Wir werden das Gegenteil von Verkehrsblockade machen. Wir wollen und setzen auf den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Wir stehen zur Elbvertiefung und dazu, dem Hamburger Hafen zu helfen, weil er der zentrale Arbeitgeber unseres Landes ist, wir wollen den Ausbau der B 5, und wir wollen den öffentlichen Nahverkehr in unserem Land voranbringen, weil wir wissen, dass Wachstumsmöglichkeiten der nächsten Jahrzehnte entscheidend davon abhängen, dass wir starke öffentliche Nahverkehrssysteme haben. Wir wissen, dass die, die glauben, dass es eine Bimmelbahn sei, die Kiel-Region mit einer Stadt-Regional-Bahn zu verbinden,
ganz weit hinter den wirtschaftspolitischen Erkenntnissen eines solchen Projektes sind. Ich lade Sie ein: Fahren Sie in die Regionen Europas, die diese Schritte gegangen sind, und schauen Sie sich die Wachstumsergebnisse dort an! Meine Regierung weiß das. Meine Damen und Herren - auch wenn Sie im Augenblick nicht zuhören mögen -, auch deswegen werden wir dies fördern, weil das unser Land starkmachen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, gute Wirtschaft und gute Arbeit sind für mich zwei Seiten einer Medaille. Wer arbeitet, muss auch davon leben können. Das ist in Deutschland leider nicht immer der Fall. Deswegen wird meine Regierung eine Bundesratsinitiative für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 € starten, unterstützen und begleiten.
Deswegen werden wir ein modernes, das modernste Tariftreuegesetz in dieser Republik auf den Weg bringen.
Lohndumping ist nicht nur ein Angriff auf die davon betroffenen Frauen und Männer, sondern auch auf alle ehrlichen Handwerker, Unternehmerinnen und Unternehmer. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, um das einzudämmen, genauso wie wir
Die zentrale Herausforderung unserer Wirtschaftspolitik wird aber die Bekämpfung des Fachkräftemangels sein. Keine Infrastruktur der Welt gleicht das Fehlen gut ausgebildeter Nachwuchskräfte aus. Deshalb wird der Wirtschaftsminister noch diesen Herbst zur Gründung eines Fachkräftebündnisses mit dem Namen „Zukunft im Norden“ Sozialpartner, Kammern und kommunale Landesverbände einladen. Unser Ziel wird es sein, sehr schnell konkrete Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung miteinander zu vereinbaren.
Auch die Europapolitik des Landes ist in den vergangenen Jahren hinter ihren Möglichkeiten geblieben, was angesichts unserer besonderen vorhin beschriebenen Lage besonders bedauernswert ist. Es hat keine merkbaren Initiativen gegeben. Das ist nicht gut für die hier lebenden Menschen und nicht gut für unsere Wirtschaft. Wir werden das ändern und werden die Europapolitik und die Ostseekooperation wiederbeleben. Wir wollen an die Zeit von Björn Engholm und Heide Simonis anknüpfen, und wir haben mit Anke Spoorendonk eine Ministerin, die dies auch als Person lebt, wie es das gesamte Kabinett leben wird: die Erkenntnis, dass wir im Ostseeraum erfolgreich sein wollen, dass wir im baltischen Raum erfolgreich sein wollen und dass wir ganz besonders mit Dänemark zusammen erfolgreich sein wollen. Uns verbinden nicht nur eine lange gemeinsame Historie und die Minderheiten auf beiden Seiten, sondern uns verbindet unsere gemeinsame Zukunft.
Diese gemeinsame Zukunft hat viel mit Energie zu tun, Energie, die wir im Norden - ich habe das eben angesprochen - zu dem machen wollen, was sie sein kann, wenn man es gut macht, nämlich der Motor für Erfolg, für Arbeit, für Wachstum. Der Ausstieg aus der Kernenergie - wieder auf dem Papier - ist beschlossen, aber ob dieses Werk gelingt, wissen wir heute noch nicht. Vor Bund und Ländern liegt eine Herkulesaufgabe. Viele Konflikte wird sie uns bescheren, aber eben auch unendlich viele Chancen. Schleswig-Holstein kann in Deutschland der Topstandort für erneuerbare Energien werden. Meine Regierung wird alles dafür tun, damit das gelingt.
Unsere größte Herausforderung werden Planung und Bau der Stromtrassen sein. Die Wirtschaft sagt, sie könne die nötigen Milliardeninvestitionen nicht stemmen, und ruft nach dem Staat. Die Bürgerinnen und Bürger sind nahezu allesamt für den Atomausstieg und gegen globale Erwärmung, aber niemand will neue Stromleitungen für Windenergie in seinem Vorgarten haben. Das alles kann ich verstehen. Aber wenn wir die Energiewende nach dem SanktFlorians-Prinzip „Herr verschon mein Haus, zünd andere an“ betreiben, wird sie scheitern. Deswegen werden wir weder vor dem Wutbürger noch vor der Wutwirtschaft einknicken dürfen, sondern wir müssen Schritt für Schritt den Weg in die Planung und Umsetzung der Energiewende gehen.
Wir dürfen und werden die Energiewirtschaft nicht aus ihrer Pflicht entlassen. Sie muss Pläne vorlegen, wie die Energiewende nach nachvollziehbaren ökonomischen Kriterien angegangen wird. Sie muss klarmachen, was das für die Entwicklung des Strompreises für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Der Strompreis darf nicht zum Brotpreis des 21. Jahrhunderts werden. Die Energiewende war nicht so gemeint, dass sie nur der Renditemehrung von Energiekonzernen dient. Sie soll unser Land starkmachen und es mit Energie versorgen, auf eine moderne und kluge Art, und zwar alle in diesem Land.
Die Landesregierung wird die in ihrer Zuständigkeit liegenden Planungen zügig vorantreiben. Wir setzen auf maximale Transparenz aller Planungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Sie müssen umfangreich informiert und beteiligt werden.
Genauso klar sage ich aber auch, dass am Ende des Tages entschieden werden muss und entschieden werden wird. So werden wir die bereits vorliegenden landesplanerischen Entscheidungen für neue Windeignungsflächen sehr schnell auf den Weg bringen. Wer bereit ist, wer gut beteiligt hat, wer Wind will, der wird mit uns auch Wind bekommen, und das wird sehr schnell, in diesem Herbst, gehen.
Meine Damen und Herren, das, was in diesem Zusammenhang an komplizierten technischen Fragestellungen diskutiert wird, ist am Ende nicht weniger als die Schicksalsfrage unserer politischen Generation. Ich kann mir nicht vorstellen, mich vor meine Tochter oder meinen Sohn zu stellen und einzugestehen: Wir haben das als politische Klasse nicht geschafft. Die Egoismen der Generation eurer Eltern haben die Energiewende, die möglich war,
verhindert. Wir haben nicht gezeigt, wie sich eine moderne Industriegesellschaft anders als mit Kohle oder Atom mit Energie versorgen kann. Wir haben nicht die Innovationskraft unserer Hochschulen genutzt, neue Speicher und Netztechnologien zu entwickeln. Wir haben die Arbeitsplätze moderner energieintensiver Unternehmen nicht an die Westküste bekommen, weil wir vor einer Verneinungsbeteiligung versagt haben.
Meine - wie jede verantwortungsbewusste - Regierung wird sich daran messen lassen, ob wir dieser historischen Aufgabe gerecht werden. Auch deshalb lehnen wir im Land CCS und Fracking unmissverständlich ab.
Wir werden vor allem Beteiligungsformen erarbeiten, die den von mir beschriebenen Grundsätzen entsprechen und die von den Bürgerinnen und Bürgern als ernst gemeinte Teilhabe verstanden werden. Das vierwöchige Auslegen hochkomplexer Unterlagen allein kann diese Erwartung erkennbar nicht erfüllen. Wir wollen mit Bürgerinnen und Bürgern darüber reden, wie 110-kV-Leitungen, die wir möglichst als Erdkabel verlegt sehen wollen, und 380-kV-Leitungen, wo wir das geprüft haben wollen, im Land zu verorten sind. Wir wollen Offshore-Trassen bündeln, und wir werden den Ausbau von Strom- und Wärmespeichern vorantreiben.
Damit die Energiewende gelingt, werden wir als Erste in Deutschland alle relevanten energiepolitischen Kompetenzen in einem Ministerium bei einem Fachminister bündeln. Damit gehen wir in Deutschland voran. Aber auch alle anderen Ressorts sind in der Pflicht, ihre Beiträge zum Erfolg dieses Projekts zu liefern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, in diesen Zeiten, in denen wir viel über die Schwäche des Staates hören, über das Zusammenbrechen von Finanzsystemen, über Haushaltsnöte und ihre Folgen, ist uns bewusst geworden, welche Folgen schwache Staaten für den Zusammenhalt ihrer Gesellschaften haben können. Wir haben erlebt - ich habe es vorhin gesagt -, dass wir in Finanzmärkte sehr schnell sehr hohe Summen Geld aktivieren und reinstecken können, und im Gegenzug haben wir immer wieder Regierungen gehört, die mit Verweis auf diese Kri
se deutlich machen wollten, nun müsse der Staat den Gürtel enger schnallen. Ganz oft waren aber mit „Staat“ gar nicht staatliche Strukturen oder die Starken im Staat gemeint, sondern die, die keine Lobby haben, die sich nicht wehren können, die schwach sind. Landesblindengeld, Kulturmittel und Gelder für soziale Einrichtungen wurden in Schleswig-Holstein gestrichen. Die Bürger haben verstanden: Geld für die, die viel haben, ist da, für die, die wenig haben, aber nicht. Das legt auch den Grund für eine fundamentale demokratische Legitimationskrise.
Dies ist umso weniger verständlich, als die dahinter stehenden haushalterischen Mittel so wenig signifikant sind, wie sie es hier waren. Meine Landesregierung wird ein starker und fairer Partner für die Wirtschaft sein. Ja, das wird sie sein, aber sie wird auch an der Seite derjenigen stehen, die keine Lobby haben und sich nicht wehren können. Wir werden all denjenigen, die in unserem Land wirklich Hilfe brauchen, helfen. Wir werden sie in den nächsten fünf Jahren nicht alleinlassen.
Freiheit ist für uns mehr als die Freiheit des Marktes. Niemand soll schutzlos den Kräften des Marktes überlassen werden. Niemand soll schutzlos den Wechselfällen des Lebens wie Krankheit, Alter, Pflege oder Arbeitslosigkeit überlassen werden. Wir reduzieren Solidarität nicht auf bloße Armenfürsorge, denn Almosenempfänger können keine selbstbewussten und mit entscheidenden Staatsbürger und Demokraten werden. Die Wahrnehmung individueller Freiheit und die demokratische Teilhabe bedürfen materieller Grundlagen. Wir sind daher für Mindestlöhne und für Arbeitsplätze, von denen Menschen leben können, ohne auf ergänzende staatliche Transfers angewiesen zu sein. Deswegen stehen wir für faire Chancen von Älteren, Frauen und Zuwanderern auf unserem Arbeitsmarkt.
Nur wer sich sozial abgesichert weiß, wird Risiken eingehen. Nur wer echte Chancen hat, wird sich auch anstrengen. Wesensmerkmal unserer Demokratie ist der Aufstieg durch gleiche Chancen und durch Teilhabe. Das - und nichts anderes - ist der Kern unserer sozialen Demokratie. Das prägt meine Regierung, und das prägt auch die sie tragende Koalition.
Wir sind uns zutiefst bewusst, dass an unserer Seite diejenigen stehen, die unentgeltlich und aufopfernd
Familienangehörige pflegen, die ehrenamtlich in den Feuerwehren und in Wohlfahrtsverbänden, in Sportvereinen und vielen anderen Organisationen für unser Land Arbeit leisten, die in Kitas, Schulen, Alten- und Pflegeheimen arbeiten und nicht auf die Uhr schauen und sich für die Menschen Zeit nehmen, um zuzuhören und zu reden. Ich weiß, dass der Anteil dieser Menschen am Zustandekommen eines sozialen Schleswig-Holsteins viel größer ist, als es der Anteil des Landes jemals sein könnte. Um diese Menschen werden wir uns kümmern, um diese Menschen werden wir uns scharen. Sie werden nicht allein sein. Sie werden mich als Ministerpräsidenten an ihrer Seite haben; überall dort, wo sie unterstützen brauchen, überall dort, wo das Ehrenamt nicht weiter weiß. Wir werden Wege finden, dort gemeinsam voranzukommen, denn ohne diese Kraft wird unser Land kraftlos sein.
Wir werden uns um eine gute Gesundheitsversorgung kümmern, und zwar auch im ländlichen Raum. Gleiches gilt für die Verbesserung der Pflege von kranken und alten Menschen. Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser, Mädchenhäuser, Prävention, Landesblindengeld und eine aktive Gleichstellungspolitik sind nicht Teil von überflüssigen Haushalten, sondern all das ist konstitutiv für ein modernes und soziales Schleswig-Holstein. All das werden wir stärken.
In unserem Land, das eine Einwanderungsgeschichte hat, wissen wir, dass Zuwanderung SchleswigHolstein stark macht. Unser Land braucht jede und jeden, ob mit oder ohne Zuwanderungsgeschichte, um unser Land voranzubringen. Das gilt auch für die Menschen, die aus Not aus ihren Heimatländern geflüchtet sind. Ich möchte, dass alle, die zugewandert sind, sich hier in unserem Land willkommen fühlen. Ich möchte alle in Schleswig-Holstein willkommen heißen; in diesem Land, das wie kaum ein anderes integriert und verbunden hat. Wir zeigen mit dieser Regierung, dass wir in Europa und in der Welt anders miteinander umgehen. Das wollen wir auch denjenigen zurufen, die zu uns kommen: Ihr müsst keine Angst haben, ihr seid herzlich willkommen. Deshalb wollen wir einen Paradigmenwechsel in der Abschiebepolitik. Deshalb werden wir uns auf der Bundesebene für eine doppelte Staatsangehörigkeit ebenso einsetzen wie für ein Aufenthaltsrecht bei nachhaltiger Integration.
Wir werden nicht blind soziale Strukturen zerschlagen, aber wir geben auch keinen Blankoscheck dafür, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Ebenso wenig führt der Ruf nach mehr Geld vom Staat automatisch zu einem sozialeren Schleswig-Holstein. Natürlich wird der Sozialbereich seinen Beitrag zur Konsolidierung unseres Haushalts leisten müssen. Die Sozialministerin wird sich sehr genau ansehen, wie die Entwicklung der Eingliederungshilfe im bundesdeutschen Vergleich zu bewerten ist. Wenn wir den Weg von der stationären Versorgung hin zur ambulanten nicht endlich erfolgreich gehen, dann wird allein dieser Haushaltstitel den Weg unseres Haushalts vorbestimmen.
Hier wird das Land den Sachverstand der Kommunen viel stärker als bisher suchen und nutzen. Nur wenn wir die für beide Seiten gemeinsam besten Lösungen erarbeiten, werden wir erfolgreich sein. Wir werden über dieses Thema reden können, ohne dass eine Betroffene oder ein Betroffener im ersten Moment den Eindruck hat: Man will mir wieder an das Portemonnaie, man will wieder meine Leistung kleiner machen, die fangen als Erstes wieder bei mir an. Nein, wir machen uns auf den mühsamen Weg, uns die Struktur anzuschauen und uns mit den Erbringern der Leistungen zu unterhalten. Wir machen uns auf den mühsamen Weg, zu erklären, dass es Not tut, umzusteuern. Es ist besser, im eigenen Wohnumfeld zu bleiben, als es teuer anderswo zu organisieren.
Auf diesen Weg werden wir uns machen, und wir werden zeigen, wie das geht. Es gibt viele, die gute Ideen dazu haben. Wir werden sie nutzen. Wir haben sie in den Ministerien. Wir werden dafür Pläne erarbeiten. Ebenso werden wir gemeinsam mit dem UKSH arbeiten. Wir werden das UKSH als größten Arbeitgeber im Land und als einzigen Träger der medizinischen Maximalversorgung stärken. Wir halten am UKSH in öffentlicher Trägerschaft fest, und wir werden uns auch bei der Versorgung in unserem Land dafür einsetzen, dass es endlich einen einheitlichen Basisfallwert gibt, damit die Benachteiligung unserer Kliniken endlich aufhört.
Wir wissen, dass es sozialer Sicherheit bedarf. Ebenso wissen wir, dass es eines starken und handlungsfähigen Staates mit einer starken und handlungsfähigen inneren Sicherheit bedarf. Ich möchte den Polizistinnen und Polizisten unseres Landes so