Protocol of the Session on November 18, 2016

Ich eröffne die heutige Sitzung. Als erkrankt sind gemeldet die Abgeordneten Heike Franzen, Ines Strehlau und Wolfgang Kubicki. Wir wünschen ihnen gute Besserung!

(Beifall)

Wegen auswärtiger wichtiger Termine auf Bundesebene ist Herr Minister Studt ganztägig entschuldigt.

Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Plön und des Gymnasiums Altenholz. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Seit wenigen Minuten liegt auf Ihren Plätzen:

Situation der NOB auf der Strecke HamburgWesterland

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von CDU, PIRATEN und FDP Drucksache 18/4891

Wird das Wort zur Begründung gewünscht?

(Uli König [PIRATEN]: Ja!)

- Dann hören wir jetzt die Begründung für den Dringlichkeitsantrag durch den Abgeordneten König.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fasse mich kurz. Das Eisenbahnbundesamt hat etwa 90 Wagen der NOB aus dem Verkehr gezogen. Das heißt, dass der Ersatz etwa acht Monate dauern wird.

Aktuell fahren Pendlerzüge, die sonst mit sechs bis zehn Wagen ausgestattet sind, nur noch mit einem Doppelwagen. Leute kommen nicht zur Arbeit.

Deswegen ist es dringend, dass wir uns heute einen Bericht von Minister Meyer geben lassen und einen Überblick über die Situation bekommen. Mir wurde schon von Opposition und Koalition signalisiert, dass sie der Dringlichkeit zustimmen. Dafür bedanke ich mich.

(Beifall PIRATEN, CDU, FDP und SSW)

11192 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 134. Sitzung - Freitag, 18. November 2016

Weitere begründende Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 18/4891 abstimmen. Dabei gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist einstimmig. Dann wird dieser Antrag in die heutigen Beratungen aufgenommen. Nach Verständigung der Parlamentarischen Geschäftsführer wird er dem bestehenden Tagesordnungspunkt 29 mit der Nummer 29 B nachgeordnet.

Ich bitte die Fraktionen, die Rednerinnen und Redner dem Präsidium bekannt zu machen. Die Redezeit beträgt 5 Minuten je Fraktion plus die üblichen persönlichen Anmerkungen. Bitte teilen Sie uns mit, wer sprechen soll, damit wir das ordentlich aufrufen können.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Digitale Agenda für Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/4850

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/4883

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich teile mit, dass im Rahmen dieser Debatte die FDP-Fraktion eine Redezeit von 10 Minuten und alle anderen Fraktionen eine Redezeit von 5 Minuten bekommen, wie es im Ältestenrat vereinbart wurde.

Wir starten mit der antragstellenden Fraktion. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Christopher Vogt für die FDP.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der digitale Wandel ist schon lange keine Zukunftsmusik mehr. Er verändert nahezu alle Lebensbereiche und damit auch alle Politikbereiche bereits seit Jahren. Er wird dies in den nächsten Jahren ganz sicher mit weiter zunehmender Geschwindigkeit tun. Das hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, und das bringt natürlich auch sehr viele politische Herausforderungen mit sich. Es muss also darum gehen, wie man Bürgerrechte schützt und wie man die Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen und

Generationen und natürlich auch unseren Wohlstand sichern kann.

Natürlich beschäftigen sich alle politischen Kräfte schon seit geraumer Zeit mehr oder weniger intensiv mit dieser Entwicklung. Unser Ziel ist es jedenfalls, Schleswig-Holstein zu einer digitalen Vorzeigeregion in Europa zu machen. Bis dahin gibt es noch sehr viel zu tun. Das ist aber aus unserer Sicht möglich.

Wir sollten zum Beispiel nach Estland schauen. Dort hat man bereits sehr früh begriffen, dass die Digitalisierung die große Chance zur Modernisierung des Landes ist. Bei uns gibt es da noch sehr viel Luft nach oben. Allerdings brauchen wir uns aus meiner Sicht nicht zu verstecken. SchleswigHolstein hat es immerhin im Jahr 2009 schon geschafft, dass eine ganze Landesregierung auseinandergetwittert wurde. Das ist doch schon eine Leistung.

(Beifall FDP - Lachen Beate Raudies [SPD])

- Dass ich die Kollegin Raudies am Freitagmorgen begeistern kann, ist das größte Geschenk überhaupt.

(Heiterkeit - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ihr wer- det schon noch Freunde! - Beate Raudies [SPD]: Das dauert mindestens noch eine Le- gislaturperiode!)

- Frau Raudies, schön dass Sie auch da sind!

Auch die aktuelle Landesregierung hat die Herausforderungen, die mit der Digitalisierung verbunden sind, offenbar auf dem Schirm. Meine Fraktion ist der Meinung, dass wir in diesem Hohen Hause dieser Entwicklung nicht weiter im Schneckentempo hinterherkriechen sollten.

Wir sind auch der Auffassung, dass es dem Parlament Ende des Jahres 2016 gut zu Gesicht stünde, bei der digitalen Agenda nicht weiter auf eine Regierungsvorlage zu warten, sondern sich mit Vorschlägen aus der Mitte des Parlaments auseinanderzusetzen.

Aus diesem Grund haben wir Ihnen heute einen entsprechenden Antrag vorgelegt, der im Wesentlichen die Kurzversion eines Positionspapiers darstellt, das wir in den letzten Monaten erarbeitet haben. Ich bekenne ganz offen, dass das eine gewisse Herausforderung für uns war. Die Digitalisierung ist zwar kein Neuland für uns, aber das Thema ist schon sehr komplex, um es mit Fraktionsmitteln sinnvoll aufzubereiten.

Wenn in Deutschland politisch über die Digitalisierung diskutiert wird, geht es meistens um die Äng

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ste, die damit verbunden sind: um die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust, um die Angst vor Entmenschlichung oder auch um die Angst vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Ich glaube und meine Fraktion glaubt, dass das eine suboptimale Herangehensweise ist. Natürlich hat jede große Entwicklung nicht nur Vorteile, sondern sie hat auch Nachteile. Aber es bringt doch nichts, wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen. Ich will Sie jetzt nicht zu ,,German Mut“ auffordern und die Beta-Republik ausrufen.

(Beifall FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber die Vorteile überwiegen, wenn man offensiv mit dem Thema umgeht!)

Wir haben insgesamt neun politische Handlungsfelder identifiziert, und ich möchte einige Beispiele nennen, bei denen wir zu dem Schluss gekommen sind, dass der Staat beziehungsweise die Politik handeln sollte.

Zunächst sollte es um einige grundsätzliche Dinge gehen. Der Staat muss Netzneutralität gewährleisten. Er muss Bürgerrechte schützen. Er sollte Daten nur bei konkreten Anlässen speichern. Wir plädieren für eine Klarstellung beim Recht auf das Vergessenwerden und für eine bessere Regelung beim digitalen Nachlass, wenn Menschen versterben. Die sogenannte Störerhaftung muss aus unserer Sicht endlich vollständig abgeschafft werden,

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

denn ansonsten wird es in Deutschland nicht gelingen, ein auch nur annähernd flächendeckendes WLAN-Netz zu spinnen.

Der Staat muss seine Verwaltung in höherem Tempo als bisher digitalisieren. Die Kommunikation mit dem Bürger sollte zukünftig weitestgehend papierlos möglich sein, und die Einrichtungen und Liegenschaften in der Zuständigkeit des Landes sollten offenes WLAN anbieten, um einen Impuls an der Stelle zu bieten.

Wir sprechen uns für Transparenzportale aus, auf denen Verwaltungsdaten, die keine personenbezogenen Daten oder Betriebsgeheimnisse beinhalten, den Bürgern und Unternehmen öffentlich zugänglich gemacht werden.

Wir sprechen uns auch für eine verstärkte Präsenz der Landesbehörden im Internet, insbesondere in den sozialen Medien, aus, um die Bürger auf diesem Wege besser zu erreichen.

Die Digitalisierung ist auch eine Herausforderung für die öffentliche Sicherheit. Wir brauchen ein effektives Cyber-Abwehrzentrum auf Bundesebene. Neue Verschlüsselungstechnologien sind zu entwickeln. Die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten bei der Landespolizei sind an die gestiegenen Anforderungen digitaler Kriminalitätsbekämpfung anzupassen.

Auch in Bezug auf die Ausstattung von Dienststellen und Dienstfahrzeugen mit schnellem Internetzugang und entsprechenden digitalen Endgeräten haben wir großen Nachholbedarf. Darüber haben wir im Plenum in den vergangenen Monaten schon mehrmals lebhaft debattiert.

Der Bildungsbereich wird sich durch die Digitalisierung in den nächsten Jahren radikal verändern. Es ist sicherlich keine Übertreibung, wenn man angesichts dessen von „Revolution“ spricht. Allerdings ist an den meisten schleswig-holsteinischen Schulen davon noch relativ wenig zu spüren. Viele Schulen befinden sich im wahrsten Sinne des Wortes noch in der Kreidezeit. Ich will Ihnen erschreckende Statistiken, die ich dazu in den vergangenen Tagen herausgesucht habe, ersparen. Es bedarf vor allem der Digitalisierung von Lehrmaterialien und der Einrichtung einer landesweiten E-Learning-Plattform. Das geplante milliardenschwere Investitionsprogramm des Bundes begrüßen wir ausdrücklich; meine Partei hat es seit Langem gefordert. Es wäre aber auch sinnvoll, wenn den Schulen das Personal zur Bewältigung der neuen Herausforderungen zur Verfügung gestellt würde. Das, was wir dazu bisher gehört haben, ist ein bisschen dünn.

(Beifall FDP)