Wenn wir uns die Sache genau ansehen, dann haben wir im Niedriglohnbereich im Wesentlichen zwei Problemgruppen. Da sind erstens die jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren mit einem Anteil von gut 51 %. Wir haben dann diejenigen ohne berufliche Qualifikation mit einem Anteil von fast 53 %. Daraus ergibt sich bei aller Problematik: Niedriglöhne sind kein allgemeines Problem des Arbeitsmarktes, sondern sie sind ein gesamtgesellschaftliches Problem, das mit der Bildung zusammenhängt. Es hängt auch mit der Frage zusammen: Wie durchlässig ist unsere Gesellschaft? - Welche Aufstiegschancen geben wir sozial Benachteiligten oder Migranten? - Gerade deshalb ist ein staatlich verordneter Mindestlohn der falsche Weg, weil dadurch für diese Gruppen Arbeitsplätze gefährdet werden.
Wer nach Spanien guckt, der wird dort ein gutes Beispiel dafür finden. Dort hat der Mindestlohn die Jugendarbeitslosigkeit und die Arbeitslosigkeit gering Qualifizierter dramatisch erhöht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sie scheinen auch nicht aus der Debatte über das Tariftreuegesetz gelernt zu haben. Die Verbände des Mittelstands und des Handwerks und die Juristen des Vergaberechts haben Ihnen in den Ausschussberatungen deutlich die Leviten gelesen. Dies war einer der Gründe dafür, warum wir mit dem Mittelstandsförderungsgesetz eine Mindestlohnregelung vorgelegt haben, die vernünftig und EU-rechtlich vertretbar ist. Wir sind gespannt, was für ein Tariftreue- und Vergabegesetz Sie uns jetzt zum Abschluss der Beratungen - wahrscheinlich in der nächsten Landtagstagung - vorlegen werden.
Diese Diskussion und diese blutige Nase haben Ihnen offenbar noch nicht gereicht. Jetzt kommen Sie mit einem Mindestlohngesetz aus dem schleswigholsteinischen Knick, mit dem der Landtag den schleswig-holsteinischen Wirtschaftsminister ermächtigen soll, für Schleswig-Holstein einen Mindestlohn festzusetzen und sozusagen von oben herab zu diktieren. Dieses Thema hatten wir eben schon. Es kommt jetzt wieder per Gesetz,
und zwar soll es per Rechtsverordnung und Ministerdekret ohne Parlamentsbeteiligung und vor allem ohne Beteiligung der Tarifpartner alle zwei Jahre kommen. Ich sage: Herzlich willkommen im sozialistischen Stegner-Paradies, in dem einzig der Staat die Löhne diktieren kann.
Wenn man sich die praktischen Auswirkungen ansieht, dann wird deutlich: Es sind nicht nur die Unternehmen, sondern es sind auch viele Institutionen und Vereine, auch Vereine, die vom Ehrenamt getragen werden und die für bestimmte Projekte und Veranstaltungen möglicherweise Landeszuschüsse bekommen, die jetzt in der Frage des Nachweises der Lohnverpflichtung gnadenlos mit Bürokratie überzogen werden.
Ich sage für die CDU sehr deutlich: Wir sind für ordentliche Löhne. Das gebieten unsere sozialpolitische und unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung, aber wir sind anderer Auffassung als Sie. Wir sind für durch Tarifpartner bestimmte und marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenzen. Wir sind gegen einen politischen Mindestlohn und für verbindliche Lohnuntergrenzen.
Wir wollen diese Lohnuntergrenzen unter Beteiligung der Tarifpartner mit der Möglichkeit der Differenzierung nach Regionen und Branchen. Wir wollen, dass eine Kommission diese allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze festlegt, wobei klar ist: Tarifverträge gehen vor, denn wir stehen zur Tarifautonomie in Deutschland.
Dazu gehört auch, dass Gefälligkeitstarifverträge durch eine Überprüfung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung unterbunden werden müssen. Ich würde mich freuen, wenn wir über diese Fragen und über unseren Antrag im Ausschuss mit
Auch bei Ihrem Entgeltgleichheitsgesetz schießen Sie am Thema vorbei. Es ist natürlich eine Tatsache, dass Frauen noch immer in vielen Branchen mehr als 23 % weniger verdienen als Männer. Ursache ist aber oft, dass viele Frauen zum Beispiel familienbedingt in ihrem Job pausiert haben oder nur in Teilzeit arbeiten wollen. Wenn sie wieder in ihren Beruf einsteigen wollen, bekommen sie oft keine gleichwertigen Aufgaben und müssen mit Gehaltseinbußen zurechtkommen. An diesem Faktum ändert Ihr Gesetz zunächst einmal nichts. Es muss unsere Aufgabe sein, es Frauen noch besser zu ermöglichen, höhere Stufen auf der Karriereleiter zu erreichen, und zwar durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, durch eine Flexiquote für Frauen in Toppositionen und auch durch vernünftige Verfahren für eine geschlechtergerechte Lohnfindung. Ein Gesetz reicht hier nicht aus und wird keiner einzigen Frau zu einem höheren Lohn verhelfen.
Ihr Mitbestimmungsgesetz, über das wir in diesem Haus bereits ausführlich diskutiert haben, hängt auch mit Ihrem unbändigen Ziel zusammen, möglichst alle Entscheidungen von Schwarz-Gelb zurückzunehmen, Herr Dr. Stegner. Um es klar zu sagen: Mitbestimmung ist auch uns wichtig, und sie ist richtig. Wir haben allerdings bei der Haushaltskonsolidierung und bei den dortigen Entscheidungen nach sehr intensiver Diskussion Veränderungen vorgenommen, die zu finanziellen Entlastungen bei Land und Kommunen führen, ohne eine funktionierende Mitbestimmung infrage zu stellen. Wenn Verwaltung aber insgesamt schlanker werden muss, dann sage ich: Das muss dann für alle Bereiche gelten. Im Rahmen der Ausschussberatungen ist deutlich geworden: Das Mitbestimmungsgesetz sorgt gerade bei den Kommunen für erhebliche Mehrkosten. Meine Damen und Herren, deshalb werden wir das Gesetz auch heute hier im Plenum ablehnen.
Ich sage deutlich: Mit diesen Beispielen, die jetzt deutlich geworden sind, und vielen anderen im wirtschaftspolitischen Bereich wird klar: Sie sind auf einem falschen Kurs. Der Ministerpräsident hat im Wahlkampf gesagt - ich zitiere -: „Wir wollen die Mittelständler für uns gewinnen.“ Die Wahrheit ist, die Mittelständler in Schleswig-Holstein sind die Verlierer Ihrer Politik. Die Küstennebelkoalition verordnet von oben staatliche Löhne, einen Wust an Bürokratie, unerfüllbare Auflagen und Gängelungen, Sie streichen Fördermöglichkeiten
für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Ich habe große Sorge, dass die angekündigte Novellierung des Landesentwicklungsplans, die Sie jetzt Hals über Kopf durchziehen wollen, dazu führen wird, die Entwicklungsbremsen, die wir für Handel und Handwerk und Gewerbe im ländlichen Raum beseitigt haben, wieder einzuziehen.
Dabei zeigt das jüngste Mittelstandsbarometer sehr dramatisch eine bedenkliche Entwicklung. In allen wesentlichen Bereichen dieser Umfrage, bei der Infrastruktur, der Förderpolitik, der Bildungspolitik, ist Schleswig-Holstein innerhalb eines Jahres auf hintere Plätze abgerutscht. Nach neun Monaten einen solchen Totalabsturz, das hat es noch nicht gegeben. Das Schlimmste ist nicht nur diese Entwicklung, sondern am Ende kommt bei den Menschen an: Sie gefährden mit dieser Politik Arbeitsplätze. Das ist das eigentliche Alarmsignal dieses Mittelstandsbarometers. Deswegen sage ich: Schleswig-Holstein hatte unter Rot-Grün lange genug die rote Laterne. Sie sind auf dem besten Wege, diese wieder zu erreichen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Arbeit ist eines der zentralen Ziele der Sozialdemokratie. Sie erlauben, dass ich angesichts des 150-jährigen Bestehens meiner Partei in diesem Jahr darauf hinweise, dass dies schon bei der Gründung des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“ 1863 ein viel diskutiertes Thema gewesen ist. Ferdinand Lassalle, der erste Präsident des ADAV, vertrat nach dem „ehernen Lohngesetz“, wie er es nannte, die Auffassung, dass in einem schrankenlosen Wettbewerb die Löhne in Höhe des Existenzminimums gezahlt würden. Heute ist nicht einmal mehr das der Fall. Heute gibt es Löhne unterhalb des Existenzminimums.
Das ist eine Pervertierung des Sozialstaatsgebots, die sich nicht einmal Lassalle hätte träumen lassen. Nun hat die Sozialdemokratie in den vergangenen 150 Jahren vieles erreicht, ein Mindestlohn existiert in Deutschland allerdings immer noch nicht, anders als in 20 von 27 EU-Mitgliedstaaten, die einen
Mindestlohn haben. Bei einigen Staaten der verbleibenden sieben Staaten ist die Tarifbindung sehr hoch. In Dänemark, Schweden und Finnland etwa liegt sie bei 90 %.
Angesichts zunehmender prekärer Beschäftigungsverhältnisse, der Leiharbeit und sogenannten Aufstockern, also der staatlichen Subventionierung von Dumpinglöhnen, müssen wir dringend handeln.
Herr Kollege Callsen, es hat mich schon verblüfft, dass Sie gerade einmal einen Satz gebraucht haben, um die Unglaubwürdigkeit Ihrer Darlegungen in der Aktuellen Stunde unter Beweis zu stellen. Schon der Einleitungssatz Ihrer Rede war hinreichend, um zu erkennen, dass Sie überhaupt nicht ernst meinen, was Sie hier vortragen, von Verantwortung ganz zu schweigen.
Diese Regierungskoalition hingegen will und wird handeln. Wir wollen nämlich nicht hinnehmen, dass ein Mensch, der Vollzeit arbeitet, am Ende nicht von seinem Lohn leben kann. Was daran christlich sein soll, was daran marktwirtschaftlich sein soll, dass müssen Sie diesen Menschen einmal erklären, wenn Sie solche Reden im Landtag schwingen, wie Sie es tun.
Wir müssen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern genau das garantieren: ein menschenwürdiges Leben und gleichzeitig für eine ausreichende Altersversorgung sorgen. Denn Altersarmut entsteht nicht plötzlich, sondern ist auch die Folge prekärer Beschäftigungsverhältnisse in unserer Gesellschaft. Das aber geht nur mit einem echten Mindestlohn, nicht mit Lohnuntergrenzen, wo die Opposition und die Regierung Merkel ,,guter Lohn“ draufschreiben, aber tatsächlich Dumpinglöhne drin sind. Das Etikett stimmt, aber in der Flasche ist nichts drin. Das ist das, was CDU und FDP zu diesem Thema zu bieten haben.
Man könnte - Herr Präsident, ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass das, was ich jetzt vortrage, ein Zitat ist - Frau Merkel gut die konservative Kollegin Margaret Thatcher entgegenhalten, die einmal gesagt hat:
,,Wenn ich etwas in der Politik verabscheue, dann den Typ des Aals, der sich vor lauter Geschmeidigkeit am Besten selbst in sein Hinterteil beißen würde.“
Das ist genau das, was beim Thema Mindestlohn die Bundeskanzlerin und diejenigen vorführen, die Lohnuntergrenzen unterstützen und behaupten, das seien faire Mindestlöhne. 4,17 € für eine Fri
Ich bin sehr froh, dass wir in Schleswig-Holstein heute ein Landesmindestlohngesetz einbringen. Im April folgt dann das Tariftreuegesetz, auch wenn Sie noch so sehr dagegen anstürmen und anpolemisieren.
Leider sind die Löhne in unserem Land besonders niedrig. Eine Studie des DGB Ende des vergangenen Jahres hat uns einmal mehr vor Augen geführt: Die Ergebnisse belegen, dass die Menschen nirgendwo im Westen Deutschlands so wenig verdienen - oder besser gesagt: so wenig bekommen; das ist der richtige Ausdruck - wie in Schleswig-Holstein. So toll kann das mit Ihrer Wirtschaftspolitik nicht gewesen sein, Herr Kollege Callsen, wenn das Ergebnis ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so wenig von dem haben, was Sie hier so gelobt haben.
Vollbeschäftigung wird bei uns im Land durchschnittlich mit 2.517 € entlohnt. Fast 200 € mehr sind es im Bundesdurchschnitt. Regionale Unterschiede in Schleswig-Holstein kommen hinzu. In Kiel sind es noch rund 2.800 €, in Ostholstein nur 2.200 €. Das können, das wollen wir nicht hinnehmen. Das muss geändert werden.
Ich freue mich darüber, dass unser DGB-Nord-Vorsitzender Uwe Polkaehn heute hier gewesen ist, mit dem wir an dieser Stelle „Seit’ an Seit’“, wenn ich das einmal so nennen darf, dafür kämpfen. Die Gewerkschaften sind glücklicherweise auf unserer Seite. Mit dem Mindestlohn war das am Anfang nicht immer so, aber inzwischen wissen sie, wir haben in einigen Bereichen, in denen das nicht anders geht, zu wenig Tarifbindung, und da brauchen wir staatliche Mindestlöhne.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, von unfairen Löhnen und Altersarmut besonders betroffen sind in unserem Land aber die Frauen. Morgen ist Equal Pay Day, und ich will noch einmal betonen, wie wichtig unsere Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer in
Deutschland ist. Die Studie des DGB hat auch belegt, dass Frauen in Schleswig-Holstein rund 600 € weniger verdienen als Männer. Deutschlandweit sind es rund 22 % weniger Lohn für Frauen als für Männer. In Führungspositionen, die Frauen ohnehin seltener bekleiden, ist der Lohnunterschied noch größer. Ich finde, das ist ein Skandal, mit dem in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein endlich Schluss gemacht werden muss.
Das ist eine Frage von guter Arbeit, aber auch von Gleichstellung und vor allem Gerechtigkeit. An die Adresse der sogenannten bürgerlichen Parteien sage ich hier, dass wir es gewesen sind, die die meisten bürgerlichen Freiheiten erstritten haben. Auch diese Freiheit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, wird von uns erstritten werden müssen, von Rot-GrünBlau in diesem Hause und von Rot-Grün bundesweit, weil Sie dagegen sind, meine sehr verehrten Damen und Herren von Schwarz und Gelb.