Protocol of the Session on February 22, 2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 50. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Ich teile Ihnen zuerst die Namen derjenigen Kolleginnen und Kollegen mit, die erkrankt sind. Das sind Johannes Callsen, Serpil Midyatli, Dr. Andreas Tietze, Dr. Ekkehard Klug und von der Landesregierung Frau Ministerin Ernst. - Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen gute Genesung!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 7, 10, 11, 12, 14, 15, 17, 18, 20, 33, 45 bis 52, 56 bis 58 sowie 60, 61, 65 und 71 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 16, 26, 28, 37, 62, 64 und 74.

Der Antrag zu Tagesordnungspunkt 39 wurde zurückgezogen.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 2 und 70, Regierungserklärung und Bericht zur Entwicklung des Tourismus, 3, 27 und 59, Gesetzentwurf und Anträge zum Wohnungsbau, 5, 19 und 30, Gesetzentwürfe und Antrag zur Energiewende, Landesplanungsrecht und Netzentgelte, 8 und 36, Staatsvertrag und Bericht zur HSH Nordbank, 13, 43, 53, 54 und 55, Vorlagen zum ÖPNV und zur Mobilität im ländlichen Raum, 32, 68 und 72, Entwicklung der Begabtenförderung und Bericht zur MINT-Bildung, 34 und 63, Terrorismusbekämpfung und Umgang mit Gefährdern, sowie die Tagesordnungspunkte 35 und 40, Vorlagen zur Sportpolitik.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 50. Tagung.

Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige

Mittagspause von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. Beachten Sie bitte, dass die morgige Sitzung bereits um 9 Uhr beginnt. Ich höre keinen Widerspruch.

(Heiterkeit)

- Ich habe Widerspruch nicht vernommen; ich weiß, dass es sich hier um ein fleißiges Parlament handelt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deswegen freuen wir uns alle auf den frühen Beratungszeitpunkt.

Wir begrüßen gemeinsam zuerst den ehemaligen Landtagsabgeordneten und jetzigen Bundestagsabgeordneten, den Kollegen Thomas Stritzl. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir begrüßen Auszubildende der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung Eutin. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wie Sie sich noch aus einer denkwürdigen Sitzung erinnern, bin ich kein Lateiner, aber man hat mir hier trotzdem einen lateinischen Text hingelegt: Felix natus est. Für die Nichtlateiner unter uns: Der glückliche Felix, das ist das zweite Enkelkind unseres Kollegen Burkhard Peters. Er hat heute Nacht um 4 Uhr das Licht der Welt erblickt. - Herzlichen Glückwunsch an die Eltern und an Sie auch!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Einigung zwischen den Bundesländern und dem Bund zum Umgang mit Abschiebungen und daraus folgenden Konsequenzen für Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der CDU

Für die CDU-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer und der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Abgeordneter Daniel Günther, das Wort.

11722 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 140. Sitzung - Mittwoch, 22. Februar 2017

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 9. Februar 2017 haben sich die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Das gemeinsame Ziel: Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern beschleunigen. Beteiligt an dieser Einigung war auch der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, der im Gegensatz zu anderen Ländern keine Protokollerklärung abgegeben hat. Er hat dem explizit zugestimmt.

Doch wie immer können sich weder die anderen Bundesländer noch der Bund auf das Wort dieser Landesregierung verlassen. Die Schleswig-Holsteiner haben sich gefragt: Wie lange dauert es dieses Mal bis zum Wortbruch? Die Antwort lautet: ganze fünf Tage. Am 14. Februar 2017 wurde ein Abschiebestopp nach Afghanistan beschlossen, und dieser steht eindeutig im Widerspruch zu dem Beschluss, den der Ministerpräsident selbst mit gefasst hat.

Gleich zu Beginn des Beschlusses heißt es ohne Vorbehalt und ohne Protokollerklärung in Bezug auf abgelehnte Asylbewerber: Mit der bestandskräftigen Ablehnung ihres Asylantrags und der Feststellung, dass keine Abschiebehindernisse vorliegen, ist rechtsstaatlich festgestellt, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen. Sofern die Betroffenen innerhalb der ihnen gesetzten Frist der Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen, muss dies im Wege der Abschiebung durchgesetzt werden.

Wie unehrlich Ihr Vorgehen ist, zeigt sich auch daran, dass Innenminister Studt noch am 10. Februar 2017 ausdrücklich begrüßt hat, dass dieser Beschluss gefasst wurde. Ganz besonders gelobt hat der Minister die Zusage des Bundes, verstärkt Verantwortung bei der Beschaffung von Passersatzpapieren zu übernehmen. Das passt ins Bild. Vom Bund erwarten Sie Unterstützung, nur für Sie gelten Absprachen nicht. In der Sitzung haben Sie nicht einmal den Mut gehabt, das Wort zu ergreifen. Sie haben nichts dazu gesagt und keine Frage zu dem Bericht des Innenministers gestellt. Wahrscheinlich haben Sie wieder die ganze Zeit auf Ihrem I-Phone gespielt, statt sich einmal an einer solchen Debatte in Berlin zu beteiligen.

(Zurufe)

Dann kommen Sie nach Schleswig-Holstein zurück, und hier fallen Sie plötzlich den Kolleginnen und Kollegen in den Rücken. Dort in Berlin haben Sie kein Wort gesagt, aber hier in Schleswig-Hol

stein halten Sie sich nicht an die Absprachen. Das ist unanständig. So macht man keine Politik, so machen Sie sich unglaubwürdig, Herr Ministerpräsident.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Torge Schmidt [PIRATEN])

Abschiebungen nach Afghanistan sind möglich. Wir haben in Deutschland ein extrem hohes rechtsstaatliches Niveau, bei allen Asylverfahren. Wenn im rechtsstaatlichen Verfahren eine Entscheidung getroffen wird, dann muss der Rechtsstaat diese auch durchsetzen. Ich zitiere die Vorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg, Frau Detzer, die sagt:

„Der Rechtsrahmen ist: Wenn die Bundesregierung zu der Einschätzung kommt, dass die Lage in Afghanistan es zulässt, dann ist abzuschieben.“

Nach Einschätzung der Bundesregierung ist dies im Fall von Afghanistan jedenfalls in Teilen möglich. Auf die Zuständigkeit der Bundesregierung für die Lagebeurteilung haben Sie als Landesregierung übrigens selbst auf eine Anfrage des Kollegen Kubicki hingewiesen.

„Die Landesregierung erhebt selbst keine Daten über die Lage in anderen Staaten. Dies obliegt der Bundesregierung.“

Das Auswärtige Amt erstellt unter anderem regelmäßig Lageberichte zu den asylrelevanten Herkunftsstaaten, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in die Entscheidungen über Asylanträge einbezogen werden. Sie haben keinerlei Erkenntnisse über die Lage in Afghanistan, maßen sich aber eine bessere Lagebeurteilung an als das SPD-geführte Außenministerium.

Herr Harms, wenn Sie dann hier herumlaufen und sagen, wir schickten die Menschen in den Tod, dann wollen Sie damit vielleicht CDU und FDP treffen. In Wahrheit treffen Sie aber das SPD-geführte Außenministerium, das diese Lagebeurteilung macht.

(Beifall CDU und FDP)

Mir ist keine Aussage der Bundesregierung bekannt, wonach eine Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich nicht möglich ist. Deshalb unterläuft Ihr Abschiebestopp die Durchsetzung von Recht und Gesetz. Im vergangenen Jahr sind mehr als 3.000 Menschen aus Deutschland freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt, 188 davon aus Schleswig-Holstein. Auch das belegt, dass eine Rückkehr

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 140. Sitzung - Mittwoch, 22. Februar 2017 11723

in dieses Land möglich ist. Die Entscheidung muss nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall erfolgen. So funktioniert ein Rechtsstaat. Alle anderen Bundesländer handhaben das so. Schleswig-Holstein muss dies auch tun.

(Beifall CDU und FDP)

Aber die gesamte Einigung vom 9. Februar 2017 ist ein richtiger Schritt. Die steigende Zahl Ausreisepflichtiger zeigt, dass wir mehr tun müssen, um Recht und Gesetz durchzusetzen. Wer ausreisepflichtig ist, der muss unser Land verlassen. Dies muss die Regel werden und darf nicht die Ausnahme sein. Auch das erwarten die Schleswig-Holsteiner zu Recht.

Deshalb brauchen wir weitere Maßnahmen, um die Ausreise der Personen sicherzustellen. Dazu dient die Möglichkeit der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts für Personen, die ihre Rückführung bewusst verhindern oder verzögern. Auch die Verlängerung der Höchstdauer des Ausreisegewahrsams ist ein notwendiger Schritt. Der Herr Ministerpräsident hat dem zugestimmt. Ich bin wirklich gespannt, ob das auch hier in Schleswig-Holstein umgesetzt wird.

Ich begrüße genauso ausdrücklich die Pläne des Bundes, mehr Verantwortung im Bereich der Rückführung zu übernehmen. Bundesausreisezentren können hierzu ebenso einen Beitrag leisten wie ein gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr. Ich erwarte aber auch, dass diese Regierung ihre Verantwortung wahrnimmt. Dazu gehört auch die Einrichtung einer Abschiebehafteinrichtung. Sie wissen schon, dass Ihr Ministerpräsident dem zugestimmt hat, dass es Abschiebehaft gibt und dass die insbesondere für Gefährder ausgeweitet wird. Es ist wahrlich keine humane Flüchtlingspolitik, wenn Sie Abzuschiebende, weil Sie sich dagegen wehren, in Schleswig-Holstein eine Abschiebeeinrichtung einzurichten, mit Polizeibegleitung quer durch die Republik schicken müssen. Das ist doch keine humane Flüchtlingspolitik. Sie sind dafür verantwortlich, dass es solche Zustände in unserem Land gibt. Das ist schlicht und ergreifend Unfug zulasten des Rechtsstaates.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Günther, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?