Protocol of the Session on December 12, 2012

Der Sparkassenbereich hat - und das hat viel damit zu tun, was wir an anderer Stelle diskutiert haben seine Probleme vor dem Hintergrund der Entwicklung der HSH Nordbank. Wenn es uns gelingt, die HSH Nordbank gemeinsam durch die Krise zu führen, sie zu stabilisieren, dann tun wir sehr viel für unsere Sparkassen in Schleswig-Holstein, weil wir sie im Hinblick auf ihre Bücher von den weiteren Risiken befreien könnten.

(Zuruf Johannes Callsen [CDU])

Natürlich ist das ein Problem. Das sehen wir auch.

Die Antwort, die jetzt aus Westfalen gegeben werden sollte, zu schauen, ob es uns hilft, eine Beteiligung einzugehen - möglicherweise mit der Allianz; öffentlich ist das, glaube ich, noch nie bestätigt worden -, scheint eine Antwort zu sein, die nicht erfolgversprechend ist. Es ist gut zu sehen, dass dieses Hohe Haus, als es 2004 darüber nachgedacht hat, wie wir unsere Provinzial in dem Fusionsprozess gegenüber der Provinzial NordWest stärken können, sich sehr weise aufgestellt und einem Vertrag zugestimmt hat, der sie sehr stark macht. Sie wissen das.

Auch wenn es komischerweise heute noch nicht angesprochen wurde, bringe ich es noch einmal in die Debatte ein: Dieser Vertrag stellt sicher, dass das Gesamtkonstrukt Provinzial NordWest über ConSozial-Vereinigungen nie weniger als einen Anteil in Höhe von 74,9 % öffentliche Hand haben darf. Dieser Vertrag, den Sie unterzeichnet haben, den Sie im Übrigen im Internet als Drucksache 15/3797 finden, stellt sicher, dass die Anteile der schleswigholsteinischen Provinzial, also unsere 18 %, die an der Provinzial Nordwest gehalten werden, nie mehr als zu 24,9 % ohne Ihre Zustimmung in ein anderes Konstrukt überführt werden dürfen. Das heißt, der Landtag hat sich in weiser Voraussicht vor dem Hintergrund der Bedeutung der Provinzial in der öffentlich-rechtlichen Familie viele Sicherungen vorbehalten. Das ist gut, und das war klug.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Callsen?

(Ministerpräsident Torsten Albig)

Sehr gern.

Herr Ministerpräsident, der Kollege Koch hat - glaube ich - in seinem Beitrag schon auf diese rechtlichen Dinge hingewiesen. Wenn diese so sind - und sie sind in der Tat so -, frage ich mich, warum diese Landesregierung die Diskussion nicht schon vor einer Woche oder zehn Tagen abgeblasen hat. Warum lassen Sie zu, dass tausende Mitarbeiter, obwohl Sie am Ende das Zustimmungsrecht haben, mit Unsicherheit über ihren Arbeitsplatz heute Morgen demonstrieren?

(Beifall CDU und FDP)

- Herr Callsen, das Zustimmungsrecht haben Sie. Der Landtag hat das Zustimmungsrecht.

(Zuruf: Nein, beide!)

Nur mit Zustimmung des Landtags kann dieser Vertrag geändert werden.

(Johannes Callsen [CDU]: Sie haben doch die Mehrheit! - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das sehen Sie vielleicht anders! - Weitere Zurufe)

- Sehr geehrter Herr Callsen, ich halte es für absolut notwendig, dass ich in solchen Situationen - wir haben uns ja eben gegenseitig bekundet, wie sehr wir Provinzial und Sparkassen schätzen - die, die über solche Wege nachdenken, zumindest einmal zu mir bitte und sage: Erklärt mir, was dort gerade passiert. Ich kommentiere das nicht. Das ist möglicherweise etwas, was ein Gebot für die Opposition ist, auf der Basis von Zeitungsmeldungen solche Vorgänge zu kommentieren. Aber ich kommentiere das erst recht nicht auf der Basis von Zeitungsmeldungen, in einer Situation, in der die handelnden Personen der Verschwiegenheitspflicht unterliegen und gar nicht in der Lage sind, öffentlich zu reden. Darum noch einmal: Es ist heute noch gar nicht öffentlich gesagt worden, dass es die Allianz ist.

Mir war wichtig - und das war am Montag der Fall -, dass Herr Boll die Gelegenheit hatte, mit mir ein Gespräch zu führen, um mir seine Sicht der Dinge darzustellen. Es war mir dann möglich, ihm meine Sicht der Dinge darzustellen. Er kennt auch sein Vetorecht. Gegen den Willen der Sparkassen in Schleswig-Holstein ist keine Veränderung in der Provinzial NordWest möglich. Das ist etwas, das 2004 ausgehandelt wurde. Es ist gut so, dass das ausgehandelt wurde.

Nichtsdestotrotz gibt es ja erkennbare Gründe dafür, sowohl in Westfalen als auch bei uns, darüber nachzudenken, wie es in der Struktur weitergeht. Es geht mit der Struktur immer nur über uns weiter. Aber eben haben Sie alle deutlich gemacht, dass wir miteinander die Diskussion darüber führen müssen, wie wir sie aufstellen wollen.

Der Weg, nur einmal Erlöse zu erzielen, glauben wir - und ich freue mich sehr, dass der Verbandsvorstand das einstimmig genauso sieht; so hat er heute entschieden -, ist kein geeigneter Weg. Denn die dahinterstehenden überdeckenden Probleme unserer Sparkassenfamilie werden durch Einmalzahlungen nicht gelöst. Wir werden uns also auf den Weg machen - auch in der Revision des Sparkassengesetzes - mit allen, vor allem aber gemeinsam mit den Sparkassen in Schleswig-Holstein, um Antworten auf die Frage zu suchen: Wie können wir nachhaltig die strukturellen Probleme lösen? Sie werden nicht dadurch gelöst, dass sie an einer Stelle - fraglich ist, ob das kartellrechtlich überhaupt geht; und wir haben an einem Fall gesehen, dass es nicht geht - einen Zugang für eine Haspa ermöglichen, über die dann Private, möglicherweise auch in unseren Sparkassensektor, eindringen. Das wollen wir nicht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)

Das will auch die Sparkassenfamilie nicht. Das werden wir zu verhindern wissen. Deswegen werden wir im Dialog mit den Sparkassen im nächsten Jahr offen für alle denkbaren Stärkungen des öffentlich-rechtlichen Sektors nach Lösungen suchen. Wir werden sie finden. Von dieser Stelle auch das Signal in Richtung Sparkassenfamilie: Das wird aber nicht gehen, ohne dass die Sparkassenfamilie auch für sich Position bezieht und mitteilt, wie sie sich selbst aufstellt. Dort haben wir ja durchaus unterschiedliche Positionsbeschreibungen.

Die Landesregierung ist bereit zu unterstützen, und die Landesregierung ist bereit zu helfen. Allerdings muss die Sparkassenfamilie für diese Hilfe auch eine Antwort auf die Frage geben, wo sie sich in Zukunft sieht. Wenn uns das gelingt, werden die Regierung und die sie tragenden Parteien sehr gern mit ihnen gemeinsam Antworten finden, wie man in Schleswig-Holstein eine moderne Sparkassenlandschaft so baut, dass solche Diskussionen, wie die zur Provinzial, in Zukunft nicht mehr notwendig sind.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Bericht über die Fortführung der touristischen Neuausrichtung in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/356

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Herrn Reinhard Meyer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier und heute über einen Kernbereich der Wirtschaft in Schleswig-Holstein: traditionell und modern zugleich, ein großer Arbeitgeber, eine bedeutende Wohlstandsquelle, prägend für das Ansehen des Landes außerhalb unserer Grenzen. Wir reden von 170.000 Arbeitsplätzen: nicht exportierbar, häufig im ländlichen Raum und damit strukturbestimmend. Wir reden von einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Schleswig-Holstein, der bei knapp 6 % liegt, also echte Wertschöpfung.

Und wir reden über eine Wachstumsbranche. Der Deutschlandtourismus boomt. 2012 wird erstmals die Grenze von 400.000.000 Übernachtungen in Deutschland erreicht. An diesem Kuchen wollen wir nicht nur ein bisschen teilhaben. Wir wollen mit an der Spitze dieser Entwicklung sein, denn da gehört Schleswig-Holstein im Tourismus hin.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt: Schleswig-Holstein kann mehr, insbesondere im Tourismus. Wir müssen und können uns auch besser aufstellen. Die jüngsten Zahlen im Tourismus sind für Schleswig-Holstein nicht berauschend. Die Übernachtungen lagen hier 2011 bei

plus 0,2 %, deutschlandweit bei plus 3,6 %. In diesem Jahr - bis zum September - sehen die Zahlen wie folgt aus: Schleswig-Holstein minus 0,1 %, Deutschland insgesamt plus 4 %. Mit anderen Worten: Deutschland boomt, Schleswig-Holstein stagniert. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kann das erklärt werden?

Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit hängt nicht nur mit dem Wetter zusammen, sondern auch mit Angeboten und Service und nicht zuletzt mit der Frage: Wo wollen wir hin mit dem Urlaubsland Schleswig-Holstein? Welche Strategie haben wir?

Manches in der Vergangenheit war gut gemeint, wurde aber möglicherweise mit falschen Partnern durchgeführt. Stichwort: Roland Berger. Leider wurde auch sehr viel Geld dafür ausgegeben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Elan wurde erzeugt, dann wurde aber auch abrupt abgebrochen. Die Ergebnisse zur Evaluierung der touristischen Neuausrichtungen lagen seit Februar 2012 in der Schublade. Die Verunsicherung der Touristiker in Schleswig-Holstein ist spürbar. Die Finanzierung des zentralen Marketings über die TASH wurde gekürzt und noch einmal gekürzt. Es gab kein Angebot für neue Gesellschafter, die mitfinanzieren - jedenfalls kein echtes Angebot.

Meine Damen und Herren, wir brauchen neuen Schwung, neue Begeisterung für die Branche. Das gelingt aber nur mit politischem Vertrauen. Dafür werbe ich bei allen Beteiligten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, angesichts meiner letzten Funktion in Mecklenburg-Vorpommern, einem Erfolgsland im Tourismus, werde ich häufig gefragt: Was ist denn der Erfolgsfaktor dafür gewesen? Ich kann nur - das habe ich an dieser Stelle auch schon einmal festgestellt - sagen: Das ist der politische Grundkonsens auch im Landtag, dass Tourismus wichtig ist. Das gilt zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern - man höre und staune von der CDU bis zur PDS. Ich wünsche mir für den Landtag hier in Schleswig-Holstein, dass auch wir einen solchen Grundkonsens herstellen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, was tun? Ich glaube, die Evaluierung ist eine wichtige Grundlage. Wichtige Leitprojekte wurden bestätigt, aber auch der Bedarf

zur Nachjustierung wurde klar benannt. Best Ager, anspruchsvolle Genießer und Familien als Zielgruppen sind gut und schön, wir müssen aber auch die aktuellen Trends und Themen im Tourismus berücksichtigen. Dazu gehören der Naturtourismus, der Gesundheitstourismus, der Städtetourismus und der Kulturtourismus.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, das Thema „Service und Qualität“ müssen wir weiter voranbringen. Das ist das A und O für die Zukunftsmärkte. Wir brauchen auch Strukturen, die schlanker und besser sind. Das gilt für die TASH und für die regionalen Strukturen Ostsee, Nordsee und Binnenland, aber auch für den LTO-Prozess, die lokalen Tourismusorganisationen. Hier ist es vor allen Dingen wichtig, dass wir alle davon überzeugen, dass das die richtigen Strukturen sind.

Meine Damen und Herren, wir werden mit allen Beteiligten den Kommunikationsprozess führen. Wir haben ihn auf dem Tourismustag in Damp am 22. November 2012 als Aufbruchsignal begonnen. Wir wollen hin zu einer Tourismusstrategie, und es ist ganz wichtig, meine Damen und Herren, dies auch im Dialog zu machen. Dazu gehört Sicherheit beziehungsweise eine TASH-Finanzierung mit 1,53 Millionen €, die auch stabil gehalten werden muss. Weiter gehören dazu Rahmenbedingungen wie zum Beispiel - statt einer Bettensteuer - eine Tourismusabgabe in Zusammenarbeit mit dem Innenminister. Auch eine Bäderregelung gehört dazu, die ihren Namen verdient.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dazu gehört natürlich auch die Förderung. Wir haben Schwierigkeiten bei der EU-Förderung. Die Diskussion werden wir weiter führen und einiges möglich machen. Auch in diesem Bereich wollen wir Modernisierung durch nachhaltige Wertschöpfung.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch Mut. Wir brauchen eine Dachmarke Schleswig-Holstein, die durch den Tourismus lebt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)