Protocol of the Session on June 18, 2013

Mein letzter Satz, Herr Präsident.

(Wolfgang Kubicki)

Wie kann es sein, dass in Schleswig-Holstein Unternehmen lizenziert werden, die in Hessen aus dem Verfahren ausgeschieden sind? - All diejenigen, die nicht zum Zuge kommen - 80 Klagen sind angekündigt worden, Herr Dr. Stegner -

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Da Sie davon nichts verstehen, das ist ja das Schlimme, und sich dauernd äußern, muss man nur sagen: Man muss Sie reden und öffentlich dokumentieren lassen, was Sie für ein Mensch sind.

(Beifall FDP und vereinzelter Beifall CDU)

Dann werden Sie feststellen, dass die 22 %, die die Sozialdemokraten derzeit bundesweit organisieren, noch weiter abschmelzen werden, weil deutlich wird, dass Sie von der Materie, über die Sie reden, keine Ahnung haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelter Beifall CDU)

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abgeordnete Dr. Patrick Breyer das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Mit diesem Gesetzentwurf setzt die rot-grün-blaue Koalition ihren Kreuzzug gegen das Glücksspiel fort. Nicht genug damit, was schon vorher in Kraft war, dass sämtliche Spieler in Spielhallen flächendeckend videoüberwacht werden. Neu kommt eine erstmalige Befristung unbefristet erteilter Konzessionen hinzu. Ich teile die Meinung des Kollegen Kubicki, dass es verfassungsrechtlich äußerst zweifelhaft ist, ob das durchgehen kann.

Sie machen aber noch weiter. Es kommt dazu eine Sperrung von Internetglücksspiel einschließlich übrigens völlig legaler Angebote für Sportwetten im Internet. Das ist im Glücksspielstaatsvertrag zugelassen. Warum sollen diese völlig legalen Angebote in Spielhallen gesperrt und zensiert werden? Das kann keiner erklären.

Der Gipfel ist sicherlich, dass Sie Menschen, die in Spielhallen spielen, das Rauchen ebenso verbieten wollen wie das Trinken von Alkohol und sogar den Verzehr von Speisen einschließlich mitgebrachter Speisen.

(Heiterkeit PIRATEN, CDU und FDP)

Begründung: Wenn die Leute rausgehen müssen zum Rauchen, Trinken, Essen, können sie in der

Zeit nicht spielen und kommen vielleicht nicht mehr zurück. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage mich, warum in dem Gesetzentwurf kein Toilettenverbot enthalten ist.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP - Zuruf SPD: Das ist eine gute Idee!)

Wenn man rausgehen müsste, um sich zu erleichtern, kann man auch nicht spielen. Warum lassen Sie keinen Burggraben mit Krokodilen um Spielhallen bauen, um bloß niemanden mehr hineinzulassen? Sie wollen doch in Wahrheit diese Spielhallen überhaupt nicht haben und verbieten. Weil Sie das nicht können, versuchen Sie durch die Hintertür, das so unattraktiv zu machen, dass keiner mehr hingeht. Das ist wirklich ein unwürdiges Verhalten.

(Beifall PIRATEN und CDU - Zuruf von der FDP: Wir leben eben in einem Rechtsstaat!)

Das ist nicht nur unwürdig, sondern auch unglaubwürdig, weil Sie nämlich bei Ihren eigenen Spielmöglichkeiten,

(Weitere Zurufe - Glocke Präsident)

an denen Sie als Land selbst verdienen, bei den Spielbanken nämlich, völlig regulierungsloses Spiel zulassen - und zwar gerade das Automatenspiel, was besonders suchtgefährdend ist. Sie lassen Werbung für Spielhallen zu. Sie fordern keine Beschränkung - was den Einsatz angeht - bei diesen Automaten, die dort aufgestellt sind. Sie sind nicht einmal mehr zertifiziert, wie das bei Spielhallen vorgeschrieben ist. Es gibt keine Beschränkung der Spielfrequenz. Außerdem sind der Ausschank von Alkohol und übrigens auch der Verkauf von Speisen völlig uneingeschränkt zugelassen; der Kollege Arp hat es richtig gesagt. Die Spielbanken bieten sogar an, zu Personen nach Hause zu kommen, um ein Spiel zu arrangieren. Was Sie hier machen, ist völlig scheinheilig.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Entscheidend unter dem Aspekt des Spielerschutzes ist es, dass das dem Schutz pathologischer Spieler sogar schadet, weil sie nämlich in unregulierte Glücksspielangebote im Internet verdrängt werden, an die Sie gar nicht herankommen. Wenn Sie einen Burggraben um Spielhallen bauen, wird das keinem Süchtigen helfen, sondern ihn im Gegenteil in unregulierte Kanäle verdrängen.

Wenn Sie wirklich etwas für den Spielerschutz tun wollen, kann ich Ihnen nur empfehlen, endlich einmal über den Bundesrat an die Spielverordnung

(Wolfgang Kubicki)

heranzugehen, endlich einmal die Spielfrequenz oder die Höhe der zulässigen Einsätze abzusenken. Das wäre ein sinnvolles Mittel. Sie müssen endlich die Regulierungen, die für Spielhallen schon seit Langem gelten, auf die eigenen Spielbanken übertragen, wo bisher nämlich überhaupt nichts gilt.

Dieses Gesetz ist kein Spielerschutz, sondern ein Spielbankenschutzgesetz auch für nicht pathologische Spieler, die von ihrem Recht Gebrauch machen, Spielhallen zu benutzen. Dabei machen wir nicht mit.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr gelobter Kollege Arp, was im Gesundheitswesen als Grundregel für den gesamten Suchtbereich gilt, muss aus unserer Sicht selbstverständlich auch für den Glücksspielbereich gelten: Je größer das Angebot ist, desto höher sind auch die individuellen und sozialen Folgeschäden. Denn oftmals verspielen die Spieler nicht nur ihre eigene Existenz, sondern die ihres Umfeldes gleich mit.

Wir müssen uns einfach vor Augen führen, um was es hier eigentlich geht: Erfahrungsgemäß sind 70 bis 80 % der Spielsüchtigen, die in den Therapiestellen ankommen, den Automaten verfallen. Die Anfragen in den Beratungsstellen wachsen. Die Suchtkarriere ist oft viel kürzer, als sie noch vor einigen Jahren war. Zudem werden die Patienten immer jünger. Bei den jüngeren Spielern entwickelt sich die Sucht sehr viel schneller als früher.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, den Jugendschutz ernst zu nehmen und auszuweiten. Folglich darf ein Mindestabstand von 300 m Luftlinie von Spielhallen zu Einrichtung, in denen sich Kinder und Jugendliche befinden, nicht unterschritten werden. Darüber hinaus gilt natürlich auch eine Ausweispflicht, um die Spielhallen überhaupt betreten zu können.

Wenn man sich die geltenden Regelungen für das Glücksspiel in anderen Staaten ansieht, wird deutlich, dass Angebotsbeschränkungen ein zentraler Baustein bei allen präventiven Bemühungen sind. Das Glücksspiel ist kein Wirtschaftsgut wie jedes andere. Auch wenn die verschiedenen Glücksspielangebote in ihrem Suchtpotenzial variieren, birgt

jede Spielform für sich gewisse Risiken für den Konsumenten. Hier ist und bleibt der Staat in der Verantwortung. Er muss diese Risiken ordnungsrechtlich eindämmen. Deswegen können wir als SSW eine stärkere Ausdünnung der Spiellandschaft in unserem Land nur befürworten.

Das muss aber natürlich immer vor dem Hintergrund der verfassungsmäßigen Grundlagen geschehen. Das muss sicherlich auch in den Ausschussberatungen eine gewichtige Rolle spielen. Mehrfachspielhallen, also einzelne Spielhallen, die baulich zu einer größeren Spielhalle verbunden sind, wird es mit diesem Gesetz nicht mehr geben. Zudem gelten neue Mindestabstände zwischen den einzelnen Spielhallen. Für die Umsetzung dieser Regel haben wir für die Betreiber der Spielhallen eine Übergangsphase von fünf, im Härtefall sogar bis zu zehn Jahren eingerichtet.

Denn wir müssen erkennen, dass wir in diesem Fall eine Verantwortung auch für die Betreiber tragen. Wir müssen im Ausschuss allerdings beraten, ob diese Übergangsregelungen ausreichend sind. Der Kollege Kubicki hat gerade schon auf die Abschreibungsfristen hingewiesen. Da müsste man möglicherweise schauen, ob Bestandsschutz zu gelten hat.

Die Spielhallen werden in Zukunft also übersichtlicher und über nicht mehr als zwölf Spielautomaten verfügen. Spielhallenpaläste wird es künftig nicht mehr geben. Darüber hinaus wird das Rauchen sowie der Verzehr von Speisen und alkoholischen Getränken in den Spielhallen verboten. Das bedeutet, dass die Spieler eine Zwangspause außerhalb der Halle einlegen müssen, um etwas zu essen. Der Spielfluss ist also unterbrochen. Diese Zwangspause führt ohne Weiteres dazu, über die Fortführung des Spiels nachdenken zu können. Wir hoffen natürlich, dass für einige Spieler diese Pause auch zu einem Abbruch des weiteren Spiels führen könnte. Das ist eine entscheidende Maßnahme, die wir jetzt einbringen können.

Mehr noch: Wir sind eigentlich auch aufgrund des Beitritts zum Glücksspielstaatsvertrag der Länder verpflichtet, dieses zu tun. Den liberalen Charakter des Glücksspielgesetzes haben wir vor Kurzem eingedämmt. Deswegen folgt auch eine Anpassung des Spielhallengesetzes. Es müssen die gleichen Grundlagen für jede Form des Glücksspiels gelten, egal ob stationär oder online gespielt wird. Alles andere wäre inkonsequent.

Zweifelsohne sind wir mit diesem Gesetz auf dem richtigen Weg, indem wir uns als Politik zu unserer

(Dr. Patrick Breyer)

Verantwortung bekennen und dem Spielerschutz endlich den Platz einräumen, den er auch verdient hat. Wer meint, dass nur wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen, dem empfehle ich den Besuch in der Fachklinik in Breklum. Ganz aus der Nähe komme ich her.

(Heiterkeit CDU)

- Nicht weil ich süchtig bin, lieber Kollege Koch! Wenn man mit den Leuten ernsthaft spricht, die von Sucht betroffen sind - auch von Spielsucht -, dann sieht man, welche katastrophalen Folgen auch das Spiel in den Spielhallen haben kann. Dann sieht man, dass man als Politiker hier eine Verantwortung zu tragen hat.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie zum Schluss eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

Selbstverständlich gern.

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Kollege, Sie haben eben gesagt, konsequenterweise sei auf das Glücksspielgesetz eine Reform des Spielhallengesetzes gefolgt. Können wir damit rechnen, dass konsequenterweise auch eine Reform des Spielbankengesetzes auf dieses Gesetzesvorhaben folgen wird?

Lieber Kollege Breyer, meine Überzeugung ist, dass man auch da neue Regelungen schaffen muss, weil wir ein kohärentes Recht schaffen müssen. Das ist unsere Verpflichtung. Damit wird es auch die Aufgabe sein, die rechtlichen Grundlagen der Spielbanken zu überarbeiten.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Was ich zur Suchtprävention gesagt habe, gilt natürlich auch für Spielbanken.