Wie können wir die intellektuellen, sozialen und emotionalen Potenziale unserer Kinder optimal fördern? Wie machen wir aus unseren Schulen Schülerschulen, an denen Schulabsentismus der Vergangenheit angehört? Und wie schaffen wir es, dass die Zahl unserer Risikoschüler nachhaltig reduziert wird?
Das sind die Fragen, auf die wir eine Antwort suchen, und nicht die, die von den wirklich wichtigen Fragen ablenken, ob das Vorschaltgesetz dem Bildungsdialog schadet. Wir werden den Bildungsdialog übrigens übermorgen, am Samstag, mit der zweiten großen Bildungskonferenz fortsetzen. Auch Sie, meine Damen und Herren der Opposition, sind eingeladen. Ich habe mit Freude wahrgenommen, dass auch viele von Ihnen angemeldet sind. Wenn Herr Kubicki seit Neuestem Interesse am Bildungsdialog entdeckt hat, dann darf auch er gern am Samstag kommen. Wir freuen uns.
Es wäre schön, wenn es uns dann im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler gelingt, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten. - Ich bedanke mich für Ihre partielle Aufmerksamkeit.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/ 543, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW angenommen.
Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/200, in der vom Ausschuss empfohlenen und soeben geänderten Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der anderen Fraktionen angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion, die PIRATEN, hat der Herr Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Sven Krumbeck - so weit sind wir noch nicht
Hoffentlich nicht! - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wahlen allein machen noch keine Demokratie - dieser prägnante Satz stammt von Barack Obama, und eigentlich ist damit - wie immer - alles gesagt. Wer Demokratie will, muss viel dafür tun. Es reicht nicht, Menschen vor eine Wahl zu stellen. Sie müssen wissen, welche Möglichkeiten damit verbunden sind. Sie müssen das Rüstzeug dafür erhalten, als Bürger eine politische Entscheidung zu treffen.
Fast ist es, als wäre der amerikanische Präsident bei der Anhörung zur Senkung des Wahlalters auf 16 in Schleswig-Holstein dabei gewesen. Wahlen machen noch keine Demokratie - das war auch hier das Ergebnis des breit angelegten Austausches, an dessen Ende vor allen Dingen die Aufforderung der Jugendvereine und -verbände stand, sie in die Möglichkeit zu versetzen, politische Jugendbildung in diesem Land voranzutreiben. Genau das wollen wir mit diesem Antrag aufnehmen. Politische Bildung soll Heranwachsende dabei unterstützen, ihren eigenen gesellschaftlichen Standpunkt zu kennen und zu reflektieren. Das ist der erste entscheidende Schritt, um am politischen und gesellschaftlichen Leben aktiv teilhaben zu können.
Junge Menschen bereits ab 16 in diese Prozesse einzubeziehen, stößt in diesem Haus auf einen breiten Konsens. Das zeigt die Debatte um die Senkung des Wahlalters. Aber politische Bildung beginnt viel früher. Sie beginnt eigentlich sofort im häuslichen Umfeld. Eltern sind Vorbilder. Sie beginnt vor allem auch in Kindergärten. Ich weiß, dass dies ein Dollpunkt bei einigen von Ihnen ist, dass sich manche schwer darauf einlassen können. Aber es gibt diese politische Bildung bereits. Im Kern geht es in der Kindergartenarbeit vor allem um das Prinzip der Demokratisierung, die in erster Linie über das zentrale Prinzip der Selbstbestimmung zu erreichen ist. Es geht um ein soziales
Miteinander, um die Wahrnehmung der eigenen Person in der Mitte einer Gesellschaft, ausgestattet mit Rechten und Pflichten.
Wir in Schleswig-Holstein sind da schon sehr weit, so weit, dass man sich sogar in Japan Anregungen für die politische Bildung im Kindergarten aus Schleswig-Holstein geholt hat. Die Fachhochschule Kiel hat hierzu einen umfangreichen Erfahrungsschatz. Die zentrale Frage ist hier: Was dürfen Kindergartenkinder allein oder gemeinsam mit anderen in Kindergärten entscheiden? Wie werden sie begleitet? Wie macht man das? Da sind wir schon gut, und da sollten wir noch besser werden.
Das Gleiche gilt auch für den Schulalltag. Wir wollen politische Bildung in Schule und im außerschulischen Bereich. Es gibt schon genug gute Beispiele, aber wir wollen, dass man hier nicht zufällig in den Genuss guter Konzepte kommt, sondern dass dies möglichst alle Schülerinnen und Schüler erreicht.
Wir wollen damit erreichen, dass alle, unabhängig von ihrem Wohnort, losgelöst von ihrer Herkunft, Zugang zu politischer Bildung haben. Darum möchten wir erreichen, dass in den Lehrplänen und Bildungsstandards politische Bildung als unverzichtbares Element obligatorisch verankert wird.
Auch dazu gibt es in den Regionen schon vorbildliche Aktionen und Projekte, die auf andere Orte übertragen werden können, wenn alle mitmachen würden. Ausdrücklich haben wir daher gefordert, dass Erfahrung, Kenntnisse und Konzepte der Landeszentrale für politische Bildung und weiterer Träger in die politische Bildung sowie in die lokalen Bündnisse für Akteure in diesen Prozess einzubeziehen sind.
Dabei ist uns klar, dass vor allem die außerschulische Jugendarbeit in Hinblick auf ihren politischen Bildungsauftrag zu stärken ist. Da sperrt sich niemand. Das wollen wir gern machen, allerdings benötigen wir dafür die entsprechenden Ressourcen.
In mehreren Gesprächen haben wir ermittelt, was dazu zurzeit nötig wäre, und entsprechende Anträge im Zuge der Haushaltsberatung gestellt. Da wollte uns niemand folgen. Das ist schade; denn das wäre eine sehr konkrete Hilfe gewesen für einen Bereich, in dem es keinen Dissens geben kann.
Ich hätte mir an dieser Stelle tatsächlich eine fraktionsübergreifende Selbstverpflichtung gewünscht, eine Verpflichtung, die an geeigneter Stelle in den Kinder- und Jugendaktionsplan der Landesregierung Aufnahme finden könnte.
Die Ergebnisse der Anhörungen im Landtag zum Thema Wahlalter 16 hatte ich genannt. Eine Kleine Anfrage zum Thema Jugendbeiräte in den Gemeinden hat ergeben, dass die Landesregierung überhaupt keinen blassen Schimmer davon hat, was zum Bereich der Jugendbeteiligung in den Kommunen so läuft. Antworten konnten nicht gegeben werden mit dem Hinweis, dass dies Sache der Gemeinden sei.
Das mag formal richtig sein, aber wenn ich mich als Land hinstelle und stolz darauf bin, dass wir eine entsprechende Gemeindeordnung haben, dann sollte ich auch verfolgen, was damit geschieht, dann sollte ich auch Interesse daran haben. Das geht gar nicht anders.
Mit der politischen Bildung ist es doch ähnlich. Alle hier im Haus werden darauf verweisen, dass uns die politische Kultur in diesem Land verpflichtet, Kinder und Jugendliche in ihrer jeweiligen Lebensphase ernst zu nehmen und ihnen Teilhabe und Mitbestimmung zu ermöglichen. Was dazu allerdings konkret läuft - dessen bin ich sicher -, ist wieder nicht unmittelbare Sache der Regierung. Das müssen andere machen. Die müssen wir dabei unterstützen, die müssen wir in die Lage versetzen, ja, vielleicht müssen wir sie auch verpflichten. Das soll dieser Antrag leisten.
Dass die Koalition Mitte des Jahres einen Kinderund Jugendaktionsplan vorlegen will, finden wir gut. Dass die politische Jugendbildung Berücksichtigung findet, hoffen wir auch durch diese Initiative. Da ist viel Konkretes drin, daraus kann man viel Konkretes machen. Man muss es nur tun und darf sich nicht nur auf Sonntagsreden verlassen.
Das meinte auch schon Clement Attlee vor Jahrzehnten, als er sagte: Die Demokratie ist eine Regierungsform, die freie Diskussion voraussetzt, doch ist dies nur erreichbar, wenn die Leute aufhören zu quatschen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politische Jugendbildung ist richtig und wichtig. Daher an dieser Stelle vielen Dank an die PIRATEN, dass Sie mit diesem Antrag das Thema einmal in den Mittelpunkt rücken. Eines vorweg: Mit vielen Aussagen in Ihrem Antrag stimmen wir überein.