Protocol of the Session on February 22, 2017

Herr Abgeordneter Günther, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Wie Sie wissen und dieses eben auch angedeutet haben, haben wir ja Abschiebehaftmöglichkeiten in Eisenhüttenstadt. Wissen Sie, wie viele im Jahre 2016 dort aus Schleswig-Holstein untergebracht wurden und wie viele derzeit dort untergebracht sind, das heißt wie viele Plätze wir dort vorhalten und zurzeit belegen?

- Ich weiß, dass Sie das nicht anordnen. Aber es wird in Zukunft deutlich mehr Plätze geben.

(Zurufe SPD)

Diese werden benötigt.

(Weitere Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber die Antwort gibt jetzt der Herr Abgeordnete Günther.

Ich habe Ihnen schon beim letzten Mal erklärt, zu welchen Zuständen das führt und wie unmenschlich das für die Personen ist. Anstatt sie hier in Schleswig-Holstein unterzubringen, mutet man ihnen Transportwege nach Eisenhüttenstadt zu.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich habe Ihnen Beispiele genannt. Das ist doch unanständig! Wir brauchen eine Abschiebehaft in Schleswig-Holstein. Dies werden wir durchsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Überhaupt ist es nicht redlich, dass Sie den Rechtsstaat gegen eine vermeintliche Humanität ausspielen.

Herr Abgeordneter Günther, gestatten Sie eine weitere Bemerkung der Frau Abgeordneten Eka von Kalben?

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich verzichte!)

Meine Damen und Herren, vielleicht ist es möglich, dass wir hier ein wenig mehr Ruhe einkehren las

(Daniel Günther)

sen. - Im Übrigen gibt es nunmehr keinen Wunsch mehr nach einer weiteren Frage. Damit können Sie fortfahren, Herr Abgeordneter.

Aber die Frau Kollegin von Kalben hat als Reaktion auf die Beschlüsse vom 9. Februar 2017, an denen - das betone ich noch einmal - Herr Albig mitgewirkt hat, erklärt:

„Die Daumenschraube für Geflüchtete soll weiter angezogen werden. Eine Kampfansage für eine humanitäre Flüchtlingspolitik, wie wir sie als Küstenkoalition in SchleswigHolstein erfolgreich umsetzen.“

Ich darf Sie erinnern: Diese Beschlüsse hat die Bundes-SPD mitgetragen. Alle rot-grünen Landesregierungen haben die ebenfalls mitgetragen. Und Sie bezeichnen das, was alle anderen Bundesländer einschließlich Ihres Ministerpräsidenten beschlossen haben, allen Ernstes als Kampfansage?

Ich sage Ihnen: Wer die Durchsetzung von Recht und Gesetz als Kampfansage für eine humanitäre Flüchtlingspolitik bezeichnet, der sorgt dafür, dass Populisten leichtes Spiel haben.

(Beifall CDU)

Deutschland und die Menschen in unserem Land nehmen ihre Verantwortung wahr. Die Politik hat aber genauso die Pflicht, dem Rechtsstaat Geltung zu verschaffen. Das ist kein Widerspruch, sondern das nennt sich Verantwortung, meine Damen und Herren.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen sage ich Ihnen: Übernehmen Sie endlich einmal Verantwortung in diesem Bereich!

(Beifall CDU)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Hauptlast für die großen Flüchtlingsbewegungen in der Welt tragen der Libanon, Jordanien, die Türkei und Pakistan, nicht Deutschland. Wir haben in Deutschland ungefähr 280.000 Flüchtlinge im letzten Jahr gehabt, seitdem die Balkanroute dicht ist. Unsere Haltung zur Flüchtlingspolitik ist

die, dass nicht alle Menschen, die zu uns kommen, hier bleiben können. Wir setzen aber eine Priorität bei denen, die nicht bleiben können, auf freiwillige Rückkehr. Das ist richtig so, das ist vernünftig. Für diejenigen, die zurückgeführt werden müssen, gilt Rückführung in Sicherheit und Würde. Das ist der Grundsatz, zu dem ich mich ausdrücklich bekenne. Davon gibt es auch keine Abstriche.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Und ja, Flüchtlingsfamilien gehören nicht in Abschiebehaftanstalten. Sie haben nämlich nichts verbrochen. Gefährder und Gewaltkriminelle gehören aber schon dorthin, und auf die bezieht sich unser Schutz nicht; sie müssen nicht geschützt werden. Wenn jemand die Sicherheit in Deutschland bedroht, dann muss er nicht geschützt werden. Aber für einen Großteil der Flüchtlinge gilt das sehr wohl. Deswegen gibt es da auch einen Unterschied und eine Differenzierung.

Sie haben diese Vereinbarung auf Bundesebene so wunderbar zitiert. Ich weise aber darauf hin, dass Schleswig-Holstein gar keine Protokollnotiz abgeben musste, weil der Teil, auf den wir Wert gelegt haben, im Text selbst steht; den zitieren Sie nur nicht. Da heißt es nämlich:

„Die Länder behalten sich ausdrücklich eine abschließende Bewertung vor, wenn die Gesetzesvorlagen vorliegen.“

Das steht da. Nichts anderes ist beschlossen worden. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, statt hier postfaktische Behauptungen aufzustellen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das mit dem Lesen ist ja ein bisschen schwierig. Das hat zwar nach den Untersuchungen bei den Schülern zugenommen. Aber bei Ihnen ist das mit dem Lesen ein bisschen schwierig. Lesen Sie also diesen Satz, dann werden Sie erkennen, dass ein Großteil Ihrer Rede, die Sie hier vorgetragen haben, schon deshalb falsch ist; denn es gibt in dem Teil keine Beschlüsse.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es gibt aber einen Bundesinnenminister, der da, wo er tätig sein sollte - er ist übrigens von der CDU, Herr de Maizière -, nichts tut. Als Sie mit den Transitzonen kamen, die wir richtigerweise abgelehnt haben, weil diese das Asylrecht aushöhlen, haben Sie besondere Erstaufnahmeeinrichtungen für

(Präsident Klaus Schlie)

Flüchtlinge aus Ländern ohne Bleibeperspektive in Bayern und Baden-Württemberg eingeführt. Was findet dort statt? Nichts! Es ist Ihnen nämlich viel lieber, dass die Menschen aus Nordafrika in Nordrhein-Westfalen sind, weil Sie die Länder, die Landtagswahlen haben, damit quälen wollen, zu sagen: „Die haben keine Perspektive.“ Sie tun also im Bund nichts.

Zweitens. Die Behörde in Potsdam, die die Passersatzpapiere beschaffen soll, weil es eine Kreisbehörde schlecht kann, was tut sie? Nichts! Dort gibt es gerade einmal ein Referat, das tätig ist. Ansonsten hat nichts stattgefunden. Große Worte, kein Ton, weil es Ihnen um den politischen Effekt geht.

Drittens. Die Ausreisezentren des Bundes, die gefordert werden, die Sie gerade wieder bejubelt haben, haben keine sachlichen, keine faktischen, keine personellen, keine finanziellen Vorkehrungen getroffen - gar nichts. Das sind alles Sprüche. Getan wird nichts, weil es Ihnen lieber ist, wenn die Probleme in den Ländern sind.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Datenaustausch in der EU: nichts passiert. 417.000 unerledigte Fälle beim BAMF. Da passiert überhaupt nichts. Ihnen ist nur daran gelegen, die Debatte in die wahlkampfführenden Länder zu tragen.

Was den Abschiebestopp nach Afghanistan angeht, muss ich Ihnen ehrlich sagen: Es ist der UNHCR, der die Lage in Afghanistan beurteilt, und zwar gravierend negativ. Das Auswärtige Amt schreibt über uns in der eigenen Beurteilung, es gebe wohl sichere Zonen in Afghanistan, aber man könne nicht benennen, wo. Das steht in der Bewertung des Auswärtigen Amts, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Kollege Kubicki, das ist nicht Rechtsbruch, wie Sie sagen, sondern es ist § 60 des Aufenthaltsgesetzes, und das Innenministerium muss dazu nichts sagen, denn es hat ein förmliches Konsultationsverfahren gegeben. Der Bund war über die Haltung unseres Landes nicht überrascht. Das wird hier wochenlang öffentlich debattiert. Machen Sie sich doch mit solchen Behauptungen, die Sie hier aufstellen, nicht lächerlich!

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist ein schlechter Scherz! Wir freuen uns über die Unterstützung der katholischen Kirche. Wir freuen uns über die Unterstützung der evangelischen Kirche im Land. Wir freuen uns über die Unterstützung von Landfrauen und Initiativen. Sajad Sediqi, Ausländerbeauftragter Stadt Heide, vor fünf Jahren selber Flüchtling, spricht fließend Deutsch, kümmert sich darum, das wurde gestern im Norddeutschen Rundfunk berichtet, soll abgeschoben werden, weil sein Antrag abgelehnt wurde. Die einzige Hoffnung von Herrn Bürgermeister Stecher, CDU, ist der Innenminister Studt in Schleswig-Holstein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)