Dann polemisieren Sie gegen die Lehrkräfteausbildung. Sie sprechen von „Einheitslehrern“. Ich muss Ihnen sagen: Das ist retro, retro, retro - genauso wie Ihre Kopfnoten-Bemerkung an die Frau Ministerin. Sie hätten sie lieber für die Substanz ihrer Arbeit loben sollen und nicht nur dafür, dass sie mit Ihnen ordentlich umgeht. Das haben Sie vermieden, eben weil Sie „retro“ sind und nicht verstanden haben, dass Bildungspolitik eine Frage von Qualität und nicht von Kopfnoten ist. Ihre „Einheitslehrer“-Rhetorik ist wirklich von vorgestern. Sie hängt einem zum Halse heraus, wenn man sie zum fünfundneunzigsten Mal hören muss.
Sie freuen sich, dass sie eine moderne Ausbildung bekommen. Frischer Wind an unsere Schulen - das ist gut für unsere Schulen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildung entscheidet über Lebenschancen; das wissen wir ganz genau. Herr Günther, ich akzeptiere Ihre Kritik, dass wir es noch nicht ganz geschafft haben; insofern haben Sie Recht. Aber mit unseren Metho
den versuchen wir, jedenfalls eine Verbesserung hinzubekommen. Wir wollen nicht zurückgehen zu einem Aussortieren von Kindern, wie Sie es gern hätten: „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen!“ Das ist Ihre Bildungspolitik, nicht die unsrige.
Wir werden nicht eher ruhen, bis wir es geschafft haben, dass jedes Kind und jeder Jugendliche die besten Bildungschancen hat, die möglich sind.
Herr Kollege Günther, wir lassen Ihnen nicht Ansagen durchgehen wie: „Wir sind für den Schulfrieden, aber...“ Ihr Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule in Ihrem Wahlprogramm ist in Wirklichkeit nicht einmal das Papier wert, auf dem es geschrieben steht. Was Sie nämlich vorschlagen, liefe darauf hinaus, die Gemeinschaftsschule so zu entkernen, dass sie sich zur Regionalschule zurückentwickeln müsste. Das ist nicht das, was die Menschen wollen.
Dort, wo die Menschen wirklich mit den Füßen abgestimmt haben, war nämlich zu beobachten, dass sie sich für die Gemeinschaftsschule und nicht für die Regionalschule entschieden haben. Nehmen Sie einmal die Fakten zur Kenntnis, Herr Kollege!
Das gilt übrigens sogar in den Regionen, wo wir leider noch nicht die Mehrheit haben und wo konservative Amtsvorsteher uns immer wieder sagen: Gott sei Dank regiert nicht meine Partei in Kiel und macht nicht die Bildungspolitik, die Sie, Herr Günther, hier vorgeschlagen haben.
Sie wollen die Schülerinnen und Schüler wieder in unterschiedliche Leistungsklassen aufsplitten. Sie wollen zwei Schularten in einem Gebäude schaffen. Inklusion wird bei Ihnen zur Makulatur. Das ist Bildungspolitik von vorgestern. Diese braucht wirklich niemand. Die Gymnasien streiten um G 8 oder G 9. Schülerinnen und Schüler werden aussortiert. So sieht die Schulwelt der CDU aus.
Herr Kollege Günther, Sie haben ja bald keinen Landesvorsitzenden mehr unter sich, den Sie - wie die letzten vier - bei Bedarf vor die Tür setzen können. Künftig tragen Sie direkt Verantwortung. Deswegen wende ich mich an Sie. Sie tragen auch Verantwortung für das Thema Schulfrieden. Ich hätte erwartet, dass Sie die Ergebnisse des Bildungsdialogs endlich akzeptieren.
Sie behaupten es. Aber de facto konterkarieren sie es mit allem, was Sie tun. Daran werden Sie sich messen lassen müssen, wenn man einen Vergleich zieht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten in der aktuellen Legislaturperiode die Integration vieler Kinder und Jugendlicher, die vor Not, Folter, Krieg und Bürgerkrieg geflohen und zu uns gekommen sind, zu bewältigen. Das war und ist eine Herausforderung. Ich glaube, wir in der Bundesrepublik Deutschland haben sie unter Nutzung unserer Ressourcen vorbildlich gelöst. Unsere Methode ist nicht: „Abschotten - Abschrecken - Abschieben“, wie ich es oft aus den Reihen der CDU höre. Wir kümmern uns um diejenigen, die hierhergekommen sind, damit sie mitmachen können. Das ist nämlich eine große Chance für unser Land. 50 % der Flüchtlinge sind unter 25 Jahre alt. Wenn wir sie gut ausbilden und integrieren, dann ist das gut für unser Land, und für die Menschen ist es auch gut.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der nächsten Legislaturperiode muss es darum gehen, eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Ja, das wollen wir. Dafür muss man genügend Lehrkräfte zur Verfügung stellen. Dabei muss man übrigens ehrlich bleiben. Was wir nicht versprechen können - das wäre geradezu absurd, Herr Kollege Günther -: Keine Unterrichtsstunde fällt mehr aus! - Wie soll das denn gehen? Lehrkräfte werden krank, haben Unfälle, und es gibt auch andere Gründe, die kurzfristig eintreten können. Es wäre nicht seriös, so etwas zu versprechen. Wir können aber versprechen, die Systeme so zu verbessern, dass es auch für den längeren Ausfall von Lehrkräften Regelungen gibt. Wir haben schon dafür gesorgt, dass es genügend Luft im System gibt, indem wir die Kürzungen zurückgenommen haben, die Sie von der CDU zu verantworten haben. Das ist der richtige Weg.
Neben der Quantität müssen wir uns gleichzeitig um die Qualität kümmern; auch das tun wir. Neben der 100-prozentigen Unterrichtsversorgung gibt es verschiedene Ansätze, mit denen wir das bewerkstelligen:
Erstens. „Wege zum Abitur“ - das heißt bei uns inzwischen, dass die Eltern flächendeckend die Möglichkeit haben, ihre Kinder entweder in acht Jahren, auf einem Gymnasium, oder in neun Jahren, auf ei
ner Gemeinschaftsschule oder einem Beruflichen Gymnasium, zum Abitur zu bringen. Das ist ein flächendeckendes Angebot, wie es sonst fast kaum in der Bundesrepublik existiert. Das ist gut so. Es war unser Entscheidung, dies umzusetzen.
Zweitens. Wir müssen bei den Ganztagsschulen mehr tun. Wer Chancengerechtigkeit will, der muss Schritt für Schritt aus dem traditionellen Halbtagsunterricht, der die Lernbedingungen am Nachmittag vom Einkommen der Eltern abhängig macht, aussteigen. Wir wollen mehr offene Ganztagsschulen. Wir wollen mehr gebundene Ganztagsschulen. Auch das werden wir schaffen müssen, damit die Bildungschancen gerade für diejenigen, die es besonders nötig haben, besser werden. Das ist das, was wir miteinander erreichen wollen. Wir orientieren uns nicht an dem Motto: Bleibt da, wo ihr seid! Oben und unten: Das ist gut geregelt! - Wir wollen mehr Chancengleichheit. Das gehört dazu.
Drittens. Wir wollen bei der Inklusion vorankommen. Das, was Sie dazu vorgetragen haben, Herr Günther, war ganz dünne Suppe. Sie hätten sich fachlich informieren sollen, was in diesem Bereich schon geschieht. Wir tun schon einiges. Wir sind im Ländervergleich schon gut vorangekommen. Wir wissen aber auch, dass es ein schwieriger Weg ist, auf dem man um Akzeptanz ringen muss, auf dem man Ressourcen braucht, auf dem man Fortbildung braucht. Darum streiten wir. Jeder Schritt, der in diese Richtung führt, ist ein guter, übrigens gerade für die Eltern, die betroffen sind.
Viertens. Nichts geht ohne gut motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Jeder weiß, dass dieser Job aufreibend und anstrengend ist. Gute Leute machen Schule. Unsere Lehrkräfte brauchen unsere Unterstützung, nicht nur in Worten, sondern in Taten. Sie brauchen eine gute, moderne pädagogische Ausbildung. Wir haben das Lehramtsstudium neu organisiert. Mit den verpflichtenden Praktika sorgen wir dafür, dass man früh weiß, ob der Lehrerberuf für einen selbst der richtige Beruf ist. Wir haben sichergestellt, dass schon vor dem Examen beziehungsweise vor dem Referendariat die Lehrkräfte in die Praxis hineinwachsen, damit ihnen der Praxisschock, den es früher teilweise gegeben hat, erspart bleibt.
Wir führen auch das Freiwillige Pädagogische Jahr ein, das eine gute Möglichkeit darstellt, sich zu verbessern.
Bei der Besoldung haben wir noch nicht alles erreicht, was wir uns alle wünschen, aber wir haben schon Gerechtigkeitsfortschritte erzielt, insbesondere für die Lehrerinnen und Lehrer an Gemeinschaftsschulen. Das ist ein großer Schritt gewesen. Ich bedanke mich an dieser Stelle nicht nur bei der Bildungsministerin, sondern auch bei der Finanzministerin dafür, dass wir diese Dinge miteinander so gut hinbekommen haben.
Wir setzen auf die Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Wir setzen auf die Abschaffung des Kooperationsverbots. Insofern sind wir ein bisschen vorangekommen, aber bei Weitem noch nicht so weit, wie wir es gern wollen.
Wir werden uns auf den Lorbeeren dieser Untersuchung natürlich nicht ausruhen. Die Bildung für alle Menschen und ganz besonders die Schulen bleibt unsere tägliche Aufgabe, an der wir auch in den nächsten fünf Jahren weiter arbeiten werden. Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen in diesem Parlament für die Zusammenarbeit bei diesem Thema danken, vor allem aber möchte ich unserer vorzüglichen Bildungsministerin Britta Ernst und ihrem Team danken. Ich schließe in den Dank ausdrücklich ihre Vorgängerin Wara Wende mit ein, die vieles auf den Weg gebracht hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben unsere Wahlversprechen gehalten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir formulieren nun, wie es weitergehen soll. Wir wissen, das ist harte Arbeit. Das passende Zitat eines US-Präsidenten stammt nicht von Donald Trump, sondern von John F. Kennedy und lautet: The only thing that is more expensive than education is no education.
Weil das so ist, lohnt sich für uns jede Anstrengung dafür, dass unsere Kinder und Jugendlichen die beste Bildung erhalten, die wir ihnen geben können, alle Kinder und Jugendliche in diesem Land. Das schulden wir ihnen, das schulden wir der Zukunft unseres Landes. Genau das tut die Küstenkoalition in diesem Haus. - Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wie kann man Kennedy und Trump (Dr. Ralf Stegner)
Vielen Dank. - Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Kollegin Anke Erdmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Günther, man merkt, Sie wollen für den MP-Posten kandidieren. Es reicht aber nicht, nur Kreide zu essen und ein bisschen ruhiger und sanfter in der Stimmlage zu sein, sondern man muss sich auch auf Fakten beziehen, und das haben Sie nicht gemacht. Zum Faktencheck in Ihrer Rede komme ich noch.
Die IQB-Studie hat erwiesen, dass unsere Schülerinnen und Schüler in den Fächern Deutsch und Englisch, die geprüft worden sind, in allen fünf Prüfbereichen auf dem Siegertreppchen stehen. Das ist wirklich einen Applaus wert. Und was machen Sie, Herr Günther? Sie stehen hier und quengeln rum. Das ist schwer zu ertragen.
Gleichzeitig muss man aber sagen - das ist vielleicht der einzige Punkt, wo wir einer Meinung sind -: Guter Unterricht wird nicht hier gemacht, guter Unterricht wird in den Klassenzimmern gemacht. Deswegen Applaus, Applaus für die Lehrkräfte in unseren Schulen, die jetzt gerade guten Unterricht machen, während wir hier debattieren.
Herr Günther, Sie haben die Frage gestellt: Warum diese Studie? - Eine gute Frage. Die Ergebnisse sind nicht von irgendeiner Stiftung erhoben worden, sondern das ist die Studie, auf die sich die KMK geeinigt hat. Man hat sich auf bestimmte Kernbereiche verständigt und überlegt, wie man es erreichen kann, dass die Länderergebnisse vergleichbar sind, wie man Zeitreihen hinkriegt. Das ist eine Studie, die von allen Kultusministerinnen und Kultusminister getragen wird, von allen Bundesländern. Deswegen hat das eine ganz große Bindekraft. Das ist der Grund dafür, dass wir über diese Studie reden. Das ist nicht Verpackung, das ist der Kernpunkt. Solche Indikatoren haben keine Far
Warum sind die Ergebnisse so interessant, dass Frau Ernst hierzu eine Regierungserklärung abgegeben hat? - Sie sind für Schleswig-Holstein besonders, weil es um den Zeitraum 2009 bis 2015 geht. 2009 fing die Schulreform der Großen Koalition an. Sie hat zu viel Unruhe in den Schulen geführt, man wusste nicht genau, was rauskommt. Jetzt haben wir in den Fächern Deutsch und Englisch belastbare Ergebnisse und können faktenbezogen sehen, was hilft und was nicht hilft. Deswegen macht es Sinn, hier darüber zu debattieren.