Protocol of the Session on February 23, 2017

Eines ist für den SSW auf diesem Weg aber entscheidend: Wir müssen die Menschen mit Behinderung umfassend einbinden. Sie sind es, die uns im Zweifel die entscheidenden Hinweise für Verbesserungen geben können. Nur gemeinsam können wir unsere nächsten Schritte wirklich auf Effizienz und Wirksamkeit hin prüfen. Noch dazu muss in diesem Prozess allen klar sein, dass Behindertenrechte nicht irgendein Luxus sind, die wir uns nach Lust und Laune leisten können. Nein, Bund, Länder und Kommunen sind hier ganz konkret in der Pflicht. Die Anliegen von Menschen mit Behinderung müssen in allen Bereichen des politischen Handelns als Selbstverständlichkeit begriffen und berücksichtigt werden. Das ist eben unser Auftrag.

Auch wenn in der Konvention selbst steht, dass Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Rechte „unter Ausschöpfung der verfügbaren Mittel“ getroffen werden sollen, wollen und werden wir hier mehr Geld in die Hand nehmen.

Für den SSW ist und bleibt das Zusammenleben in Vielfalt ein sehr wichtiges Ziel. Alle müssen sich für gleichberechtigte Teilhabe und sozialen Schutz von Frauen und Männern mit Behinderung einsetzen. Hier trägt die Politik eine besondere Verantwortung. Wir müssen möglichst viele Menschen ansprechen und sie dazu bewegen, sich mit diesem Thema zu befassen. Nur so kommen wir zu dem Bewusstseinswandel, der für eine inklusive Gesellschaft absolut notwendig ist - eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung eben nicht assimiliert, sondern in ihrer Vielfältigkeit als Bereicherung angesehen werden. Dieser Prozess ist sicher nicht immer einfach, aber nur so kann Inklusion letztlich gelingen. - Jo, tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das waren die Beiträge der Fraktionen. - Jetzt kommen die Dreiminutenbeiträge. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Karsten Jasper.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Marret Bohn, es ist nicht so, dass wir hier heute auf Krawall gebürstet sind.

(Zuruf SPD: Doch!)

Es geht um Menschen mit Behinderung. Wir wollen die Aktion weiterbefördern, damit es vorangeht. Hier ist mehrfach festgestellt worden, die UN-Behindertenrechtskonvention gibt es seit 2009.

(Zuruf SPD: So ist das!)

Flemming Meyer hat gerade noch einmal angesprochen, dass es ihm eigentlich auch nicht schnell genug geht. Darum geht es mir auch.

Außerdem wollte ich gern sagen, dass wir vonseiten der CDU das gern im Ausschuss diskutiert hätten. Es gibt darin einige Handlungsfelder, die wir als Politik diskutieren sollten. Für mich geht es beispielsweise um das Handlungsfeld Bildung. Das wäre eine gute -

(Wolfgang Baasch [SPD]: Gerade das sollten wir nicht im Ausschuss diskutieren!)

(Flemming Meyer)

- Lassen Sie mich bitte zu Ende sprechen, Kollege Baasch! Ich habe gerade gesagt, ich sei nicht auf Krawall gebürstet. Ich will jetzt versuchen -

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Kollege Baasch, bleiben Sie ganz ruhig; ich kenne Sie eigentlich nur als ruhigen Vertreter, als sympathischen SPD-Kollegen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Genau!)

- Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden!

(Beifall SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, schade, dass die Zeit für die politische Diskussion fehlt.

Sie sind auch nicht die erste Landesregierung, die sich mit dem Thema Inklusion beschäftigt. Ich habe das vorhin gesagt, und ich möchte das hier noch einmal betonen. Es gibt seit 2006 die Leitlinien Inklusion und seit 2007 ein erstes Gesamtkonzept.

Meine Damen und Herren, ich habe eben mit meinen Kolleginnen und Kollegen gesprochen: Wie werden das in dieser Legislaturperiode nicht mehr im Ausschuss diskutieren können, wir wollen das abschließen, damit wir weiterkommen können. Deswegen wird die CDU dem Bericht zustimmen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion - nein, nicht für die FDPFraktion, sondern für sich selbst spricht jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Endlich darfst du einmal sagen, was du denkst!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoffentlich darf ich auch für die FDP-Fraktion sprechen. Das werden wir dann sehen.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

- Gut, dann nehme ich das so hin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich zumindest in den letzten 17 Jahren der Auffassung war, dass wir Berichte zur Kenntnis nehmen können und sich trotzdem jeder Ausschuss damit beschäftigen und mit den einzelnen Punkten auseinandersetzen kann. Warum sollte das um Himmels willen bei diesem Bericht anders sein?

Der eigentliche Grund für meine Wortmeldung Herr Präsident, verzeihen Sie im Voraus! - ist: Mir geht die Klugscheißerei von den PIRATEN ab und an wirklich auf den Senkel!

(Beifall FDP, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer glaubt, dass er sich sozialpolitisch dadurch besonders hervortut, dass er zur Umsetzung der Inklusion als einzigen Baustein einen Aktionsplan hier vorn präsentiert, hat von Sozialpolitik und Inklusion wirklich nur rudimentär Ahnung, lieber Kollege Dudda.

(Beifall FDP und SPD)

Ich will das sehr deutlich sagen. Der Kollege Baasch, die Kollegin Heike Franzen und ich haben in diesem Parlament über das persönliche Budget für Menschen mit Behinderung - Kollege Baasch, Sie erinnern sich - schon vehement Anfang der 2000er-Jahre gestritten. Das ist ein Punkt zur Umsetzung von Inklusion. Damals hatte Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention übrigens nicht einmal ratifiziert.

Wir haben in Zeiten der Großen Koalition - mit heftiger Kritik begleitet - die Kommunalisierung der Eingliederungshilfe diskutiert und auf den Weg gebracht. Lieber Kollege Dudda, Sie wissen, das ist das finanzielle Fundament dessen, was man braucht, um Inklusion zu gewährleisten.

Wir haben in der von Ihnen angesprochenen Legislaturperiode 2009 bis 2012 diese Kommunalisierung mit der Budgetierung der Leistungen für die Kreise und die kreisfreien Städte weiter vorangebracht. Das war zwingend notwendig, um Anreize zu geben, damit Schleswig-Holstein nicht nur bei den stationären Unterbringungsmöglichkeiten ganz vorn ist, sondern eben auch verstärkt Möglichkeiten im ambulanten Bereich eröffnet.

Wir haben uns insbesondere der frühkindlichen Förderung angenommen.

Man kann mit Fug und Recht - genauso wie die Kollegin Klahn das getan hat, oder wie der Kollege Jasper das getan hat, oder wie der Kollege Meyer das gesagt hat - sagen, dass hätte alles noch schneller gehen müssen, und andere Bundesländer seien schneller gewesen. Ich sage Ihnen: Bei allen Mängeln, die aus meiner Sicht die jetzige Version dieses Planes hat, verstehe ich ihn so, dass man ihn weiterentwickeln kann, das man auf der Basis dieses Plans beginnt, den Plan umzusetzen, ihn in der nächsten Legislaturperiode weiterentwickelt, um in allen Feldern die Umsetzung der UN-Behinderten

(Karsten Jasper)

rechtskonvention in Schleswig-Holstein tatsächlich zu verwirklichen.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Garg, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Frau Abgeordneten Dr. Bohn?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön.

Vielen Dank. - Ich finde, das sind sehr versöhnliche Worte. Ich bin ganz angenehm überrascht.

Jetzt muss ich ein kleines bisschen Wasser in den Wein gießen. Wenn das alles so ist: Erinnern Sie sich auch an das Abstimmungsverhalten Ihrer Fraktion zu schwarz-gelben Zeiten, als DIE LINKE mit Unterstützung der grünen Fraktion und der SPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht hat?

Ja, selbstverständlich erinnere ich mich an das Abstimmungsverhalten meiner Fraktion. Wahrscheinlich erinnern Sie sich, da Sie dem Landtag damals auch angehört haben, an die Schwierigkeiten, die die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe damals mit sich gebracht hat vor dem Hintergrund, dass wir gerade angefangen hatten, den Landeshaushalt zu konsolidieren. Ich denke, das ist an Ihnen auch nicht ganz spurlos vorbeigegangen. Vor dem Hintergrund, dass wir einen 700-Millionen€-Tanker erst einmal in Ordnung bringen mussten, halte ich es nach wie vor für richtig, dass wir das in dieser Legislaturperiode nicht verabschiedet habe, was die Fraktion der LINKEN damals eingebracht hat.

(Beifall FDP und CDU)

Aber, Kollegin Bohn, wenn das die Aufforderung an unsere Fraktion gewesen sein sollte, dem heute nicht zuzustimmen, nehme ich das verwundert zur Kenntnis. Ich bin in der Tat der Auffassung, dass wir bei diesem Thema mehr brauchen und inklusiver denken sollten, als sich heute darüber aufzure

gen, dass der Aktionsplan möglicherweise zwei Jahre später als in anderen Landesparlamenten eingereicht wurde. Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und SPD)