Protocol of the Session on February 21, 2013

Wichtig ist, politisches Handeln und Partizipation in allen Altersstufen und in allen Institutionen stärker zum Thema zu machen. Demokratie beginnt bereits in der Kita. In einigen Kitas können die Kinder zum Beispiel bereits selbst entscheiden, an welchen Angeboten sie an dem Tag teilnehmen wollen. Auch bei der Auswahl von Ausflügen können sie entscheiden. Sie lernen Mitbestimmung von Anfang an.

(Beifall PIRATEN)

(Serpil Midyatli)

Genauso muss es auch in der Schule weitergehen: Klassenrat, Schülervertretung, Mitbestimmung über Projekte und Arbeitsformen, Vereinbarungen über Lernziele müssen mit den Schülerinnen und Schülern getroffen werden. Wenn Kinder und Jugendliche merken, dass sie selbst gestalten können und mit ihren Ideen und Forderungen ernst genommen werden, ist das eine gute Voraussetzung für die Entwicklung eines politischen Bewusstseins, für ein Eintreten für die eigenen Interessen, aber auch für die Übernahme von Verantwortung für andere.

Auch im politischen Raum ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche merken, dass ihre Meinung erst genommen und ihre Mitwirkungen geschätzt wird. Die Gemeindeordnung bietet Instrumente dafür an, die leider nicht ausreichend genutzt werden. Zum einen gibt es den § 47 f in der Gemeindeordnung, der bei allen Entscheidungen, die für Kinder und Jugendliche relevant sind, ihre Beteiligung vorsieht. Da gibt es deutliches Optimierungspotenzial.

Darüber hinaus sollen Jugendbeiräte in den Kommunen eingerichtet werden. Das scheitert zum Teil an einer zu geringen Anzahl an Kandidatinnen und Kandidaten. Zum Teil fehlen auch das Interesse oder die gute Vorbereitung durch die Verwaltung und die Kommunalpolitik.

Über die Beteiligungsprozesse in Kita, Schule und Kommune hinaus müssen aber auch Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen in den Schulen thematisiert werden. Da bleibt nach meiner Erfahrung auch noch einiges zu tun. Vor Wahlen steht dieses Thema bei längst nicht allen Schulen auf dem Stundenplan. Das muss deutlich intensiviert werden.

Die Schulen sind dabei nicht auf sich allein gestellt; Sie können Unterstützung anfordern, zum Beispiel von der Landeszentrale für politische Bildung. Diese hat das Projekt „Jung und wählerisch“ vor den Landtagswahlen in 50 Klassen an 18 Schulen durchgeführt. Die Rückmeldungen von den Jugendlichen waren sehr positiv, und das Angebot wird jetzt zu den Kommunalwahlen erneuert.

Auch der Landesjugendring und die Kreisjugendringe unterstützen zum Beispiel mit Flyern und organisieren Podiumsdiskussionen. Mit der Verankerung der Landeszentrale für politische Bildung beim Landtag ist die Vernetzung auch der außerschulischen Jugendarbeit und Bildungsträger auf den Weg gebracht worden. Das unterstützen wir sehr.

Es wird uns nur gelingen, Kinder und Jugendliche mehr für Politik zu interessieren, wenn wir ihnen

auf Augenhöhe begegnen und es eine echte Mitbestimmung gibt. Die Jugendlichen müssen merken, dass sie mit ihrem Engagement etwas bewegen können. Mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtagswahlen gehen wir einen Schritt in die richtige Richtung.

Auf diesem Feld gibt es aber noch deutlich mehr zu tun. Der Antrag der PIRATEN bietet für die Vertiefung des Themas im Ausschuss eine gute Grundlage.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Christopher Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politische Bildung, politische Teilhabe und Mitbestimmung von Jugendlichen sind auch für meine Fraktion ganz wichtige Anliegen. Wir hatten hier bereits in der Debatte über die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, die wir ja sehr skeptisch sehen, angeregt, dass zunächst die Maßnahmen im Bereich der politischen Bildung verbessert werden müssten. Die PIRATEN haben sich das offensichtlich zu Herzen genommen und haben nun diesen Antrag vorgelegt.

Die Forderung nach verbesserter politischer Bildung unserer Jugendlichen habe ich nicht etwa deswegen geäußert, weil ich den Jugendlichen politisch misstraue, sondern ganz im Gegenteil. Ich habe gerade wieder im letzten Landtagswahlkampf, ebenso wie viele von Ihnen wohl auch, die Diskussionen bei den Jugendverbänden und in den Schulen sowie bei zahlreichen Podiumsdiskussionen erlebt, die gezeigt haben, wie groß das Interesse der Jugendlichen an Politik ist. Dabei kam dieses Thema nämlich auch immer wieder zur Sprache, und da habe ich eine große Skepsis der Jugendlichen zu diesem Thema erlebt, und zwar nicht nur bei denen, die schon älter als 18 Jahre waren, sondern auch bei denen, die ein Alter zwischen 16 und 18 Jahren hatten.

So wurde denn auch von vielen Jugendlichen immer wieder die Forderung erhoben, dass die politische Bildung insbesondere im schulischen Bereich - das ist der größte Bereich - deutlich verbessert wird. Das habe ich überall gehört. Deshalb sollten wir das auch entsprechend ernst nehmen. Insofern sollte man nach meiner Auffassung in diesem Be

(Ines Strehlau)

reich noch einiges mehr tun bei den Lehrplänen, aber auch im Bereich der Lehrerfortbildung; denn die Lehrer sind ja schließlich diejenigen, die das entsprechend vermitteln sollen.

Frau Kollegin Strehlau, Ihr einleitender Satz hat mich doch einigermaßen irritiert, als Sie sagten, wo denn den jungen Menschen etwas vorbeigeht. Ich erlebe nämlich immer wieder, dass das Interesse an Politik durchaus besteht. Wenn Sie hier sagen, nur ein Viertel der Schülerinnen und Schüler wolle zur Kommunalwahl gehen, dann sollte man das ein wenig differenzierter betrachten. Das Interesse an politischen und gesellschaftlichen Themen ist durchaus vorhanden. Ich glaube aber, es fehlt oft - das ist auch der Punkt, den die Jugendlichen selber äußern - am Verständnis für das parlamentarische Vorgehen. Die Jugendlichen wissen nämlich oftmals gar nicht, was sie mit ihrer Stimme bei Kommunalwahlen verändern können. Sie sehen selbst, dass die kommunalen Kompetenzen stark eingeschränkt sind.

Ich höre immer wieder, dass die Schülerinnen und Schüler sagen, sie interessierten sich schon für solche Themen, aber sie wüssten gar nicht, was sie mit ihrer Stimme wirklich verändern könnten. Ich glaube, das ist ein Problem, das man stärker ins Auge fassen sollte. Man sollte also nicht so pauschal sagen, die Jugendlichen hätten kein Interesse an Politik. Das halte ich für völlig falsch.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wenn ich an die Verbesserung der politischen Bildung im schulischen Bereich denke, dann denke ich in erster Linie nicht an den klassischen Politikunterricht, in dem vermittelt wird, wie das politische System in Deutschland oder anderswo funktioniert, sondern ich meine, es wird immer wichtiger, dass Jugendliche in einem immer größer werdenden Abstand zu historischen Geschehnissen in Deutschland die Möglichkeit haben, auch andere Eindrücke außerhalb der Schule zu gewinnen, die vielleicht auch ein wenig die emotionale Kompetenz in diesem Bereich stärken. Es geht darum, dass man erkennen kann, was der emotionale Wert von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist. Es geht auch darum, dass man den Parlamentarismus erleben kann, dass man im Landtag oder im Bundestag ist oder gar auch im Europäischen Parlament. Wir müssen sehen, dass viele junge Menschen auch keinen Bezug mehr zu den Geschehnissen im Dritten Reich haben oder zu den Geschehnissen in der damaligen DDR. Deshalb sollten die Schülerinnen und Schüler durch andere Exkursionen verstehen lernen, was der Wert der

Freiheit wirklich bedeutet, damit sie das auch emotional nachvollziehen können.

(Beifall FDP)

Ich rede nicht so gern aus dem eigenen Schicksal heraus; Einzelschicksale sollten in der politischen Debatte überhaupt keine Rolle spielen. Ich möchte aber eines kurz ansprechen. Auch ich war als Schüler im Europäischen Parlament. Dort hat man einen Austausch mit jungen Menschen aus anderen europäischen Ländern veranstaltet. Das war alles sehr interessant. Ich fand es aber - jetzt aus meiner ganz persönlichen Sicht, vielleicht geht es anderen auch so - deutlich interessanter, die Gedenkstätten der Konzentrationslager zu besuchen oder die Gedenkstätten zur Berliner Mauer. Das hat mich persönlich immer viel mehr geprägt als Parlamentsplanspiele, auch wenn diese sicherlich notwendig sind. Insofern sollte man auch dies nach Möglichkeit ein wenig mehr forcieren.

Die vier Punkte, die die PIRATEN in ihrem Antrag angesprochen haben, sind grundsätzlich richtig, ich glaube aber, sie sind insgesamt noch ein bisschen dünn, und das kann sicherlich noch ein bisschen fundierter herausgearbeitet werden. Insgesamt ist die Initiative gut und sollte weiter beraten werden. Vielleicht sollte man das in dem Bericht der Landesregierung machen, der turnusgemäß vorgelegt wird.

Skeptisch bin ich, ehrlich gesagt, hinsichtlich der Forderung nach mehr politischer Bildung in den Kindertagesstätten. Ich glaube, dass das etwas schwierig ist. Dort sollte die soziale Kompetenz gestärkt werden. Aber politische Bildung im eigentlichen Sinne in Kindertagesstätten in einer parlamentarischen Demokratie zu forcieren, da - das muss ich ganz ehrlich sagen - bin ich doch sehr skeptisch.

(Wortmeldung Sven Krumbeck [PIRATEN])

- Ich lasse die Zwischenfrage gern zu, wenn die Uhr angehalten wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn der Präsi- dent aufmerksam ist!)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Krumbeck?

Ja, immer noch.

(Christopher Vogt)

Bitte schön.

Herr Kollege Vogt, stimmen Sie mir zu, dass Demokratie und Mitbestimmung auch außerhalb von Wahlen und politischen Parteien stattfinden und dass auch das allgemeine gesellschaftliche Miteinander im Kindergarten durch die Grundprinzipien der Demokratie geprägt und gestaltet werden muss?

(Beifall PIRATEN)

Ich habe nicht gesagt, Sie hätten irgendwie gefordert, wir sollten vor Wahlen Podiumsdiskussionen in Kindergärten machen. Das ist mir schon klar. Ich hatte ja gerade gesagt, die soziale Kompetenz muss gestärkt werden.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Aber politische Bildung im eigentlichen Sinne, finde ich, hat in Kindertagesstätten so nichts zu suchen. Darauf hatte ich hingewiesen.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt SPD)

Ich wundere mich darüber, dass Kritik aus der SPD-Fraktion kommt, wenn andere Sozialdemokraten klatschen; aber gut.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, ich weiß ja, wir beide sind diese Woche ganz dicke; das ist doch schön.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Abschließend möchte ich - ich habe nur noch 6 Sekunden Redezeit - auf Folgendes hinweisen. Wir sollten uns wirklich vertieft im Sozialausschuss und im Bildungsausschuss mit dem Thema befassen. Dabei geht es auch um die Frage, wie es mit der Finanzierung der politischen Jugendorganisationen, der Jugendverbände aussieht. Das betrifft vor allem den Landesjugendring und seine Organisationen.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Ich glaube, auch die Vernetzung, gerade mit der Landeszentrale für politische Bildung, ist ein großes Thema. Diese Themen sollten wir eingehend beraten, am besten gemeinsam mit dem Bericht der Landesregierung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, PIRATEN und vereinzelt CDU)

Für die Abgeordneten des SSW hat Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort. - Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem Antrag möchte ich drei Anmerkungen machen. Es geht um ein Lob und zwei Leerstellen des Antrags.