man sich vor Augen führt, dass 80 % der Straßen über keine ausreichende Tragfähigkeit und Frostsicherheit verfügen, kann man sich vorstellen, was bei weiteren harten Wintern in den kommenden Jahren auf diesen Straßen passieren wird.

Insofern, Frau Heinold, bleibt festzuhalten: Die Folgekosten weiterer Unterlassungen sind deutlich höher, als wenn man jetzt schnell reagieren würde. Das möchte ich an dieser Stelle nur einmal anfügen. Das weiß das Finanzministerium eigentlich auch. Deswegen hatten wir gesagt, die 50 Millionen €, die man jetzt zur Verfügung hat, sollte man komplett dort hineingeben, um weitere Folgeschäden zu verhindern.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, die Sperrung der L 205 ist uns allen noch in guter beziehungsweise schlechter Erinnerung. Weitere Sperrungen von Straßen sollten unbedingt vermieden werden. Die Menschen haben schlichtweg kein Verständnis dafür, wenn sie nicht mehr vernünftig an ihren Arbeitsplatz oder nach Hause kommen. Zudem sind bei über einem Drittel aller Bauwerke, in erster Linie bei den Brücken, Erhaltungsmaßnahmen erforderlich. Diese sind deutlich teurer als die reine Straßensanierung.

(Christopher Vogt)

Dazu gehört auch eine Brücke im Kreis Herzogtum Lauenburg, und zwar in Büchen, die seit über 23 Jahren nur noch einspurig befahrbar ist. Mittlerweile hat sich, wie wir sehen konnten, auch die Sendung „extra 3“ damit beschäftigt. Die Landesregierung hat kundgetan, dass es auch jetzt noch keine Planungen gibt. Ich möchte nur einmal anfügen: Im Landesverkehrswegeplan, den Sie immer so kritisiert haben, stand zum Beispiel die Sanierung dieser Brücke drin. Das wurde jetzt von Ihnen gestrichen. Ich habe mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, Herr Meyer, dass Sie sich die Brücke gestern immerhin schon einmal angeschaut haben. Es ist ja auch schön, einmal eine andere Brücke zu sehen als immer nur die eine an der A 7. Insofern hoffe ich, dass das ein gutes Signal ist und dass da jetzt endlich einmal etwas passiert.

Meine Damen und Herren, nach der von Ihnen im aktuellen Landeshaushalt vorgenommenen Kürzung bei den Mitteln für Landesstraßen auf einen Ansatz von nur noch 6,5 Millionen € reagieren Sie nun auf den öffentlichen Druck und korrigieren sich erneut. Leider enthält Ihr Haushaltsentwurf für das Jahr 2014 keine Steigerung der Mittel für Straßensanierungen. Es sollen erneut 5 Millionen € für den kommunalen Radwegebau bereitgestellt werden, die dann für den kommunalen Straßenbau erneut fehlen werden. Dieser ist ohnehin schon unterfinanziert. Da werden noch einmal 5 Millionen € herausgenommen. Meine Damen und Herren, ich bin wirklich gespannt, ob Sie nach der Bundestagswahl die prekäre Lage der Landesstraßen und des kommunalen Straßenbaus auch noch im Blick haben werden. Auf jeden Fall haben viele Menschen wenig Verständnis dafür, dass neben völlig maroden Straßen nagelneue Radwege gebaut werden, so schön diese auch immer sein mögen.

(Beifall FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, dort, wo es zuletzt die Demonstrationen gab, nämlich an der L 199 im Kreis Herzogtum Lauenburg, gibt es eine Gemeinde, die an der Demonstration beteiligt war. Dort führen nur drei Straßen auf diesen Ort zu. Zwei wurden in den letzten Jahren mit neuen Radwegen ausgestattet. Nur leider kommt man dort mit dem Auto nicht mehr hin. Ich habe gehört, dass es jetzt mit der Sanierung losgehen soll. Wenn das nicht passieren sollte, muss man da bald mit einem Hubschrauber hinfliegen oder mit dem Fahrrad hinfahren. Es gibt also nur zwei Möglichkeiten. Insofern hält sich das Verständnis bei vielen Menschen in Grenzen.

Herr Meyer, ich habe zur Kenntnis genommen, dass Ihr Staatssekretär gestern schon die Sanierung der L 199 und auch der L 257 zugesagt hat, obwohl die entsprechenden Mittel vom Parlament noch nicht bewilligt worden sind. Das ist schon ein komisches Parlamentsverständnis. Aber gut, ich habe gehört, Herr Stegner hat gesagt, dass das durchgestemmt wird. Insofern kann die Landesregierung das Geld ja schon einmal verteilen.

Ich möchte noch zu einem anderen Punkt kommen, nämlich dem Nord-Ostsee-Kanal. Allen Unkenrufen zum Trotz, Herr Stegner, wird jetzt der Schleusenneubau in Brunsbüttel vorangetrieben. Das ist ja auch keine kleine Maßnahme. Das sind rund 300 Millionen €. Die weiteren Maßnahmen müssen jetzt ebenfalls vorbereitet werden. Da würde mich auch einmal interessieren, Herr Meyer, was denn eigentlich aus dieser Vereinbarung zwischen Bund und Land geworden ist, die wir alle befürwortet haben und bei der noch nichts herausgekommen ist. Es würde mich freuen, wenn die Landesregierung etwas dazu sagen würde, was mit dieser Vereinbarung zum Erhalt und Ausbaus des Kanals los ist.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Meine Damen und Herren, der Streik, den Ver.di dort veranstaltet hat, hat die Situation des Kanals alles andere als besser gemacht. In der Tat gilt die Tarifautonomie. Ich wundere mich allerdings schon, dass der Ministerpräsident, als der Ausfall bei der maroden Schleuse war, der die großen Schiffen betraf, sich aus dem Ausland meldet und mit markigen Worten in Richtung Berlin - er war einmal Sprecher des Bundesfinanzministeriums; er müsste eigentlich wissen, woran es liegt - Wahlkampf betreibt, jedoch dann, wenn Ver.di tagelang den Kanal stilllegt, beim Ministerpräsidenten vornehme Zurückhaltung herrscht und stattdessen fröhlich Fahrrad gefahren wird. Meine Damen und Herren, das passt nicht zusammen. Stringent ist das nicht.

(Beifall FDP und CDU)

Auch bei den anderen großen Neubauprojekten in unserem Land, dem Weiterbau der A 20 und der festen Fehmarnbelt-Querung, liefert diese Koalition noch immer ein konfuses Bild. Herr Dr. Stegner, ein Hinweis: Was die A 20 angeht, so hatten wir von Ihrer Regierung kein Baurecht. Ich meine, ohne Baurecht darf man nicht bauen. Oder hätten wir die A 20 schwarz bauen sollen? Es ist nun wirklich ein irrer Vorwurf, den Sie uns da ständig machen. Die Grünen - darum sollten Sie sich einmal kümmern

(Christopher Vogt)

nutzen jede Gelegenheit, um den Weiterbau der A 20 infrage zu stellen, und tun bei den Großbauprojekten immer so, als hätten sie mit dieser Landesregierung gar nichts zu tun. Insofern ist Ihr Koalitionsantrag dazu wirklich ein schlechter Scherz.

Vom Bau der festen Fehmarnbelt-Querung, Herr Ministerpräsident, konnten Sie bisher noch nicht einmal die eigenen Genossen in Ostholstein überzeugen und - wenn wir den heutigen Antrag dazu sehen - anscheinend auch nicht die eigenen Koalitionsfraktionen.

Der Kollege Winter hier aus dem Landtag und Frau Hagedorn aus dem Bundestag machen den Wählern in ihren Wahlkreisen interessante Angebote: Erststimme SPD gegen die Querung, Zweitstimme SPD für die Querung. Das ist wirklich ein breites Angebot, das die SPD den Wählern dort macht.

(Beifall FDP und CDU)

Der aktuelle Bundestagswahlkampf von Frau Hagedorn in Ostholstein ist eine Blamage für diesen Ministerpräsidenten, für diese Landesregierung und auch für die Landespartei, Herr Stegner.

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Lars Winter [SPD])

- Herr Winter, das könnte uns eigentlich relativ egal sein. Wir könnten uns ja darüber freuen.

(Zuruf Lars Winter [SPD])

- Herr Winter, Sie können ja fordern, was Sie wollen. Nur, wir als Opposition und die Menschen erwarten, dass die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen bei den Großprojekten nach über einem Jahr endlich einmal mit einer Stimme sprechen. Das darf man erwarten.

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Eka von Kal- ben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Was Sie persönlich fordern, ist mir relativ egal. Aber Sie sollten endlich zu einer gemeinsamen Haltung kommen.

Es geht bei der Querung schon lange nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie, vor allem was die Hinterlandanbindung angeht. Es ist auch nicht so, dass das Land damit nichts zu tun hat. Das Raumordnungsverfahren ist bei der Staatskanzlei angesiedelt. Insofern ist es nicht so, dass es eine reine Bundesangelegenheit wäre. Das Wie bei der Hinterlandanbindung ist vor allem Aufgabe der Landesregierung. Insofern fordere ich Sie auf: Finden Sie endlich eine gemeinsame Linie. Dann können Sie auch wieder kontern, Herr Stegner.

Das große Problem, das bei der festen FehmarnbeltQuerung und bei der A 20 besteht - da outet sich Herr Meyer ja auch immer als großer Fan -, ist, dass die Landesregierung keine eigene Mehrheit hat. Das große Problem ist, dass Sie keine eigene Mehrheit hier im Parlament haben. Das sieht man bei dem Antrag zur A 20 und auch bei der festen Fehmarnbelt-Querung.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])