Protocol of the Session on July 22, 2016

Angesichts der zwangsläufig notwendigen Neujustierung der Medienkompetenzförderung brauchen wir eine Zäsur. Wir prüfen daher, ob die Aufgabe der Medienkompetenzförderung für Kinder, Jugendliche, ältere Menschen mehr als bisher in möglichst großer Breite in Landesregie bestmöglich wahrgenommen werden kann. Damit könnte sich die MA HSH stärker auf die pflichtigen Aufgaben wie die Überwachung der privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten und ihrer Programme und die Frequenzvergabe in unserem Land konzentrieren.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir in den Regierungsfraktionen und in der Regierung ausführlich über die Ausgestaltung einer digitalen Agenda nachdenken. In diesen Zusammenhang gehört das Thema.

(Dr. Axel Bernstein)

Wir sollten durch Vernetzung und verbesserte Ausstattung aller Akteure, wie zum Beispiel der Offene Kanal, die Fortbildungseinrichtungen in unserem Land, das IQSH, das Bildungsministerium und andere, ein umfassendes Konzept für die Förderung der Medienkompetenz entwickeln, das möglichst viele Menschen in unserem Land erreicht und sie befähigt, nicht nur mit neuen Medien, sondern auch mit den herkömmlichen Print-, Funk- und Fernsehmedien kritisch und souverän umzugehen, vom Kindergarten über die Schule bis hin zu älteren Menschen, die Kompetenzen in der digitalen Welt erwerben wollen.

Meine Damen und Herren, die Zusammenhänge sind komplizierter, als es Ihr sechszeiliger Antrag zum Ausdruck bringt. Es geht um eine umfassende Förderung von Medienkompetenz für alle Bevölkerungsgruppen. Daran arbeiten wir. Das Ergebnis muss ein deutliches Mehr an Medienkompetenzförderung für Schleswig-Holstein werden. Das muss nicht das Ende der Medienkompetenzförderung der MA HSH sein.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Ich bin gleich am Ende oder am Schluss meiner Rede, am Ende noch lange nicht.

(Heiterkeit SPD)

Ich sage es noch einmal: Das muss nicht das Ende der Medienkompetenzförderung bei der MA HSH sein, aber es würde vermutlich deutlich weniger. All das ist mit unserem Hamburger Partner zu beraten. Natürlich werden wir die bisherigen erfolgreichen Projekte, die die MA HSH in Schleswig-Holstein ermöglicht hat, erhalten. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Debatten über Rundfunkbeiträge werden oft sehr aufgeregt geführt. Deshalb

begrüßen wir, dass wir anlässlich des Antrags der PIRATEN heute sachlich über Rundfunkpolitik und Medienkompetenz sprechen können.

Wir Grüne finden es - wie viele Vorredner - unsinnig, die Rundfunkabgabe zu senken. Es ist bereits absehbar, dass dies in den nächsten Jahren in der Entwicklung wieder aufgeholt werden muss. Da haben alle, die das kritisieren, recht. Was da in der Ministerpräsidentenkonferenz von anderen Ministerpräsidenten - nicht von unserem - betrieben wird, ist ziemlich populistisch.

Unabhängig davon, wie die Debatte über die Rundfunkabgabe - dazu wird der MP gleich sicherlich etwas sagen - ausgeht, gibt es weitere wichtige Baustellen. Durch die Umstellung auf DVB-T2 fallen ab 2017 keine Anbieterabgaben mehr an. Das hat direkte Konsequenzen für unsere Medienanstalt und andere Projekte, zum Beispiel unseren Offenen Kanal.

Für uns Grüne steht fest, dass diese Kürzungen auf uns zukommen, dass wir im Land sie aber nicht gewollt haben. Es ist auch mir besonders wichtig, das hier zu betonen. Auch ich habe gestern beim Empfang der Medienanstalt manchmal den Eindruck bekommen, dass das ein bisschen anders dargestellt wird. Das finde ich sehr schade. Wir müssen aus der Situation das Beste machen. Wir arbeiten deshalb daran, die Medienkompetenz bei uns im Land gänzlich neu aufzustellen. Unabhängig von der Debatte kann man sagen, dass es dafür genug Gründe gibt.

Wir haben im Land tolle Projekte, aber die Entwicklung im Bereich der Medien ist sehr schnelllebig. Wir - nicht ich persönlich, sondern andere - haben im Parlament das letzte Mal vor sechs Jahren über Medienkompetenz debattiert. Was in den sechs Jahren alles passiert ist, muss ich nicht im Einzelnen aufführen. Exemplarisch kann man die neueste Entwicklung der letzten Woche nehmen. Es gibt auch hier viele Kollegen, die Pokémon Go auf ihrem Smartphone haben.

(Zurufe)

- Herr Habersaat, ich will hier kein Zwangsouting vornehmen. - Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnell sich Kommunikationsverhalten verändert. Es gibt auch andere Beispiele. Vor einigen Jahren gab es die Debatte um Facebook-Veranstaltungen, wo Privatpartys als Privatpartys starteten und sich plötzlich 1.000 Menschen im Vorgarten wiedergefunden haben und so weiter. Es gibt genug Beispiele dafür, dass Medienkompetenz ganz wichtig ist und auch wichtiger ist, als immer wieder über un

(Peter Eichstädt)

sinnige Sperren zu reden. Auch das möchte ich hier ganz deutlich sagen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PI- RATEN und Peter Eichstädt [SPD])

Wir wollen die Akteure und Projekte, die es im Land gibt, weiter nutzen und stärker miteinander vernetzen.

Für uns liegt ein ganz klarer Schwerpunkt auf dem Bereich Schule und Jugendeinrichtungen. Es geht bei Medienkompetenz bei uns um alle Generationen - das ist ganz klar -, aber der Bereich Schule und Jugend hat natürlich noch einmal einen besonderen Stellenwert.

Da gibt es beispielsweise das Projekt MediaMatters an der Europauniversität Flensburg, was wirklich sehr, sehr gut mit Schulen Medienkompetenz lehrt. Das ist zum Beispiel ein Projekt, bei dem wir uns vorstellen können, dass es in einem Konzept gestärkt wird. Es gibt aber auch an anderen Hochschulen Ansätze, beispielsweise an der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel oder auch an der Fachhochschule in Lübeck. Auch diese müssen mit einbezogen werden.

Medienkompetenz ist aber nicht nur für Schulen relevant, sondern auch für Kindertagesstätten. Es ist immer die Frage, wie man das altersgerecht am besten hinbekommt. Aber damit erst an den Schulen anzufangen, finden wir Grüne falsch. Wir finden, dass es auch schon in der Zeit vor der Schule in einer guten Art und Weise etabliert werden muss.

Wir werden nicht sofort alles flächendeckend einführen können. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Unser Land hat eben nur begrenzte finanzielle Ressourcen. Aber wir müssen das Ziel haben, alle Jugendlichen und Kinder mit Medienkompetenzangeboten zu erreichen.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Medienkompetenz bedeutet für uns sowohl technisches Know-how darüber, wie man beispielsweise Videos erstellt und wie man mit Technik umgeht, aber gleichzeitig ist Medienkompetenz auch Verbraucherschutz. Gerade wenn man sich anschaut, wie viele Menschen inzwischen mit Smartphone und Tablet unterwegs sind, muss man sagen, dass sich Datenschutzfragen noch einmal ganz anders stellen als vielleicht vor sechs oder zehn Jahren. Es gibt viele Menschen, die das verunsichert, die nicht wissen, was für eine Bedeutung bestimmte Verhaltensweisen des Smartphones haben, wenn man beispielsweise Apps herunterlädt oder bei Facebook

Sachen postet, die man am nächsten Tag vielleicht schon wieder bereut. Das ist ein Bereich, der uns als Grüne ganz, ganz wichtig ist. Wir wollen deshalb auch das Landesdatenschutzzentrum in die Erstellung unseres Medienkompetenzkonzeptes mit einbeziehen.

Dasselbe gilt auch für die Verbraucherzentrale. Denn die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein arbeitet als digitaler Marktwächter inzwischen bundesweit. Wenn wir über Medienkompetenz als Verbraucherschutzthema reden, sollten wir auch die Kompetenz, die die Verbraucherzentrale hier bei uns hat, mit nutzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Wir stehen bei der Medienkompetenz vor sehr großen Umbrüchen. Es werden neue Projekte entstehen. Der Kollege Bernstein hat vollkommen richtig erkannt, es wird natürlich dann auch darum gehen, diese Projekte im Haushalt zu verankern. Dazu müssen wir im Haushalt 2017 schon anfangen. Das ist dann vielleicht noch nicht abschließend, aber 2017 wird dazu im Haushalt etwas stehen müssen.

Wir sagen auch ganz deutlich für uns Grüne, dass wir dem Staatsvertrag, der die Grundlage dafür ist, dass diese Kürzungen stattfinden, nur zustimmen werden, wenn wir bei der Medienkompetenz ein Konzept haben, die Landesregierung also ein Konzept im Rahmen der Digitalen Agenda vorlegt, was uns überzeugt und was bedeutet, dass wir nicht in eine Lücke fallen. Es wäre das Schlimmste, was passieren kann, dass Mittel weggenommen werden, eine Lücke entsteht und die Medienkompetenzkonzepte der Landesregierung dann erst in ein paar Jahren auf den Weg gebracht werden.

(Beifall PIRATEN)

Wir sind aber nach den Beratungen mit der Koalition optimistisch, dass wir nicht die Einzigen sind, die das so sehen. Deshalb glaube ich, dass wir da in der Debatte im Herbst schon einen Schritt weiter sein werden. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Peter Eichstädt [SPD])

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug das Wort.

(Rasmus Andresen)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst daran erinnern, dass der Landtag im Dezember 2011 einstimmig eine Resolution beschlossen hat, die damals begleitend zur Änderung der Gebührenanhebung diskutiert worden ist. In dieser einstimmig beschlossenen Resolution heißt es unter anderen:

„Der Landtag fordert die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, die Qualität der Sendungen zu erhöhen, den Kernauftrag viel stärker zu fokussieren und dem Bürger einen erkennbaren Mehrwert für sein Geld zu liefern.“

Ich denke, das Thema, was wir hier heute debattieren, gibt auch Anlass, nach einer Reihe von Jahren einmal Revue passieren zu lassen, was sich in der Hinsicht, die wir damals in der einstimmig gefassten Resolution angesprochen haben, getan hat.

Ich meine schon, dass man da auf einige kritische Punkte hinweisen sollte: Ich sehe nicht, dass die Fokussierung auf Unterhaltung in irgendeiner Weise nachgelassen hat. Beispielhaft sei die stundenlange Berichterstattung sowohl bei ARD als auch bei ZDF über Hochzeiten im Bereich des europäischen Hochadels erwähnt, während beispielsweise die Berichterstattung über den Putsch in der Türkei jüngst bei einem privaten Nachrichtensender deutlich umfassender gewesen ist als bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die dafür - wenn man schon nicht die Hauptprogramme im Ersten und Zweiten in Anspruch nehmen will - auch Spartensender zur Verfügung gehabt hätten, Phoenix oder Tagesschau 24, wo man diesen aktuellen Vorgang mit der eigenen Sachkompetenz viel intensiver hätte behandeln können.

(Zuruf SPD)

Ich meine, wenn man über die Frage der Gebühren diskutiert, ist auch das ein Thema, das man in Richtung auf die Sender einmal kritisch ansprechen darf.

(Zuruf Peter Eichstädt [SPD])

- Ja, aber für mich ist das etwas, was bei der Frage, wie beschließe ich in Sachen Beitragshöhe, ein relevanter Punkt ist. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Da haben wir vielleicht unterschiedliche Maßstäbe. Ich sehe das jedenfalls so.

Ich darf ebenfalls auf die Aufwendungen für Sportereignisse hinweisen, bis hin zu Honoraren für Fußballexperten, die dann zu den einzelnen

Spielen befragt werden. All das ist auch schon öffentlich erörtert worden. Da liegt also sicherlich einiges im Argen.

In dieser Gemengelage fordern die PIRATEN ernsthaft, von einer Gebührensenkung abzusehen, obwohl sogar die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten eine Senkung um magere 30 % empfiehlt.

(Zurufe: 30 Cent!)