Protocol of the Session on June 9, 2016

(Ministerin Kristin Alheit)

Ich möchte die letzten Minuten meiner Redezeit nutzen, um ein Wort über Ihren Ausbildungsansatz, die Bundesfondsfrage, zu verlieren. Tatsächlich habe ich nicht ganz verstanden, warum das andere Modell rechtssicherer sein soll. Beim Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern, bei der diskutierten Alternative zwischen Landes- und Bundesfonds, war die offene Frage immer lediglich, wo die Fondsverwaltung vorgesehen wird.

Ganz unstrittig ist hingegen, dass die Kostenträger entsprechend ihrer bisherigen anteiligen Kostenbeteiligung die Ausbildung auch zukünftig finanzieren. Deswegen sehe ich nicht, wo die größere Rechtssicherheit sein soll, wenn man es auf Bundesebene festlegt.

Ich halte es für wichtiger, es wurde hier auch schon gesagt, dass wir uns alle darüber klar sein müssen: Wenn wir an der Qualität etwas verändern wollen, werden wir einfach mehr Kosten haben. Wenn wir mehr Menschen in diese Ausbildung hineinbringen wollen, wenn wir die Ausbildungszahlen steigern wollen, so wie wir es hier in Schleswig-Holstein auch getan haben, wird uns das mehr Geld kosten. Das ist aber an der richtigen Stelle angelegtes Geld.

Deswegen, meine Damen und Herren, bin ich sehr dafür, dass wir dies tun. Ich bin allerdings für die Landesregierung gleichzeitig der Auffassung, dass uns der Antrag der FDP an dieser Stelle nicht wirklich weiterbringt. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/4216 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Für eine zukunftssichere Altersvorsorge

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/4217

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Pauls, auch bei diesem

Tagesordnungspunkt möchte ich keine Angst machen, sondern ich möchte voll motiviert und mit großer Zuversicht dafür werben, dass wir uns eines des Themas, das die Menschen ganz besonders beschäftigt, das ja auch die Große Koalition eine lange Zeit ganz besonders beschäftigt hat, zukunftsgewandt und lösungsorientiert annehmen. Das ist die Frage der Zukunft der Alterssicherung. Das ist für uns Liberale immer auch eine Frage der Generationengerechtigkeit: Wie bekommt man eine solide Balance zwischen den Ansprüchen einer Generation, die ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet hat und sich dadurch einen Anspruch auf Alterssicherung erworben hat, mit denen hin, die junge, im Erwerbsleben befindliche Menschen haben.

Ich finde, statt über immer mehr oder weniger sinnvolle starre Lebensaltersmarken für den Renteneintritt zu diskutieren, sollten wir uns dem von uns vorgelegten Modell eines flexiblen Renteneintrittsalters einfach einmal positiv und in der Tat lösungsorientiert widmen. Ich meine, es macht für einen brillanten Hochschullehrer überhaupt keinen Sinn, der gern über das 67. Lebensjahr hinaus lehren und forschen will, eine starre Altersgrenze zu verordnen. Und es macht keinen Sinn, einen Dachdeckermeister, der im Zweifel schon mit 60 Jahren körperlich nicht mehr in der Lage ist, aufs Dach zu steigen, zu zwingen, das noch fünf Jahre weiter zu tun. Deswegen geht aus meiner Sicht die Diskussion - übrigens auch von Wissenschaftlern, auch von Fachleuten, die dann über Renteneintrittsalter von 73 oder bis zu 80 Jahren philosophieren - vollkommen an der Lebens- und Arbeitswirklichkeit einer modernen Gesellschaft vorbei.

(Beifall FDP)

Wir stellen unseren zugegeben sehr umfangreichen Antrag. Damit der Kollege Dudda nicht wieder irgendwelche Copyright-Verstöße vermutet: Ja, das ist ein Beschluss unserer Bundespartei, den ich selbst für die Landtagsfraktion entsprechend aufbereitet habe. In diesem Beschluss widmen wir uns den drei Säulen der Alterssicherung, einer zukunftssicheren Alterssicherung: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Alterssicherung und der privaten Altersvorsorge. Dabei sagen wir ganz klar, dass die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung immer die Basisabsicherung für sehr viele Menschen gewesen ist und sie es auch bleiben soll. Wir widmen uns aber auch der Frage der Generationengerechtigkeit, die ich schon angesprochen habe, das heißt, keine Überforderung von jungen Generationen. Deswegen sagen wir: Wir wollen mit der Festschreibung einer sogenann

(Ministerin Kristin Alheit)

ten Schuldenbremse 2.0 die notwendige und die immer notwendiger werdende Steuerfinanzierung, den steuerfinanzierten Anteil der gesetzlichen Rentenversicherung im Grundgesetz festschreiben. Wir wollen ebenfalls im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung die gleiche Behandlung von Rentnerinnen und Rentnern aus Ost- und Westdeutschland sicherstellen.

Im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge, die wir stärken und weiter ausbauen wollen - und wir wollen auch für dieses Modell der betrieblichen Altersversorgung werben -, wollen wir gerade im Hinblick auf kleinere und mittlere Unternehmen diese Form, diese Säule der Altersversorgung stärken.

Wir haben Ihnen dazu eine ganze Reihe von Vorschlägen vorgelegt, wie man das verbessert. Ich will nur zwei Punkte herausgreifen: Erstens muss die im Jahr 2004 eingeführte doppelte Belastung der betrieblichen Altersvorsorge durch Sozialabgaben wieder abgeschafft werden. Zweitens muss natürlich in einer modernen Arbeitswelt auch die Portabilität der betrieblichen Altersversorgung garantiert sein.

Als dritte Säule der zukünftigen Alterssicherung wollen wir selbstverständlich auch die private Vorsorge stärken. Wir wollen sie transparenter und damit auch für diejenigen, die privat vorsorgen, vergleichbarer machen.

Altersarmut vorzubeugen, ist eines der Hauptanliegen, das wir mit unserer Initiative erreichen wollen. Deswegen sagen wir in diesem Kontext auch: Vorsorge muss sich immer lohnen. Deswegen wollen wir, dass in Zukunft Einkünfte aus privater und aus betrieblicher Altersvorsorge nur noch zum Teil auf die Grundsicherung angerechnet werden; denn freiwillige Vorsorge und betriebliche Vorsorge müssen sich stets lohnen, und man kann nicht dafür bestraft werden, dass man - aus welchem Grund auch immer - im Zweifel keine existenzsichernden Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat.

Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Punkt, den ich Ihnen noch ganz besonders ans Herz legen will: Menschen, die auf steuerfinanzierte Grundsicherung angewiesen sind, weil sie keine existenzsichernden Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben, diese Menschen sollen in Zukunft nicht mehr zum Sozialamt gehen müssen, sondern sie sollen zukünftig die Leistungen aus einer Hand erhalten können. Ich will diesen Gang zum Sozialamt nicht mehr, son

dern ich möchte die Beantragung und die Auszahlung von gesetzlicher Rente und steuerfinanzierter Grundsicherung in Zukunft unter dem Dach der gesetzlichen Rentenversicherung zusammenfassen.

Kommen Sie bitte zum Ende!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, beantrage Ausschussüberweisung gerade zu diesem umfangreichen Papier und würde mich über eine konstruktive Auseinandersetzung zu diesem Thema sehr freuen. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Karsten Jasper das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lebensleistungsrente, Solidaritätsrente, Garantierente, Rente mit 70, Rente mit 63, Einführung der Flexi-Rente, Mütterrente - schon lange wurde nicht mehr so viel öffentlich und intensiv über die Rentenpolitik diskutiert, wie es in den letzten Wochen und Monaten der Fall war. Fast wöchentlich hört man neue Ideen zur Weiterentwicklung der Rente in Deutschland. Wahrscheinlich ist das auch den im Jahr 2017 anstehenden Wahlkämpfen geschuldet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Rente ist damit gerade wieder in aller Munde. Passend dazu beschäftigt sich auch hier der gestellte FDPBundesparteitagsbeschluss mit dem Thema zukunftssichere Altersvorsorge. Meine Anerkennung, Herr Dr. Garg, dass Sie dieses Papier für Ihre Partei mit aufbereitet haben.

Das Ganze ist auch gut so, denn es geht um die Zukunft von uns allen, sowohl den Beziehern der Altersversorgung als auch um die zukünftigen Beitragszahler, die das bezahlen müssen.

Populistische, nicht finanzierbare Versprechungen nützen niemandem etwas. Damit meine ich jetzt ausdrücklich nicht die FDP, Herr Dr. Garg, nicht, dass ich da falsch verstanden werde. Außer Frage steht, dass wir uns über die Weiterentwicklung und die - wie Sie, liebe FDP, es nennen - Zukunftssi

(Dr. Heiner Garg)

cherheit Gedanken machen müssen. Die heutigen Arbeitnehmer zahlen die Altersversorgung der heutigen Rentner. Allerdings gehen auch heute schon deutlich mehr Menschen in den Ruhestand, als junge Menschen einzahlen. Die Alterspyramide kippt, und das inzwischen dramatisch. Sie alle kennen das Problem.

Es ist die Aufgabe der Politik, dass junge Arbeitnehmer darauf vertrauen können, dass das Rentensystem sicher funktioniert und auch ihnen ein Auskommen im Alter ermöglicht. Der demografische Wandel macht auch hier nicht halt. Wir werden 2050 die vierfache Anzahl der über 80-Jährigen haben, aber 20 % weniger junge Menschen bis zum 30. Lebensjahr.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und wir werden dabei sein!)

- Wir werden dabei sein, Wolfgang,

(Lars Harms [SSW]: Und genießen!)

- und genießen, genau. - Hinzu kommen die steigende Lebenserwartung und die bessere Gesundheitsversorgung. Wolfgang, Menschen sind länger fit, nicht nur körperlich, sondern auch geistig.

(Zuruf)

- Bei Hans-Jörn Arp weiß ich das nicht so ganz genau, aber wir gucken dann mal.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP] - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Jetzt kommen wir wieder zum Ernst der Debatte zurück. Zwei Dinge sind noch entscheidend. Erstens: Wir müssen Altersarmut verhindern und zweitens - gleichzeitig die Arbeitsleistung mit einer auskömmlichen Alterssicherung würdigen. Eine ausreichende Alterssicherung ist daher der zentrale Punkt der Diskussion.

(Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Die Grundlage der finanziellen Sicherheit im Alter wird auch künftig im Erwerbsleben gelegt. Wenn wir über eine auskömmliche Rente im Alter diskutieren, dann dürfen wir nicht vergessen, dass die Entscheidung darüber viel früher getroffen wird. Zu einer guten Rentenpolitik gehört daher auch immer eine gute Wirtschafts- und Arbeitspolitik.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Für uns als CDU gilt: Wer vorgesorgt hat, muss im Alter besser dastehen als jemand, der nicht vorge

sorgt hat, und vor allen Dingen: Die Rente sollte über dem Grundsicherungsbetrag liegen.

Der Antrag der FDP bietet dabei einige gute Ansätze, bei denen es sich lohnt, über die Frage einer nachhaltigen Alterssicherung zu diskutieren. Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, dass mehr Anreize geschaffen werden müssen, so früh wie möglich fürs Alter vorzusorgen. Die gesetzliche Rentenversicherung ist dabei schon lange keine Vollkaskoversicherung mehr, sondern muss mit privater und beruflicher Vorsorge ergänzt werden.

Ob zum Beispiel die Abschaffung der Anrechnung auf die Grundsicherung dabei die richtige Möglichkeit ist oder es andere Modelle gibt, lasse ich hier einmal dahingestellt. Bei der Frage nach der Zukunftsfähigkeit geht es daher vor allem um die Stärkung der letzten beiden Säulen. Dass auch wir für eine Flexibilisierung des Renteneintrittsalters sind, haben wir bereits im vergangenen Jahr mit einem Antrag zur Flexi-Rente gezeigt.

Ich freue mich auf die weitere Diskussion im Ausschuss. - Herzlichen Dank.