Bei der Argumentation komplett neben der Sache liegt auch das Argument, dass Selbstständige nicht mehr ins Parlament einziehen würden. Fakt ist doch, dass noch nie so viele Selbstständige Mitglied des Bundestages waren wie heute, wo eine Offenlegungsregelung längst gilt.
Herr Kollege Dr. Breyer, da Sie nicht wissen, was die Wohnanschrift möglicherweise mit Interessenkonflikten zu tun hat - es wäre vielleicht schon interessant zu wissen, bei welcher Wohnungsbaugesellschaft Sie Mieter sind,
Verehrter Herr Kollege Kubicki, aus einer Wohnanschrift sehen Sie nicht, bei welcher Wohnungsbaugesellschaft jemand Mieter ist.
Wenn eine Kapitalbeteiligung vorliegt, wäre das nach unserem Gesetzentwurf zu veröffentlichen. Ich will Sie aber auch gar nicht daran hindern, in den Gesetzentwurf aufzunehmen, dass man auch seinen Vermieter veröffentlichen muss. Das können Sie gern beantragen.
Herr Kollege, es gibt die Anfrage einer weiteren Zwischenbemerkung des Kollegen Habersaat. Gestatten Sie diese?
Herr Kollege, ich darf Ihnen mitteilen, dass meine Erfahrungen in der Hochschulpolitik dieses Landes ergeben haben, dass der Wohnort Kiel, Flensburg oder Lübeck sehr wohl eine Rolle spielen kann.
Herr Kollege Habersaat, wenn Sie den Gesetzentwurf zur Veröffentlichung von Nebeneinkünften ergänzen möchten durch eine Angabe des Wohnorts, können Sie das gern beantragen. Ich bitte deswegen um konstruktive Begleitung unseres Gesetzentwurfs.
Was für uns nicht akzeptabel ist, ist eine nicht öffentliche Arbeitsgruppe, die seit Ewigkeiten zu keinem Ergebnis gekommen ist. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf öffentlich ins Verfahren gebracht. Ich freue mich darauf, dass der Kollege
Eichstädt eine Beratung im Ausschuss angekündigt hat. Wir wollen dazu eine öffentliche Anhörung machen und die Probleme öffentlich und transparent diskutieren, und nicht in einer nicht öffentlichen Arbeitsgruppe.
Damit Sie hier nicht ständig Behauptungen aufstellen, die unwidersprochen im Raum bleiben, möchte ich Ihnen Gelegenheit geben zu erläutern, welche geheime, nicht öffentlich tagende Arbeitsgruppe, die sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt, gemeint ist. Sie muss so geheim sein, dass hier im Hause offensichtlich niemand etwas davon weiß, es sei denn, Sie tagen allein geheim.
- Herr Kollege Eichstädt, Ihre Kollegin Frau Bohn hat angekündigt, dass sie es für sinnvoll halten würde, die Fragen im Rahmen einer solchen Arbeitsgruppe zu diskutieren. Wenn es nicht einmal eine Arbeitsgruppe gibt, frage ich mich schon, worauf die Aussage gestützt ist, der Vorwurf sei falsch, dass Sie seitdem nichts getan hätten. Was haben Sie denn getan, wenn es nicht einmal eine Arbeitsgruppe gibt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist höchste Zeit, dass wir dieses wichtige Thema - da geht es um Vertrauen in Abgeordnete - endlich in einem transparenten Verfahren angehen. Ich lade Sie ein, an dem Gesetzentwurf mitzuarbeiten, und freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Stegner von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Debatte vor Augen führt, die wir hier gerade führen, kommen wir auf das zurück, was die Piratenfraktion hier ganz am Anfang gemacht hat in den ersten Tagungen, nämlich einerseits nur ganz kurz in diesem Hause zu sein, aber andererseits permanent Behauptungen aufzustellen über alle anderen, die man einfach zurückweisen muss, egal ob wir in dem einen oder anderen Punkt unterschiedlicher Meinung sind. Denn Sie werfen einen Blick auf dieses Parlament, der mit dem, was die Kollegen der anderen Fraktionen tun, wirklich nichts zu tun hat. Das muss ich ganz deutlich sagen.
Der Gestus der Überheblichkeit steht einem Neuling wirklich schlecht, zumal wenn Sie das nicht einmal für sich selbst gelten lassen. Das wird auch durch die komplette Humorlosigkeit nicht überdeckt, wenn Sie auf das, was der Kollege Habersaat hier kommentiert hat, so antworten.
Wir haben im Ältestenrat gesagt, wir wollen uns zusammensetzen und eine parteiübergreifende Regelung finden. Das sollten wir bei Spielregeln für dieses Haus generell so halten, weil uns alles andere in der Öffentlichkeit schadet. Das muss man einmal klipp und klar sagen. Da muss man sich zusammenraufen. Wir sind an bestimmten Punkten unterschiedlicher Auffassung, Herr Kollege Kubicki. Die Zusammensetzung des Parlaments soll so sein, wie die Bürgerinnen und Bürger sie wählen, aber wir müssen am Ende Wege finden, die für alle akzeptabel sind.
Herr Kollege Breyer, unabhängig von Wahlprüfbeschwerden will ich deutlich sagen: Wir gehen davon aus, dass dieses Parlament fünf Jahre arbeitet, und bis dahin werden wir mit Sicherheit eine Regelung gefunden haben. Das muss nicht in den ersten sechs Monaten sein. Wir wollen aus guten Gründen abwarten, was der Bundestag tut, und gucken uns das an. Da müssen Sie uns überhaupt nicht antreiben.
Im Übrigen ist es kein besonders guter Beitrag zur Lösungsfindung, wenn man selbst einen so absurden Vorschlag vorlegt wie Sie, wo man schon beim Lesen sagen muss: Ein solches Orwell-Parlament möchte ich wirklich nicht haben, wie Sie das hier beschrieben haben.
Das ist gruselig, das ist nicht repräsentative Demokratie, sondern das ist Demokratieverachtung, und es ist eine ganze Menge an Überheblichkeit dabei. Die Menschen haben einen Anspruch auf Transparenz, sie haben aber auch Anspruch darauf, dass wir den Kolleginnen und Kollegen unterstellen, dass Sie das einhalten, was Ihnen mit dem Eid vorgelesen worden ist. Wenn man Gründe hat, das zu bezweifeln, muss man die vortragen, aber die permanente Unterstellung schadet uns.
Ich habe schon bei verschiedenen Gelegenheiten, auch wenn Sie über die Geschäftsordnung geredet haben, gesagt: Wir sind nicht in der Situation, dass die repräsentative Demokratie so viel Popularität genießt, dass wir es uns leisten können, permanent dazu beizutragen, den Ruf dieses Hauses zu schädigen. Das will ich ausdrücklich sagen.
Den Ruf des Hauses schädigt überhaupt nicht die Debatte in der Sache und die Tatsache, dass man unterschiedlicher Meinung ist. Im Gegenteil, das ist im Parlament das, was wir tun sollten. Aber die Unterstellung, jetzt kämen die Neuen, die erst einmal für Transparenz sind, und alle anderen seien total dagegen, ist ein solcher Unfug, den ich zurückweisen muss. Das gilt übrigens für keine der Fraktionen hier im Hause außer der Piratenfraktion.
Verehrter Herr Kollege Dr. Stegner, haben Sie sich einmal damit beschäftigt, welche Regelungen zur Offenlegung von Nebeneinkünften in anderen Ländern dieser Welt gelten? Ist Ihnen bekannt, dass in einer Vielzahl von Ländern, sei es in den USA, sei es Großbritannien, sei es sogar Russland, sei es Südafrika,
schon längst eine Pflicht zur betragsgenauen Veröffentlichung aller Nebeneinkünfte gilt? Wenn Sie dies bestätigen, würden Sie dann
Ihren Vorwurf aufrechterhalten, dass unsere Regelung ein orwellsches Parlament schaffen würde oder gar demokratieverachtend wäre? Werfen Sie den Ländern, die eine solche Transparenz vorsehen, vor, demokratieverachtende Regelungen erlassen zu haben?
Sehr verehrter Herr Kollege Dr. Breyer, ich wünsche mir die meisten parlamentarischen Regelungen aus Russland und Südafrika hier nicht;
manches aus den Vereinigten Staaten von Amerika übrigens auch nicht, obwohl das eine alte Demokratie ist. Ich habe da drei Jahre gelebt. Da gibt es vieles, wo ich sagen muss: Der Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland ist mir durchaus lieber als das eine oder andere, zum Beispiel die Voraussetzungen, ins Parlament zu kommen. Die Kapitalvoraussetzungen sind in Deutschland glücklicherweise noch andere als in den USA, um ein Beispiel zu nennen.