Protocol of the Session on December 14, 2012

Für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass allein schon diese Debatte, die wir hier heute führen, der besonderen Aufgabenstellung des Landesrechnungshofs und seiner Bedeutung nicht nur nicht gerecht wird, sondern eher schädlich für sie ist. Ich sage das einmal ganz vorsichtig.

Lassen Sie mich einen Punkt dokumentieren, Herr Dr. Breyer. Bevor ich hier ans Rednerpult gegangen bin, habe ich den Präsidenten des Landesrechnungshofs, der anwesend ist, gefragt, ob er denn wünscht, dass es ein generelles Rederecht für den Landesrechnungshof gibt. Er sagte mir: Nein.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Generel- les!)

- Das beantragen Sie doch gerade.

(Zurufe)

(Dr. Ralf Stegner)

Er hat mir gegenüber erklärt, worüber man allenfalls nachdenken könnte, wäre, dass er eine Einführungsrede zur Vorstellung des Berichts hält. Da wir diesen Bericht hier aber noch nie diskutiert haben, müssten sie jetzt erst einmal vorschreiben, dass wir generell als Landtag verpflichtet sind, die Bemerkungen des Rechnungshofs hier im Plenum zu diskutieren. Das wäre die erste Voraussetzung. Wenn wir das nämlich nicht machen, gibt es auch keine Einbringungsrede für die Bemerkungen des Rechnungshofs. Das leuchtet vielleicht ein. Sie müssten also zunächst einmal vorschreiben, der Bericht ist im Plenum zu diskutieren. Das haben wir bisher nicht getan.

Das hat auch gute Gründe. Wenn Sie ein bisschen länger im Parlament sein werden, werden Sie verstehen, dass das der Finanzausschuss mit seinem Unterausschuss Haushaltsprüfung macht. Die Bemerkungen des Rechnungshofs werden dort zum Gegenstand einer sehr intensiven Erörterung gemacht, im Ausschuss, mit allen Häusern, mit allem Für und Wider, und in aller Regel - aber nicht ausschließlich - schließt sich der Haushaltsausschuss in seinen Bemerkungen, seinen Voten fürs Plenum, die dann hier verabschiedet werden, den Vorstellungen des Landesrechnungshofs an. Das ist in aller Regel so, aber nicht immer, weil sich auch in den Beratungen herausstellen kann, dass nicht alles, was der Rechnungshof aufgeschrieben hat, nun wirklich im Endergebnis so bleiben muss, wie es bei den Prüfungen war. Das ist übrigens das Ergebnis einer jeden Prüfung, dass man ein Prüfungsergebnis zunächst diskutiert und zum Ende dazu kommt, dass möglicherweise Prüfungsfeststellungen - nicht immer, aber jedenfalls gelegentlich - mit der Wirklichkeit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind oder sich auch aufklären lassen, sodass es dann andere Voten geben kann.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, Herr Präsident, sofort. - Das ist auch der Sinn eines geordneten parlamentarischen Verfahrens. Was Sie momentan hier machen wollen, ist nichts anderes, als aus Verzweiflung - weil Ihnen sonst nichts einfällt - ein bisschen öffentlichen Klamauk zu machen, in der Annahme - weil die Menschen die Schuldenkrise beseitigt wissen wollen, weil die Menschen wollen, dass es einen ausgeglichenen Haushalt gibt - damit positiv zu punkten, den Rech

nungshof für Ihre Interessen zu instrumentalisieren. Das lehnen wir schlicht und ergreifend ab.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und SSW)

Herr Abgeordneter Schmidt, Sie haben das Wort.

Sie haben auf den Bericht des Landesrechnungshofs Bezug genommen und gesagt, dass der im Unterausschuss in einer nicht öffentlichen Sitzung diskutiert wird. Die Frage ist, ob wir diesen Bericht nicht prominenter hier im Plenum diskutieren sollten, um diesen Anmerkungen auch mehr Beachtung zu schenken? Wir diskutieren in nicht öffentlicher Sitzung darüber, verabschieden dann Voten, und die werden dann hier abgestimmt. Aber eine Debatte darüber wäre schon interessant.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Zunächst einmal ist die Einführung zu dieser Frage schon falsch. Es ist unzutreffend, dass sie in nicht öffentlicher Sitzung diskutiert werden, sie werden in öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses diskutiert. Bei der Abstimmung von Voten oder bei der Überprüfung von Feststellungen, wo es darauf ankommt, auch Interna zu offenbaren, die das Regierungshandeln betreffen - die Regierung hat ein Recht darauf, das zu verweigern -, oder wo schützenswerte Daten Dritter zu besorgen sind, wird selbstverständlich - das schreiben auch unsere Geschäftsordnung und unsere Geheimschutzordnung vor - in nicht öffentlicher Sitzung darüber befunden.

Das ist etwas, was Sie vielleicht auch noch lernen müssen, dass nicht alles, von dem Sie glauben, dass es transparent sein müsste, auch transparent sein sollte. Vielleicht arbeiten Sie daran auch noch einmal ein bisschen in Ihren eigenen Reihen, an Ihrer eigenen Transparenz, die auch zu wünschen übrig lässt.

(Beifall FDP und Lars Harms [SSW] - Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Wir können ja eine Bestellung aufnehmen!)

- Ja, die Bestellung lautet: Wenn ich höre, dass Sie sich weigern anzugeben, wie alt Sie sind und wo Sie wohnen, finde ich das auch schon ziemlich komisch. - Aber sei es drum.

(Zuruf PIRATEN)

(Wolfgang Kubicki)

- Ich wohne beispielsweise in Strande, Arp-Schnitger-Weg 3; ich bin 60 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder. Was wollen Sie noch wissen? Und ich zahle mit Sicherheit mehr Steuern als Sie, Herr Dr. Breyer. Vielleicht reicht Ihnen das jetzt auch.

(Heiterkeit)

Bei aller Wertschätzung, die wir für Neuankömmlinge in diesem Landtag haben: Der Welpenschutz ist vorbei. Ich bin dagegen, dass wir diesen Antrag in den Ausschuss überweisen, nur um den PIRATEN nicht wehzutun. Wir sollten hier ein klares Signal setzen, dass es auch Stoppschilder gibt. Deshalb bin ich dafür, dass wir in der Sache abstimmen und den Antrag ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU, SPD, vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer der Ausschussüberweisung in den Innen- und Rechtsausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist mit fünf Stimmen der PIRATEN und gegen den Rest des Parlaments abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer der Vorlage in der Drucksache 18/384 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind fünf Stimmen für diesen Antrag. - Wer ist gegen diesen Antrag? Gibt es Enthaltungen? - Nein. Dann ist dieser Antrag mit fünf Stimmen der PIRATEN gegen die Stimmen der anderen Mitglieder des Hauses abgelehnt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Europäisches Jahr für Bürgerinnen und Bürger 2013

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/358 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Regina Poersch für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt etwas zu feiern.

(Beifall Peter Eichstädt [SPD])

Es gibt etwas zu feiern, und das in Europa. Wenn das keine gute Nachricht ist! Es gibt etwas zu feiern, ein ganzes Jahr lang, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2013. Das ist das Europäische Jahr für Bürgerinnen und Bürger.

Nun sind Europäische Jahre nicht neu. Chancengleichheit, Kreativität, Innovation, Freiwilligentätigkeit, aktives Altern, Generationensolidarität und die Bekämpfung von Armut - all das war schon Gegenstand eines Europäischen Jahres. Dennoch ist das Europäische Jahr 2013 etwas Besonderes, denn es rückt diejenigen in den Mittelpunkt, die Europa ganz einfach sind, nämlich die rund 500 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der EU.

Das Europäische Jahr für Bürgerinnen und Bürger ruft in Erinnerung, was in Zeiten von Wirtschaftsund Währungskrise nur allzu schnell in Vergessenheit gerät, nämlich dass wir alle es sind, die mitbauen müssen an der Zukunft Europas. Wir sind es, die beim modernen, demokratischen, solidarischen und sozialen Europa mittun müssen, jede und jeder einzelne von uns hier drin, aber auch im ganzen Land.

Damit möchte ich nicht der zweifellos größten Krise Europas ausweichen, hervorgerufen durch unersättliche Finanzmärkte und zu hoch verschuldeten Mitgliedstaaten. Aber richten wir den Blick doch wieder einmal auf das, was in gut 60 Jahren Europäischer Union Gutes für uns Bürgerinnen und Bürger entstanden ist. Das geht los mit Freizügigkeit und Reisefreiheit, mit einer gemeinsamen Währung. Es geht weiter mit den Chancen, die ein europäischer Arbeitsmarkt jugendlichen Arbeitslosen genauso bietet wie der Fachkräfte suchenden deutschen Wirtschaft. Schließlich ist da auch noch das mittlerweile mehr als 60 Jahre lang andauernde friedliche Zusammenleben und Zusammenwachsen von Staaten des europäischen Kontinents, die sich vor gerade einmal einer Generation noch bekriegten. Dafür gab es vor wenigen Tagen keine geringere Auszeichnung als den Friedensnobelpreis.

Nun sind - darauf hat die Europaministerin gestern in ihrer Regierungserklärung hingewiesen - die Menschen zunehmend skeptisch bis ablehnend. Ihnen ist all das Gute nicht mehr bewusst. Es ist durchaus nicht auszuschließen, dass das - so will ich es einmal sagen - an der nicht immer stringen

(Wolfgang Kubicki)

ten und auf den ersten Blick durchschaubaren Funktionsweise der EU liegt. Wenn Europa nicht nur Gipfeltreffen von Regierungen sein soll, dann sollten wir Bürgerinnen und Bürger ein paar Punkte klären. Was macht denn unsere europäische Kultur aus? Was sind unsere gemeinsamen Werte? Was eint uns, und worin unterscheiden sich unsere Lebensstile? Warum ist die Idee eines geeinten Europas heute noch so modern und keineswegs von gestern? Und auch die Frage: Kann und sollte auch Europa mehr Demokratie wagen? Das sollte uns beschäftigen. Nicht zuletzt sollten wir uns fragen, was wir denen entgegenzusetzen haben, die im Angesicht der Währungs- und Wirtschaftskrise zurück wollen in Kleinstaaterei und Nationalismus, als wäre nationales Klein-Klein die Antwort auf außer Rand und Band geratene Finanzmärkte. Nein, in diesen Zeiten steht man besser geschlossen zusammen. Der berühmte Satz heißt deshalb: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa.

Für all diejenigen, die der Mut jetzt verlässt, wenn der Wind von vorn kommt, müssen wir gemeinsam Überzeugungsarbeit leisten. Das geht mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit, das geht mit europapolitischen Bildungsinhalten an unseren Schulen, allen voran in unseren 31 Europaschulen im Land. Dazu gehört auch, dass die Europäischen Kommission aktuell die Europawoche 2013 unter das Motto „Für Bürgerinnen und Bürger“ gestellt hat.

Meine Damen und Herren, unser heutiger Antrag soll den europäischen Integrationsprozess nach Schleswig-Holstein bringen. Wir müssen die Arbeit nicht ganz allein machen. Wir haben tolle Verbündete im ganzen Land: Die Europa-Union, die Europäische Bewegung, die Jungen Europäischen Föderalisten und andere mehr.

Dass wir heute einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen hinbekommen, ist ein sehr schönes Zeichen - allzumal nach der gestrigen Debatte.

(Beifall PIRATEN und SSW)

Ich bin mir sicher, dass wir ein gemeinsames Ziel haben, das uns verbindet, dass wir im kommenden Jahr manch spannendes Projekt und manch interessante Veranstaltungen haben werden. Die SPDLandtagsfraktion wird ihren Beitrag dazu leisten. Der Landtag kann und muss einen eigenen Beitrag dazu leisten. Darüber hinaus - in wenigen Tagen ist es soweit; es bleibt nicht mehr viel Zeit zur Vorbereitung - hat jeder und jede von uns 365 Tage Zeit, im Europäischen Jahr für Bürgerinnen und Bürger mitzutun. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Peter Lehnert das Wort.

Ich weise darauf hin, dass wir heute durchtagen werden. Wenn Sie also etwas zu sich nehmen wollen, müssen Sie selber entscheiden, wann Sie das tun; wir werden keine Pause einlegen.