Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einer Woche sind hier in Schleswig-Holstein, an verschiedenen Orten im Kreis Stormarn, drei Personen unter Terrorverdacht festgenommen worden. Sie sollen im November vergangenen Jahres durch Unterstützung und mit Anweisungen der Organisation Islamischer Staat als angebliche Flüchtlinge aus Syrien nach Deutschland eingeschleust worden sein eine sogenannte „Schläferzelle“ also.
Nach den vorliegenden Medienberichten gab es anscheinend noch keine konkreten Anschlagsvorbereitungen dieser Gruppe. Aber sowohl die aufgedeckten Verbindungen zu den Pariser Attentätern vom November vorigen Jahres als auch das im Zuge der Observation dieser drei Männer festgestellte konspirative Verhalten lassen die Schlussfolgerung zu, dass hier - glücklicherweise rechtzeitig - ein neuer Anschlag in Europa verhindert werden konnte.
heitsbehörden des Bundes und des Landes richtet, dürfte zwischen allen Fraktionen dieses Landtags unstrittig sein.
Das Gleiche gilt sicherlich auch für die Feststellung, dass Flüchtlinge aus Syrien wegen dieses Vorgangs nicht unter Generalverdacht gestellt werden, weil drei Leute - offensichtlich aus dem Bereich der Organisation IS - unter dem Deckmantel der Flucht hierher eingeschleust worden sind.
Jenseits dieser - sicherlich übereinstimmenden Feststellungen gibt es allerdings auch einige Punkte, die offensichtlich strittig sind; das zeigt sich, wenn man sich die Medienberichte anschaut. Ich habe am 24. Juni 2016 in einem Artikel im „sh:z“ kritisiert, dass die schleswig-holsteinische Landespolizei sowohl hinsichtlich der Schutzausrüstung als auch, was die Bewaffnung mit Langwaffen und die Ausstattung mit Munition betrifft, nicht ausreichend auf Einsätze zur Terrorbekämpfung vorbereitet ist. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Herr Kollege Peters, sprach daraufhin in einer Pressemitteilung von „martialischem Säbelrasseln“. Herr Dr. Stegner bezeichnete meine Äußerungen am 20. Juli 2016 in einer Plenardebatte, die wir über das Thema Terrorbekämpfung führten, als „unverantwortlich“.
Nachdem die Koalition dann am Mittwoch der vorigen Woche im Innenausschuss ziemlich einsilbig den Antrag der Union zu diesem Thema abgebürstet hatte, durften wir tags darauf, am Donnerstag der vorigen Woche, in den „Lübecker Nachrichten“ lesen, die Landesregierung werde ein 14-Millionen-€-Programm zur Ausstattung der Polizei mit G36-Schnellfeuergewehren und einer deutlich verbesserten Schutzausrüstung beschließen.
Wir wissen seit gestern, dass es doch nicht so gekommen ist; denn der Innenminister hat sich offensichtlich im Kabinett nicht durchsetzen können.
Mir ist jetzt klar, dass Herr Dr. Stegner es tatsächlich für unverantwortlich hält, wenn jemand etwas fordert, was er selbst oder sein Innenminister gegenüber dem grünen Koalitionspartner nicht durchsetzen kann. Das ist eine Erkenntnis aus den vergangenen Wochen.
Genauso klar ist, dass die Säbel, die in den Ohren von Herrn Peters so laut rasseln, in Wirklichkeit die Säbel von Herrn Dr. Stegner und Herrn Studt sind.
Jetzt ist auch klar, weshalb es in Schleswig-Holstein erst so spät - viel später als in vielen anderen Bundesländern - zu entsprechenden Beschaffungsprogrammen gekommen ist. Da ja - das habe ich zumindest den „Kieler Nachrichten“ von heute entnommen - der Innenminister keinen Überblick über die Situation in den anderen Bundesländern hatte, was ihm auch Probleme in den Kabinettsberatungen bereitet hat, darf ich Sie auf einen Artikel in der „WAZ“ unter dem Titel „Deutsche Polizeibehörden rüsten für Terrorabwehr auf“ hinweisen, der vorgestern ins Netz gestellt worden ist. Die Journalisten haben sich im Rahmen einer Abfrage nach den Entscheidungen der anderen Bundesländer erkundigt und haben für eine Vielzahl von Bundesländern konkrete Angaben in ihrem Artikel unterbringen können, sowohl was die Schutzausrüstung betrifft als auch was die Anschaffung von Langwaffen angeht. Ich bringe diesen Quellenhinweis, damit Sie wissen, wo Sie etwas zu der Frage finden, welche Entscheidungen von Ländern wie Brandenburg, Hamburg, Bremen und Rheinland-Pfalz - also nicht nur von Stadtstaaten, sondern auch von Flächenländern - in diesem Bereich schon getroffen worden sind.
Da Herr Kollege Peters sicherlich noch zu Wort kommt, möchte ich ihn abschließend fragen: Weshalb begründet er seine Position eigentlich mit der Aussage, es sei nicht anzunehmen, dass Terroristen - ich zitiere aus Ihrer Äußerung im „Schleswig-Holstein-Magazin“ vom Donnerstag der vorigen Woche - „hier auf dem platten Lande“ Anschläge durchführen würden. An anderer Stelle haben Sie von „schleswig-holsteinischen Kleinstädten“ gesprochen. Vielmehr seien andere Ziele - „in Hamburg oder so“, haben Sie gesagt - näherliegend. Was ist das eigentlich für eine bizarre Vorstellungswelt bei den Kollegen von den Grünen?
(Widerspruch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Beate Raudies [SPD]: Wer erweckt denn diesen Eindruck? - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Hobbits hatten keine Grafschaft, das war eine Republik!)
Glauben Sie wirklich, dass man sich im Zweifelsfall aus diesem Geschehen in diesem wirklich schlimmen Bereich völlig heraushalten kann und dass nichts Dramatisches passieren kann, sondern dass das bestenfalls in Hamburg der Fall ist? Das ist ja ganz, ganz weit weg. - Herr Kollege Peters, bei
Ihnen geistert offenbar eine absurde Ideenwelt herum, die Sie als Begründung dafür nehmen, eine Anschaffung von Waffen nicht vorzunehmen,
mit denen schleswig-holsteinische Polizisten gegebenenfalls in der Lage wären, auf die Bedrohung durch Terroristen - die, wie man bei verschiedenen Anschlägen etwa in Paris gesehen hat, den Karabiner AK-47, ein Schnellfeuergewehr, zur Verfügung hatten - antworten zu können. Warum wollen Sie das der Polizei dieses Landes verweigern?
Wir fordern Sie auf, Ihre Position wirklich noch einmal zu überdenken und im Interesse der Handlungsfähigkeit unserer Polizei - für den schlimmsten Fall gesprochen - doch noch eine richtige Entscheidung zu treffen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal gilt unser aller Dank den Sicherheitsbehörden des Bundes und des Landes, die vergangene Woche mit der erfolgreichen Operation im Kreis Stormarn dazu beitragen konnten, dass nach allen Erkenntnissen, die wir bislang haben, ein großer Schritt für unsere Sicherheit getan werden konnte, weil drei, aller Voraussicht nach gefährliche, potenzielle Terroristen aus dem Verkehr gezogen werden konnten, bevor sie eine Tat begehen konnten.
Das hat wieder einmal deutlich gemacht, dass die effektive Bekämpfung des Terrorismus erfordert, dass unsere Sicherheitsorgane rechtzeitig und umfassend über Informationen verfügen. Das bedeutet auch, dass wir als Gesetzgeber immer wieder auf allen Ebenen überprüfen müssen, ob unsere Sicherheitsorgane ausreichend ausgestattet sind und ob sie über die ausreichenden Befugnisse verfügen, um diese Informationen rechtzeitig haben zu können.
lich nach wie vor funktioniert. Trotz aller heftigen Diskussionen, die wir in diesem Haus und auf anderen Ebenen geführt haben, beispielsweise über die Zusammenarbeit mit befreundeten Nachrichtendiensten aus den USA, können wir froh sein, dass diese Zusammenarbeit nach wie vor funktioniert und uns die Hinweise, die nötig sind, um zugreifen zu können, rechtzeitig erreicht haben.
Aber eine solche Zusammenarbeit darf auf Dauer keine Einbahnstraße sein, sondern sie bedeutet auch, dass wir selbst in der Lage sein müssen, relevante Informationen zu beschaffen und gegebenenfalls weiterzugeben. Wir dürfen nicht ewig nur Bittsteller sein, wenn es darum geht, Informationen über die Sicherheit in unserem Land zu bekommen.
Wir haben es, wenn wir über terroristische Bedrohung in Deutschland sprechen, nach bisherigem Erfahrungsstand mit zwei sehr unterschiedlichen Tätergruppen zu tun: zum einen mit denjenigen, die beispielsweise im Auftrag des Islamischen Staates aus dem Nahen Osten auf verschiedenen Wegen nach Deutschland kommen, in diesem Fall offensichtlich durch das Benutzen einer Flüchtlingsroute.
Wir haben es auf der anderen Seite mit Tätern zu tun, die sich selbst radikalisiert haben beziehungsweise die sich selbst radikalisieren. Sie treten plötzlich in Erscheinung, ohne dass sie im Vorfeld Spuren hinterlassen hätten.
In beiden Fällen sind die Maßnahmen, die wir brauchen, um Taten möglichst zu verhindern, durchaus unterschiedlich. Zum einen geht es darum, dass wir alle Möglichkeiten, die uns der Rechtsstaat bietet, um Informationen über solche Täter zu gewinnen, tatsächlich ausnutzen.
Deswegen sage ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Die Diskussion über Mindestspeicherfristen ist ein gutes Stück vorangekommen. Die Ergebnisse müssen jetzt umgesetzt werden. Die Diskussion ist auch noch nicht zu Ende, was sich insbesondere dann zeigt, wenn ich auf das Thema „E-Mails“ schaue.
Gerade wenn es um Täter geht, die sich selbst radikalisieren oder die radikalisiert werden, müssen wir in der Lage sein, Einrichtungen, in denen beispielsweise Hasspredigten erfolgen und in denen für den Terrorismus geworben wird, entsprechend umfangreich und umfassend zu überwachen.
Wir müssen mehr tun im Bereich der Prävention, wenn es zum Beispiel darum geht, Lehrkräfte fortzubilden, damit sie ihren Beitrag leisten können, um solche Radikalisierungen, wo immer möglich, zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.
All das bietet jedoch keine Garantie, dass wir in jedem Fall in der Lage sind, einen Anschlag im Vorfeld zu erkennen und so, wie es in diesem Fall Gott sei Dank gelungen ist, rechtzeitig tätig zu werden, um ihn zu verhindern. Das bedeutet, dass wir immer wieder darüber nachdenken müssen, ob unsere Sicherheitsorgane - in diesem Fall konkret: die Landespolizei Schleswig-Holstein - so ausgestattet sind, dass sie in dem Fall, in dem es nicht gelingt, einen Anschlag zu verhindern oder Terrorverdächtige rechtzeitig zu entdecken, handeln können.
Ich will diese Diskussion wahrlich nicht darauf verkürzen, ob unsere Sicherheit davon abhängt, dass die Landespolizei ein Schnellfeuergewehr bekommt.
Aber es ist schon ein wichtiger Punkt, über dieses Thema zu sprechen. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein Streifenpolizist, der zum heutigen Zeitpunkt über keine besondere Ausbildung verfügt, wie er mit paramilitärisch ausgebildeten Terroristen umzugehen hat, und der über keine Ausrüstung verfügt, um ihnen entsprechend zu begegnen, der Erste sein wird, der in diese Lage kommen und auf derartige Terroristen treffen wird. Wir wollen nicht hoffen, dass das geschieht, aber wenn es geschieht, wird er der Erste sein.
Deswegen ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit als diejenigen, die für unsere Landespolizei zuständig sind, dass wir den Mitarbeitern all die Schutzausrüstung, aber auch Bewaffnung an die Hand geben, die sie in die Möglichkeit versetzt, in so einer Situation zu bestehen.