Protocol of the Session on April 26, 2013

Wir kommen zur Abstimmung zu c), Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/350, Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, Drucksache 18/717, und Änderungsantrag, Drucksache 18/781.

Mit der Drucksache 18/781 der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW wurde ein Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses vorgelegt. Ich lasse zunächst über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich nun um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? Das sind die Abgeordneten von CDU, FDP und die Fraktion der PIRATEN. - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der anderen Fraktionen angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/350, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung mit der soeben angenommenen Änderung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abge

ordneten der Fraktionen von CDU, FDP und der PIRATEN. - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der anderen Fraktionen angenommen. - Vielen Dank.

Zur Geschäftslage: Tagesordnungspunkt 26 - Breitbandausbau - ist zurückgezogen worden, er wird im Ausschuss wieder eingebracht. Der Tagesordnungspunkt 30 - Arzneimittelgesetz - ist nach Abstimmung der Parlamentarischen Geschäftsführer auf die Mai-Tagung verschoben worden, sodass ich jetzt Tagesordnungspunkt 49 aufrufe:

Familienpolitische Leistungen reformieren!

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/495

Ergebnisse der Gesamtevaluation der ehe- und familienpolitischen Leistungen zur Entwicklung von politischen Handlungsempfehlungen nutzen!

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/551

Bericht- und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 18/624

Ich erteile dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt, das Wort.

Herr Präsident, angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der vielfältigen Verpflichtungen erlaube ich mir, auf die Vorlage zu verweisen.

Vielen Dank für diese ausführliche Berichterstattung. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Mein Vorschlag zur Worterteilung: zuerst die CDU als stärkste Fraktion, da die erste Befassung mit Aussprache erfolgte. - Ich sehe keinen Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist seit Langem von der christlich-liberalen Bundesregierung beschlossen, eine Gesamtevaluation der ehe- und familienpolitischen Leistungen auf

(Präsident Klaus Schlie)

den Weg zu bringen. Im Mittelpunkt dieses Forschungsprojektes steht das Erreichen der familienpolitischen Ziele aus dem Siebten Familienbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2006: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Wahlfreiheit der guten und gedeihlichen Entwicklung von Kindern sowie mit Zielen, die zur wirtschaftlichen Stabilität und zum Nachteilsausgleich und zur Erfüllung von Kinderwünschen beitragen.

Das ganze Spektrum der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen, also die statischen Maßnahmen und die monetären Leistungen im Bereich der Sozialversicherung und Realtransfers, wie zum Beispiel die Bereitstellung von Kinderbetreuung, wird in die Evaluation einbezogen. Die Ergebnisse werden im Sommer erwartet. Diese Analyse ist wichtig und notwendig, und sie ist erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von einer christlich-liberalen Bundesregierung auf den Weg gebracht worden.

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU], Daniel Gün- ther [CDU] und Anita Klahn [FDP])

Wir sorgen für gute Rahmenbedingungen für Familien. 42 Millionen Menschen haben in Deutschland einen Arbeitsplatz - so viele Erwerbstätige wie noch nie zuvor. Mit dem höchsten Anstieg des Anteils berufstätiger Frauen in der EU, mit der Einführung des Elterngeldes geben wir jungen berufstätigen Frauen und Männern die Möglichkeit, Beruf und Erziehung besser zu vereinbaren. Wir haben schon 1996 den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz eingeführt. Ab dem 1. August diesen Jahres kommt der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz.

Im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege hat der Bund den Ländern finanzielle Mittel in Höhe von insgesamt 1,85 Milliarden € in den Jahren von 2009 bis 2013 und 770 Millionen € jährlich ab 2014 als Beteiligung an den Betriebskosten von zusätzlichen Betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige bereitgestellt.

Das ist wesentlich für stabile Verhältnisse für Familien. Wir haben etwas dagegen, Familien zu verunsichern. Konkretes hierzu finden Sie im aktuellen SPD-Wahlprogramm. Es wird angekündigt, das neue Kindergeld für Familien mit Einkommen bis 3.000 € im Monat durch Streichung von Geldern bei anderen Familien zu zahlen. Ihr Kanzlerkandidat Steinbrück kündigt an, dafür den steuerlichen Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbil

dung von 2.640 € zu streichen. Das trifft vor allen Dingen den Mittelstand. Wir warnen eindringlich davor, das zu tun und die Familien gegeneinander auszuspielen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Der größte Dorn im Auge von Rot, Grün und bei uns auch Blau ist nach wie vor das Ehegattensplitting. Hier gibt es Planungen, das für neu zu schließende Ehen abzuschaffen. Hier muss man sich noch einmal vor Augen führen, dass das Ehegattensplitting sicherstellt, dass zusammen veranlagte Ehepartner nicht schlechtergestellt werden dürfen als unverheiratete.

Die Streichung des Ehegattensplittings hätte gravierende Folgen. Davor warnen wir. Wir in der Union wollen das Ehegattensplitting um ein Familiensplitting ergänzen, um so auch die steuerrechtliche Situation von Alleinerziehenden nachhaltig zu verbessern. Dazu wollen wir die steuerliche Berücksichtigung von Kindern auf den heute für Erwachsene geltenden Grundfreibetrag anheben.

Kein Bestandteil - ich denke, darauf werden Sie wieder abheben - dieser erwarteten Bewertung der familienpolitischen Leistungen durch die angekündigte Studie ist das Betreuungsgeld, obwohl Sie genau über diese künftige familienpolitische Leistung - wahrscheinlich auch wieder heute, ich erwarte es - das lauteste und das meiste Getöse veranstalten werden - wieder einmal. Ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Wenn das dann so ist, ist das zu Recht so!)

- Ich gehe doch darauf ein. Sie tun ja gerade so, als sei jede Frau oder jeder Mann, der oder die sich in den allerersten Lebensjahren ihres oder seines Kindes um dessen Erziehung kümmert, ein Dummchen am Herd und zudem ein Erziehungsversager.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Unerhört!)

Sie diffamieren das Betreuungsgeld als Bildungsfernhalteprämie, und die schleswig-holsteinische Arbeitsministerin Alheit drückt es in ihrer Pressemitteilung vom 12. März 2013 so aus - ich zitiere mit Verlaub, Herr Präsident -:

„Das Betreuungsgeld schafft zudem Anreize, die Bildungsbeteiligung von Kindern zu verringern, anstatt sie zu erhöhen.“

(Beifall SPD)

Das heißt im Klartext - hören Sie einmal zu -, dass die Mehrheit der Eltern von ein und zwei Jahre al

(Katja Rathje-Hoffmann)

ten Kindern „abqualifiziert“ wird, ihre eigenen Kinder vernünftig zu erziehen, nicht ausreichend genug zu fördern und zu bilden.

Ich finde, das ist wirklich unerhört. Eltern erziehen ihre Kinder mal mehr, mal weniger gut. Die Auffassung, dass ein Kind nur in einer Kita gut erzogen werden kann, teilen wir nicht.

Familien brauchen für ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe unterschiedliche Leistungen. Genau um diese wollen wir uns kümmern. Wir wollen uns darum kümmern, wenn diese Studie vorliegt. Dann können wir uns streiten - aber nicht einfach so ins Blaue hinein. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Dr. Gitta Trauernicht das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines jedenfalls ist klar: Kaum ein Land gibt so viel Geld für familienpolitische Leistungen aus wie Deutschland. Dennoch gibt es Zweifel an der Wirksamkeit. Es gibt Unzufriedenheit und Ungerechtigkeit; die Geburtenrate sinkt, der Ausbau der kinder- und familienfreundlichen Infrastruktur kam und kommt nur schleppend voran, und die Kinderarmut ist auf unerträglich hohem Niveau. Kein Wunder, denn nur ein Viertel des finanziellen Aufwandes für familienpolitische Leistungen kommt direkt bei den Kindern an.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Es gibt politischen Handlungsbedarf, und zwar nicht zu knapp. Das ist längst bekannt und bedarf nicht einmal mehr der Vorlage der ausstehenden Expertenstudie des Bundesfamilienministeriums. Diese - da haben Sie völlig recht - ist im Anschluss an den Siebten Kinder- und Jugendbericht initiiert worden. Ich erinnere aber daran, dass aktuell der 14. Kinder- und Jugendbericht vorgelegt worden ist. Das zeigt, wie lange Sie gebraucht haben, um diese Studie überhaupt auf den Weg zu bringen.

(Beifall SPD und SSW)

Aus Wissenschaft und Praxis, von Kirchen und auch aus der Wirtschaft, ja von allen Seiten kommt die Forderung: Wagt endlich eine Modernisierung der familienpolitischen Leistungen!

Wir brauchen in Deutschland - da sind wir absolut anderer Meinung - kein Ehegattensplitting, weil dies ein Privileg eines überholten Familienmodells ist.

(Beifall PIRATEN)

Das Ehegattensplitting ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten, ein Stolperstein für die Gleichstellung von Frauen und ein Hemmschuh für wirtschaftliche Entwicklung. Es missachtet die heutige Vielfalt der Lebenssituation von Frauen. Es hat keinerlei positive Anreizwirkung. Es ist teuer und ungerecht. So kann es nicht mehr weitergehen.

(Beifall SPD und PIRATEN)

Zu Recht zitieren Sie das SPD-Programm. Dort haben Sie auch nachlesen können, was ich betone: Wir haben eine fruchtbare Diskussion über die Reform beim Ehegattensplitting geführt und sind zu einer klaren Position gekommen. Wir wollen eine Individualbesteuerung, die die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen von verheirateten und nicht verheirateten Paaren berücksichtigt. Das ist angemessen, das ist modern, und das ist gerecht.

(Beifall SPD und PIRATEN)

Mit Blick auf den vorgelegten Antrag der CDUFraktion und das, was Sie gerade gesagt haben, Frau Rathje-Hoffmann, sage ich noch einmal ganz klar: Wir brauchen kein CDU-Familiensplitting. Das hört sich zwar gut an, verschärft aber nur die zentralen Probleme des Ehegattensplittings und wäre ein teures Steuergeschenk für finanziell gut situierte Familien. Sie streuen uns Sand in die Augen wenn Sie davon sprechen, dass es insbesondere die Alleinerziehenden treffen wird.