Protocol of the Session on July 22, 2016

Einerseits besteht eine Priorität darin, dafür zu sorgen, dass diese Menschen nicht unter sich bleiben um eine Ghettoisierung unter den Migranten zu verhindern. Ich kann nachvollziehen, dass es viele Menschen, die zu uns kommen, in Richtung der größeren Städte zieht. Allerdings erhöht dies die Gefahr der Überforderung und der Bildung von Ghettos. Hier müssen wir aktiv gegensteuern

Andererseits kann nur durch eine Wohnsitzauflage dafür gesorgt werden, dass die Integrationslasten auf alle Kommunen gleichmäßig nach Ihren Fähigkeiten verteilt werden. Nur so wird eine Integration erfolgreich sein, da durch die Wohnsitzauflage mehr Sprachkurse und andere Integrationsleistungen für Flüchtlinge mit langfristiger Bleibeperspektive gewährleistet werden können.

Es gehört aber auch zu unserer Überzeugung, dass die Kosten, die den Kommunen durch das Vorhalten von Wohnraum entstehen, nicht allein bei diesen hängen bleiben dürfen. Vor allem die Landesregierung hat die Kommunen im letzten Jahr unter Zugzwang gesetzt. Die Verantwortung ist eine gemeinsame!

Wir werden den Antrag der Koalition ablehnen, weil er extreme Mehrbelastungen für die Kommunen schafft und dadurch die Integration von Menschen mit langfristiger Bleibeperspektive erschwert wird.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU prescht mit ihrem Antrag nach vorn, um die Residenzpflicht für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein wieder einzuführen, und von den Koalitionsfraktionen gibt es nicht mehr als Absichtserklärungen. Denn auf Bundesebene besteht eine große Koalition aus Union und SPD, die das Recht auf Asyl und die Integration von Flüchtlingen immer weiter einschränken.

Als das Integrationsgesetz in diesem Monat im Bundesrat zur Abstimmung stand, hat unsere Landesregierung auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet, und jetzt fordern Sie, dass unsere Landesregierung „die integrationsfeindlichen und ausgrenzenden Elemente des Bundesintegrationsgesetzes“ abmildert soll.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich Sie daran erinnern, welche Partei für das Bundesintegrationsgesetz gestimmt hat? Darf ich Sie daran erinnern, welche Partei(en) die Landesregierung stellt, die auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet hat?

Wenn man glaubhaft Integration für alle in Schleswig-Holstein fordert, liebe SPD, dann setzt man sich als Regierungspartei im Bundestag und Bundesrat für eine vernünftige Integrationspolitik ein, anstatt kurz vor der Sommerpause einen Wohlfühlantrag ohne Substanz zu stellen. Dieser Antrag hat doch keinerlei Einfluss auf die Integrationspoli

tik. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist scheinheilig!

Aufenthaltserlaubnisse nur noch im Einzelfall statt einer ehrliche Flüchtlingspolitik ist inzwischen die politische Norm in unserem Land. Statt Willkommenskultur setzt man auf die harte Linie und duldet allenfalls Menschen, die in ihrer Heimat - angeblich sicheren Herkunftsländern - aufgrund ihrer ethischen Herkunft zum Beispiel verfolgt und diskriminiert werden.

Integrationspolitik, werte Kolleginnen und Kollegen, muss gelebt werden. Das vom Bundestag beschlossene Integrationsgesetz ist in Wirklichkeit ein Exklusionsgesetz. Flüchtlinge und Asylbewerber werden exkludiert. So kann Integration weder in Bayern noch in Schleswig-Holstein gelingen.

Die Wohnortzuweisung, die die Große Koalition in Berlin beschlossen hat, und die die CDU hier bei uns nun umgesetzt sehen will, ist ein weiteres Ausschlusskriterium, denn die Integrationsangebote sind flächendeckend - aus Kosten-, Organisationsgründen und Personalmangel - nicht verfügbar.

Frei nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ will man Asylanten, Flüchtlingen und Schutzbedürftige in ländliche Regionen - ohne Perspektive auf Integration - abschieben. Das einzige was mit der Wohnsitzauflage geschaffen wird, ist mehr Bürokratie, mehr Willkür und letztlich mehr Ausgrenzung.

Ab und an, werte Kolleginnen und Kollegen, habe ich das Gefühl, dass das Integrationsgesetz so formuliert wurde, dass die Flüchtlinge und Migranten es überhaupt nicht einhalten können. Man setzt auf das Scheitern, um einen Grund zu haben, diese Menschen in ihre Heimat abschieben zu können. Selbst fehlende Reisedokumente sind, wie das Beispiel der rot-grünen Koalition in NRW zeigt, kein Hinderungsgrund mehr.

Dass sich die Flüchtlinge in unsere Gesellschaft integrieren wollen, wird von den Innenpolitikern und Ausländerbehörden geflissentlich ignoriert. Stattdessen werden die Stammtischmär vom integrationsunwilligen Asylanten geschürt und klassische Ressentiments bedient.

Herr Kollege Stegner, als Mitglied des Bundesvorstandes der SPD reden und handeln Sie anders, als hier in Ihrer Funktion als Fraktionsvorsitzender der SPD. Die SPD auf Bundesebene höhlt das Grundrecht auf Asyl weiter aus. Den Wohlfühlantrag der koalitionstragenden Fraktionen lehnen wir aus diesem Grunde ab.

(Astrid Damerow)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Jahr 2015 war ein Jahr, in dem Deutschland gezwungen war, Tausende von Menschen innerhalb kürzester Zeit aufzunehmen. Darauf war man nicht vorbereitet. Die eine Seite der Medaille ist es, ein Bett in Sicherheit zu gewähren, die andere Seite ist es, diese Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren. Fakt ist: Die Mehrheit der Asylbewerber wird bleiben. Die Fehler der Vergangenheit sollen deshalb nicht wiederholt werden. Um diese Kardinalfehler zu vermeiden, müssen alle Ebenen an einem Strang ziehen. Dabei geht es nicht um kurzfristige Lösungen, sondern die Langzeitperspektive müssen wir vermehrt in den Fokus rücken.

Schleswig-Holstein leistete in Bezug auf die Integration von Flüchtlingen von Anfang an hervorragende Arbeit und bietet dabei deutlich mehr an, als vom Bund vorgeschrieben wird. Wir waren und sind im Vergleich oftmals ein Schritt voraus. Daran sollten wir auch in Zukunft festhalten.

In Bezug auf eine sogenannte Wohnortzuweisung, ist es für uns vom SSW wichtig, dass es für den einzelnen auch angepasste Möglichkeiten geben kann. Dabei ist es für uns völlig logisch, dass man sich auch dort niederlassen kann, wo die Jobs sind oder wo Ausbildungsplätze angeboten werden. Dabei denke ich nicht nur an die großen Städte. Der ländliche Raum ist schließlich nicht jobfrei! Dabei sei erwähnt, dass etwa Nordfriesland eine Arbeitslosenquote von unter 5 % vorweisen kann. Es werden also durchaus Arbeitskräfte benötigt.

Hinzu kommt, dass viel zu oft unterschätzt wird, wie hochkarätig die Integrationsleistungen auf dem Land in Schleswig-Holstein mitunter sind. Hier wird hervorragendes geleistet und die kleineren Städte und Dörfer sind nicht selten hochmotiviert, neue Menschen in ihrer Mitte begrüßen und aufnehmen zu dürfen. Natürlich ist es für beide Seiten nicht immer einfach, wenn plötzlich Dagebüll und Damaskus aufeinander treffen.

Zentraler Punkt dabei sollte jedoch immer die Arbeitsaufnahme sein. Wir als Politik sind in der Verantwortung, diesen Menschen so schnell wie möglich einen Arbeitsplatz zu bieten. Denn ein Flüchtling kann noch so viele Sprachkurse besuchen, es macht ihn deshalb nicht besser integriert. Dabei geht es doch darum, die vorhandenen Fähigkeiten und Qualifikationen zu nutzen.

Besondere bundesweite Nachqualifizierungsprogramme, die vorhandene Fähigkeiten an den deutschen Arbeitsmarkt anpassen, sind leider noch nicht

in Sicht. Darüber hinaus ist die Anerkennung vieler ausländischer Berufsqualifikationen nach wie vor, für den Großteil der Berufe ein Hürdenlauf mit langen und komplizierten Verfahren.

Es scheint bisweilen so, dass man in Berlin kein Problem damit hat, Menschen von der Arbeit abzuhalten. Dieser Eindruck mag vielleicht auch täuschen, jedoch muss auch gesagt werden, dass auf Bundesebene deutlich mehr getan werden muss. Wir sind in punkto Integration also noch nicht am Ziel. Die vor allem durch die niedrigen Zugangszahlen doch relativ entspannte Lage zum Anlass zu nehmen, zur Tagesordnung zurückzukehren, wäre in dieser Hinsicht fatal.

Es geht, wie bereits gesagt, darum, die Fehler der 1960er und 1970er-Jahre zu vermeiden. Es ist ein leichtes, zu alten Verhaltensmustern zurückzukehren. Die anspruchsvollere Aufgabe ist es, aus vergangenen Fehlern tatsächlich auch zu lernen.

Herr Präsident! Nach einem intensiven Jahr der Aufnahme von Flüchtlingen sind wir nun gefordert, die Integration dieser Menschen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe voranzubringen. Dies tun wir gemeinsam mit unseren Partnern bereits auf vielfältige Weise: durch Betreuung, durch Beratung, durch Sprache, durch Arbeit und durch Finanzierung und Koordination vor Ort.

Antrag

Der vorliegende Antrag entspricht im Grundsatz der Linie des Landes Schleswig-Holstein. Er konzentriert sich auf die Zielgruppe Flüchtlinge mit den Bereichen Sprache, Arbeitsmarktintegration und weiteren Kernelemente des Integrationsgesetzes wie der Wohnortzuweisung.

Sprachförderung des Landes

Die wichtigste Basis, quasi der Einstieg in die Integration, ist ein gutes Sprachförderangebot. Ergänzend zu dem Bundesprogramm sieht das Land auch weiterhin vor, Sprachförderung vorzuhalten. Hierzu hat mein Haus die seit 2013 bestehende Richtlinie fortgeschrieben.

Wir werden auch weiterhin Sprachkenntnisse sowie erste Orientierungshilfen vermitteln, um die selbstständige Informationsbeschaffung und Handlungsfähigkeit zu fördern. Zur sprachlichen Integration soll dafür ein modulares Kursangebot bereitgestellt werden, das zum Erwerb der Niveaustufen A1 bis A2 als elementare Sprachebene befähigt. So wollen

wir eine Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit zu den Integrationskursen des Bundes sowie zu weiteren Arbeitsmarktmaßnahmen ermöglichen.

Zielgruppe der neuen Richtlinie sind insbesondere Personen, die einer sprachlichen Förderung im Rahmen von Erstorientierung bedürfen, ihren Wohnsitz in Schleswig-Holstein haben und von Maßnahmen der Sprachförderung des Bundes ausgeschlossen sind.

Arbeit

Das Landesangebot zur Förderung von Sprache und Erstorientierung ersetzt dabei allerdings nicht die Teilnahme an einem Integrationskurs oder einer berufsbezogenen Sprachförderung des Bundes und Landes. Deshalb ist es notwendig, neben der Sprache auch arbeitsmarktpolitische Angebote und Instrumente für diese Zielgruppen zu öffnen. Sie sollen eine Kompetenzfeststellung ermöglichen und bei der Vermittlung von Arbeits- beziehungsweise Betriebskultur sowie arbeitsplatzorientierter Sprache helfen.

Nicht alle Geflüchteten haben heute Zugang zu den Angeboten der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter. Die vielfältigen und bedarfsdeckenden Maßnahmen des Bundes wie auch des Landes - insbesondere das Programm „Begleiteter Übergang für Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit“ BÜFAA richten sich aktuell auf Asylbewerber/innen mit guter Bleibeperspektive, Geduldeten mit Arbeitsmarktzugang und anerkannten Flüchtlinge, wenn sie die Schulpflicht erfüllt haben.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob es dem BAMF in Zusammenarbeit mit Trägern der Sprach- und Arbeitsverwaltung und Kommunen gelingt, im ländlichen Raum ausreichende Angebotsstrukturen für eine sprachliche und berufliche Integration sicherzustellen.

Wer aber bislang unter den Geflüchteten mit Arbeitsmarktzugang nicht ausreichend Berücksichtigung findet, sind die Flüchtlinge mit der sogenannten offenen Bleibeperspektive. Also Menschen zum Beispiel aus Afghanistan oder dem Jemen. Ihre Bleibeperspektive liegt unter 50 %. Ihre Verfahren von der Ankunft bis zu einer Entscheidung über ihre Asylanträge dauerten oft über ein Jahr. Hier besteht Handlungsbedarf, auch unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten. Dieser wird auch von der Bundesregierung, dem BAMF und von der Landesregierung gesehen.

Meine Damen und Herren, um Integration zu steuern, wird oft eine Wohnsitzzuweisung als hilfrei

ches Instrument angeführt. Sie wissen, dass ich mich einer solchen Lösung aufgeschlossen zeige, wenn diese die Integration nachhaltig fördert und die Arbeitsaufnahme oder die Familienzusammenführung nicht behindert. Eine schlichte Zuweisung ohne diese Parameter wäre nicht nur gesetzeswidrig, sie würde auch nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen, dass die Geflüchteten an möglichst vielen Orten Teil unserer Gesellschaft werden. Wir wissen, dass angesichts der hohen Zugangszahlen an Flüchtlingen, insbesondere im letzten Jahr, eine Steuerung erforderlich ist - nicht zuletzt auch, um den Kommunen ein größeres Maß an Planungssicherheit zu verschaffen.

Erstrebenswert wäre allerdings eine bundeseinheitliche Lösung gewesen. Hierzu konnte sich der Bund aber nicht durchringen. Mit dem nunmehr vorgesehen zweistufigen Verfahren bleibt es den Ländern überlassen, ob und wie sie eine Regelung zur Wohnsitzzuweisung schaffen, die auch noch der aktuellen europäischen Rechtsprechung Rechnung trägt. Ich stimme Ihnen zu, dass dies nur gemeinsam mit den Kommunen gelingen kann.

Deshalb ist mein Haus in der Steuerungsgruppe „Integrationsorientierte Aufnahme von Flüchtlingen“ mit den kommunalen Landesverbänden übereingekommen, eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Wohnsitzzuweisung einzurichten. Die AG „Umsetzung § 12 a Aufenthaltsgesetz“ hat sich bereits konstituiert und ist in einen ergebnisoffenen Austausch getreten. Ein weiteres Treffen ist für die erste Augusthälfte 2016 geplant. Damit ist die frühzeitige Beteiligung der kommunalen Ebene bei der Erarbeitung einer möglichen landesrechtlichen Wohnortzuweisung sichergestellt.

In diesem Zusammenhang ist uns natürlich auch das Problem der Vorhaltekosten bewusst, schon deshalb, weil das Land vor der gleichen Situation wie die Kommunen steht. Wir haben diesen Punkt daher natürlich auch in das Gesamtpaket für die Gespräche mit den Kommunen aufgenommen, denen ich nicht vorgreifen kann und will.

Zudem können wir Kommunen bei Bedarf darin unterstützen, den angemieteten oder gekauften Wohnraum in den freien Wohnungsmarkt zu überführen. Ziel bleibt für Bund, Land und Kommunen weiterhin der Aufbau abgestimmter, aufeinander aufbauender Strukturen - nicht nur bezogen auf beispielsweise Sprache und Arbeit.

Haupt- und ehrenamtliche Mitstreiter brauchen bei diesem komplexen Integrationsthema ebenso wie die Geflüchteten einen Überblick über die Vielzahl

(Minister Stefan Studt)

der Angebote und Möglichkeiten, aber auch darüber, was bei den unterschiedlichen Personengruppen nicht geht oder wo noch auszufüllende Lücken in den Förderketten sind. Mein Haus wird alsbald ein Softwaretool zur Verfügung stellen, dass hier

hoffentlich unterstützen und aufklären kann. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Minister Stefan Studt)

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