Protocol of the Session on March 21, 2013

In den Ausschüssen und im Ministerium wurde immer wieder darauf hingewiesen, wie schwierig es sei, eine Modernisierung des völlig veralteten Bergrechts zu erwirken. Diese wichtige und angesichts von Fracking dringliche Reform wird nur länder- und parteiübergreifend möglich sein und gelingen.

Wir müssen den Menschen also heute ganz ehrlich sagen, dass wir nach wie vor lediglich die bloße Hoffnung und keinerlei rechtliche Garantien dafür haben, dass der Schutz des Wassers im jeweiligen Einzelfall, in jedem einzelnen Antrag, Fall für Fall erneut Vorrang vor der Ausbeutung von Bodenschätzen haben wird.

Die Landesregierung hat es bislang nicht geschafft, auch für die Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit zu schaffen.

(Beifall PIRATEN)

Deshalb ist es für Entwarnung noch zu früh.

Dass der Umweltminister dem Fracking nun über den Landesentwicklungsplan einen Riegel vorschieben möchte, finde ich gut. Das wird von meiner Fraktion unterstützt. Bedauerlich ist bloß, dass diese Lösung nur vorübergehend ist. Herr Minister, Sie haben selber ausgeführt, dass uns das vielleicht eine Zeit von drei Jahren gibt. Danach sind die Probleme nicht besser geworden. Eine Atempause also, die wir PIRATEN nicht akzeptieren wollen, weil sie nicht ausreichend ist.

(Beifall PIRATEN)

Eine weitere Hoffnung, die Umweltverträglichkeitsprüfung, scheint auch nicht wirklich zielführend zu sein. Auf eben jene haben sich die Bundesminister Herr Altmaier und Herr Rösler vor wenigen Wochen geeinigt. Merkwürdig ist, dass sie ihren gemeinsam gefassten Beschluss völlig unterschiedlich interpretieren. Während der eine sagt, dass Fracking nun sicher verhindert werden kann, meint der andere, die Ausbeutung von Öl und Gas

sei damit möglich. Das ist so, als würden zwei in einem Boot sitzen und laut rufen: „Wir kommen voran! Wir kommen voran!“ Was aber keiner von beiden sagt, ist, dass sie in unterschiedliche Richtungen paddeln. Rechtssicherheit und Verlässlichkeit sehen aus unserer Sicht anders aus.

(Beifall PIRATEN)

Das scheinen übrigens auch immer mehr Unionspolitiker in Berlin zu begreifen. Ungefähr achtzig haben sich jetzt dafür ausgesprochen, den Altmaier/ Rösler-Kompromiss zu verschärfen, damit das Einbringen von giftigen Stoffen in Zukunft wirklich verboten wird.

(Beifall PIRATEN)

Ob die amtierende Bundesregierung die Kraft hat, eine Reform des Bergrechts in Angriff zu nehmen, erscheint vor diesem Hintergrund fragwürdig. Das Bundesverfassungsgericht hat heute in diesem Haus schon mehrmals eine Rolle gespielt. Ohne die Nachhilfestunde des Bundesverfassungsgerichts würde diese Regierung vermutlich gar nichts mehr bewegen. Die Frage ist also, ob wir uns wirklich von Verwaltern abhängig machen wollen. Ich möchte das nicht, denn mir sind da insgesamt viel zu viele Fragezeichen: Umweltverträglichkeitsprüfung - ungewiss; Änderung des Bergrechts - nicht klar, ob es gelingt; Landesentwicklungsplan - nur eine vorübergehende Lösung.

Deswegen sage ich: Wenn wir die Verunsicherung und die zunehmende Angst in der Bevölkerung ernst nehmen - meine Fraktion nimmt sie ernst -, wenn wir die Sorgen ausräumen wollen, wenn wir das Versprechen, dass wir in Schleswig-Holstein kein Fracking haben wollen, wirklich einlösen wollen, dann brauchen wir ein Moratorium. Heute ist der richtige Zeitpunkt dafür.

(Beifall PIRATEN)

Es ist nicht nur unsere Idee. Es ist das, was die Grünen in Hamburg beantragt haben. Es ist das, was die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen beschlossen hat. Es ist das, was seit Kurzem in der Schweiz diskutiert wird: ein Moratorium für zehn Jahre.

(Beifall PIRATEN)

Ich weiß, das braucht ein bisschen Mumm. Das ist richtig. Aber vielleicht hilft es der Landesregierung, sich an das berühmte Zitat von Willy Brandt - ich wende mich da insbesondere an die Sozialdemokratie - zu erinnern und auf norddeutsch zu sagen:

(Angelika Beer)

„Butter bei die Fische! Wir machen den Sack jetzt dicht!“

(Beifall PIRATEN - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hier und heute - auch angesichts des internationalen Tages des Wassers morgen - können wir ein politisches Zeichen setzen.

Lassen Sie mich auf weitere Forderungen unseres Antrags eingehen. Offensichtlich gibt es nämlich eine Differenz: die Offenlegung der Aufsuchungsanträge.

(Beifall PIRATEN)

Das ist der einzige Punkt, über den wir streiten und über den wir weiter streiten werden. Denn die Menschen haben ein Recht zu erfahren, wie der Hase läuft. Wenn Sie die Information nicht haben, haben Sie nicht die Möglichkeit, sich zu positionieren und dagegen zu kämpfen.

Ich will auch Folgendes ganz klar sagen: Es geht nicht nur um die momentane begrenzte rechtliche Möglichkeit. Es geht uns auch um die Konzerne, die Anträge gestellt haben und zukünftig stellen werden und die sich allesamt auf das anachronistische Bergamt und das Recht, die letzten Ressourcen unseres Planeten unter weitestgehender Geheimhaltung zu plündern, berufen. Genau diesen Firmen sage ich: Sie haben Namen. Sie müssen sich nicht wundern, wenn in Kürze die Bürgerinnen und Bürger bei ihnen vor der Tür stehen und protestieren.

(Beifall PIRATEN)

Unsere Mitbürger werden nicht mehr akzeptieren, dass Profitgier höher gestellt wird als die Sicherheit unseres Trinkwassers. Wenn die Landesregierung den gemeinsamen politischen Willen heute aus rechtlichen Gründen noch nicht umsetzen kann, weil das Bergrecht im Wege steht, werden sich die Betroffenen nach ungehörten Petitionen, ignorierten Bürgerbegehren direkt an die Verursacher wenden.

Dass wir als PIRATEN grundsätzlich die Ausbeutung fossiler Rohstoffe ablehnen, will ich hier noch einmal unterstreichen. Auch das ist ein Grund, grundsätzlich auf Fracking zu verzichten.

Wir wollen das Bergrecht durch ein neu zu schaffendes Umweltgesetzbuch ersetzen. Das braucht Zeit. Das braucht politischen Diskurs und wird aus unserer Sicht auf Bundesebene unvermeidlich sein.

Ich möchte noch eine Frage aufwerfen, die bisher keine Rolle spielt. Es wird immer gesagt, Fracking

rette die Gas- und Energieversorgung. Das ist doch Humbug. Wir reden über einen Zeitraum von maximal 10 Jahren. Selbst wenn Gas und Öl während dieser 10 Jahre billiger werden sollten, frage ich: Was machen wir, wenn wir wissen, dass die Gifte in 20 oder 30 Jahren in unseren Böden sind und unser Trinkwasser verseuchten?

(Beifall PIRATEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern Abend haben die regierungstragenden Fraktionen - ich habe gestern gelernt, dass es so heißt - einen Antrag eingebracht, der der Regierung hier sicherlich ganz recht ist. Das ist Schnee von gestern. Das ist das Gleiche, was wir hier schon beschlossen haben. Deswegen beantragen wir heute Abstimmung in der Sache. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Frau Kollegin, gestatten Sie zum Schluss noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Martin Habersaat?

Sorry, das habe ich nicht gleich gesehen. Klar.

Frau Kollegin, aufgrund ihres flammenden Plädoyers gegen das Fracking meine Frage nach dem Adressaten: Wem hier im Saal unterstellen Sie denn, für das Fracking zu sein?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist eine gute Frage!)

- Sie haben mir nicht zugehört. Das ist schade. Ich habe gesagt: Wir sind alle dagegen. Wir haben das auch schon beschlossen. Jetzt geht es aber darum, politisch das klare Signal zu setzen. Das ist ein Moratorium. Das haben andere Landesregierungen auch schon angewandt. Den Mumm erwarte ich übrigens von Ihnen als koalitionstragende Fraktionen auch.

(Beifall PIRATEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Heiner Rickers das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Besonders die Fraktion der PIRATEN! Wenn Sie meinen, dass Sie die Öffentlichkeit mit Fracking so bewe

(Angelika Beer)

gen könnten wie die Grünen vor 30 Jahren mit dem Slogan „Atomkraft? Nein danke“, sind Sie auf dem Holzweg. Sie können natürlich fordern: „Fracking? Nein danke“, machen sich einen schönen Button ans Revers und laufen damit durch die Welt. So öffentlichkeitswirksam, wie Sie das hier präsentieren wollen, scheint es nicht zu sein.

Zu Frau Beer direkt: fossile Rohstoffe gar nicht nutzen zu wollen! Das fällt alles unter das Bergrecht. Wenn Sie vielleicht schon morgen Kohle verdammen oder übermorgen Holz als fossilen Brennstoff nicht mehr nutzen wollen, sind wir nicht auf dem richtigen Weg.

Sie haben richtig beschrieben: Der Landtag ist unverändert und fraktionsübergreifend gegen Fracking mit umweltgefährdenden und toxischen Stoffen. Da sind wir uns alle einig. Insofern scheint mir auch die heutige Debatte überholt zu sein.

(Beifall CDU, SPD und FDP)

- Vielen Dank.

Ich komme zu Ihren Anträgen. Erstens: die Öffentlichkeit unverzüglich über die Gebiete zu informieren. - Liebe PIRATEN, das ist aus unserer Sicht geschehen. Wir können nicht verstehen, dass wir in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Umwelt- und Agrarausschusses darüber diskutieren, ob wir Vertraulichkeit oder Nichtöffentlichkeit herstellen. Das ging uns zu weit. Wir haben eine Dreiviertelstunde darüber diskutiert, ohne dass wir zum Thema gekommen wären. - Ich lasse gern eine Frage zu.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie? - Sie gestatten Herrn Dr. Breyer, Sie haben das Wort.