Protocol of the Session on January 25, 2013

Das darf aber nicht dazu führen, dass es eine Umschichtung der Mittel von der zweiten Säule in die erste Säule zur Finanzierung der Greening-Maßnahmen gibt. Damit wäre uns nicht geholfen. Der SSW hat immer wieder die Bedeutung der zweiten Säule hervorgehoben. Schleswig-Holstein ist ein Flächenland, und wenn wir den ländlichen Raum weiterentwickeln und die Lebensqualität dort verbessern wollen, dann darf es keine Umschichtung geben.

Eine Umschichtung schwächt den ländlichen Raum, sie stärkt aber nicht die Landwirtschaft.

(Beifall SSW und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Die ökologischere Ausrichtung der Landwirtschaft erfordert die genannten Änderungen der Förderkulisse. Dass solche Änderungen nicht von allen so gewollt sind, ist nachvollziehbar, daher wird um die Ausgestaltung der Förderkulisse heftig gerungen.

Wir müssen uns jedoch immer wieder vor Augen führen, dass es um die Verteilung von Steuergeldern geht. Es sind Steuergelder, die dafür eingesetzt werden. Ein Status quo kann und darf es bei der Aufstellung der Förderkulisse deshalb nicht mehr geben. So ist auch unser Antrag zu verstehen. Wenn wir Steuergelder aufwenden, wollen wir eben auch die Bedingungen stellen, unter denen diese Steuergelder ausgegeben werden. Es geht nicht mehr darum, reine Subventionspolitik zu betreiben, sondern es geht eben auch gerade darum, gesellschaftliche Ziele umzusetzen.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Deshalb ein letzter Satz: Letztlich muss Schluss sein mit der reinen Subventionierung der Landwirtschaft. Wir brauchen eine Förderkulisse, unter der sich die Landwirtschaft dann eben auch qualitativ weiterentwickeln kann und die dazu die Gewähr gibt, dass gesellschaftliche Ziele mit diesen Steuergeldern umgesetzt werden. Dies spiegelt sich in unserem Antrag wider. Deshalb glaube ich auch, dass es ein guter Weg ist, diesen Antrag heute zu beschließen und dann zu versuchen, auf europäischer Ebene Dinge in unserem Sinne zu verändern. Wie der Kollege Voß gerade schon sagte: Im EU-Agrarund Umweltausschuss sind gestern andere oder abweichende Entscheidungen getroffen worden, die wir noch beeinflussen müssen. Deswegen ist es wichtig, dass wir mit diesem Antrag relativ schnell herauskommen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Heiner Rickers das Wort.

(Zuruf)

(Lars Harms)

Nicht zu viel Lob, ich muss noch einmal gegenhalten. Herr Voß, ich habe vor Ihnen geredet. Ich weiß, dass Sie aus der Bewegung AKW kommen. Die AKW werden nun geschlossen. Das ist auch CDU-Politik.

(Lachen Martin Habersaat [SPD])

Frau Beer, Sie waren lange Jahre Bundesvorsitzende der Grünen. Jetzt kommt gleich die erste Rede unseres Ministers zur Gemeinsamen Agrarpolitik. Das ist jetzt der ökologische Aufschlag, wie wir von der CDU ihn eigentlich erwarten. Dann kommt so ein bisschen Geplänkel. Wir könnten den gemeinsamen Antrag auch gemeinsam gestellt haben. Im Grunde genommen ist das eher Linie der SPD und nicht der Grünen. Dabei müssten Sie als Verfechter der bäuerlichen Landwirtschaft heute Ökolandbau überall propagieren, und auch Sie, Frau Beer. Entweder ist der Erkenntniszuwachs bei Ihnen so groß geworden - das würde mich freuen -, dann können wir gemeinsam weitermachen,

(Vereinzelter Beifall CDU)

oder es kommt jetzt der Minister mit einem Riesenaufschlag, und wir werden eines Besseren belehrt. Herzlichen Dank.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Jetzt hat für die Landesregierung der Minister für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume, Herr Dr. Robert Habeck, das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rickers, Sie können wählen, ob Sie Haken oder Schwinger wollen. Eigentlich wollte ich mich aber für die doch besonnene Rede bedanken, die wir aus Ihren Kreisen so lange nicht gehört haben.

(Zuruf)

- So ist es. Ich habe von der CDU auf der Grünen Woche durchaus andere Reden gehört. Dagegen war das jetzt wirklich ein halber Schritt voran. Dafür bedanke ich mich.

Worüber reden wir überhaupt? - Wie immer bei der EU versteht man nicht genau, was eigentlich Sache ist. Viele Abkürzungen, viele komische Ausschussnamen und viele Prozentzahlen sind genannt

worden. Wir reden über zwei Dinge: über einen Haufen Geld und darüber, wie wir ihn richtig verwenden.

Wir reden über die Frage: Erkennen wir, dass es eine gesellschaftliche Entwicklung gibt, die wir befördern und tragen können oder gegen die wir uns stellen können? Das Beispiel wurde von Herrn Rickers genannt, nämlich die Entkoppelung. Das derzeitige Fördersystem funktioniert so, dass man die Gelder, die die EU ausschüttet, nicht mehr für die landwirtschaftlich bearbeitete Fläche bekommt, sondern für die gesamte Fläche. Das ist - jetzt gerade von Herrn Rickers hoch gelobt - vor sieben Jahren vom Bauernverband und von der CDU bis aufs Blut bekämpft worden.

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Jetzt wird es als Status quo verteidigt. Wir müssen heute feststellen, dass das, was damals als Fortschritt erkämpft wurde, heute nicht genügt; denn die Zahlen sind genannt worden, es ist ein Haufen Geld, 5,5 Milliarden € werden jährlich bundesweit als Direktzahlungen für die Landwirtschaft ausgeschüttet - 340 Millionen € für Schleswig-Holstein werden nicht so eingesetzt, dass wir mit diesem Haufen Geld die Probleme im ländlichen Raum lösen können. Man muss sich klarmachen, dass das alles Steuergeld ist und die Haushalte, wie wir alle wissen, im Minus sind, es ist also alles in weiten Teilen schuldenfinanziertes und steuerfinanziertes Geld.

Wir reden von besserem Gewässerschutz, wir reden von den Knickschutzmaßnahmen, wir reden von Biotopschwund, wir reden von Artenschwund. Wir müssen versuchen, Maßnahmen durchzuführen oder durch Ordnungsrecht zu regulieren oder durch weitere EU-Gelder - auch die steuerfinanziert und häufig schuldenfinanziert - zu lindern.

Das heißt, wir geben in der ersten Säule Gelder aus, die uns zwingen, politisch immer noch aktiv zu werden oder in der zweiten Säule noch einmal Gelder auszugeben, um das, was wir mit dem Hintern in der ersten Säule eingerissen haben, dann mit den Händen in der zweiten Säule aufzubauen. Das kann nicht richtig sein. Das Greening ist die Antwort auf das Problem, einen systematischen, logischen Widerspruch weiter aufzulösen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Es setzt im Grunde das fort, was vor sieben Jahren mit der Entkoppelung begonnen wurde, was heute

aber immer noch nicht hinreichend ist. Deswegen sind die 7 % als Zahl genannt worden. Die beschreiben die weitere Entwicklung. Das, was Kollege Bernd Voß gesagt hat, dass Frau Aigner heute damit zitiert wird, dass sie nur 3,5 % Greening will, also noch einmal hinter die Kompromissvorschläge des Ausschusses, die schon eine Verwässerung darstellen, zurückfällt, heißt, dass sie kein Greening will. 3,5 % ist der Status quo. Dann kann man es auch gleich sein lassen und sagen: Dann machen wir eben weiter wie bisher. Das ist reine Augenwischerei.

Deswegen muss man klar und deutlich in Richtung von Frau Aigner sagen: Wir haben mit den Länderkollegen aus der CDU auf der Agrarministerkonferenz andere Beschlüsse gefasst. Auch der Bundesrat hat sich anders positioniert, und die Bundesregierung tut gut daran, dem föderalen Prinzip zu folgen und dem weisen Ratschlag ihrer Länderkollegen zu folgen, das heißt, sich wirklich für ein richtiges und starkes Greening einzusetzen, weil sie sonst - das ist der zweite Punkt, über den wir reden müssen die Akzeptanz der Direktzahlungen insgesamt gefährdet. Es ist bei der gesellschaftlichen Debatte, die wir haben, schlicht kaum vorstellbar, dass bei einer Kürzung des europäischen Budgets die erste Säule - die Direktzahlungen an die Landwirtschaft so weiter bestehen bleibt, wenn es keine ökologische Komponente in diesen Direktzahlungen gibt.

Da kann man noch etwas schauen, wie man es verrechnet oder nicht verrechnet, aber dass dieser Weg eingehalten werden soll, ist die Bedingung dafür, dass die Landwirtschaft überhaupt weiter Geld bekommt, sonst wird die Zustimmung dafür schwinden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Deswegen - das wird sie alle interessieren - ist der Regelungsmechanismus so entscheidend. Würde bei der ersten Säule gekürzt werden, würden die Greening-Maßnahmen herausfallen. Müssten die Greening-Maßnahmen, die drinbleiben, durch Gelder aus der zweiten Säule, also durch Agrarumweltmaßnahmen, kompensiert werden, würde eine Umschichtung von der zweiten Säule in die erste Säule möglich werden, wie es jetzt gefordert wird. Im Moment können wir von der ersten in die zweite Säule umschichten, die sogenannte Modulation. Wenn das aber sozusagen umgedreht wird und eine Umschichtung von der zweiten Säule in die erste möglich ist, dann können wir uns entscheiden: Wollen wir das, was notwendig ist - Gewässer

schutz, Artenschutz, Biotopschutz -, sein lassen, oder wollen wir es per Ordnungsrecht durchführen?

Mit diesem Beschluss, mit dieser Haltung treibt Frau Aigner Minister wie mich dazu, Politik, wie ich sie will, durch Ordnungsrecht umzusetzen. Dann gibt es eben keine Entschädigung mehr, dann gibt es nur noch Verbote, denn dass wir das Grundwasser, die Gewässer und die Biotope draufgehen lassen, kann ja wohl keiner ernsthaft wollen. Oder wir zahlen sie - gezwungen durch die EU - in einem unlogischen System, nachdem wir erst den Flächenverbrauch befördern und dann versuchen, die Auswirkungen durch weitere Gelder zu heilen.

Meine Damen und Herren, dann bleibt bei den Debatten, die wir führen, kein Geld mehr für das, was Sie im ländlichen Raum eigentlich wollen: Wegebau, Breitbandausbau, LEADER. Das ist die Konsequenz der Politik, wenn man das Greening ablehnt, der ländliche Raum geht vor die Hunde. Deswegen verstehe ich einfach nicht, wie eine Bundesagrarministerin, die sich doch eigentlich dem ländlichen Raum, der gefühlten Domäne der CDU, verpflichtet fühlt, eine so falsche und unlogische Politik machen kann.

(Anhaltender Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Beifall PIRA- TEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage vor, abweichend von § 75 der Geschäftsordnung den vorliegenden Änderungsantrag zu einem selbstständigen Antrag zu erklären. Widerspruch sehe ich nicht.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 18/471, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gegenprobe! - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und alle Mitglieder der Piratenfraktion.

Wir kommen jetzt zum Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/438. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP mit den Stimmen aller anderen Abgeordneten angenommen.

(Minister Dr. Robert Habeck)

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 19:

Vereinbarung zur Finanzierung des Krippenausbaus

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/437

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit Nummer 1 des Antrags wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Dann ist das einstimmig so gewollt. Damit erteile ich das Wort für die Landesregierung der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Frau Kristin Alheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren verbleibenden Abgeordneten! Es sind jetzt ja doch viele hinausgegangen. Hinter uns liegt eine Zeit, in der zu viel Energie mit wenig produktivem Streit verbraucht wurde und zu wenig Energie in die Forcierung des Krippenausbaus geflossen ist.

(Zuruf)

- Ja, Krippe und Grippe. Wir hatten das schon einmal. Ich bin auch die Grippeministerin, aber ich bin auch die Krippenministerin.