Wir lehnen die Anträge der FDP und CDU ab und appellieren an die Landesregierung, das Gesetz zur Einstufung der demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat und die damit verbundene Einschränkung des Asylrechts abzulehnen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einteilung von bestimmten Ländern in die Kategorie sicherer Herkunftsstaat bedeutet nicht, dass nach unseren Wertvorstellungen in diesen Ländern alles zum Besten steht. Das ist aber auch gar nicht Ziel dieser Einteilung. Schon der Begriff ist eigentlich in der Diskussion irreführend, weil er genau diese heile Welt in diesen Ländern suggeriert. Besser wäre es, einen anderen Begriff zu nehmen; zum Beispiel den eines Landes mit vergleichsweise geringen Anerkennungschancen im Asylverfahren. Denn darum geht es eigentlich.
Das Asylrecht ist ein individuelles Recht. Auch vor dem Hintergrund von schwerwiegenden Einschränkungen der Menschenrechte - also zum Beispiel der allgemeinen Verfolgung von Homosexualität, der Benachteiligung von Frauen oder der Verfolgung von Minderheiten - muss immer im Einzelfall abgeklärt werden, ob eine persönliche Verfolgung durch den Staat aus politischen Gründen vorliegt. Auch in Staaten, die nicht unseren Wertvorstellungen entsprechen, kann es Menschen geben, die trotzdem nicht verfolgt werden. Und das sind nicht nur Mitläufer des Systems, sondern oft auch große Teile der Bevölkerung.
nachteiligungen bestimmter Bevölkerungsgruppen, und auf der anderen Seite sind diese Länder sogar beliebte Reiseziele deutscher Touristen. Betrachtet man die Anerkennungsquoten nach Durchlaufen des Asylverfahrens, muss man feststellen, dass Quoten von 2,29 % für Marokko, 0,98 % für Algerien und sogar nur 0 % für Tunesien den Schluss zulassen, dass vergleichsweise wenige Menschen in diesen Ländern konkret politisch verfolgt werden. Nur wenn man das Anerkennungsverfahren und auch dessen Rechtsstaatlichkeit an sich bezweifelt, mag man zu einem anderen Schluss kommen.
Trotzdem ist es ja so, dass jeder, der Asyl beantragt, natürlich auch konkrete Punkte anführen kann, die für eine konkrete politische Verfolgung durch den Staat sprechen. Dann hat die jeweilige Person auch Chancen auf Asyl. Dabei bleibt es, auch wenn man aus einem formal sicheren Herkunftsstaat kommt. Im Übrigen verändert sich auch nichts für die Betroffenen. Auch sie haben vorher eine Ablehnungsquote zwischen 98 und 100 % gehabt. Der Unterschied war nur, dass man sich in Deutschland zur Klärung des Falls länger aufhalten konnte. Dieses Aufenthaltsrecht wird jetzt eingeschränkt - nicht das Asylrecht.
Trotzdem ist natürlich zu kritisieren, dass über die sicheren Herkunftsländer immer erst dann gesprochen wird, wenn aus bestimmten Ländern besonders viele Menschen kommen. Zusätzlich haben dann auch noch die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln die Diskussion angefacht. Das ist eigentlich keine vernünftige Grundlage für eine Diskussion. Denn eigentlich muss es doch darum gehen, losgelöst von Einwanderungswellen und einzelnen Ereignissen im Vorwege zu definieren, welcher Staat als Staat mit geringen Anerkennungschancen gilt und welcher nicht. Dazu kann eine unabhängige Lageabschätzung genauso beitragen wie die Berücksichtigung der Anerkennungsquote als Kriterium.
Fast alle Länder der EU nutzen im Asylverfahren Listen, in denen sie Länder als sogenannte sichere Herkunftsstaaten definieren. Die Länderlisten sind aber höchst unterschiedlich, und es müsste eigentlich darum gehen, eine einheitliche europäische Auflistung von Staaten hinzubekommen, deren Bürger eine vergleichsweise geringe Anerkennungschance im Asylverfahren haben; denn wir reden auch über die Bewegungsfreiheit innerhalb der EU. Das heißt, derjenige, der hier anerkannt wird und möglicherweise woanders nicht anerkannt
Diese Harmonisierung des Asylrechts auf europäischer Ebene ist ja auch schon angestoßen worden. Es gibt eine europäische Asylverfahrensrichtlinie, nach der eine EU-weite Liste erstellt werden kann, die dann noch um nationale Listen ergänzt werden darf. Es ist also schon etwas angestoßen worden, und es würde Sinn machen, hier weitere Schritte auf EU-Ebene zu gehen. Die Listen der sicheren Herkunftsstaaten in den europäischen Ländern sollen dazu beitragen, dass Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden können, ohne dass das Asylrecht selbst eingeschränkt wird.
Wir haben darüber hinaus die Möglichkeit, subsidiären Schutz zu gewähren, und wir können feststellen, dass die Asylanerkennungsquote von knapp über 5 % aller Asylsuchenden am Anfang dieses Jahrtausends auf über 30 % angestiegen ist. Also so schlecht ist es gar nicht. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, subsidiären Schutz zu gewähren. Gerade die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak profitieren mit Recht von diesen Regelungen. Da können wir auch froh sein. Unsere Quote wird auch weit über 30 % liegen.
Am Ende benötigen wir aber auch im Asylrecht mehr europäische Regelungen, schon allein auch deshalb, weil in dieser Frage europäische Solidarität genauso gefragt ist wie die europäische Rechtsstaatlichkeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir kommen jetzt zu den Kurzbeiträgen. Zunächst hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nach dem Redebeitrag der Kollegin Serpil Midyatli zu Wort gemeldet. Der Vorwurf gegen die Antragsteller, sie würden mit ihrem Antrag auf eine Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl hinwirken, ist natürlich sehr schwerwiegend, Frau Kollegin. Sie wissen natürlich, dass dieser Vorwurf sich dann in gleicher Weise gegen die Mitglieder des Deutschen Bundestags richtet, die am 13. Mai 2016 in namentlicher Abstimmung für die Einstufung der nordafrikanischen Staaten als sichere Herkunftsländer votiert haben.
Ich denke, Sie wissen auch, Frau Kollegin, dass mit Ausnahme des Kollegen Sönke Rix sämtliche Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein, die an der Debatte teilgenommen haben - sämtliche schleswig-holsteinische SPD-Bundestagsabgeordneten -, für die Einstufung der drei nordafrikanischen Staaten als sichere Herkunftsländer gestimmt haben.
Ich habe das einmal herausgesucht. Die Liste der namentlichen Abstimmung ist im Bundestagsprotokoll abgedruckt, mit dem Kollegen Ernst Dieter Rossmann, einem prominenten Vertreter der Parlamentarischen Linken der SPD, an der Spitze.
Ich kritisiere nicht, dass auf Landes- und Bundesebene unterschiedlich votiert wird. Das haben wir in verschiedenen Fragen auch immer so gehandhabt. Wenn Sie aber hier im Landesparlament einen heftigen Vorwurf an die Adresse der antragstellenden Oppositionsfraktion richten, sollten Sie sich schon zu der Frage äußern, wie denn die gleiche Haltung, die wir hier im Landtag vertreten, zu beurteilen ist, wenn sie von Ihren Parteifreunden im Bundestag - auch im Abstimmungsverhalten - deutlich gemacht wird. Frau Kollegin, da haben Sie ein internes Problem, dem Sie sich stellen müssen.
- Ich habe jetzt mit einer knappen Minute nicht ausreichend Zeit, dies auszuführen. Aber ich verweise Sie einmal auf das Bundestagsprotokoll der 171. Sitzung, Seite 16.866. Lesen Sie sich dort einmal die Rede des Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, durch, der dort in sehr vernünftiger Weise den dem Bundestag zur Entscheidung vorliegenden Antrag skizziert.
Erstens: Er macht deutlich, dass 99 % derjenigen, die aus diesen nordafrikanischen Ländern kommen, nicht politischer Verfolgung unterliegen und nicht vor Krieg oder Bürgerkrieg flüchten.
„Die wenigen, die von dort kommen, weil sie verfolgt oder diskriminiert werden, haben auch in Zukunft die Möglichkeit, Asyl hier in Deutschland zu bekommen. Daran ändert auch die Einstufung als sichere Herkunftsländer überhaupt nichts.“
Ich könnte jetzt ganze Passagen, hinter denen ich voll stehe, weiter zitieren. Setzen Sie sich doch ein
mal mit dem auseinander, was Ihre eigenen Parteifreundinnen und Parteifreunde, die auch die aktuelle Bundesregierung tragen, in Berlin sagen und was sie dort entscheiden!
- Herr Kollege, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen. Ich habe zweimal versucht, zu intervenieren, es ging nicht.
Jeder hat die Möglichkeit, so er es noch nicht getan hat, sich zu einem Kurzbeitrag zu melden. Wir haben Zeit und miteinander Geduld, aber wir wollen nacheinander reden. Ich glaube, das macht Sinn. Jetzt hat - ebenfalls für die FDP-Fraktion - der Kollege Dr. Heiner Garg das Wort.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bei Dreiminuten- beiträgen reden die Abgeordneten persön- lich! - Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Glauben Sie wirklich, liebe Kollegin Midyatli, dass ich einem Antrag - unabhängig davon, von welcher Fraktion er gestellt wurde - zustimmen würde, wenn das, was Sie und was Frau von Kalben zu diesem Antrag ausgeführt haben, zutreffend wäre?
Homosexuelle werden übrigens nicht nur in den drei maghrebinischen Ländern verfolgt. Homosexualität steht in 68 übrigen Ländern dieser Welt unter Strafe. In 68 anderen Ländern dieser Welt steht Homosexualität nach wie vor unter Strafe! Glauben Sie wirklich, ich würde hier in diesem Plenum einem solchen Antrag zustimmen, wenn ich auch nur den leisesten Zweifel daran hätte, dass diese Menschen dann keinen individuellen Anspruch mehr
Ich habe Verständnis dafür, dass man sich auch hier im Landtag anders positionieren kann, als es die gesamte SPD-Bundesfraktion getan hat. Das ist in Ordnung, und wir haben das in anderen Fragen auch getan.
Ich bitte vor diesem Hintergrund dann aber zumindest, nicht mit Fehlinformationen zu agieren und den Antragstellern zu unterstellen, sie wollten hier Menschen schutzlos ausliefern.
Übrigens, Frau von Kalben: „Hate crimes“ gibt es inzwischen sogar bei uns in Deutschland. Es ist in manchen Kreisen offensichtlich modern, derartige Posts zu verschicken - übrigens auch an mich -, dass man Leute wie mich aufhängen oder aufschlitzen wolle.