Herr Präsident! Glyphosat ist der mit Abstand am häufigsten eingesetzte Pflanzenschutzmittelwirkstoff - weltweit und auch bei uns. Glyphosat wird in Deutschland auf 40 % aller Äcker eingesetzt. In den 70er-Jahren von Monsanto patentiert und unter dem Namen „Roundup“ auf den Markt gebracht, entwickelte er sich zum Verkaufsschlager Nummer eins der Branche.
Heute ist Monsanto führender Hersteller nicht nur von Roundup, sondern auch von glyphosatresistenten gentechnisch veränderten Pflanzen. Aber auch
andere Hersteller sind auf den Zug aufgesprungen, als der Patentschutz auslief. Kein Wunder also, dass trotz der seit einigen Jahren massiv vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der nachteiligen Auswirkungen des sich immer weiter verbreitenden „Totspritzens“ auf die Biodiversität, trotz des Verdachtes auch schädigende Wirkung auf die Gesundheit und Fruchtbarkeit bei Nutztieren die Kritik am „System Glyphosat“ lange abgeschmettert wurde. Zu mächtig sind die wirtschaftlichen Interessen dahinter.
Erst die Einstufung des Wirkstoffes als „wahrscheinlich krebserregend“ durch die Weltgesundheitsorganisation hat die breite Öffentlichkeit aufhorchen lassen. Das ist auch gut so, dass alle wachgeworden sind.
Die EU-Kommission hat jetzt eine umstrittene Entscheidung getroffen und die Zulassung von Glyphosat um eineinhalb Jahre verlängert. Wir bedauern diese Entscheidung. Mit einem klaren Votum der Bundesregierung gegen die Verlängerung hätte dies verhindert werden können.
Aber vor noch wenigen Monaten stand eine Verlängerung um 15 Jahre in Aussicht. Dass dies abgewendet werden konnte, ist ein großer Erfolg der zivilgesellschaftlichen Gruppen, Verbände und vieler Bürgerinnen und Bürger in Europa, die sich dazu engagiert haben. Dies zeigt, Europa lebt - es wirkt, wenn Bürgerinnen und Bürger sich in dieser U, der 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in europäische Entscheidungsprozesse einbringen. Das ist gut so.
Die Kommission hat außerdem den Mitgliedsstaaten empfohlen, Anwendungsbeschränkungen zu erlassen. Es ist bedauerlich, dass sie dies nicht rechtsverbindlich getan hat. Jetzt ist die Bundesregierung in der Verantwortung, dies so weit wie möglich umzusetzen.
Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird in Deutschland bundesrechtlich durch das Pflanzenschutzgesetz geregelt. Wir bitten in unserem Antrag die Landesregierung, sich im Bund für sofortige möglichst weitgehende Anwendungsbeschränkungen einzusetzen, sowohl in Landwirtschaft und Gartenbau als auch bei Bahnen, Verkehrswegen et cetera.
In der Debatte um Glyphosat geht es aber um mehr als um einen einzelnen Wirkstoff. Es geht um das „System Glyphosat“. Es geht um den Ausstieg aus einem System, dass eine einseitige Entwicklung gebracht und die Landwirte von der chemischen Industrie abhängig gemacht hat, und zwar so, dass viele bis heute davon ausgehen, es gehe nicht mehr
ohne, weil sie arbeitswirtschaftlich, in der Fruchtfolge, in dem Anbauverfahren und in der Maschinenausstattung, schon derart auf den „Stoff“ eingestellt sind, dass die Entzugserscheinungen für viele schmerzlich sein werden.
Wir brauchen aber den Ausstieg aus Glyphosat. Dabei müssen sich Beratung, Versuchswesen und Forschung dringend auf die Entwicklung von Alternativen im Anbau konzentrieren. In den jüngsten Zielvereinbarungen mit der Landwirtschaftskammer fand dies Einzug. Es ist aber mehr als bedauerlich, dass da so lange, so extrem gemauert wurde. Das müssen die Landwirte ausbaden, die dann von heute auf morgen mit einer Situation konfrontiert werden, ohne Glyphosat arbeiten zu müssen - was an sich kein so großes Problem sein müsste, wenn es frühzeitiger eine bessere Vorbereitung für andere Verfahren gegeben hätte. Es müssen pflanzenbauliche Alternativen sein.
Der Ausstieg darf nicht einfach der Umstieg auf neue Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen sein, die ähnlich wirken, aber angeblich unbedenklich sind. Als Unbedenklich galt Glyphosat auch lange Zeit - fast 50 Jahre.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon oft haben wir hier im Haus über das Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat diskutiert und im letzten Oktober das Moratorium für die Zulassung von Glyphosat, Drucksache 18/3409, verabschiedet.
Bedauerlicherweise folgte die Bundesregierung dem politischen und gesellschaftlichen Willen, den Einsatz von Glyphosat zu verbieten nicht und enthielt sich in den zuständigen EU-Gremien.
Die Folge ist: die Europäische Kommission die Genehmigung von Glyphosat bis Ende 2017 verlängert. Die Europäische Kommission betonte jedoch, dass die endgültige Entscheidung über eine Zulassung von Glyphosat bei den Mitgliedsstaaten liegt.
Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich, dass die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Abgeordneten des SSW unsere Initiative jetzt mit einem Änderungsantrag zu unserem aufgegriffen haben und ebenfalls den Ausstieg aus Glyphosat bis Ende 2017 fordern.
Man kann nur hoffen, dass diese parteiübergreifende Initiative, die die Forderungen von Umwelt- und Naturschützern aufgreift, die Schleswig-Holsteinische Landesregierung dazu bewegt im Bundesrat
eine Initiative zu ergreifen, um die Bundesregierung dazu zu bewegen eine nationale Zulassung von Glyphosat bis Ende 2017 in Ausnahmen deutlich einzuschränken beziehungsweise in den meisten Fällen zu untersagen.
Gerade in Zeiten wachsender EU-Skepsis bei den Bürgerinnen und Bürgern gibt es keinen Grund für die Bundesregierung sich hinter der Entscheiden der EU-Kommission zu verstecken.
Wichtig ist, dass die Bundesregierung die Sorgen der Bürger bezüglich dieses Pflanzengifts ernst nimmt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, da zu dem Thema im Prinzip alles gesagt und daher eine Anhörung im Ausschuss überflüssig ist, schließen wir und dem Änderungsantrag als Antragsteller an und erklären unseren für Erledigt. Wir schlagen vor, heute in der in der Sache abstimmen. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, kurz BVL, hat für den Einsatz von Glyphosat genaue Anwendungsbestimmungen erlassen. So dürfen glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel innerhalb eines Kalenderjahres auf ein und derselben Fläche nur maximal zweimal im Abstand von mindestens 90 Tagen ausgebracht werden; und zwar nicht mehr als insgesamt 3,6 kg Wirkstoff pro Hektar und Jahr. Wer in Deutschland gegen diese Vorgaben verstößt, muss die erzeugten Lebensmittel vernichten und mit einem Bußgeld rechnen.
Das ist in Deutschland seit mehr als zwei Jahren gängige Praxis. Die staatlichen Stellen begrenzen also bereits den Einsatz des Mittels, über das sich die Bundesregierung nicht so ganz einig ist.
Inzwischen ist Glyphosat trotz dieser Maßnahmen allerdings sowohl in vielen Lebensmitteln als auch in der Muttermilch nachgewiesen worden. Dabei wurden Grenzwerte überschritten: im Falle von Honig im Landkreis Spree-Neiße sogar um das Hundertfache der erlaubten Rückstandshöchstmenge. Das könnte daran liegen, dass die private Verwendung von Glyphosat mehr oder weniger ungeregelt ist. Der Verkauf von Glyphosat unter dem Markennamen Roundup, Finolsan oder Glyfos ist nämlich keinerlei Beschränkungen unterlegen; nicht einmal ein Sachkundenachweis ist nötig, um das Gift zu kaufen. Sogar manche Supermärkte führen Glyphosat in ihrem Sortiment. Wir können demzufolge nur rätseln, wie verantwortungsvoll Grundstückbesitzer
mit der Gift umgehen; wie ernsthaft sie die Warnhinweise auf der Packung nehmen, die eindeutig zeigen, dass Glyphosat reizend und umweltgefährlich ist.
Das Zeug ist gefährlich. Klar; sonst würde es ja nicht wirken. Der Verdacht kam auf, dass es auch Menschen gefährdet, indem es Krebs auslösen kann. In diesem Fall ist unsere Devise: Sicherheit vor Profit. Ich habe darauf bereits mehrmals in der Vergangenheit hingewiesen.
Die Untersuchungen laufen noch. Die Europäische Chemikalienagentur soll jetzt mittels einer systematischen Untersuchung Klarheit schaffen, ob Glyphosat krebserregend ist. Das heißt nicht, dass wir bis zu einem endgültigen Ergebnis zum Nichtstun verdammt sind. Deutschland könnte beispielsweise die Einsatzbereiche von Glyphosat weiter einschränken. Ausdrücklich hat EU-Gesundheitskommissar Andriukaitis diese Option eröffnet. Er wies extra auf Einschränkungen hin, die jedes EU-Mitglied erlassen könne. Er sagte: „Sobald ein Wirkstoff genehmigt oder auf EU-Ebene erneuert wird, ist es an den Mitgliedstaaten, die Endprodukte, also die Herbizide und Pestizide, selbst auf ihren jeweiligen Märkten zu genehmigen.“
Die Bundesrepublik könnte also den freien Verkauf von Glyphosat verbieten, die Ausbringung durch die Landwirtschaft strenger kontrollieren und die Vergiftung von Straßen und Wegen durch die Straßenverwaltungen grundsätzlich untersagen. All diese Möglichkeiten hat sie. Wir weisen auf diese abgestuften Möglichkeiten hin und fordern mehrere davon in unserem Änderungsantrag. Die Enthaltung im EU-Verfahren ist also mitnichten das schwerste Geschütz, das die Bundesrepublik in Stellung bringen kann. Sie hat durchaus mehr Möglichkeiten in der Hand. Sie lässt uns das nur glauben. Die Schwarz-weiß-Rhetorik ist aber überhaupt nicht angebracht, auch nicht der Verweis auf Brüssel.
Ich halte es für grob fahrlässig, dass der Bundeslandwirtschaftsminister die Kritik an Glyphosat als Todesstoß für die Landwirtschaft umdeutet. Damit ignoriert er mutwillig seine eigenen Entscheidungsspielräume und dämonisiert wider besseren Wissens die Gegner von Glyphosat. Eine qualifizierte Debatte ist auf diesem Wege natürlich nicht möglich.
Ich würde mir wünschen, dass das Ministerium in Berlin die Kritik der Bürgerinnen und Bürger ernster nehmen würde und den Einsatz von Glyophosat umgehend einschränkt.
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/4411(neu)
b) Wohnortzuweisung für anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge in Schleswig-Holstein zügig ermöglichen
Sehr geehrte Damen und Herren! Allein im letzten Jahr haben fast 500.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das sind fast 300.000 Asylanträge mehr als im Vorjahr. Viele dieser Menschen werden für längere Zeit bei uns bleiben. Die Integration von Migranten und Flüchtlingen wird deshalb eine besondere Herausforderung für Schleswig-Holstein und den Kommunen in diesem Land sein.
Das Integrationsgesetz des Bundes ist ein wichtiger Schritt, um diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Durch das Integrationsgesetz wird mehr Rechtssicherheit für die Flüchtlinge, den Kommunen und Schleswig-Holstein geschaffen. Es enthält ein umfangreiches Bündel von Maßnahmen, um die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive werden leichter eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen können.
Grundsatz des Integrationsgesetzes ist einerseits das Fördern und andererseits das Fordern. Voraussetzung des Förderns muss jedoch neben der zwingend notwendigen Integrationswilligkeit eine Bleibeperspektive sein und bleiben. Die Koalition will die Neuregelungen des Integrationsgesetzes auf alle Flüchtlingsgruppen ausweiten. Insbesondere will sie die Bleibeperspektive als Voraussetzung für Fördermöglichkeiten nach dem Integrationsgesetz abschaffen.
Noch heute fehlt es jedoch an Kapazitäten, Flüchtlingen mit langfristiger Bleibeperspektive ausreichende Sprach- und Integrationskurse zur Verfügung zu stellen. Sollten Integrationshilfen auch Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive ermöglicht werden, würde dies zu Nachteilen anderer Flücht
linge führen und die Kommunen weiter belasten. Deshalb müssen wir uns auf die Flüchtlinge konzentrieren, die eine gute Bleibeperspektive haben.
Bei denjenigen, die kein Bleiberecht erhalten müssen wir für zügige Rückführungen sorgen. In Fällen jedoch, in denen eine Rückführung langfristig nicht möglich ist, müssen wir allerdings ebenfalls Angebote machen können.
Eine Integration der Flüchtlinge wird jedoch ohne die Arbeit der Kommunen, der Ausbildungsbetriebe und den zahlreichen Vereinen nicht möglich sein. Heute sind es aber meist die für Flüchtlinge eher zuzugsattraktiven Kommunen, die unter der Flüchtlingslast leiden, doch auch hier sind die die Integrationskapazitäten begrenzt.
Es ist wichtig, dass das Integrationsgesetz die Möglichkeit der Wohnrotzuweisung eröffnet. Und die Kommunen in Schleswig-Holstein warten händeringend auf eine Umsetzung im Land. Ich kann es deshalb nicht nachvollziehen, dass die Landesregierung hier noch keinen konkreten Umsetzungsvorschlag vorgelegt hat. Das Integrationsgesetz ist schließlich nicht überraschend vom Himmel gefallen.
Die Landesregierung muss kurzfristig und in Absprache mit den Kommunen im Land landesrechtliche Regelungen schaffen, um Wohnsitzauflagen für die im Integrationsgesetz genannten Gruppen ermöglichen.
Für Schleswig-Holstein und die Kommunen im Land ist es von großer Wichtigkeit, dass die Integrationslasten so schnell wie möglich gleichmäßig verteilt und die übermäßige Belastung einzelner, besonders zuzugsattraktiver, Kommunen beendet und für die Zukunft vermeiden werden.
Eine schnelle Umsetzung des Integrationsgesetzes mit Hinblick auf die Wohnsitzauflage ist unverzichtbar. Nur durch eine schnelle Regelung für Schleswig-Holstein, wird dieses Land die wichtige Aufgabe bewältigen können, die Flüchtlinge erfolgreich zu integrieren.
Einerseits besteht eine Priorität darin, dafür zu sorgen, dass diese Menschen nicht unter sich bleiben um eine Ghettoisierung unter den Migranten zu verhindern. Ich kann nachvollziehen, dass es viele Menschen, die zu uns kommen, in Richtung der größeren Städte zieht. Allerdings erhöht dies die Gefahr der Überforderung und der Bildung von Ghettos. Hier müssen wir aktiv gegensteuern