Sie sind uns da - wenn ich ehrlich bin - ein Stück zuvorgekommen, Herr Krumbeck. Wir haben gestern schon einmal darüber gesprochen.
Ein wesentlicher Bestand dieses Konzepts muss auch die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften sein. Nur wer sein Fach versteht und fachlich gut ausgebildet ist, kann die entsprechenden Lerninhalte kompetent vermitteln. Deswegen geht aus unserer Sicht Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
„Für ein Verständnis der heutigen Welt benötigen alle Heranwachsenden Kenntnisse zu den Prinzipien der Informationsverarbeitung und -übertragung. Das Verstehen und das Anwenden allgemeiner informatischer Konzepte sind dabei wichtiger für das weitere Leben der Schülerinnen und Schüler als kurzlebige Schulungen zum Umgang mit bestimmten Programmen oder die Reduktion des Computers auf seine Funktion als Medium.“
Das ist eine ganz wichtige Aussage. Unser Ziel muss es sein, unseren Kindern dieses Verständnis zu vermitteln. Daher unterstützt die CDU-Fraktion den Antrag der PIRATEN. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Wenn wir unsere Aspekte noch mit einbringen - Lehrerausbildung, Überarbeitung des Lehrplans und die Frage, wie wir das in der Kontingentstundentafel unterkriegen -, könnten wir gemeinsam zu einer guten Entscheidung kommen, die sich einmal um Inhalte und nicht nur um Strukturen von Schulen kümmert. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Laufe der Jahre erreichen den engagierten Bildungspolitiker so einige Forderungen nach Einrichtung zusätzlicher Fächer. In den letzten Jahren waren in meinem E-Mail-Fach und Briefkasten die Ernährungskunde, der Verbraucherschutz, die Forderung nach einer juristischen Grundbildung für alle, damit nicht nur Herr Kubicki Bescheid weiß, die Pädagogik, die Astronomie, Glück und Verantwortung - um nur einige Beispiele zu nennen.
Meine erste Frage lautet dann immer: Auf Kosten welches bisherigen Faches wollen wir denn das neue Fach einrichten? Es kann ja nicht darum gehen, immer nur additiv neue Stunden auf den Schulalltag draufzupflanschen.
Glück und Verantwortung wären aus meiner Sicht Inhalte, die in allen Fächern behandelt und vorangebracht werden sollten. Informatik - soweit sie Medienkompetenz vermittelt und mehr ist als das
reine Programmieren, sondern auch das Wissen um Möglichkeiten und gesellschaftliche Folgen - wäre auch ein Thema, das auch Querschnitt sein muss, zumindest auch. Wir haben uns noch nicht festgelegt, ob es Informatik als Pflichtfach geben muss. Ich finde, die Folgen der Digitalisierung gehören in alle Fächer.
Was Informatik als eigenes Fach angeht, stehen wir in Schleswig-Holstein nicht ganz am Anfang. Wir haben an den allgemeinbildenden Schulen in der Sekundarstufe I das Fach „Angewandte Informatik“ im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts; wir haben alternativ „Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik“ als MINT oder das Fach Technik, das auch informatische Inhalte hat. In der Sekundarstufe II kann das Fach Informatik eine Naturwissenschaft, auch als Prüfungsfach im Abitur, ersetzen, und die Schulen können dieses Fach als profilergänzend anbieten.
Das informatorische Rad ist also bereits vorhanden, es muss nicht völlig neu erfunden werden. Jetzt geht es vielleicht darum, es runder zu machen. Frau Franzen hat erwähnt, dass eher wenige Schülerinnen und Schüler Informatik wählen. Wenn man genauer hinguckt, stellt man fest, dass noch weniger Schülerinnen als Schüler das Fach wählen. Das hängt sicherlich mit dem Image zusammen. Beispielsweise müsste man sich Inhalte und Methoden genauer ansehen und sich überlegen, ob es in dem Verständnis, wie es die PIRATEN formulieren, wirklich den Naturwissenschaften zugeordnet sein muss.
Auch zur Klärung solcher Fragen hat das Ministerium das Projekt „Lernen mit digitalen Medien“ aufgelegt. Es werden 20 Modellschulen bei der Umsetzung ihres Konzepts zum Lernen mit digitalen Medien begleitet. Die Modellschulen geben ihr Wissen auf Netzwerktagungen an andere Schulen weiter und stehen auch als Hospitationsschulen zur Verfügung. Sie erhalten eine finanzielle Förderung zur schnellen Umsetzung ihrer Konzepte und werden von Medienentwicklungsberaterinnen und -beratern unterstützt. 2017 sollen die Projektergebnisse aller Schulen auf einer Tagung präsentiert und in einem Bericht veröffentlicht werden. Dann wird man darüber sprechen müssen, welche Schritte sich daraus ergeben.
Was wir nicht wissen, ist, ob die PIRATEN dann noch an Bord sein werden. Herr Krumbeck, Ihnen glaube ich sofort, dass Sie im Ausschuss konstruktiv beraten wollen und dass es Ihnen um die Sache geht. Auftritten Ihres Fraktionsvorsitzenden folgend würde ich allerdings befürchten, dass die Debatte
schnell wäre, ohne PIRATEN wüssten die Altparteien nicht einmal, was ein Computer ist und die PIRATEN seien es gewesen, die die Laptops ins Parlament gebracht haben. Je näher wir der Landtagswahl kommen, desto aufgeregter sehen wir die Crew des Piratenschiffs, das mal als schnittiger Klipper gestartet war und jetzt mehr so eine Schaluppe ist.
Desto mehr verlieren wir den Glauben an Ihren Willen, tatsächlich konstruktiv arbeiten zu wollen. Sie haben das Rad nicht erfunden. Im Laufe dieser Plenartagung werden wir einige Beispiele von Themen haben, die wir hier schon beraten haben oder die völlig abwegig sind, die Sie aber wieder auf die Tagesordnung zwingen.
Auch dieser Antrag verbindet letztlich Gemeinplätze mit Forderungen, deren Zeitleiste von jetzt bis gleich reicht. Sie wollen ein neues Pflichtfach einführen, drücken sich aber vor der Aussage, auf Kosten welches bisherigen Faches. Sie wollen mit einem Antrag feststellen, welche Inhalte das Fach Informatik hat. Diese Inhalte sind aber nicht naturgesetzlich gegeben, Sie wollen das letztlich beschließen. Das stelle ich ja dann nicht fest. Sie wollen Lehrkräfte mit der entsprechenden Fakultas, lassen aber offen, was diese umfasst und woher jene kommen sollen.
Der Antrag ist aus unserer Sicht keine geeignete Arbeitsgrundlage, die wir für weitere Beratungen im Ausschuss nutzen wollen. Deswegen werden wir ihn ablehnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einer Vorbemerkung anfangen. Liebe PIRATEN, mir geht es ein bisschen wie Herrn Habersaat: Ich habe mir Piraten eigentlich immer sehr verwegen vorgestellt. Was ist in dieser Sitzungswoche zu sehen? Wir merken, Sie wollen Pflichtfach. Sie finden es cool, wenn Leute „nachsitzen“. Das ist eher ein konservatives Modell. „Nachsitzen“ schreiben Sie in Ihrer Pressemittei
lung. Sie sagen, das sei ein neues Konzept, und dann verteilen Sie noch Kuscheltiere. Ich wünsche mir ein bisschen mehr Käpt'n Jack Sparrow, ein bisschen mehr Frechheit und nicht so einen braven Kram.
- Die standen hinten beim Käpt'n. Na ja, egal. - Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass wir gut die Hälfte unserer Anträge nicht zur Aussprache angemeldet, sondern gesagt haben: Wir schieben das, damit die Debatte hier nicht so lange dauert. Wir sind nicht schuld, dass das morgen möglicherweise sehr lange dauert.
Und nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass mit Ausnahme des Antrags, über den wir gerade debattieren, der erste Antrag nach der aktuellen Tagesordnung erst um 18 Uhr aufgerufen wird. Ich verstehe nicht, wie wir die Landtagstagung damit deutlich in die Länge ziehen.
Herr Kollege König, ich bitte Sie, sich auf den Antrag zu beziehen, den wir gerade diskutieren, und nicht Debatten, die wir im Ältestenrat geführt haben, im Parlament fortzusetzen.
Die Rednerin bezieht sich darauf. Herr Dr. Breyer, ich habe nur gesagt, dass mir Ihre momentane Redewendung etwas rückgewandt erscheint,
von „Nachsitzen“, „Pflichtfächern“ und so weiter. So viel Freiheit muss man von Freibeutern erwarten dürfen.
Zur Sache, die PIRATEN wollen das Pflichtfach Informatik. Wenn man auf Länder wie Estland schaut, sehen wir, dass wir bei der digitalen Strategie auch im Bereich Schule noch Luft nach oben haben. Ich stimme Sven Krumbeck auch zu: Es geht nicht nur darum, dass wir Medienkompetenz in den Schulen brauchen und digitales Lernen als Unterrichtsfach, sondern dass man verstehen muss, wie das Getriebe in der Informationsgesellschaft ist. Das kann ich nachvollziehen.
Algorithmen als neue Weltsprache - man muss einen Zugang dazu in den Schulen bekommen können. Aber ich glaube, es ist erst einmal wichtig, dass überhaupt an allen Sek-I-Schulen diese Angebote geschaffen werden. Der Weg vom Status quo bis zum Pflichtfach ist ein weiter, und was mich an Ihrem Antrag ärgert, ist, dass Sie sagen, so und so solle es sein, aber an keiner Stelle auf die meines Erachtens wichtigen drei Fragen eingehen. Das hat auch Frau Franzen nicht getan. Den ersten Punkt hat auch Herr Habersaat schon beschrieben: Wenn ich ein Pflichtfach habe: Kommt es on top, oder geht es sozusagen in den normalen Kanon ein? Dazu haben Sie sich hier nicht geäußert.
Die zweite Frage ist die Frage der Ausstattung. Wenn wir beschließen, dass die Sekundarstufe I digitales Lernen und Informatik verpflichtend anbietet, dann ist das Land mit einem Schlag auch für die Ausstattung in diesen Bereichen zuständig - die ganze digitale Ausstattung in den Sekundarstufe-ISchulen. Das hat ja etwas mit Konnexität zu tun. Das kann man wollen, aber dann erwarte ich auch von CDU und PIRATEN, dass sie einmal sagen, wie denn dieser Punkt gelöst werden soll, also jedenfalls die Idee dafür zu liefern, wie wir eine Finanzierung in dem Bereich hinbekommen.
Der dritte Punkt sind die Fachlehrkräfte. Da wissen wir vor allen Dingen durch die Kleine Anfrage von Herrn König, wie die Zahlen sind, also noch einmal vielen Dank dafür. An den 100 Gymnasien haben wir 200 Lehrkräfte mit Lehrbefähigung, an den bummelig - 180 Gemeinschaftsschulen haben wir noch nicht einmal 50 Lehrkräfte mit Informatiklehrbefähigung, und insgesamt haben wir weniger als 50 Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen mit wirklicher Fakultas, die also grundständig Informatik gelernt haben.
- Ja, und woran liegt das? Wenn ich mit Leuten von der Uni spreche, die Informatiker ausbilden, dann
sagen die, deren berufliche Perspektive sei natürlich - was heißt „natürlich“? - nicht im Klassenzimmer. Die Leute wollen programmieren - aus ganz verschiedenen Gründen.
Das ist einer der Punkte, die man auch an der Zahl der Referendare erkennt, die man an einer Hand abzählen kann. Dieses Problem werden wir ganz schwer lösen können.