Protocol of the Session on December 14, 2012

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich auch!)

Wir legen heute den Grundstein für die Pflegekammer.

- Sehr geehrter Herr Kollege Kubicki, auch in Ihrem Wahlkreis besteht eine Versorgungslücke; sie sind herzlich eingeladen, sich an der Debatte zu beteiligen und zu sagen, welches Ihre Vorschläge sind, wie Sie diese Versorgungslücke schließen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir wollen heute dafür sorgen, dass SchleswigHolstein das erste Bundesland mit einer Pflegekammer wird. Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr noch diesen Schritt gehen.

Ich freue mich, dass der Antrag der CDU gleich mitberaten werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie springen in die richtige Richtung, das freut mich sehr. Ihr Antrag springt aber leider ein bisschen zu kurz. Auch beim Pflegestudium haben wir andere Vorstellungen. Diese würden wir mit Ihnen gern weiter im Ausschuss beraten. Es ist richtig, dass wir beim Pflegestudium in Schleswig-Hol

stein weiterkommen wollen. Bei allen anderen Anträgen, insbesondere zur Pflegekammer, bitte ich um Abstimmung in der Sache. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Das Wort für die FDPFraktion erteile ich der Frau Kollegin Anita Klahn. - Die Reihenfolge haben wir so festgelegt, weil die ersten Lesungen sozusagen ohne Aussprache stattfanden. Deshalb wollten wir Ihnen die Gelegenheit geben, als Erste für Ihren Antrag zu sprechen.

Manchmal ist man auch Erster. Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich gern auf den Antrag der Koalition eingehen. Wir hatten diese Diskussion schon, und über viele Punkte besteht auch Einigkeit, wie die Zusammenführung der Ausbildung oder die Förderung des dritten Ausbildungsjahres bei Umschulungsmaßnahmen. Hier setzen Sie freundlicherweise die Politik der alten Landesregierung fort.

Offene Fragen hatte die Opposition jedoch bei den Themen Ausbildungsumlage und Pflegekammer. Deswegen hatten wir zu diesem Tagesordnungspunkt eine Anhörung beantragt. Obwohl Sie sonst immer groß für Dialog stehen, haben Sie diese leider einfach abgeschmettert. Es war übrigens die zweite in einer Woche, da Sie kurz zuvor auch schon eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu dem GVFK-Mitteln abgelehnt hatten. Berechtigte Informationswünsche der Opposition werden anscheinend neuerdings einfach mit den Füßen getreten. Es ist die Frage, ob das jetzt Ihr viel gepriesener Dialog wird.

Auch konnten Sie im Ausschuss keine Antworten auf die Frage der Ausgestaltung der Ausbildungsumlage geben. Ich habe die Befürchtung, dass Sie in eine falsche Richtung zielen, da Sie nicht das eigentliche Problem der Finanzierung der Schulplätze aufgreifen. Eine Anhörung hätte auch an dieser Stelle sicherlich Informationsgewinn bedeutet.

(Beifall FDP)

Ähnliches gilt für die Pflegekammer. Hier gibt es massive Bedenken. Die Frage, ob eine Pflegekammer, die in sie gesteckten Erwartungen überhaupt erfüllen kann, wird nicht mehr gestellt. Eine Pflegekammer würde weitere zusätzliche Kosten, zusätz

(Dr. Marret Bohn)

liche Bürokratie, Zwangsmitgliedschaften und Zwangsmitgliedsbeiträge sowie eine weitere Einschränkung der Flexibilität bedeuten. Die Einführung einer „Zwangsverkammerung“ verstößt gegen die negative Koalitionsfreiheit des Grundgesetzes und ist damit verfassungswidrig. All das hätten wir gern im Ausschuss mit Ihnen diskutiert und geklärt.

Ich bin daher sehr gespannt auf die Umsetzung durch die Landesregierung. Auch bin ich gespannt auf die Antwort der Landesregierung auf unsere Nachfrage zum Haushalt, wie dieses ganze Vorhaben finanziert wird, insbesondere auch die Personalstellen, die dazu gehören.

Meine Damen und Herren, zum Antrag der Union zum Pflegestudium. Grundsätzlich stehen wir dem Antrag beziehungsweise dem Thema Pflegestudium sehr offen gegenüber. Inzwischen ist es um einen weiteren Antrag zum Thema Pflegewissenschaften ergänzt worden. Auch für dieses Thema stehen wir zur Verfügung. Ich möchte aber einen Punkt im Vorwege klarstellen. Eine Akademisierung der Pflege in dem Sinne, dass man nur noch mit Abitur oder Fachhochschulreife Zugang zu den Pflegeberufen findet, möchten wir nicht.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Liebe Frau Pauls, es ist in der EU im Gespräch, und ich kenne sehr wohl den Unterschied, den Sie mit den Anträgen zum Pflegestudium und zu dem Thema Pflegewissenschaften deutlich machen. Ich habe Ihnen auch im Vorwege gesagt, wir stehen dafür zur Verfügung. An dieser Stelle werden wir den beiden Anträgen, die es inzwischen gibt, zustimmen. Nichtsdestotrotz erlauben Sie mir ganz einfach diese mahnenden Worte zu den Pflegekräften, die in der aktiven Arbeit täglich gebraucht werden, an Sie richten zu dürfen. Ich finde es daher richtig, dass der Bundesgesundheitsminister Bahr den Plänen in Brüssel eine klare Absage erteilt. Der Zugang zum Pflegeberuf darf nicht unnötig erschwert werden.

In gebotener Kürze möchte ich stattdessen kurz unsere Vorstellungen skizzieren. Es muss eine grundlegende Ausbildungsreform geben: Zusammenführung von Krankenpflege, Altenpflege zu einem grundständigen Ausbildungsgang, auf dem dann verschiedene Module zur Spezialisierung draufgesattelt werden können. Der Zugang muss offen sein. Über Qualifikations- und Weiterbildungsangebote, modular und durchlässig, muss dann für jeden die Möglichkeit bestehen, sich weiterzuqualifizieren, und dann kann gern oder besser gesagt sehr gern an der Spitze auch der Studienabschluss stehen.

Gut ausgebildete Pflegekräfte für ein ordentliches Pflegequalitätsmanagement oder Pflegesystemmanagement ergeben Sinn. Aber noch einmal: Wichtig ist für uns der niedrigschwellige Zugang zur Ausbildung und ein vielfältiges Angebot zur Weiterqualifikation.

Am Ende muss jedoch die andere Frage gestellt werden: Wie soll es bezahlt werden? Hier erwarten wir von Union und auch von der Landesregierung, im weiteren Prozess dann die Antworten dazu zu liefern. Auch mögliche hochschulrechtliche Fragen, die bei der Einrichtung neuer Studiengänge anfallen, müssen geklärt werden.

Zum Abschluss noch ein Wort zu den spanischen Pflegefachkräften. Es ist natürlich sehr erfreulich, dass die Landesregierung auf den öffentlichen Druck hin nachgesteuert hat und eine Lösung zusammen mit Niedersachsen gefunden wurde. Gleichwohl würde es dem Landtag gut zu Gesicht stehen, wenn er durch die Annahme des Antrags seinen politischen Willen in dieser Frage dokumentiert und klar festhält, dass ausländische Pflegekräfte für die Berufsausbildung angemessene Sprachkenntnisse vorweisen müssen und diese auch berufsbegleitend vorweisen und erwerben können. Das ist dann mehr als die Aufforderung an die Landesregierung in Ihrem Antrag. Ich bitte darum nochmals, entgegen der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses: Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Katja RathjeHoffmann.

(Katja Rathje-Hoffmann [CDU] stolpert auf dem Weg zum Rednerpult)

Das tat jetzt ein bisschen weh. Aber wir haben ja eine Ärztin dabei. Gleich bin auch ich ein Pflegefall.

Meine Damen und Herren! Ein fulminanter Auftakt für ein auch fulminantes Thema. Frau Präsidentin, entschuldigen Sie meinen kleinen Auftritt hier.

Der heutigen Zusammenfassung aller Anträge liegt ein Ansatz zugrunde, dass sich die Fraktionen hier im Hause damit beschäftigen, die Pflege und ganz besonders die Pflege von alten Menschen den Anforderungen in der Zukunft anzupassen und ent

(Anita Klahn)

sprechend zu gestalten. Das ist schon einmal sehr schön. In der Natur der Sache unterschiedlicher Parteien liegt es aber auch, dass wir dazu unterschiedliche Ansätze haben und unterschiedliche Wege gehen. Die Wege dorthin sind das interessante, was uns unterscheidet. Tatsache ist, dass wir uns gemeinsam Gedanken darum machen müssen, künftig jungen Menschen -

Jetzt muss ich über meinen Auftritt am Anfang lachen.

(Heiterkeit - Ministerin Anke Spoorendonk bringt ein Glas Wasser ans Rednerpult)

- Oh, jetzt bekomme ich auch noch ein Glas Wasser. Wenn das nicht hilft! Wollen wir einmal schauen.

Wir möchten jungen Menschen die Möglichkeit geben, im Bereich der Pflege interessante Berufe zu ergreifen. Wir als Union wollen mit unserem Antrag ein duales Pflegestudium in Schleswig-Holstein ermöglichen und dazu beitragen, dass mehr junge Leute einen Pflegeberuf ergreifen möchten und bessere Möglichkeiten vorfinden, sich beruflich weiterzuentwickeln und weiterzuqualifizieren. Die Anzahl der Älteren und damit auch die Anzahl der Pflegebedürftigen - Frau Bohn hat es ausgeführt - führt zu einem hohen Bedarf an Pflegefachkräften. Wir brauchen auch in Zukunft viele Menschen, die sich für die Ausübung eines Pflegeberufs in Schleswig-Holstein entscheiden.

Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, ein Konzept für ein duales Studium im Bereich der Pflege und somit für die Pflegeleistungen bei Menschen aller Altersstufen zu erarbeiten, kurz gesagt: für Pflegebedürftige vom Säugling bis zum alten Menschen.

(Beifall CDU)

So ganz neu ist der Gedanke eines dualen Pflegestudiums in Deutschland nun auch wieder nicht. Es reicht schon ein kleiner Seitenblick zu unserem Lieblingsnachbarn, zur Hansestadt Hamburg. Dort wird dieser Studiengang seit Februar vergangenen Jahres erfolgreich angeboten. Hamburger Studierende erreichen neben dem akademischen Grad einen Berufsabschluss in der Gesundheitsund Krankenpflege. Absolventinnen und Absolventen werden qualifiziert, Pflegeberufe zu identifizieren und Pflegeleistungen bei Menschen aller Altersstufen zu erbringen.

Die Hamburger Zahlen sprechen für sich. Es handelt sich hierbei um eine Erfolgsgeschichte. Im vergangenen Jahr rechnete man dort mit 30 Studieren

den. Es meldeten sich jedoch 68 an. Aktuell gibt es in diesem neuen dualen Studiengang immerhin schon 156 Studierende. Das sind beeindruckende Zahlen, die verdeutlichen, dass der Nerv getroffen worden ist und dass das attraktiv für junge Menschen ist. Meine Damen und Herren, Sie sehen, so kann es auch gehen, und so möchten wir das auch in Schleswig-Holstein haben.

Nun zu den Fakten der Ausbildung. Statt einer dreijährigen Ausbildung und eines dreijährigen Studiums können beide Abschlüsse in vier Jahren erworben werden. Die Dauer des Studiums beträgt also acht Semester und endet mit dem Bachelor.

Nun möchte ich noch etwas zur Ausbildungsvergütung sagen; denn das Ganze ist auch mit Geld unterfüttert. Über vier Jahre hinweg bekommen die Studierenden 75 % der normalen Ausbildungsvergütung von drei Jahren.

Das duale Studium deckt den aktuellen Bedarf nach akademisch gebildeten Fachkräften, die in der direkten Patientenversorgung tätig sind und professionell pflegen. Die Studierenden lernen, in verantwortlicher Weise pflegerische Konzepte zu erarbeiten, Projekte zur aktuellen Entwicklung im Gesundheitsbereich durchzuführen und Problemlösungsprozesse zu steuern. Sie werden zu selbstständigem, wissenschaftlich und ethisch fundierten Arbeiten befähigt.

Als mögliche beteiligte Akteure kommen das UKSH und weitere größere Einrichtungen im Bereich der Pflege in Schleswig-Holstein infrage sowie natürlich die Fachhochschule und die CAU.

Zur Konzepterstellung und weiteren Realisierung dieses dualen Studiums bis Ende 2013 bietet sich nach unserer Auffassung eine enge Kooperation mit der Hansestadt Hamburg förmlich an. Schade, dass sich das in Ihrem Änderungsantrag nicht wiederfindet.

(Beifall CDU)

Nun zu den weiteren Anträgen und Änderungsanträgen. Insbesondere möchte ich auf die beabsichtigte Einführung einer Pflegekammer in Schleswig-Holstein eingehen. In unserem Änderungsantrag definierten wir das Ziel, die rechtlichen Möglichkeiten einer Pflegekammer zu prüfen. Das wurde - Frau Klahn hat es angeführt - von der Koalition abgelehnt. Viele Fragen zur Pflegekammer bleiben ungeklärt oder diffus beantwortet. Neben einer auch aus Sicht des Deutschen Berufsverbandes für Altenpflege e. V. bislang ungeklärten rechtlichen Situation ist zu befürchten, dass eine Pflegekammer

(Katja Rathje-Hoffmann)

zu einer weiteren Bürokratisierung des Berufs und zu weiteren Kosten für die ohnehin schon schlecht bezahlten Pflegefachkräfte führen wird.

(Vereinzelter Beifall CDU)