Protocol of the Session on March 23, 2017

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Extrem eingeschränkt!)

- Sie sind nicht erlaubt im bisherigen Versammlungsrecht, um gar nicht von Ihrer regelrechten Kameramanie in anderen Bereichen zu sprechen. Ich nenne nur Polizeifahrzeuge mit Überwachungskameras, demnächst Polizeibeamte mit Überwachungskameras, den Body-Cams. In Nahverkehrszügen haben Sie Betreiber gezwungen, Überwachung einzuführen, die sie gar nicht haben wollten. Selbst in Psychiatrien und entsprechenden Anstalten kann jetzt videoüberwacht werden. Das ist die Bilanz Ihrer Regierungspolitik.

Die Unternehmenssubventionen sind mitnichten anders als im Koalitionsvertrag festgelegt - gestrichen und vollständig abgeschafft worden. Tatsächlich haben sie vielmehr sogar zugenommen auf inzwischen über 30 Millionen € per annum. Dem NDR sagte gar der Hotelier Herr Haltermann zu diesem Punkt im Koalitionsvertrag, es sei 2012 hilfreich gewesen, den einen oder anderen an der richtigen Stelle zu kennen, um die Subventionen für sein Projekt dennoch erhalten zu können. Die zuständigen Minister oder Staatssekretäre seien ihm dabei tolle Partner gewesen. - Herzlichen Glückwunsch, Herr Minister Meyer, dass Sie es geschafft haben, den Koalitionsvertrag in einem zentralen Punkt und Versprechen auszuhebeln und das Gegenteil zu tun.

Versprochen war, das Beratungsangebot der Verbraucherzentralen zu erhalten und zu optimieren. Tatsächlich ist es aber so, dass die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen ihre Öffnungszeiten einschränken mussten. Das heißt, die Beratungszeiten waren noch nie so kurz wie heute. Nur durch unseren ständigen Druck und jedes Jahr neue Anträge konnten wir Schlimmeres verhindern und immerhin eine Mittelerhöhung erreichen, die aber immer noch geringer ist als das, was die Verbraucherzentrale inflationsbereinigt, wenn man es hochrechnet, Frau Kollegin Herdejürgen, eigentlich im Vergleich zu früheren Jahren bekommen müsste, um überhaupt nur ihre Kostensteigerungen aufzufangen.

Versprochen war ein Tierschutzplan für SchleswigHolstein - Fehlanzeige! Es hat ihn nicht gegeben. Erst auf unseren Druck soll jetzt wenigstens ein ehrenamtlicher Tierschutzbeauftragter eingerichtet werden. Wir bleiben aber dabei: Wer Tierschutz ernst meint, braucht einen hauptamtlichen Tierschutzbeauftragten für Schleswig-Holstein.

(Präsident Klaus Schlie)

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Können Sie sich ja dann nach der Wahl dafür bewerben! - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Die armen Tiere!)

Zum Thema Finanzen, das Sie, Herr Ministerpräsident, angesprochen haben: Im Koalitionsvertrag hatten Sie versprochen, eine Altschuldenregelung für Länder und Kommunen zu treffen, das heißt eine schrittweise Tilgung und Abtragung des Schuldenbergs. Was ist daraus geworden? - Fehlanzeige! Das Ergebnis ist vielmehr: Der Schuldenberg des Landes ist heute so erdrückend wie fast nie zuvor in der Geschichte unseres Landes. Er ist so hoch, Herr Ministerpräsident, wie es fast noch nie der Fall gewesen ist.

(Zurufe)

Gerechtigkeit, davon haben Sie gesprochen, muss doch auch Generationengerechtigkeit bedeuten. Die ist bei einem so hohen Schuldenberg nicht gewährleistet. Da können Sie so viel Geld ausgeben, wie Sie wollen. Es bleibt dabei: Der Schuldenberg muss von der nächsten Generation abgetragen und getilgt werden. Das ist nicht gerecht.

Im Koalitionsvertrag wurde angestrebt, die Spielbanken zu verkaufen. Was hat sich getan? - Nichts.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Bis heute ist es Aufgabe dieses Landes, Spielbanken zu betreiben. Ich finde: Nein, ist es nicht, sollte es nicht sein.

(Beifall Uli König [PIRATEN] und Hans- Jörn Arp [CDU])

Warum sind die bis heute nicht verkauft worden?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie können sie ja kaufen, dann haben Sie vielleicht mal was zu tun! - Weitere Zurufe)

Jetzt komme ich zu dem großen Thema der SPD im Wahlkampf: „Mehr Gerechtigkeit für alle“. Herr Ministerpräsident, ich will doch dazu erst einmal festhalten: Es war doch in den Jahren der rot-grünen Schröder-Fischer-Koalition im Bund, als der Grundstein dafür gelegt wurde, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland inzwischen weiter öffnet als in jedem anderen europäischen Land. Das ist Fakt heute.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist falsch! - Zu- ruf Wolfgang Kubicki [FDP] - Zuruf Beate Raudies [SPD] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Schlicht falsch! - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damals wurden die Steuern für Spitzenverdiener und für Unternehmen gesenkt, und der Weg für Billiglohnjobs wurde freigemacht. Der Koalitionsvertrag versprach 2012, man wolle die Leih- und Zeitarbeit begrenzen. Was machen Sie aber selbst, Herr Ministerpräsident? - Es hat über 2.000 Einsätze von Leih- und Zeitarbeitern alleine in Ihrer Landesvertretung in Berlin gegeben.

(Uli König [PIRATEN]: Ach, Mensch!)

Ist das konsequent? - Ich finde, nein, von den Praktikanten, auf die wir später am heutigen Tag noch zu sprechen kommen, gar nicht zu reden. Der Koalitionsvertrag hat versprochen, Initiativen zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes sowie zur Einführung einer Vermögensteuer zu ergreifen, um diese soziale Spaltung zu überwinden. Frau Finanzministerin, auch hier gilt: Versprochen, gebrochen! Keine Initiative in diesem Sinne ist eingelöst worden. Was ist das Ergebnis davon? - Eine soziale Spaltung, die sich unter Ihrer Regierung weiter vertieft hat. Die Armutsgefährdungsquote in SchleswigHolstein ist auf einem Rekordstand

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und war noch nie zuvor so hoch in unserem Land. Die Kinderarmut befindet sich auf einem Rekordstand. Minderjährige Sozialleistungsempfänger - es gab noch nie zuvor so viele in diesem Land. Frau Kollegin, das können Sie gern in der Armutsstatistik nachlesen.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wegen unserer Landesregierung?)

Da nehmen Sie mit dem Kita-Geld einfach Geld in die Hand, verteilen es mit der Gießkanne, statt es zielgerichtet dort zu investieren, wo es am dringendsten benötigt wird.

(Beate Raudies [SPD]: Ja, bei den Eltern! Gerade von Armut reden und dann über Kita- Geld! - Verstanden?)

Auch beim Vorzeigethema Bildung zeigt sich, dass die Bilanz, die Sie hier präsentieren, geschönt, um nicht zu sagen gefälscht ist. Auf unsere Frage nach der versprochenen paritätischen Mitbestimmung an Hochschulen heißt es in der Antwort auf unsere Große Anfrage, ein neues, paritätisch besetztes zentrales Hochschulorgan sei eingeführt worden. Die Wahrheit ist aber, dass die Universität Kiel, die Muthesius-Kunsthochschule und auch die Universität Flensburg gar keinen erweiterten Senat eingerichtet haben,

(Dr. Patrick Breyer)

(Zuruf: Noch nicht!)

und dass für die Uni Lübeck nicht einmal mehr die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen worden ist. Wenn man bei einer so falschen Erfolgsbilanz davon spricht, es sei ein neues, paritätisch besetztes zentrales Hochschulorgan eingesetzt worden, dann kann ich nur sagen:

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Seien Sie froh, dass Bilanzfälschung bei Regierungsbilanzen nicht strafbar ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall PIRATEN - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Ich muss ehrlich sagen: Ich hätte nicht gedacht, dass Ihnen Ihre eigenen Versprechen und Vereinbarungen so wenig wert sind. Für die Zukunft kann es eigentlich nur bedeuten, dass kein Verlass mehr auf Ihre Versprechen und Ihre Vereinbarungen ist. Das finde ich schade, weil es um Glaubwürdigkeit der Politik an dieser Stelle geht.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn man einen Koalitionsvertrag vereinbart, sollte man ihn auch umsetzen und einhalten und nicht immer weiter verwässern, verschleppen oder ganz ignorieren.

Deswegen komme ich zu dem Ergebnis, dass die Bilanz der Koalition heute enttäuschend ist. Die Koalition hat einen Aufbruch für dieses Land versprochen und zu Beginn auch angefangen umzusetzen. Aber wir haben dann im weiteren Verlauf einen schwindenden Einfluss des Ministerpräsidenten und eine steigenden Einfluss des SPD-Fraktionsvorsitzen Herrn Dr. Stegner beobachten müssen.

(Zuruf SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Ihre Koalition ist unter diesem Einfluss zusehends in alte Politikmuster zurückgefallen. So ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das bedauern wir ausdrücklich.

Jenseits Ihrer Lieblingsthemen mussten wir Sie immer wieder zum Jagen tragen, oder es herrschte ganz Stillstand. Das ist die Vogel-Strauß-Politik in diesem Land, die wir an dieser Stelle immer wieder kritisiert haben. Am 7. Mai 2017 kann der Wähler zum Glück diesen Vogel aufscheuchen und ihm Beine machen. Er sollte allerdings aufpassen, dass der Vogel dann nicht rückwärts rennt, sondern vorwärts,

(Beifall Uli König [PIRATEN] - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

und dass er in Richtung echte Mitbestimmung und direkte Demokratie sowie echte Transparenz in der Politik und Schutz der Bürgerrechte läuft. Wenn das nach der Wahl gelingt, wird der Glücksindex hier im Norden durch die Decke schießen, da bin ich mir ganz sicher.

(Beifall PIRATEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Deswegen wählen alle Wolfgang Kubicki!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende der CDU, der Abgeordnete Daniel Günther.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Gerade war die Abschiedsrede, jetzt kommt die Antrittsrede! - Heiterkeit - Beifall FDP Dr. Kai Dolgner [SPD]: War das eine Koalitionsaussage?)

Noch nicht zu früh klatschen! - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor der Landtagspräsident den Ältestenrat einberufen muss, um darüber zu reden, dass wir uns zukünftig an die vereinbarten Redezeiten halten, würde ich vorschlagen, dass wir erst einmal die Landtagswahl abwarten. Denn eines sage ich zu: Als Ministerpräsident werde ich mich natürlich an diese Redezeiten halten.

(Heiterkeit - Torge Schmidt [PIRATEN]: Ganz sicher!)

Eines gilt auf jeden Fall: Ich werde hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag halb so lange reden wie der Ministerpräsident, damit ich doppelt so viel Zeit zum Regieren für Schleswig-Holstein habe.

(Beifall CDU und FDP)

Damit wäre viel gewonnen: Anpacken statt rumschnacken!