Einige meinen, überhaupt sei die Gleichstellung in den Kommunen doch verwirklicht; immerhin stellten Frauen heute im öffentlichen Dienst die Mehrheit.
Diese Haltung ist aufschlussreich, geht an der Sache der Gleichstellung aber vorbei und zeigt, dass das hier für eine gesetzliche Klarstellung notwendig ist, und das tun wir hiermit.
Denn Artikel 9 unserer Landesverfassung gebietet die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, „als Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der anderen Träger der öffentlichen Verwaltung“. Insbesondere ist darauf hinzuwirken, dass Frauen und Männer in kollegialen öffentlichrechtlichen Beschluss- und Beratungsorganen zu gleichen Anteilen vertreten sind.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen: Verwirklicht ist dieses Verfassungsziel noch immer nicht. Jeder weiß, dass Frauen immer noch deutlich weniger verdienen als Männer. Frauen sind bedingt durch familiäre Aufgaben ganz überwiegend in Teilzeit tätig. Und sie sind in Führungspositionen in Verwaltungen und gerade auch in den kommunalpolitischen Entscheidungsgremien noch deutlich unterrepräsentiert.
Ich will nur eine Zahl nennen: Beispielsweise liegt der Frauenanteil in den Verwaltungsspitzen der Landkreise und kreisfreien Städte in SchleswigHolstein gerade einmal bei 7 %. Das ist noch weniger als der ohnehin schon schwache Bundesdurchschnitt von 11 %. Von verwirklichter Gleichstellung kann da wohl nicht die Rede sein.
Niemand erwartet, dass die Kommunen das allein regeln. Ich erwarte auch keine freiwilligen Mehrleistungen. Aber die Umsetzung der bestehenden Rechtslage erwarte ich schon.
Wir bestellen damit keine „neue Musik“, aber wir wollen die schon lange auf dem Programm stehende Musik endlich hören.
Meine Damen und Herren, wenn wir mehr tatsächliche Gleichstellung wollen, wenn wir mehr Frauen in Führungspositionen wollen und in politischen Entscheidungsgremien, wenn wir dem Verfassungs
anspruch gerecht werden wollen, dann können wir etwas tun, und dann müssen wir etwas tun. Das gilt für alle Ebenen, auch und gerade für die Ebene, wo das tägliche Zusammenleben stattfindet, in der Kommune.
Dabei stärken Gleichstellungsbeauftragte längst nicht mehr nur Frauen. Sie unterstützen Frauen und Männer darin, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Das ist im demografischen Wandel ein wichtiger Standortfaktor.
Um davon zu profitieren und um im Handlungsfeld der Gleichstellung noch mehr zu erreichen, bedarf es starker Gleichstellungsbeauftragter. Darauf zielt unser Gesetzentwurf, der mir wirklich sehr am Herzen liegt und um dessen Unterstützung ich ganz herzlich bitte. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Dank gilt erst einmal allen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Schleswig-Holstein. Gleichstellungsbeauftragte sind unverzichtbare Akteurinnen und Akteure in den Verwaltungen und unverzichtbar für die Bürgerinnen und Bürger. Ihr Arbeitsbereich beschränkt sich allerdings nicht auf den Bereich Sozialpolitik. Die Landesregierung traut es unseren Kommunen aber offenbar nicht zu, eigenständig über die Notwendigkeit der Gleichstellungsbeauftragten zu befinden.
Mit Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften haben Sie den Kommunen eine Reihe unsinniger Berichtspflichten auferlegt. Sie trauen den Kommunen beim Klimaschutz nicht über den Weg, deshalb müssen diese jetzt auch berichten, und Sie trauen den Kommunen beim Schutz der Minderheiten nicht über den Weg, auch da muss berichtet werden. Auch bei der Gleichstellung trauen Sie den Kommunen jetzt nicht über den
Weg. Deshalb sollen die Kommunen jetzt gesetzlich verpflichtet werden, ab einer bestimmten Größe die Gleichstellungsbeauftragten grundsätzlich in Vollzeit zu beschäftigen.
Ich will an dieser Stelle eines deutlich sagen - ich habe es bereits am Anfang gesagt -: Gleichstellung ist eine wichtige Aufgabe,
Aber die Entscheidung darüber, wie diese Aufgabe wahrgenommen wird, kann am besten von den Verantwortlichen vor Ort getroffen werden.
Der auch im Gesetzentwurf zitierte Landräteerlass formuliert dies völlig richtig: Die Frage, in welchem zeitlichen Umfang eine Gleichstellungsbeauftragte beschäftigt wird, muss sich jedoch letztlich nach dem tatsächlichen Umfang der Gleichstellungsaufgaben richten.
Wenn Sie jetzt die Notwendigkeit sehen, hier eine Regelung auf Gesetzesebene zu treffen, zeigt dies, Sie trauen den Kommunen nicht zu, hier sachgerecht zu entscheiden.
Nein, der Landrat des Kreises Ostholstein und Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, nennt das Gesetz „ideologisch überlagert“.
Ich würde an Ihrer Stelle auch nicht darauf wetten, dass die Kommunen es als Vorteil sehen, dass ihnen das Land Mehrbelastungen aufs Auge drückt, aber sich an den Kosten natürlich nicht beteiligt und das, obwohl offensichtlich sogar der Innenminister der Meinung war, dass das Gesetz Konnexität auslöst.
Zurückgepfiffen wurde er dem Vernehmen nach vom Ministerpräsidenten nach dem Motto: Wo kämen wir denn hin, wenn das Land für den Murks, den es verzapft, auch noch selbst zahlen würde?