In der sogenannten Demokratieerklärung wird von den Antragstellern nicht nur ein schriftliches Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung verlangt - wohlgemerkt: hier geht es um Projekte, die sich für Demokratie einsetzen -, sondern sie müssen dies auch für alle ihre Projektpartner garantieren und sicherstellen. Diese vollkommen unsinnige und überzogene Maßnahme lehnen wir ab.
Außerdem sollen sie sich gegen einen vermeintlichen Extremismus stellen. Doch was soll damit gemeint sein? Wird da nach alter Junge-Union-Manier der menschenverachtende Neonazi mit dem sogenannten Linksextremisten in einen Topf geworfen und für gleich böse erklärt? Wie irreführend diese stumpfe Anwendung des Begriffs „Extremismus“ ist, kann man wunderbar an den neuesten Studien der FES zur Mitte in Deutschland erkennen. Rassistische und antidemokratische Einstellungen entstehen nämlich leider viel zu oft mitten in der Mehrheitsgesellschaft.
Diese Studie zeigt erschreckende Zahlen auf. Wenn zum Beispiel die Aussage, die Bundesrepublik sei durch zu viele Ausländer überfremdet, bei 37 % der Bundesbürger Zustimmung findet oder wenn bei der Aussage, die Deutschen seien allen anderen Völkern von Natur aus überlegen, satte 17,7 % zustimmen, dann wird mir - gelinde gesagt - schlecht.
Das zeigt doch nur, wie wichtig der Einsatz für Demokratie, Achtung und Respekt in der Gesellschaft ist, und zwar mitten in der Gesellschaft.
Doch zurück zur Extremismusklausel. Die Leute, die aktiv sind, sollen also auch für die Gesinnung von anderen haften. Sie sollen also die Störerhaftung für andere übernehmen, als seien ihre Partner
Es folgt noch ein weiterer Hammer. Wird die Klausel nicht unterschrieben, gibt es keine Fördermittel. Wird gegen die Klausel verstoßen, sollen die Mittel sogar zurückgezahlt werden.
Bundesministerin Schröder wollte mit dieser Klausel eigentlich die Demokratie stärken. Doch wir müssen uns fragen: Wie kann eine Klausel die Demokratie stärken, wenn sie der Zivilgesellschaft aktiv Steine in den Weg legt?
In der Praxis führt diese Klausel dazu, dass demokratische Initiativen vor Ort staatliche Fördermittel gar nicht mehr in Anspruch nehmen. Dazu gab es schon Beispiele in Berlin und Sachsen. Auch in Schleswig-Holstein hat sich gezeigt, dass diese Klausel ein Hindernis ist.
Ich kann nur sagen: Weg damit! Unterstützen wir die Landesregierung bei ihrem Weg und fordern: Weg mit dieser unsinnigen Regelung! Sie hilft niemandem weiter, erst recht nicht der Demokratie und der demokratischen Kultur in diesem Land.
Die vielen Projekte und Initiativen gegen Rassismus und Rechtsextremismus zeigen doch schon jetzt, wie gut die Arbeit funktionieren kann. Es gibt runde Tische, die überparteilich agieren, Bündnisse, die im Konsens entscheiden, und Aktionen, die kreativ, bunt und friedlich vonstatten gehen.
Natürlich sind die Akteure immer wieder zutiefst unterschiedlich. Das kennen wir auch aus dem Landeshaus. Doch egal ob Pastor, Privatmann, Punk oder Politiker, hier wird im demokratischen Konsens entschieden und gemeinsam gehandelt, und das ist gut so.
Wir sollten das alles nicht durch ein Klima des Misstrauens behindern oder unmöglich machen; denn eines ist klar: Demokratie kann man nicht verordnen. Eine Unterschrift auf einem Blatt Papier verbunden mit dem Aufruf zum Generalverdacht hilft niemandem weiter.
Demokratie braucht Freiraum. Demokratie muss sich entwickeln. Demokratie muss gelebt werden. Also Schluss mit der Gängelung durch die Extre
mismusklausel. Lassen Sie uns alle daran arbeiten, die Demokratie zu stärken. Eine Klausel brauchen wir dafür nicht.
Da gestern Willy Brandt zitiert worden ist, möchte ich heute jemandem sozusagen von der anderen Seite zitieren, nämlich die große liberale Politikerin Hildegard Hamm-Brücher, die gesagt hat: Durch Ruhe und Ordnung kann die Demokratie ebenso gefährdet werden wie durch Unruhe und Unordnung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Tagen wurden die Pressemitteilungen dominiert durch Berichte über einen vermutlich islamistischen Anschlagsversuch am Hauptbahnhof in Bonn. Wir haben vor wenigen Tagen hier im Haus der Opfer des feigen Anschlags in Mölln vor 20 Jahren gedacht. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde durch die Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle deutlich, dass Rechtsextremismus in Deutschland eine ganz andere Dimension der Bedrohung darstellt, als wir das in der Vergangenheit geglaubt haben.
Deshalb ist es richtig, dass unsere wehrhafte Demokratie Aktivitäten von Extremisten welcher politischen Couleur auch immer mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft. Dazu gehört auch Bildungsund Präventionsarbeit.
Das Programm der CDU/CSU-FDP-geführten Bundesregierung „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ ist mit einem Titelansatz von 29 Millionen € in den Jahren 2012 und 2013 ausgebracht worden. Der ausdrückliche Dank der CDU-Landtagsfraktion gilt deswegen ganz besonders Bundesministerin Kristina Schröder, die diesen Etatansatz vor zwei Jahren, also noch vor der Aufdeckung der NSU-Terrorzelle, um 4 Millionen € angehoben hat.
(Martin Habersaat [SPD]: Gibt es auch Geld für Leute, die sich nicht engagieren, quasi als Ersatzprämie? - Vereinzelter Beifall und Hei- terkeit SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
- Ich bin nicht sicher, ob eine so ungewöhnlich lustige Bemerkung bei diesem Tagesordnungspunkt angebracht ist, bei dem Sie ernsthaft versuchen, alle Demokraten zum Kampf gegen Extremismus zu vereinen.
Ich will dem Kollegen von Pein auch überhaupt nicht sein Engagement in diese Richtung absprechen. Der Redebeitrag aber, den er hier geleistet hat, und die Anschauung, die hinter Ihrem Antrag steht, lässt mich einige Fragezeichen erkennen, wenn es um die Ernsthaftigkeit unseres gemeinsamen Bemühens geht.
Aufgrund der Vorfälle, die ich eingangs geschildert habe, ist es auch richtig, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern sollen, dass extremistische Gruppen oder Einzelpersonen von staatlichen Zuwendungen, also von Steuergeldern profitieren. Dieser Gedanke ist gar nicht so neu. Bereits seit 2005 enthalten die entsprechenden Förderrichtlinien des Bundes ein Bekenntnis zum Grundgesetz. Was Otto Schily damals einführte, lehnen die schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen von heute ab.
„Hiermit bestätigen wir, dass wir uns zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleisten.“
So lautet der erste Satz der Demokratieerklärung, die Sie hier kritisieren. Diese muss von Antragstellern unterzeichnet werden, die Fördermittel des Bundesfamilienministeriums erhalten wollen. Das kann ja wohl nicht ernsthaft ein Problem sein.
Sie sollten vielmehr einmal überlegen, welches Signal Sie als regierungstragende Fraktionen aussenden, wenn Sie eine solche Selbstverständlichkeit als respektlos und diffamierend bezeichnen.
Der zweite Satz der Demokratieerklärung wurde nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts in Dresden im Sinne der Antragsteller präziser formuliert. Dieser lautet jetzt:
„Wir werden keine Personen oder Organisationen mit der inhaltlichen Mitwirkung an der Durchführung des Projekts beauftragen, von denen uns bekannt ist oder bei denen wir damit rechnen, dass sie sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung betätigen.“
Ich finde vielmehr, es sollte selbstverständlich sein, dass sich Projektträger, die mit Jugendlichen oder Multiplikatoren gegen Extremismus arbeiten wollen, selbst die größte Mühe geben, sich nicht mit Extremisten gemein zu machen.
Es wird aber noch besser; denn das Programm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ umfasst drei Bestandteile, zum Ersten lokale Aktionspläne, von denen bereits Hunderte bundesweit bewilligt worden sind, zum Zweiten Modellprojekte, von denen zig in Deutschland bewilligt worden sind, und drittens die landesweiten Beratungsnetzwerke, von denen es 16 in Deutschland gibt.
Sie fordern nun mit Ihrem Antrag die Abschaffung der Demokratieerklärung beziehungsweise der Extremismusklausel nur für den Programmbereich der landesweiten Beratungsnetzwerke. In der Förderrichtlinie heißt es dazu ausdrücklich:
„Antragsteller und Empfänger der Bundesmittel für die Beratungsnetzwerke sind die von den Ländern benannten Landesministerien.“
Bei uns ist das das Sozialministerium. Die Abwicklung beziehungsweise die Weiterverteilung der Mittel an die Letztempfänger geht über die Landeskoordinierungsstelle, die beim Innenministerium angesiedelt ist. Wie alle Länder hat Schleswig-Holstein bisher an diesem Programm partizipiert. Mir ist - zumindest vonseiten der zuständigen Ministerien - bisher nicht bekannt, dass es Probleme mit der Demokratieerklärung gegeben hätte. Ich frage mich nun: Warum rechnen Sie in Zukunft damit?
Um eines einmal ganz klar zu sagen: Wir erwarten, dass das Land Schleswig-Holstein weder jetzt noch in Zukunft mit Extremisten oder ihnen nahestehenden Personen oder Organisationen zusammenarbeitet.
Wenn man sich Ihren Antrag in diesem Sinne ansieht, dann besagt er: Sie wollen künftig nicht mehr die Hand dafür ins Feuer legen, dass all diejenigen, die Sie als Partner aussuchen, an dieser Stelle sicher und sauber sind. Das ist ein verheerender Eindruck für jede glaubhafte Arbeit gegen Extremismus. Deswegen fordere ich Sie, meine Damen und Herren, auf: Ziehen Sie diesen Antrag zurück. Er scha