Protocol of the Session on July 21, 2016

Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem ausdrücklichen Dank an Finanzministerin Heinold für ihre klaren Worte zu den erdrückenden Pensionslasten, die uns in den nächsten Jahren erwarten, beginnen. Man muss die Rede zum Landesbeamtenrecht damit beginnen, denn das hat Konsequenzen für die Zukunft, wie wir uns besoldungstechnisch aufstellen und wie wir mit den Dingen umgehen. Da kann man das eine vom anderen nicht trennen. Inwieweit Ihr Rechenbeispiel tragen wird, das können wir heute noch nicht wissen. Aber ich finde es gut, dass wir uns damit beschäftigen, weil neben dem Pflegenotstand die zentrale Frage der nächsten zehn Jahre sein wird, ob wir uns das alles so leisten können und wie wir uns das leisten können.

(Beifall PIRATEN)

Gerade vor dem Hintergrund dieser enormen Pensionslasten ist jeder Versuch zu unternehmen, dass man Beamte länger im Amt hält. Das Modell 63plus wäre ein guter Ansatz gewesen oder hätte einer werden können. Der Deutsche Beamtenbund hat daran nicht viel Gutes gelassen. Er kritisiert zum Beispiel die 41-Stunden-Woche statt der 38Stunden-Woche, die kein großer Anreiz sei. Er kritisiert die Beurteilungsproblematik und auch die steuerliche Behandlung des Aufstockungsbetrags. Die Landesregierung selbst sieht es in ihrer Begründung auch nicht als prognostizierbar an - wer kann das auch schon prognostizieren -, wie viele Beamte schließlich einmal von dem Modell 63plus Gebrauch machen werden.

Überhaupt nicht nachvollziehbar ist - da bin ich anders aufgestellt als Sie, Frau Raudies -, warum der grundsätzliche Anspruch auf eine Versorgungsauskunft nicht gewährt werden kann. Jeder normale Rentenanspruchsberechtigte kann bei der Rentenversicherungsanstalt nachfragen. Das ist auch deswegen wichtig, weil er privat Altersvorsorge betreiben soll. In welcher Höhe und in welchem Umfang er das machen kann oder sollte, ergibt sich aus dem, was ihm in der Zukunft gezahlt werden kann. Dass er das erfährt, sollte der Regelfall und nicht zustimmungspflichtig sein.

Den Wechsel von Beamten aus anderen Ländern oder vom Bund zu uns durch die Ausgleichszulage

zu gestalten, ist nicht schön. Es ist aber der einzige Weg, den wir uns leisten können. Die Forderung, unsere Besoldungstabellen an die der Nachbarn oder des Bundes anzupassen, ist so einfach nicht finanzierbar. Deswegen stimmen wir mit schwerem Magengrimmen dem Modell einer Ausgleichszulage zu.

Wir müssen allerdings darauf achten, dass sich die Besoldungsentwicklung nicht weiter von dem abkoppelt, was im Süden dieser Republik und auf Bundesebene passiert, denn ein ausgebildeter Polizist der Landespolizei Schleswig-Holstein, der nach Hamburg wechselt, ist teurer als alles, was wir uns vorstellen können. Vor diesem Hintergrund müssen wir attraktiv bleiben.

Mitentscheidend für den Entschluss, sich als Beamtenanwärter bei uns zu bewerben, sind die Aufstiegschancen. Da die Pensionen ja nicht auf die Lebensarbeitszeit, sondern auf das erreichte Endamt errechnet werden, ist der mögliche Aufstieg oder das tatsächliche Erreichen des Endamtes von so großer Bedeutung. Den guten Absichten des Gesetzentwurfs der Landesregierung steht da ein völlig antiquiertes und ungeeignetes Beurteilungssystem gegenüber, das im Grunde konterkariert, was das Gesetz eigentlich möchte.

Bei den Quotierungen für die Spitzenämter der jeweiligen Laufbahn muss nachgebessert werden, weil genau das den Abwanderungsgelüsten vorbeugen könnte.

So wie der Bund es angefangen hat und andere Länder nachgezogen sind, ist die Bündelung von Dienstposten eine äußerst vernünftige und richtige Entscheidung. Aber auch da müssen wir bei den Beurteilungen tatsächlich gucken, dass sie zeitgemäß und modern abgefasst werden und nicht so, wie es im Moment schlecht läuft.

Ein letzter Punkt sind die Erfahrungsstufen. Da bleibt es bei der Ungerechtigkeit, dass außerhalb des öffentlichen Dienstes erworbene Kenntnisse nicht angerechnet werden. Das ist nicht okay. Ich stelle mir beispielsweise den Steuergehilfen mit mehrjähriger Berufserfahrung aus Hamburg vor und den Finanzobersekretär der Finanzbehörde Hamburg. Beide bewerben sich zu uns. Der eine bekommt seine Erfahrungsstufen angerechnet, der andere nicht. So gewinnen wir keine Fachleute aus privaten Bereichen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Ein guter Ansatz ist die familienfreundliche Gestaltung des Dienstes. Das kompensiert aber nicht

die Gesamtkritik, die von den Gewerkschaften kam. Die Fragen, die sich stellen, hat die Frau Kollegin Nicolaisen bereits gestellt; ich stelle sie anders.

Junge Menschen fragen sich: Wie werde ich bezahlt? Wie komme ich voran? Wie sieht es im Alter für mich aus? - Das sind drei entscheidende Fragen. Vor dem Hintergrund der Gesamtbetrachtung, auch der Anhörung, sehen wir uns nicht in der Lage, dem Entwurf zuzustimmen.

(Beifall PIRATEN)

Zum FDP-Entwurf und zum Fünf-Jahres-Vorschlag der FDP müssen wir korrigierend Folgendes sagen: Der Sozialausschuss hat am 6. November 2014 dazu abgestimmt, kannte aber noch nicht die Anhörung, die dann im Februar 2015 im Innen- und Rechtsausschuss stattfand. Es ist gut, wenn das Parlament auf Anhörungen reagiert und sich korrigiert, das sollte öfter passieren. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das unterschiedliche Abstimmungsverhalten. Deswegen werden wir dem nicht zustimmen. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Gesetzesinitiative unterstützen wir als Küstenkoalition die Landesbeamten in ihrer Tätigkeit und schaffen einen tragfähigen gesetzlichen Rahmen, der sich an der aktuellen Arbeitsrealität ausrichtet. Änderungen der Rechtslage in anderen Bereichen berühren natürlich auch das Beamtenwesen und führen bisweilen zu mehr oder weniger großen Komplikationen in der Umsetzung.

Nach Basel III, der internationalen Regel für das Bankenwesen, müssen Beamte jetzt beispielsweise zusätzliche Nachweise in Bezug auf ihre Versorgung beibringen. Der Zugang zu solchen Dokumenten muss also gegeben sein. Bisher ist dies nicht so, jedenfalls nicht automatisch. Die Anpassung, die wir jetzt schaffen, ist im Änderungsantrag eingefügt und führt zu einem Anspruch auf eine Pensionsauskunft. Ich glaube, dass dies eine vernünftige Regelung ist.

Derzeit werden diese Anfragen sogar noch manuell bearbeitet. Dass dies in Zukunft auch online ge

schehen kann, ist sicher nicht verkehrt und entspricht einer faktischen Modernisierung des Landesbeamtenrechts.

Die Aufgabenstellung für sowie die Anforderungen an Beamte haben sich verändert. Von daher ist es richtig, dass nun auch die Besoldung an einigen Stellen entsprechend angehoben wird. Auch für Beschäftigte auf den Inseln werden neue Regelungen geschaffen.

All dies sind Anpassungen, um das Beamtentum auf den neuesten Stand zu bringen. Dies ist nicht superattraktiv, aber auch nicht unbedingt schädlich, und es entspricht den Wünschen aus der konkreten Lebenswirklichkeit vieler Beamtinnen und Beamter heraus. Es wirkt sich mit Sicherheit auch positiv nach innen aus.

Worum es aber eigentlich gehen sollte, ist, in Zukunft noch deutlicher zu machen, wie attraktiv unser Landesbeamtentum ist. Denn eines steht fest: Es ist attraktiv! Wir müssen die Attraktivität eines sicheren Arbeitsplatzes in Zukunft noch besser darstellen. Das ist ein Plus, das die Menschen haben, und es ist etwas, das das Beamtentum wirklich massiv von anderen Arbeitsverhältnissen unterscheidet.

Familie und Beruf lassen sich, etwa durch Teilzeit, in wohl keiner anderen Branche so gut miteinander vereinbaren wie in den Behörden. Frau Kollegin von Kalben hat das eben bereits deutlich gemacht. Das ist ein Punkt für junge Menschen, an dem man durchaus sagen kann, dass das an Attraktivität kaum noch zu überbieten ist, jedenfalls im Vergleich mit den freien Berufen.

Auch die Pensionsregelungen - das konnten wir auch in der Zeitung lesen - sind im Vergleich zu Rentenempfängern äußerst komfortabel. Im Übrigen, diese kleine Spitze müssen Sie mir noch zugestehen: Das gilt auch im Vergleich mit der Altersversorgung von Abgeordneten im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Was ein Durchschnittspensionär an Pension erreichen kann, werden viele von uns nicht erreichen können, es sei denn, sie sind in diesem Parlament gelandet und vorher Beamte gewesen. Die haben vielleicht noch diese Perspektive, aber wir normale Menschen nicht mehr.

Auch die Pensionsregelungen sind also etwas, das höchst attraktiv ist und das man nicht in irgendwelchen Werbebroschüren ständig vor sich herträgt. Ich glaube aber, dass wir den jungen Leuten durchaus sagen können: Wenn ihr euch für diese Richtung entscheidet, ist für euch gesorgt.

(Wolfgang Dudda)

Gleiches gilt auch für die Berufsunfähigkeitsversorgung. An diesen Fall möchte man im eigenen Leben normalerweise nicht denken, er kann aber trotzdem eintreten, und es ist wichtig, dafür vorzusorgen. Noch viel wichtiger ist die Lohnfortzahlung. Jemand, der aus Krankheitsgründen in irgendeiner Art und Weise nicht mehr arbeiten kann, hat nach einer sehr kurzen Zeit als normaler Arbeitnehmer nur noch einen anteiligen Lohn zu erwarten, während ein Beamter immer versorgt ist - und zwar mit dem Entgelt, das er auch als arbeitender Beamter bekommen würde. Das ist höchst attraktiv, denn es sichert die jeweilige Person ab.

Das kann man durchaus einmal nach außen tragen. Dies zu tun, ist nicht nur unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, sondern es ist auch wichtig, dass die Verbände der Beamten dies besser nach außen darstellen. Ich glaube, dass es da bei den Verbänden noch Luft nach oben gibt. Man muss nicht immer nur darüber trauern, was alles nicht geht, sondern vielleicht auch einmal sagen, wo man es besser hat. Wir müssen ständig daran arbeiten darzustellen, wie gut das Beamtentum eigentlich ist und wie attraktiv die Jobs an sich sind.

Die kleine Initiative unserer Finanzbeamten, die mit kleinen Videos ihre Arbeit darstellen, ist so ein Ding, über das man sagen kann: Guck mal, die sind begeistert von ihren eigenen Jobs und tragen das nach außen. - Ich würde mir viel öfter wünschen, dass so etwas passiert, denn ich glaube, dass es dann kein Problem wäre, Menschen für Berufe in der öffentlichen Verwaltung wirklich zu begeistern.

Ich glaube, dass die Rahmenbedingungen hervorragend sind und dass die Arbeit unheimlich viel Spaß machen kann. Man muss es den Leuten nur erzählen! Das ist nicht nur unsere Aufgabe, sondern auch die Aufgabe der Verbände. Ich glaube, wenn wir das gemeinsam machen, wird es so etwas wie Personalmangel eigentlich gar nicht mehr geben. Dann werden die Menschen zu uns strömen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, Beate Raudies [SPD] und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Für die Landesregierung hat der Ministerpräsident Torsten Albig das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist es so, dass die Menschen die jungen Menschen - im Augenblick eher zu uns strömen, als dass sie wegblieben. Wir sind offensichtlich ein hochattraktiver Arbeitgeber.

Was ist denn am Ende wohl das Entscheidende, wenn ich mich nach einer Schul- oder einer Universitätsausbildung auf den Weg mache und mich frage, wo ich eigentlich hingehe? Ist das nicht eine Arbeit, eine Tätigkeit, bei der ich davon ausgehe, dass sie mich die nächsten 30, 40 Jahre meines Lebens ausfüllt, dass sie mich erfüllt, dass sie mir Befriedigung gibt, dass sie Inhalte hat, die besonders sind, die gemeinwohlorientiert sind? - All das bieten wir.

Wir sind ein Arbeitgeber, der wie kaum ein anderer als öffentlicher Dienst Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven aufbaut, die ich als junger Mensch in anderen Bereichen so nicht finden kann. Wir sind ein Arbeitgeber, der wie kaum ein anderer - schon im heute geltenden Beamten- und Dienstrecht - in der Lage ist, für fast alle Lebensbiografien Bausteine zu liefern - gerade für junge Frauen, aber eben nicht nur. Wir sind ein Arbeitgeber, der jungen Familien zeigt: Wir gehen und wachsen mit dir mit. Wir bauen um dich herum deine berufliche Karriere so auf, dass du immer aufgehoben bist, dass dein Weg immer weitergeht, dass wir immer darauf achten, dass deine individuellen Lebensentscheidungen nicht dazu führen, dass du bei uns rausgekickt wirst.

Das bieten ganz wenige am Markt, und das ist ein Pfund, mit dem wir in einem - das ist völlig zu Recht von vielen heute gesagt worden - viel härter werdenden Wettbewerb um die jungen Talente extrem wuchern müssen.

Die demografische Entwicklung wird so sein, dass wir, wenn wir als Wettbewerber am Arbeitsmarkt auftauchen, nicht beliebig - völlig egal, wie hoch jetzt die Besoldung ist - nachlegen können auf der Gehaltsseite. Da sind wir gesetzlich limitiert - aber auch nicht so schlecht, wie ich immer wieder höre.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Da ist die Frage: Was vergleichen wir da eigentlich? Viele Marktteilnehmer, gerade bei den freien Berufen, zahlen deutlich schlechter als das, was wir bieten. Wenn ich eine Lebenssumme betrachte, dann ist das nicht schlecht, was der öffentliche Dienst anzubieten hat. Da sollten wir uns auch nicht immer kleiner machen, als wir sind. Bei manchen

(Lars Harms)

Spitzengehältern können wir natürlich nicht mithalten, dafür aber bei der Frage: Bist du bei mir, wenn wir Familie gründen? Bist du bei mir, wenn Krankheit da ist? Bist du bei mir, wenn ich in meinem Leben eine existenzielle Krise habe?

Ich habe in letzter Zeit einige Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen geführt, die nach vielen Jahren der Belastungen unter dem Burnout-Syndrom litten. Dieser Arbeitgeber kümmert sich um diese Kolleginnen und Kollegen, ist bei ihnen an ihrer Seite und begleitet sie auch durch lange Phasen. Das müssen wir den Menschen erzählen, und darüber müssen wir tatsächlich auch werben.

Wir sind mit einer Werbekampagne, die auch das in den Mittelpunkt stellt, die unsere jungen Leute in den Mittelpunkt stellt, auf dem Markt. Sie ist, glaube ich, eine ganz erfolgreiche, eine frische, eine moderne Kampagne, mit der wir uns als moderner Arbeitgeber präsentieren.

Mit diesem Gesetz - ich danke für all das, was gesagt wurde, auch für die Verbesserung im Verfahren; es ist, glaube ich, noch einmal besser geworden, ich freue mich, dass es so breit getragen wird werden wir noch einmal flexibler, können diese besondere Fähigkeit, uns an die Lebensverhältnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzupassen, noch besser in die Realität umsetzen. Wir sind - was am Ende, glaube ich, wichtig ist - noch flexibler auch beim Ausstieg aus dem Berufsleben. Es wird fließender. Und das muss auch so sein.

Wir haben im letzten Jahr miteinander gesehen, wie wichtig es war, dass wir freiwillige Dienstzeitverlängerung mobilisieren konnten. Das hat uns sehr geholfen bei der Antwort auf die Herausforderungen durch die Flüchtlinge. Ich danke noch einmal nachdrücklich dem Landtag für die schnelle Reaktion, sodass das, was damals im Gesetzentwurf der Regierung drin war, vorgreifend umgesetzt wurde. Es war eine große Hilfe für uns und zeigte auch, dass wir mit solchen Maßnahmen zu gegebener Zeit erfolgreich sein können.

Die einzelnen Punkte sind alle angesprochen worden, wie wir flexibler werden, wie wir Beruf und Familie und andere Dinge besser miteinander vereinbaren können, wie wir mit Sonderurlaubsregeln jungen Eltern helfen können, wie wir Familienpflegezeit einordnen können, wie wir Sonderzuschläge zahlen. Das gilt übrigens nicht nur für Inseln, sondern es gibt dezidiert eine Regelung für sämtliche Situationen, bei der wir den Eindruck haben, dass wir ansonsten an den Einzelmärkten nicht die Menschen bekommen, die wir bekommen wollen. Wir