Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir Schülerinnen und Schüler des LudwigMeyn-Gymnasiums aus Uetersen auf der Besuchertribüne. Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist und bleibt die zentrale Zukunftsfrage unseres Landes. Unsere Bildungspolitik entscheidet über die weitere Entwicklung unserer Kinder und Enkel und damit über die Zukunft Schleswig-Holsteins. Deshalb ist es richtig, dass wir den Familien, den Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern und auch den kommunalen Schulträgern Verlässlichkeit und Planungssicherheit geben.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Betroffenen beteiligen. Unser Bildungsdialog ist schon jetzt ein Erfolg, und ich freue mich auf die Ergebnisse.
Ich danke unserer Bildungsministerin Wara Wende und ihrem Team im Namen meiner Fraktion herzlich, dass und wie sie diese komplexe Aufgabe bewältigen. Viele von uns wissen, wie schwierig es ist, sich schon in diesem Haus auf eine gemeinsame Bildungspolitik zu verständigen. Dies mit einer Vielzahl weiterer Akteure zu tun, ist bisher keine Selbstverständlichkeit gewesen, sondern ist einmalig. Unsere Vorgängerregierung hat auf einen sol
chen Dialog ja komplett verzichtet, was Sie übrigens nicht daran hindert, jetzt an diesem Prozess herumzumäkeln und geradezu ein Füllhorn an miesepetrigen und alarmistischen Presseerklärungen in die Öffentlichkeit zu blasen.
Die Zustimmung aus allen Teilen der Gesellschaft gibt uns allerdings recht. Wir führen erst den Dialog und treffen dann Entscheidungen. Und mit Angst, Frau Kollegin Franzen, hat das nun wirklich gar nichts zu tun. Ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrem Geburtstag, aber Angst machen Sie uns nicht, weder an Ihrem Geburtstag noch an anderen Tagen. Das, was wir mit anderen diskutieren, führt dazu, dass wir zu vernünftigen Entscheidungen kommen. Angst ist übrigens ein schlechter Ratgeber. Das rate ich Ihnen auch nicht.
Wahr ist hingegen: Der Ausgangszustand der gänzlich unklugen Politik unserer Vorgänger zählt zu den maßgeblichen Gründen, aus denen die Bürgerinnen und Bürger 2012 den Politikwechsel gewählt haben. Die schwarz-gelbe Bildungspolitik hatte viele gute Wege verlassen, auf die wir uns zuvor - bei Rot-Grün, aber auch in der Großen Koalition - gemacht hatten.
Wir in diesem Haus tragen Verantwortung, und die gebietet es, dort zu handeln, wo es notwendig ist, wenigstens aber die schlimmsten Fehler der schwarz-gelben Vorgängerkoalition zu korrigieren und damit den Grundstein für ein gutes Schulgesetz zu legen. Mein Kollege Martin Habersaat hat es vor wenigen Tagen auf den Punkt gebracht und gesagt: „Unser Vorschaltgesetz beendet den Bildungsdialog nicht, sondern ermöglicht ihn erst.“
Erstens. Gemeinschaftsschulen sollen künftig keine abschlussbezogenen Klassen mehr einrichten. Abschlussbezogene Klassen entsprechen nicht unserem Verständnis von längerem gemeinsamen Lernen. Wo Gemeinschaftsschule draufsteht, muss Gemeinschaftsschule drin sein und nicht das alte dreigliedrige Schulsystem.
Wir wollen nicht in FDP-Retro-Manier, wie das die Kollegin Erdmann so passend nennt, die Schülerinnen und Schüler nach Klasse vier in drei Sorten Mensch einsortieren. Gerade Gemeinschaftsschulen sollen andere pädagogische Konzepte verfolgen. Dafür haben wir im Haushalt 2013 die Zahl der Differenzierungsstunden pro Klasse und Woche von drei auf fünf erhöht, um die Möglichkeiten des längeren gemeinsamen Lernens zu verbessern. Versprechen gehalten! Das ist unser Prinzip, und das ist ein wichtiges Stück Politikwechsel.
Zweitens wollen wir keine neuen G-9- oder YGymnasien mehr einrichten. Wir wollen stattdessen für alle Kinder in Schleswig-Holstein ein qualitativ und quantitativ hochwertiges und räumlich erreichbares Abiturangebot haben: Flächendeckend G 8 an Gymnasien, G 9 an Gemeinschaftsschulen und beruflichen Schulen. Auch deshalb brauchen wir so viele Oberstufen wie irgend möglich. Die Landeselternvertretungen für Gemeinschaftsschulen und Gymnasien, die Landesschülervertretungen, alle sind an unserer Seite. Das zwingt übrigens keine Schule zur Änderung des Bestehenden; alle können in Ruhe weiterarbeiten. Das ist Fakt trotz Ihrer permanenten Alarmpropaganda, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Drittens wollen wir mit der heutigen Gesetzesänderung die Einrichtung von weiteren Oberstufen an Gemeinschaftsschulen ermöglichen.
Wenn Sie die Zeit anhalten, werde ich gern mit dem Bildungsexperten der FDP einen Dialog haben. Bitte schön.
Herr Kollege Dr. Stegner, ich bin hier genauso wenig Bildungsexperte wie Sie. Aber ich habe eine Frage an Sie als Fraktionsvorsitzender der SPD im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Ist Ihnen der Koalitionsvertrag aus Niedersachsen zwischen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bekannt, weil Sie hier so vehement erklärt haben, dass die Wahlmöglich
„Gymnasien haben vorrangig die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler zur allgemeinen Hochschulreife zu führen. Die rot-grüne Koalition nimmt den Wunsch zahlreicher Eltern ernst, auch an den Gymnasien wieder das Abitur nach neun Jahren anzubieten, und sie berücksichtigt dabei die hohe Belastung der Schülerinnen und Schüler. Die rot-grüne Koalition wird in einem ergebnisoffenen Dialog … Möglichkeiten erörtern und umsetzen … Dazu gehört … eine Wahlmöglichkeit für die Gymnasien, sich in Zusammenarbeit mit den Schulträgern für ein Abitur nach 12 oder 13 Jahren zu entscheiden.“
- Aber das ist gleich die Antwort, Herr Kollege Kubicki. Aber lassen wir ihn erst einmal zu Ende reden. Lesen Sie doch aus dieser klugen Vereinbarung noch ein bisschen vor!
Das sei des Teufels. Andersherum müsste man die Frage stellen: Wenn das, was Sie hier vorschlagen, so sinnvoll wäre, warum werden dann in Niedersachsen nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dort - wie in Schleswig-Holstein auch - Gemeinschaftsschulen eingerichtet werden?
Lieber Kollege Kubicki, ich will Ihnen gern antworten. Ich freue mich, dass ich Gelegenheit habe, das zu tun. Sie machen das auch regelmäßig und verweisen auf Baden-Württemberg und Hessen. Das Problem ist, dass in Niedersachsen, in BadenWürttemberg und in Hessen Schwarz-Gelb leider viel länger regiert und viel mehr Schaden angerichtet hat.
Das führt dazu, dass es flächendeckend keine Alternative zu G 8 gibt; in Niedersachsen nicht, in Baden-Württemberg nicht und auch in Hessen nicht. Das ist die Antwort.
In Schleswig-Holstein haben wir hingegen auch vorher schon gute Schulpolitik gemacht. Deshalb sind wir an einem Punkt, an dem wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen können: Wenn ihr Bedenken habt, dann gibt es eine flächendeckende Alternative zu G 8, und die heißt entweder G 9 an Gemeinschaftsschulen oder G 9 an beruflichen Schulen oder G 9 an den paar Gymnasien, die wir haben und denen wir Bestandsschutz gewährt haben. Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass man sagt: Ich möchte nicht, dass mein Kind das Gymnasium in acht Jahren abschließen soll, sondern ich wünsche mir neun Jahre. Wir haben das übrigens für unsere Kinder auch so entschieden. Das ist eine hinreichende Wahlfreiheit. Herr Kollege Kubicki, das ist die Freiheit, die wir meinen. Ich bin froh, dass Sie über den Politikwechsel in Niedersachsen so froh sind. Wir sind das auch.
Es ist meine letzte. Herr Dr. Stegner, würden Sie mir freundlicherweise erklären, wie viele G-8-Gymnasien es in Rheinland-Pfalz gibt, das SPD-regiert ist?
- Ich kann Ihnen das nicht sagen, obwohl ich in Rheinland-Pfalz geboren bin. Ich weiß aber, dass es diese Situation in Rheinland-Pfalz gar nicht gibt. Dort hat man das achteinhalbjährige System. Lassen Sie sich das in Rheinland-Pfalz einmal erklären. Sie sind ja kein Schulexperte. Dort geht man jetzt zu dem anderen System über, dort sind die Verhältnisse komplett anders. Ich bin aber ganz sicher, dass die rot-grüne Bildungspolitik in RheinlandPfalz genauso klug sein wird wie die in Schleswig
Ich komme noch einmal zu der dritten Änderung, die wir vornehmen, nämlich die Errichtung weiterer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zu ermöglichen. Das ist übrigens auch ein Ergebnis des Dialogs im Anhörverfahren.