Protocol of the Session on June 18, 2013

Darum ist es mir an dieser Stelle völlig wumpe, wie die Möglichkeiten zur Reduzierung der befristeten Beschäftigung aussehen oder welches Volumen sie besitzen. Mir ist auch egal, wie populistisch dieser Antrag ist. Wichtig ist mir, dass heute von diesem Landtag das Signal ausgeht, dass wir geschlossen die gängige Praxis verurteilen und abschaffen wollen.

(Beifall PIRATEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie selbst halten eine rein populisti- sche Rede!)

Ich möchte, dass wir uns alle einig sind, dass wir hier anders handeln wollen als andere Bundesländer. Ich möchte, dass heute an alle Lehrerinnen und Lehrer das Zeichen rausgeht, dass wir es ernst meinen mit der Verbesserung der Arbeitsverhältnisse von Lehrkräften und dass wir konkret anfangen. Es wäre ein gutes Signal an jeden Lehrer, es wäre ein gutes Signal an alle Lehrerverbände, es wäre ein deutlicher Wink an Schulen, Schülerschaften und Eltern. Denn ohne die besten Lehrer können wir keine gute Schule machen.

Wir wollen die Besten im Land behalten. Das gelingt nur mit einer guten Personalplanungspolitik, die einen verlässlichen Rahmen schafft. Folgendes kann doch nicht sein: Wir diskutieren hier im Haus über die beste Ausbildung für unsere Lehrerinnen und Lehrer. Wir diskutieren darüber, wie unsere Lehrer am besten für ihren Vierspartenjob ausgebildet und motiviert werden. Wir halten ellenlang Vorträge darüber, wie wichtig die Lehrer für den Schulalltag, für jede einzelne Lernbiografie, für die Realisierung jedes pädagogischen Konzepts sind. Dann sagen wir abschließend: „Alles super gemacht. Jetzt sind Ferien. Seht doch mal zu, wie ihr die wieder übersteht. Vielleicht sehen wir uns erst in sechs Wochen wieder.“ - Das kann ja wohl nicht unser aller Ernst sein!

(Beifall PIRATEN und FDP)

(Anke Erdmann)

Das sind Zustände wie in den Ländern, die im globalen Fokus wegen Ausbeutung und unredlichen Umgangs mit ihren Mitarbeitern stehen.

(Beifall PIRATEN)

Zustände, die wir hier alle anprangern und aufgrund derer wir gern mit dem Finger auf all diejenigen zeigen, die so verantwortungslos und ohne jede Rücksicht auf ihre Fürsorgepflicht agieren. Im letzten Jahr wurden laut Zeitungsberichten 196 Lehrerinnen und Lehrer vor den Ferien auf die Straße gesetzt. Ich weiß, dass die Verlängerung der Verträge nicht immer einfach ist, wenn es sich zum Beispiel um Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretung handelt. Jedoch gibt es auch die anderen Fälle. Bezahlt wird diese Praxis von der Versichertengemeinschaft. Das ist günstig für das Land. Aber haben wir nicht gerade in den letzten Wochen gelernt, dass Lehrer die Ferien sinnvoll für den Unterricht nutzen sollen?

(Beifall PIRATEN)

Dann muss ich sie, wo immer es geht, im Dienst behalten. Ich muss ihnen eine Perspektive bieten können. Ich habe es jetzt wieder erlebt, dass ein junger und höchst motivierender Lehrer, der vor den Ferien seinen Job verliert, schon eine Anschlussbeschäftigung in Hamburg hat. Gut für den jungen Mann, gut für Hamburg, schlecht für uns. Wir verändern hier nichts durch Lob, wohlklingende Worte und Versprechungen. Wir schaffen das nur durch gute Arbeitsbedingungen und menschenwürdige Arbeitsverhältnisse. Wenn wir die beiden letzteren Aspekte weiter vernachlässigen, wie wir es bisher gemacht haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die besten Lehrer gehen. Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich der Druck der Lehrerverbände auf die Politik weiter erhöht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier bei den Wurzeln für die Basis für gute Schule. Lassen Sie uns gemeinsam an einer schnellen Lösung arbeiten und gemeinsam den Antrag der FDP unterstützen. Es geht hier nicht um eine Kann-Lösung, hier ist eine Muss-Lösung gefragt. - Danke.

(Beifall PIRATEN)

Herr Kollege, ich habe den Eindruck, dass Sie soeben erfolgreich einen neuen parlamentarischen Ausdruck eingeführt haben. - Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP greift mit ihrem Antrag ein sehr wichtiges Thema auf. Die Praxis, Lehrkräften befristete Arbeitsverträge zu geben, die mit Ferienbeginn enden, kann mit gutem Recht kritisiert werden. Auch die Feststellung, dass dieses Vorgehen besonders unredlich ist, wenn die Lehrerinnen und Lehrer noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, ist richtig. Ganz grundsätzlich kann es aus Sicht des SSW nicht angehen, dass die Länder hier auf Kosten der Arbeitslosenversicherung sparen.

(Beifall SSW, FDP, und PIRATEN)

Es darf auch nicht sein, dass den jungen motivierten Lehrkräften keine echte Perspektive und keinerlei Sicherheit geboten werden. Um ehrlich zu sein, halte ich gerade diesen Punkt für besonders wichtig. Denn genau diese jungen Lehrerinnen und Lehrer sind es, die wir unbedingt im Land halten wollen.

Was mir an dem Antrag allerdings sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass so getan wird, als wäre dieses Phänomen neu; denn so ist es ganz sicher nicht. Der Bundesrechnungshof hat schon vor über zehn Jahren auf dieses Problem hingewiesen und dabei ganz nebenbei bemerkt - vor allem südliche Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen im Visier gehabt. Anstatt also so zu tun, als hätte man hier einen Riesenskandal aufgedeckt, halte ich ein wenig Demut und eine konstruktive Haltung für angemessener.

(Beifall Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein Bildungsminister Klug hat in dieser Angelegenheit zumindest nicht besonders tatkräftig gehandelt. Ich stelle also fest: Dieses Problem ist weder neu, noch ist es in Schleswig-Holstein besonders stark ausgeprägt.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Abgeordneten Klahn?

Frau Klahn, bitte.

(Sven Krumbeck)

Vielen Dank. Können Sie mir dann vielleicht erklären, ob Sie in der letzten Legislaturperiode eine Initiative gestartet haben, um den von Ihnen eben skizzierten Missstand - damals noch in der Opposition - zu beheben?

Die Frage kann ich nur mit Ja beantworten. Ich habe zu meiner ehemaligen Kollegin, Ministerin Anke Spoorendonk, geschaut, und sie hat genickt. Wir haben die Initiative gestartet. Anscheinend ist sie bei Ihnen ins Leere gelaufen.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung der Abgeordneten?

Darf ich dann die Anmerkung dazu machen? Sie haben sicherlich eine Kleine Anfrage gestartet. Aber haben Sie eine Initiative auf den Weg gebracht, dass dort tatsächlich gehandelt wird? Eine Kleine Anfrage ist eine Anfrage, sie ist kein Gesetzentwurf, sie ist kein Antrag, so wie wir das jetzt gemacht haben. Das nur als Anmerkung.

- Vielen Dank, Frau Klahn.

Doch auch wenn ich meine, dass bei diesem Thema Augenmaß gefragt ist, sage ich trotzdem deutlich: Der SSW ist mit dem Anspruch in diese Koalition eingetreten, dass es keine prekären Arbeitsverhältnisse in unserem Land geben darf, schon gar nicht, wenn das Land der Arbeitgeber ist. Diese Haltung teilen auch unsere Koalitionspartner. Für den SSW kann ich deshalb ganz deutlich sagen: Wir können nicht auf der einen Seite Tariftreue einfordern und auf der anderen Seite eine Praxis mittragen, bei der von armutsfördernden Zeitverträgen Gebrauch gemacht wird.

(Beifall SSW, FDP, PIRATEN und Dr. Mar- ret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dieser Zustand muss so schnell wie möglich beendet werden. Wie Sie alle wissen, hat die Ministerin genau diese Absicht bereits im Mai im Rahmen einer Veranstaltung in Berlin erklärt. Unser gemeinsames Ziel ist daher, alle Möglichkeiten zur Redu

zierung der befristeten Beschäftigung bei angestellten Lehrerinnen und Lehrern auszunutzen.

Die Tatsache, dass diese Praxis weit verbreitet ist, macht das Problem hierzulande nicht weniger schlimm. So viel ist klar. Aber wir müssen die Dinge auch im Verhältnis sehen: Fast 80 % der rund 1.800 Lehrerinnen und Lehrer, die zeitlich befristete Verträge haben, sind bis zum Ende des Schuljahres beschäftigt. Die Arbeitsverhältnisse der restlichen 20 % können häufig nicht fortgeführt werden, weil es sich hier zum Beispiel um Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretungen handelt.

Fakt ist daher: So ungerecht diese Praxis für die Betroffenen auch ist, es handelt sich hier um die Ausnahme und nicht etwa um die Regel. Aber es ist keine Frage, dass diese Zahlen natürlich zu hoch sind und wir selbstverständlich alles dafür tun werden, um sie zu senken. Deshalb bitten wir die Landesregierung, dem Bildungsausschuss im August einen Bericht vorzulegen, damit wir alle eine aktuelle Faktenlage kennen. Aus Sicht des SSW sollten wir alles dafür tun, um Zeitverträge für Lehrkräfte zur absoluten Ausnahme zu machen. Das sind wir unseren jungen Lehrerinnen und Lehrern im ganzen Land schuldig.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Martin Habersaat das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über „Männermut vor Königsthronen“ haben wir in der letzten Legislaturperiode mal gesprochen. Die Älteren werden sich erinnern, ebenso wie vielleicht an den Zusammenhang. Da ging es unter anderem um die Frage nach mehr Lehrerstellen an den Schulen im Lande. Unter anderem ging es in einer Landtagsdebatte hier einmal konkret um 453 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer in SchleswigHolstein.

(Christopher Vogt [FDP]: Da ging es um Lis- tenplätze auf dem FDP-Parteitag, aber das macht nichts!)

- Als ich Herrn Klug zitiert habe, habe ich das in Zusammenhang mit den Lehrerstellen gebracht.

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

(Christopher Vogt [FDP]: Ach so, Sie haben sich selbst zitiert! - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Er hat sich selbst zitiert! - Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

- Ich bin mir immer sicherer, was Zitate von mir selbst angeht.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das war ein ech- ter Habersaat! - Heiterkeit FDP)

Was ich Frau Klahn auf diesem Wege mitteilen wollte, war: Das war einer von mehreren Anträgen, die wir damals aus der Opposition heraus gestellt haben und in den wir uns für mehr reguläre Stellen an den Schulen ausgesprochen haben. Das ist letztlich der entscheidende Punkt.

(Christopher Vogt [FDP]: Denn man tau!)

Das ist letztlich der entscheidende Punkt: Wenn man weniger befristete Verträge vergeben möchte und mehr Menschen, die einen befristeten Vertrag haben, mit einer unbefristeten Stelle ausstatten möchte, ist der entscheidende Schritt der, mehr unbefristete Stellen zu schaffen.

(Anita Klahn [FDP]: Was haben Sie denn jetzt gemacht?)

Ich wollte Frau Franzen zur Zahl der befristeten Verträge eine Zwischenfrage stellen. Frau Franzen, Sie haben richtig herausgearbeitet, dass es - das geht aus einer Antwort von Herrn Dr. Klug auf eine Kleine Anfrage von Frau Erdmann hervor - damals 1.344 befristete Verträge gab. Als Antwort von Frau Wende auf eine Kleine Anfrage von Ihnen gibt es jetzt 1.691 befristete Verträge.