Protocol of the Session on June 9, 2016

- Nun lassen wir erst die Ministerin zu Wort kommen. - Das Wort hat die Ministerin für Schule und Berufsbildung, Britta Ernst. - Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat hat die Debatte gezeigt, dass wir darin einig sind, wenn es darum geht, mehr Lernen mit digitalen Medien und über digitale Medien an die Schulen zu bringen. Ich glaube, das erschließt sich auch. Denn die Lebenswirklichkeit in der modernen Gesellschaft hat sich verändert. Die Berufswelt und auch die Freizeit sind nicht denkbar ohne Internet, E-Mail, WhatsApp.

Ich bin in der Tat über diesen Konsens sehr froh. Denn wenn wir uns umsehen, gibt es ja immer noch viele, die nicht über das Wie der Verankerung digitaler Medienkompetenz reden, sondern über das

Ob. Ich bin sehr froh, dass das in diesem Landtag keine Rolle spielt, sondern dass es einen großen Konsens gibt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Lernen mit digitalen Medien und über digitale Medien ist in der Tat einer meiner Schwerpunkte, einer der Schwerpunkte der Bildungspolitik geworden. Wenn man genau hinschaut, gibt es in diesem Bereich eine unglaublich dynamische Entwicklung. Ich will sehr deutlich sagen, Herr Krumbeck, weil Sie das angesprochen haben: Wir reden immer über beides; wir reden über die Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und über die Kompetenz über digitale Medien. Man muss sehr deutlich sagen, dass wir das in unserem Schwerpunkt auch nicht trennen, wie Sie das in Ihrem Antrag gemacht haben. Denn es besteht auf beiden Feldern Handlungsbedarf. Auch im schulischen Alltag ist das nicht immer ganz trennscharf voneinander zu unterscheiden. Ich denke, das ist auch eins der Probleme des Vorstoßes in Ihrem Antrag.

Ich bin auch nicht davon überzeugt, dass die schlichte Verankerung eines Pflichtfachs die Herausforderungen lösen wird. Ich bin bei Ihnen, wenn es um Inhalte geht. Auch ich finde, Kinder und Jugendliche sollen die Grundlagen des Programmierens verstehen, Kinder und Jugendliche sollen sich mit Daten auseinandersetzen und auch mit den Auswirkungen von IT auf Wirtschaft und Gesellschaft. Wir wollen auch, dass junge Menschen, die die Schule verlassen, nicht nur Anwender sind, sondern auch diesen Bereich mit gestalten.

Aber gerade wenn man sich die ganze Bandbreite anschaut, schreit es doch danach, dass man das alles nicht in ein Fach packt, sondern als Grundsatzaufgabe jeder Schule für die Zukunft formuliert. Das ist der Ansatz, den wir gewählt haben.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Und wir setzen nicht bei null an. Wir haben diese Kompetenzen in den verschiedenen Fachanforderungen verankert. Dort sind sie auch nachzulesen. Wir haben das Fach Angewandte Informatik als Wahlpflichtfach - das haben Sie bereits gesagt -, wir haben das Fach auch in der Profiloberstufe, und es kann auch als mündliches Prüfungsfach gewählt werden.

Aus der aktuellen Anfrage wissen wir, dass an 93 % der Gymnasien ein Angebot an Informatikunterricht vorhanden ist, ebenso an 82 % der Ge

meinschaftsschulen ohne Oberstufe und an 89 % der Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe. Wenn es also darum geht, dass das Fach an den Schulen präsent und als Angebot da ist, sind wir recht gut aufgestellt.

Ich möchte auch über den Antrag noch hinausgehen, denn Sie haben aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen die Grundschulen gar nicht einbezogen: Auch in den Grundschulen und den Förderzentren gibt es Arbeitsgemeinschaften und Angebote in ungefähr einem Drittel der Schulen.

Wir wollen die Schulen ermuntern, mehr zu tun. Deshalb haben wir den Wettbewerb initiiert. Wir haben - das muss man zum Verfahren einfach einmal sagen - 300.000 € in die Hand genommen, um 20 Modellschulen in Schleswig-Holstein zu bitten, zu entwickeln, wie wir diesen Weg weiter gehen wollen. Dabei sind sie gerade. Jedes Mal, wenn ich die Schulen besuche, diskutieren wir auch die Frage: Wie verankern wir das in Fächern und im Unterricht?

Dazu gibt es - wie überall - verschiedene Auffassungen. Es gibt nicht die klare Ablehnung einer fachlichen Verankerung, aber die Position einer durchgängigen Verankerung in der Sekundarstufe I ist mir in den Schulen in der Tat noch nicht begegnet. Und das sind die Schulen, die mit uns Konzepte erarbeiten und sich Gedanken darüber machen, wie sie die ganze Schule einbeziehen können.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Sorge, die wir haben, ist, dass der kleine Kreis der Informatik- und Mathematiklehrer damit beauftragt wird, diese Herausforderung zu meistern. Das halte ich für eine völlig verkürzte und ungeeignete Herangehensweise.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Daran anknüpfend: Ich habe zwei Grundschulen besucht, die das fachlich verankert haben. Die eine hat Stundenressourcen gepoolt, um eine weitere Stunde zu ermöglichen, die andere hat etwas anderes beiseite gepackt, um eine Grundbildung für Schülerinnen und Schüler im Grundschulbereich anzubieten. Aber ich glaube, an eine durchgehende Fachlichkeit will im Moment niemand so richtig heran.

Insofern will ich sehr deutlich sagen: Es gibt den Dialog in Schleswig-Holstein, den gibt es hier im Landtag, im Ausschuss, das weiß ich auch. Aber es gibt ihn auch an den Schulen, die sich darüber aus

(Ministerin Britta Ernst)

tauschen. Den gibt es auch bei den Bildungsdialogen, die wir machen. Unser Plan ist - das wissen Sie -, dass wir ausgehend von den Erfahrungen der Modellschulen gemeinsam Konsequenzen ziehen. Ich fände es geradezu einen Affront, wenn man in dieser Phase der Erarbeitung sozusagen aus unserer Sicht top down die Schulen mit einem verbindlichen Informatikfach „beglücken“ würde. Das entspricht nicht dem Stand der Diskussion, und das entspricht auch nicht der Art und Weise, wie diese Herausforderung mit den Schulen gemeinsam angegangen werden soll.

Wenn man im Moment Freude an schulischer Entwicklung haben will, dann besucht man die Modellschulen und andere, die sich auf den Weg gemacht haben und mit großer Dynamik dieses Thema voranbringen. Ich bin auch ganz sicher, dass wir zu weiteren verbindlichen Verankerungen von Kompetenzen in diesem Bereich in der nächsten Wahlperiode kommen werden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Uli König.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, heute ist leider ein sehr trauriger Tag für Schleswig-Holstein.

(Zurufe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW: Oh!)

Wir haben uns bei unserem Antrag daran orientiert, was aktuell schon in den offiziellen Lehrplänen des Landes steht. Ich finde es interessant, dass wir dafür Kritik bekommen.

Ich finde es sehr traurig, wenn ich hier höre, der Ton mache die Musik, und dann wird „der Ton macht die Musik“ über die Zukunft unseres Landes gestellt, indem jetzt gleich dieser Antrag hier sangund klanglos weggebügelt wird

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] - Zu- rufe SPD)

nur weil Ihnen der Ton, in dem wir oder auch nur einzelne Leute aus meiner Fraktion mit Ihnen kommuniziert haben, nicht gefällt.

In der Vergangenheit hat das mit dem Dialog immer gut geklappt.

(Lachen FDP - Anita Klahn [FDP]: Willkom- men in der Realität!)

Vielleicht müssen wir an der einen oder anderen Stelle auch noch einmal darüber nachdenken, wie das mit der Kommunikation gelaufen ist.

(Zurufe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Ich versuche, mich hier gerade einsichtig zu zeigen, Herr Harms.

Herr Abgeordneter König, jetzt ist die Chance da, den Dialog weiterzuführen. Der Abgeordnete Habersaat möchte gern eine Frage stellen.

Ich versuche das einmal, Herr Habersaat.

Herr Kollege König, können Sie sich vorstellen, dass vermutlich alle Fraktionen eines Hauses einer Newcomerfraktion auch einmal einen noch nicht ganz ausgereiften Antrag nachsehen und bereit sind, den in die Ausschüsse zu überweisen und konstruktiv zu diskutieren, dass diese Bereitschaft aber durch Auftreten in ständiger Besserwisserei und „Ichweißalleineallestum“ möglicherweise leiden könnte? Können Sie sich das vorstellen, Herr Kollege König?

- Also ich kann mir einiges vorstellen. Ich habe aber auch den Eindruck, dass es Ihnen sehr wichtig ist, dass wir hier unser Land nach vorn bringen, und nicht, dass Sie versuchen, aus Prinzip eine kleine Fraktion, der ein Wahlergebnis von gerade einmal 1 % vorhergesagt wird, künstlich kleinzuhalten.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das schaffen Sie selbst, das schaffen Sie ganz allein! - Weitere Zurufe SPD)

Ich meine, das müsste doch eigentlich unter Ihrem Niveau sein, Herr Habersaat, oder? Sind wir so eine Bedrohung für Sie? Ich verstehe das nicht.

(Zurufe SPD)

Herr Abgeordneter König, nunmehr möchte Ihr Fraktionskollege Sven Krumbeck Ihnen eine Frage stellen.

(Ministerin Britta Ernst)

Ja, bitte.

Herr König, können Sie sich vorstellen, dass ich auch nicht immer mit dem Ton von Herrn Kubicki oder von Herrn Stegner einverstanden bin und deshalb trotzdem nicht sämtliche Verhandlungen mit der FDP- oder mit der SPDFraktion abbreche, nur weil ich nicht immer mit dem Ton der Fraktionsvorsitzenden einverstanden bin?

- Ja, das kann ich. Vielen Dank, Herr Krumbeck.

So, kommen wir wieder zurück zum Thema. Ich glaube, es gibt ein großes Missverständnis, was das Thema Pflichtfach angeht. Gerade bei der Rede von Frau Klahn hatte ich den Eindruck, dass sie das falsch verstanden hat. Schauen Sie sich zum Beispiel die Kleine Anfrage Drucksache 18/2311 an, die hier schon mehrfach erwähnt wurde. Dort wird gefragt: Wie definiert die Landesregierung ein Mangelfach? Es wird ganz klar gesagt, dass ein Mangelfach Informatik nur ein Mangelfach Informatik werden kann, wenn es vorher ein Pflichtfach geworden ist. Wenn wir hier ein Pflichtfach einführen, dann führt das nicht dazu, dass im nächsten Jahr jeder Schüler der Sekundarstufe I verpflichtend Informatik belegen muss. Dem ist nicht so. Das hat eine ganz andere Bedeutung.

Es heißt, dass wir mehr dafür tun, dass wir mehr Lehrer einstellen. Das heißt, es gibt auch mehr Stellenausschreibungen. Vor allem motiviert dies junge Menschen, die sich überlegen: Ich werde vielleicht Lehrer, welche Fächer belege ich denn dann? So führt dies vielleicht dazu, dass man Lehramt für das Fach Informatik studiert. Im Moment gibt es aber kein Pflichtfach Informatik. Warum soll ich dann im Lehramt Informatik studieren? - Das macht überhaupt keinen Sinn.

(Anita Klahn [FDP]: Das ist doch Quatsch!)