Protocol of the Session on November 18, 2016

(Beifall FDP)

Die größte Herausforderung wird es sein, möglichst viele Lehrkräfte für die digitale Vermittlung von Lerninhalten fitzumachen. Wir plädieren dafür, dass bereits in der Grundschule die Vermittlung digitaler Medienkompetenz und - natürlich altersgerecht - die Vermittlung von Programmiersprachen auf dem Lehrplan stehen. Letzteres wird in Zukunft von der Bedeutung her der Vermittlung der ersten Fremdsprache gleichkommen.

Die Hochschulen des Landes sollten finanziell in die Lage versetzt werden, die Zahl der Online-Studiengänge sowie der online abrufbaren Vorlesungen und Seminare deutlich zu erhöhen.

Auch unsere Wirtschaft wird sich spürbar verändern. Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung für unsere Wirtschaftsordnung. Apple, aber insbesondere Google und Facebook zeigen uns, dass es deutlich schwerer geworden ist, die Domi

(Christopher Vogt)

nanz einzelner Konzerne einzugrenzen. Wir profitieren von scheinbar kostenlosten Angeboten, zahlen aber tatsächlich mit unseren Daten, die zu einer Art neuer Weltwährung geworden sind. Viele Menschen haben das noch nicht erkannt.

(Martin Habersaat [SPD]: Das musste uns einmal jemand sagen!)

- Herr Kollege Habersaat, es ist schön, dass auch Sie sich fachkundig zu Wort melden. Das ist immer sehr wertvoll für alle Beteiligten.

Im Land brauchen wir eine an die Herausforderungen der Digitalisierung angepasste Strategie zur Gründung beziehungsweise Ansiedlung von Unternehmen. Wir fordern die Einrichtung von OneStop-Shops als echte zentrale Ansprechpartner für Unternehmensgründer. Die Fort- und Weiterbildung wird sich angesichts der Digitalisierung entsprechend weiterentwickeln.

Die gesetzliche Stärkung flexibler Arbeitszeitmodelle sowie des Rechts auf Tätigkeit im Home-Office sollten wir ebenfalls im Auge haben. Die Niederlande sind insoweit vorbildlich.

Die Digitalisierung kann vielen Arbeitnehmern das Leben erheblich erleichtern, wenn die Herausforderungen in den Unternehmen und auch gesetzgeberisch richtig angepackt werden. Die großen deutschen Gewerkschaften, die sich dazu zu Wort melden, und die Arbeitsministerin, Frau Nahles, haben das noch nicht richtig erkannt. Das ist zumindest mein Eindruck, wenn ich verfolge, was sie dazu äußern.

Ich will mich ungern in den Kompetenzbereich des Kollegen Dr. Garg einmischen, gestatte mir aber den Hinweis, dass die Digitalisierung im Bereich der medizinischen Versorgung gerade den strukturschwachen Regionen große Vorteile bringen wird. Das wird den Landarzt, der vielerorts gesucht wird, nicht ersetzen. Aber die Telemedizin wird für viele Menschen gerade in einer älter werdenden Gesellschaft das Leben erheblich vereinfachen. Es wird an vielen Stellen auch kostengünstiger werden. Das ist eine gewaltige Chance.

(Beifall FDP)

Diese Einschätzung gilt auch für das Thema Mobilität.

Ich möchte abschließend zu dem Thema digitale Infrastruktur kommen; das ist ganz elementar. Aus meiner Sicht sind hier auch die Telekommunikationsunternehmen gefragt. Ich weiß nicht, ob Sie gestern den Bericht dazu im öffentlich-rechtlichen

Rundfunk vernommen haben. Es ging darum, wie hoch die Kosten des mobilen Surfens sind. Es ist erstaunlich, dass die Unternehmen in Deutschland für das gleiche Geld deutlich weniger Datenvolumen anbieten als in unseren Nachbarländern; dort gibt es dafür das Vielfache unseres Datenvolumens. Auf diesem Gebiet muss die Politik etwas mehr Druck machen.

(Uli König [PIRATEN]: Ein Hoch auf den freien Markt!)

- Ein freier Markt ist das an dieser Stelle leider nicht, Herr Kollege!

(Uli König [PIRATEN]: Aha!)

Das ist das Problem.

Noch entscheidender ist das Vorhandensein von Breitbandanschlüssen. Die Landesregierung klopft sich in letzter Zeit gern selbst dafür auf die Schulter, dass unser Bundesland bei den Glasfaseranschlüssen im bundesweiten Vergleich vorn liegt. Das ist aus meiner Sicht aber nicht wirklich ein Verdienst dieser Landesregierung.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nein, nein! - Zuruf SPD: Ein Verdienst der FDP?)

- Vielleicht hören Sie einmal zu, meine Damen und Herren Sozialdemokraten! Ich weiß, dass es für Sie manchmal schwer zu ertragen ist, wenn man nicht immer sagt, dass alles, was gut ist, an Ihnen liege, während für alles, was schlecht ist, andere Leute verantwortlich seien. Das ist eine relativ schlichte Sichtweise. Beim Breitbandausbau liegt die Ursache auch darin, dass die Telekom sehr lange, eigentlich bis heute, auf Kupferkabelanschlüsse in Schleswig-Holstein setzt. Es ist das Verdienst vieler kleiner, lokaler Anbieter, vor allem von Stadtwerken, die in diese Lücke gestoßen sind und Breitbandanschlüsse verlegt haben.

(Beifall FDP - Wortmeldung Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

- Herr Dr. Stegner, 9 Minuten haben Sie gebraucht.

(Heiterkeit)

Mit anderen Worten, Sie erlauben diese Zwischenbemerkung?

(Christopher Vogt)

Herr Abgeordneter Dr. Stegner, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege Vogt, ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass die Telekom und andere nicht müde wurden zu versuchen, die Landesregierung davon zu überzeugen, dass die Zukunft doch auch in anderer Technik als in der Glasfaser liege könne. Dem hat sich die Landesregierung richtigerweise widersetzt. Wir reklamieren durchaus nicht, für alles verantwortlich zu sein. Dennoch sind die Oppositionsreden hier immer lustig: Wenn die Wirtschaft gut läuft, die Zahl der Arbeitsplätze auf Rekordniveau ist und die Haushaltsvorgaben eingehalten werden, dann passiert das angeblich trotz dieser Landesregierung, obwohl wir einen ganz anderen Kurs vertreten als Sie.

(Beifall Volker Dornquast [CDU])

- Es gibt sogar noch Leute, die aufwachen, wenn man so etwas sagt! Das ist schön. Guten Morgen!

Es ist jedenfalls ein bisschen kurios. Vor allen Dingen habe ich hinreichend Fantasie, mir vorzustellen, wie Sie, Herr Kollege Vogt, reden würden, wenn es anders wäre, unser Bundesland also hinten liegen würde. Dann würden Sie behaupten, diese Landesregierung und diese Koalition seien schuld, während die Liberalen alles besser gemacht hätten.

„Man muss auch gönnen können“, heißt es bei den Rheinländern. Das sollten vielleicht auch Sie.

Ich kann durchaus gönnen, Herr Dr. Stegner. Aber so viel Glück, wie Sie beim Thema Staatsfinanzen hatten, muss man erst einmal haben.

(Lachen SPD)

Bleiben wir bei der Realität, Herr Dr. Stegner: In der Tat ist es richtig, dass die Landesregierung - allerdings nicht erst diese Landesregierung - bei den Themen Breitbandausbau und Glasfaser hart geblieben ist. Insofern gibt es natürlich einen Beitrag des Landes.

Wie gesagt, es liegt an der immer noch starken Verbreitung von Kupferkabeln in Schleswig-Holstein, durch die wir eine große Glasfaserlücke hatten. In

diese sind viele regionale Anbieter, auch Stadtwerke, gestoßen. Das müsste doch Sie als Sozialdemokraten ganz besonders freuen.

Herr Dr. Stegner, Sie können sich wieder hinsetzen; das ist völlig in Ordnung. Ich will Sie nicht überfordern.

(Heiterkeit FDP)

Wir sollten nicht vergessen, dass wir im internationalen Vergleich noch extrem hinterherhinken, was den Glasfaserausbau angeht. Die Kritik von Minister Meyer an der fehlenden Sinnhaftigkeit der Ausbauziele des Bundes teilen wir übrigens ausdrücklich. Es ist ja wirklich nervig. Ständig werden irgendwelche Ziele genannt, die man am Ende doch nicht einhalten kann.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Herr Dr. Stegner, ich kann nicht nur gönnen, sondern auch loben. Das Backbone-Konzept des Landes, um den privatwirtschaftlich betriebenen Breitbandausbau in den nicht versorgten Gebieten sinnvoll zu ergänzen, ist im Grundsatz zu begrüßen. Hierfür müssen aber Bund und Land deutlich mehr Mittel zur Verfügung stellen, als es bisher vorgesehen ist. Zudem müssen die bürokratischen Hemmnisse endlich abgebaut werden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist mehr als deutlich geworden: Die Digitalisierung ist ein weites Feld. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die Vorlagen - die PIRATEN haben uns dazu ja auch einen vierzehnseitigen Antrag vorgelegt - in den Ausschüssen weiter diskutieren würden und wenn wir verstärkt mit weiteren gesellschaftlichen Akteuren ins Gespräch kommen könnten. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und Peter Lehnert [CDU])

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Axel Bernstein das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist es - so glaube ich - völlig unstrittig, dass auch Schleswig-Holstein eine digitale Agenda braucht. Deswegen ist es ein richtiger und dankenswerter Ansatz der FDP, einen Antrag dazu vorzulegen. Die Kehrseite davon, wenn die Opposition in der Pflicht ist, Anträge zu einem so entscheidenden Punkt auf den Tisch zu legen, ist, dass es geradezu unfassbar ist, dass die Landesregierung im

Jahr 2016 keine digitale Agenda hat. Sie hat noch nicht einmal eine Idee, wie eine digitale Agenda aussehen könnte.

(Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD])