- Sie doch nicht. Ich habe mich klar zu Gymnasien und Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein bekannt. Aber Sie höhlen die Gymnasien aus. Sie sorgen in Wahrheit dafür, dass die Gymnasien Gemeinschaftsschulen sind, weil Sie das Ziel der Einheitsschule in Schleswig-Holstein eben nicht aus den Augen verloren haben. Das ist Ihre ideologische Bildungspolitik.
Ich will nicht, dass sich das wiederholt, was wir in Baden-Württemberg gesehen haben. Wir sollten unsere Kinder und die Zukunft unserer Kinder im Blick haben, wenn wir Bildungspolitik machen. Deswegen werden wir uns genau anschauen, welche Fehler in Baden-Württemberg gemacht worden sind.
Wir werden umsteuern. Wir haben die Kraft dazu. Wir brauchen eine ideologiefreie Bildungspolitik und machen Schluss mit dem, was Sie uns hinterlassen haben.
(Zuruf CDU: Au, au! - Zuruf Uli König [PI- RATEN] - Martin Habersaat [SPD]: Der Si- tuation angemessen!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede aus dem postfaktischen Zeitalter des Herrn Oppositionsführers und passend zum anderen Oppositionsführer möchte ich mit einem Zitat des designierten US-Präsidenten, Donald Trump, beginnen. Der sagte nach seinem ersten Vorwahlerfolg im Februar:
Das erklärt zwar nicht alles, aber doch manches. Ich hoffe zwar, dass andere in diesem Haus nicht auf mangelnde Bildung als Weg zu ihrem politischen Erfolg setzen, aber ich kann nur sagen: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tun dies sicher nicht. Bildungspolitik mag über politischen Erfolg entscheiden, Bildung entscheidet aber auch über Lebenschancen. Sie stellt das Gerechtigkeitsthema Nummer eins dar. Dem stellt sich die Küstenkoalition mit aller Kraft.
Das zweite Zitat, das ich anbringen möchte, stammt aus der IQB-Studie. Es steht in merkwürdigem Kontrast zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben. Dort heißt es - ich zitiere wörtlich -:
„Insgesamt sind in Schleswig-Holstein also nahezu durchgängig positive Trends zu verzeichnen, die im Vergleich zu Deutschland insgesamt recht ausgeprägt sind.“
Dieses Zitat stammt nicht aus den Parteizentralen von SPD, der Grünen und der des SSW, sondern es stellt das Fazit einer wissenschaftlichen Studie des unabhängigen Instituts dar. Im Gegensatz zu dem, was ich zu Herrn Trump gesagt habe, möchte ich feststellen: Solche Ergebnisse lieben wir, dass nämlich Menschen bessere Chancen bekommen und nach vorne kommen.
Das Zitat bezieht sich auf die Entwicklung der Leistungen im sprachlichen und fremdsprachlichen Bereich. Das ist ein gutes Ergebnis, das auch diejenigen auf der rechten Seite dieses Hauses zur Kenntnis nehmen sollten, die keine Gelegenheit auslassen - wie Sie eben auch -, die Bildungspolitik in Grund und Boden zu kritisieren.
Diejenigen - Sie haben das eben wieder getan -, die behaupten, es ginge uns darum, die Leistungsanforderungen zu senken, damit die Abschlussprüfungen immer besser werden, und die sagen, dass immer mehr junge Menschen pro forma das Recht zum Hochschulstudium hätten, ohne dem eigentlich gewachsen zu sein, muss ich sagen: Das finde ich ziemlich überheblich, Herr Kollege Günther, denn das ist die Arroganz der Privilegierten gegenüber den Anstrengungen ganz vieler Kinder und Jugendlicher in diesem Land.
Das ist auch arrogant gegenüber den Lehrkräften, die zu diesen Erfolgen beigetragen haben und bei denen ich mich ausdrücklich bedanken möchte. Das ist ebenfalls arrogant gegenüber den Eltern, die stolz darauf sind, dass ihre Kinder, auch wenn sie es schwer gehabt haben, solche Erfolge erzielen können - die Sie ihnen wieder nehmen wollen.
Nein, der Vorwurf der „Discount-Bildung“ ist allenfalls berechtigt, wenn man gestern die Rechenkünste von Herrn Koch verfolgt hat, aber nicht bezogen auf das, was wir hier tun. Das ist nicht unsere Politik. Unsere Politik ist eine Politik des breit getragenen Bildungsdialogs und übrigens auch des Schulfriedens.
Ich will klar sagen: Für ihre Leistungen sind die Schülerinnen und Schüler in erster Linie selbst verantwortlich, nicht die Schulen, nicht die Bildungspolitiker. Aber gute Bildungspolitik kann die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Genau das haben wir in den vergangenen viereinhalb Jahren getan.
Ja, wir konnten auf die Arbeit anderer zurückgreifen. Ich will ausdrücklich Ute Erdsiek-Rave und die Arbeit von Rot-Grün, in Teilen auch die der Großen Koalition, loben. Ich füge aber hinzu: Wichtig ist, dass wir in der Bildungspolitik alle mitnehmen. Mit allen geht das nicht. Aber wir sollten im Dialog wenigstens versuchen, möglichst viele mitzunehmen. Das ist in dieser Legislaturperiode in einer Weise erfolgt wie niemals zuvor.
Dabei haben auch wir unsere Politik an der einen oder anderen Stelle durchaus überdacht; Politiker müssen dazu in der Lage sein. Wir haben nicht an unserer ursprünglichen Absicht festgehalten, ausnahmslos an jedem Gymnasium G 8 durchzusetzen. Wir haben das Entscheidungsrecht der Gymnasien, die es für sich vorher anders entschieden hatten, respektiert.
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Schulen und alle, die an Schule beteiligt sind, nach einer langjährigen, stürmischen Phase der Umstrukturierung das dringende Bedürfnis haben, dass sich die neuen Schulstrukturen ohne größere Eingriffe von außen weiterentwickeln können. Das respektieren wir. Deswegen werden wir auch für die nächste Legislaturperiode entsprechende Festlegungen treffen.
Punkt ist allerdings, dass wir es mit dem Schulfrieden ernst meinen sollten. Die notwendige Ruhe ist für eine weitere Verbesserung der Unterrichtsversorgung und eine weitere Erhöhung der Qualität zu nutzen. Genau dies tut die Küstenkoalition. Es sind andere, die den Schulfrieden stören, ganz gewiss nicht wir.
Wir haben vieles für den Schulfrieden getan. Wir haben die Diskriminierung der Gemeinschaftsschulen endlich beendet und die von der Vorgängerregierung gestrichenen Differenzierungsstunden an die Gemeinschaftsschulen zurückgegeben. Das war ein deutlicher Schritt hin zum Schulfrieden.
Wir haben 120 zusätzliche Stellen als Sofortunterstützung für die Inklusion bereitgestellt. Zudem sind insgesamt 542 Schulassistentinnen und Schulassistenten an den Schulen. Es gibt endlich ein Inklusionskonzept, das Stück für Stück umgesetzt wird.
Wir haben den Abbau der Lehrerstellen umgestellt. Wir haben den Kahlschlag gestoppt. Herr Günther, da können Sie reden, was Sie wollen - dieser Kahlschlag ist von Ihrer Fraktion beschlossen worden. Wir haben ihn rückgängig gemacht. Das ist die Wahrheit, die auch in diesem Haus ausgesprochen werden muss. Reden Sie das doch nicht weg!
Mittlerweile gibt es 2.000 Lehrerstellen mehr als von Schwarz-Gelb geplant. Erzählen Sie mir nicht immer etwas von Ihrer schwierigen Jugend in der Regierungszeit. Für das, was Sie hier beschlossen haben, müssen Sie sich verantworten. Wir haben anders entschieden. Das muss verglichen werden.
Ja, wir haben in unserem Land die Möglichkeiten, zum Abitur zu kommen, erweitert. Über 40 Gemeinschaftsschulen haben eine Oberstufe. Warum bekämpfen Sie von der Union eigentlich diese Gemeinschaftsschulen zu Wasser, zu Lande und aus der Luft? Warum bekämpfen Sie die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer dieser Gemeinschaftsschulen? Warum wollen Sie den Eltern, gerade denen im ländlichen Raum, die dort Chancen für ihre Kinder sehen, diese nehmen?
Ich frage Sie auch: Warum reden Sie eigentlich im Landtag dagegen, aber in Ihren Wahlkreisen überall dafür? Das ist scheinheilig. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, nicht in diesem Landtag und nirgendwo sonst.
Zu unserer Bilanz gehört auch, dass wir dem Besonderen die Bedeutung haben zukommen lassen, die es verdient. Wir haben die Diskriminierung der dänischen Schulen in diesem Land beendet. Das gehört zu unserer Leistungsbilanz. Auch darauf sind wir stolz.
Ja, wir haben die berufliche Bildung ausgeweitet; denn unseren Sozialdemokraten geht es keineswegs nur um die akademische Bildung. Jugendberufsagenturen verbessern die Chancen im Land. Auch das machen wir gemeinsam.
Dann polemisieren Sie gegen die Lehrkräfteausbildung. Sie sprechen von „Einheitslehrern“. Ich muss Ihnen sagen: Das ist retro, retro, retro - genauso wie Ihre Kopfnoten-Bemerkung an die Frau Ministerin. Sie hätten sie lieber für die Substanz ihrer Arbeit loben sollen und nicht nur dafür, dass sie mit Ihnen ordentlich umgeht. Das haben Sie vermieden, eben weil Sie „retro“ sind und nicht verstanden haben, dass Bildungspolitik eine Frage von Qualität und nicht von Kopfnoten ist. Ihre „Einheitslehrer“-Rhetorik ist wirklich von vorgestern. Sie hängt einem zum Halse heraus, wenn man sie zum fünfundneunzigsten Mal hören muss.