Ob dann jeder erfolgreiche Arbeit leistet, mag auch jeder für sich selbst entscheiden. Aber es kann durchaus passieren, dass jemand seinen Wohnsitz auf Sylt hat und trotzdem keine gute Arbeit leistet. Es kann sogar sein, dass auch Schleswig-Holsteiner mit völlig unsinnigen Ideen kommen - siehe Abschiebe-TV und Schweinefleischpflicht! Nun hat jedermann auch das Recht, einmal Unsinn zu verzapfen - klar! -, aber es muss ja nicht so weit gehen, dass wir uns schon selbst auferlegen, auf gutes Personal zu verzichten.
Bei den Menschen, die für das Land in der Landesverwaltung arbeiten, geht es immer nach Eignung, Leistung und Befähigung. Wer dabei der Beste ist, kann zu uns kommen. Er oder sie darf aber auch in Niedersachsen, in Mecklenburg-Vorpommern oder in Hamburg wohnen bleiben. Hauptsache, die Leistung und die Einstellung stimmen. Für uns als SSW ist und bleibt die Qualifikation maßgebend dafür, ob jemand kabinettsfähig ist oder nicht. Das ist zugegebenermaßen, meine Damen und Herren, eine erzkonservative Haltung, die wir als SSW da einnehmen. Aber wir tun dies in diesem Fall aus tiefster konservativer Überzeugung.
Inzwischen ist es zigtausendfache Praxis, dass man in Hamburg arbeitet und in Schleswig-Holstein wohnt und auch umgekehrt. Wir als SSW wollen diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit und haben deshalb sehr bewusst - vielleicht können sich einige daran erinnern - einer Passage in unserer Landesverfassung zugestimmt, die genau diese Zusammenarbeit als eine Grundlage für unser Gemeinwesen festschreibt. Dabei dann gerade bei denen, die für uns in allerhöchsten Positionen arbeiten, jetzt einen Wohnsitz außerhalb Schleswig-Holsteins als Makel zu sehen, widerspricht dem Geist des Verfassungsartikels so eklatant, dass man wirklich nur den Kopf schütteln kann.
Dass Menschen ihr soziales Umfeld abbrechen und womöglich ihr Haus verkaufen sollen, um vielleicht nur fünf Jahre Ministerin oder Minister bei uns zu sein, ist schon ein merkwürdiges Verständnis des
wirklichen Lebens in der CDU. Das ist so weltfremd, dass man das eigentlich schon gar nicht mehr kommentieren kann. Aber dann wird auch noch gesagt, dass eventuelle Lebenspartner der Betroffenen auch umziehen müssen oder man wohl getrennte Wege gehen müsse. Es ist ja schön, dass man möglicherweise auch aus diesem Grund eine Scheidung einleiten soll. Ich dachte allerdings immer, dafür gäbe es andere Gründe. Aber denkt man einmal diesen „Wenn ich Karriere mache, muss du mir folgen“-Gedanken weiter, werden wir bald wieder da sein, wo wir schon vor 50 Jahren einmal waren: Papa verdient das Geld und macht Karriere, und Mama zieht mit um. Das ist so was von retro, meine Damen und Herren, das ist kaum noch auszuhalten.
Sollen die Familien doch ihr Leben planen, wie sie es wollen! Sollen sie doch wohnen, wo sie es wollen! Niemand braucht CDU-Vorschriften, die vorschreiben, wo jemand zu leben hat.
Ich bin froh, dass wir so gute Ministerinnen und Minister haben - egal, wo sie herkommen. Ich bin froh, dass das Team, das unser Ministerpräsident aufgestellt hat, so attraktiv ist, dass sich auch Leute von außen dafür interessieren. Meine Damen und Herren von der CDU, jedes Unternehmen wäre froh, wenn es so attraktiv wäre, dass auch Leute von außen bei diesem Unternehmen mitmachen wollen. Warum das gerade in der Politik nicht gelten soll, ist schon ein bisschen schräg.
Die CDU geriert sich doch lieber in Provinzialität. Das kann sie natürlich tun. Es schadet ja niemandem, weil sie mit solchen Vorschlägen ohnehin keinen Regierungsauftrag bekommen wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir zum ersten Mal von diesem eindrucksvollen Vorschlag hören durften, war das am 27. Mai 2016. Wir trafen uns gerade in St. Nicolai in Elmshorn und verabschiedeten uns in einer sehr bewegenden Trauerfeier von Hans Heinrich Driftmann. Was hätte dieser wahrhaft große, konservati
ve Unternehmenslenker und auch Politiker zu diesem piefigen und kleinkarierten Antrag wohl gesagt, meine Damen und Herren? Er hätte sich mit großer Verwunderung abgewandt und gefragt: Was ist aus dieser stolzen, ehemals konservativen Partei, dieser stolzen CDU Schleswig-Holstein geworden, dass sie meint, Konservatismus durch solche Anträge zum Ausdruck bringen zu müssen? Hans Heinrich Driftmann hat sein Leben lang dafür gekämpft, dass der Norden zusammenwächst. Er hat versucht, darauf hinzuwirken, dass wir ein gemeinsamer Nordstaat werden. Er hat zu den Grenzen, die wir immer denken, gefragt: Was kann falscher sein?
Da kommen jetzt welche und sagen, der Umstand, dass einer seinen Grill abends in Altona und nicht in Tönning anwirft, führt dazu, dass seine Verkehrspolitik eine schlechtere ist und gegen Schleswig-Holstein gerichtet - als wenn er es umgekehrt machte. Was für eine groteske Verkennung, woher gute Politik kommt! Sie kommt eben nicht daher, wo der Grill steht, sondern wie der Kopf tickt - und der Kopf meiner Ministerinnen und Minister, er tickt richtig.
Ich hatte die Hoffnung, dass die Schweinefleischdebatte der Höhepunkt absurden konservativen Verirrens sei. Dem war nicht so. Jetzt führen wir eine Wohnortdebatte. Demnächst führen wir eine Eheleutedebatte, eine Herkunftsdebatte, eine Kleiderdebatte oder eine Debatte darüber, welche Musik ich gern höre. Was für eine Verirrung ist das, und woher kommt das? Ich kann es wirklich nicht verstehen.
Über 200.000 Menschen in unserem Land pendeln jeden Tag in die Hamburger Stadt oder aus der Hamburger Stadt heraus. Über 200.000 wären für sich genommen die zweitgrößte schleswig-holsteinische Stadt. Ist es nicht ganz gut, Ministerinnen und Minister zu haben, die begreifen, wie das Lebensgefühl von so vielen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern in der Metropolregion ist? Ist es nicht gut, dass in diesem Kabinett Menschen sind, die das auch leben und erfahren? Wir alle reden jeden Tag in unseren Sonntagsreden von der Bedeutung der Metropolregion. Da verkörpern drei Ministerinnen und Minister meines Kabinetts diese Metropolregion, und dann wirft man ihnen allen Ernstes vor, dass sie - das ist die Übersetzung - in ihrer konkreten Politik schleswig-holsteinische Interessen verraten. Das ist nicht nur abwegig, das ist bösartig, und ich weise das mit Empörung zurück, meine Damen und Herren!
Jemand macht also bessere Politik, wenn er sein Leben in Kiel verbringt, diesen Ort nicht verlässt, als jemand, der sich jeden Tag 100 km auf den Weg nach Kiel macht, zehn Minuten davon auf Hamburger Gebiet? - Nein, er macht die bessere Politik, wenn er das Land kennt, wenn er das Land aufnimmt, wenn er dieses Land liebt.
Ich habe die Ministerinnen und Minister nach ihren Fähigkeiten ausgewählt. Ich habe sie danach ausgewählt, ob ich glaube, dass sie Herzblut haben nicht irgendwie ein vorgegaukeltes, sondern ein wahrhaftiges. Ich habe sie danach ausgewählt, ob ich glaube, dass sie sich mit großem Intellekt und tatkräftig für unser Land einsetzen werden. Ich habe sie danach ausgewählt, weil ich davon überzeugt war, dass der ehemalige Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern, der in Hamburg lebte, einer sein wird, der für unseren echten Norden kämpfen wird. Ich habe sie danach ausgewählt, weil ich glaube, dass die Pinneberger Bürgermeisterin eine ist, bei der schon die Pinneberger Bürgerinnen und Bürger gesagt haben: „Die passt gut zu uns, auch wenn sie mit ihrer Familie in Hamburg lebt.“ Ich habe sie danach ausgewählt, ob die in Berlin arbeitende großartige Bildungspolitikerin Britta Ernst eine ist, von der ich glaube, dass sie unsere Bildungspolitik nach vorn bringt.
Ich gebe zu und bekenne mich der Anklage entsprechend schuldig, dass ich nicht darauf geachtet habe, wo der Grill steht. Das interessiert mich nämlich nicht. Es interessiert mich, wie diese Leute arbeiten, ob sie das gut können.
Jede dieser Ministerinnen und Minister, meine Damen und Herren, hat nach unserer Verfassung die Verpflichtung, den Amtseid auf unser Land abzulegen. Dieser Amtseid wird auf Schleswig-Holstein geleistet. Das tun wir seit der Gründung unseres Landes 1946 so. Wer das tut und wer die von mir beschriebenen Befähigungen hat, der ist geeignet, Ministerin und Minister in unserem Land zu werden - völlig egal, wo sie oder er wohnt.
Ich gestehe: Sollte ich irgendwann einmal in die Verlegenheit kommen, jemanden aus Sylt zum Minister ernennen zu müssen - wenn er es denn kann -, dann tue ich das. - Danke.
(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf: Das Ange- bot zur Großen Koalition? - Weitere Zurufe)
Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, daher ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 18/4270 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
(Zuruf SPD: Das ist doch Quatsch! - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Das ist ein Gesetzent- wurf! - Weitere Zurufe)
- Ich warte noch ein bisschen. Gut, das reicht dann. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist der Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es besteht in diesem Haus Einigkeit darüber, dass eine Novelle der Pflegeausbildung genau das ist, was die Pflegeberufe brauchen. Wenn eine solche Novelle der Pflegeausbildung und der Pflegeberufe diskutiert wird, dann darf und soll auch gern über alles nachgedacht und diskutiert werden. Allerdings muss dann nicht alles in Gesetzesform gegossen werden, über das man einmal nachgedacht hat.
Die beiden Zweige, die diskutiert wurden - ich hoffe jedenfalls - während der Beratungen auf Koalitionsebene in Berlin, sind Generalistik und integrative Ausbildung. Dass dann am Ende ein Gesetzentwurf von einem CDU-Minister stand, der sich für die Generalistik entschieden hat, also für eine Einheitsausbildung, ist zumindest bemerkenswert. Denn ansonsten, wenn es um Ausbildung geht, steht die Union eher für Differenzierung und Vielfalt bei der Ausbildung. Das ist politisch schon bemerkenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich sage Ihnen: Man löst die Probleme der Altenpflege nicht dadurch, dass man den Altenpflegeberuf einfach abschafft - so wie es dieser Gesetzentwurf tut.
Liebe Frau Kollegin Rathje-Hoffmann, ich bin über die umgekehrten politischen Vorzeichen erstaunt gewesen, denn die Union stellt sich tapfer - oder Teile der Union auf Bundesebene, möglicherweise Teile in manchen Landesparlamenten ebenfalls hinter den Entwurf von Bundesgesundheitsminister Gröhe, während sämtliche grüne Fachministerinnen und Fachminister auf Landes genau diese Generalistik scharf - und ich will sagen: zu Recht - kritisieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung 1994 hat sich vieles verändert, insbesondere in den stationären Einrichtungen in Deutschland. Die Struktur der Heimbewohner ist deutlich älter geworden. Die Menschen, die dort untergebracht sind, sind im Durchschnitt über 85 Jahre alt, sie sind multimorbider geworden.
Selbstverständlich hat das Konsequenzen für die Ausbildung, die erfolgen muss. Selbstverständlich haben medizinische Inhalte in der Ausbildung eine immer größere Rolle gespielt. Und es ist auch richtig, dass von einer teilweise integrativen Ausbildung beide Berufszweige profitieren. Selbstverständlich macht es Sinn, dass ein Teil der Ausbildung zusammen genossen wird, weil es durchaus sein kann, wenn wir immer mehr ältere Menschen im akut stationären Bereich behandeln müssen, dass auch Menschen mit demenziellen Erkrankungen im Krankenhausbett liegen. Es ist von Vorteil, wenn die Krankenschwester, wenn der Krankenpfleger darüber Bescheid weiß. Und umgekehrt gilt das selbstverständlich ganz genauso.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende und darüber bitte ich wirklich noch einmal herzlich nachzudenken - macht es einen signifikanten Unterschied, ob ein Frühchen mit weniger als 500 g oder ein hochbetagter Mensch mit vaskulärem Syndrom vom Typ Alzheimer zu pflegen ist. Deshalb plädiere ich dafür: Wenn wir die Chance haben - und wir haben sie nach der ersten Lesung des Bundestags und nach der ersten Befassung des Bundesrats -, sollten wir noch einmal darüber nachdenken, ob es nicht sehr viel sinnvoller wäre - und zwar sinnvoller im Hinblick auf die einzelnen Bedürfnisse und Bedarfe, die unsere älter werdende Gesellschaft in Zukunft an Pflegeberufe hat -, sich dem integrativen Modell der gemeinsamen Basisausbildung - wir schlagen 18 Monate vor; das ist nicht in Beton gegossen, das können auch 24 Monate gemeinsame
Basisausbildung sein - zu nähern, um sich dann aber auf die Zweige Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege spezialisieren zu können. Wobei dieser modulare Aufbau selbstverständlich auch durchlässig sein muss.
Ich möchte an der Stelle noch einmal sagen: Ich glaube nicht, dass man die gewaltigen Probleme, die die Altenpflege hat, dadurch löst, dass man diesen gesamten Berufszweig einfach abschafft. Die löst man mit besseren Arbeitsbedingungen. Da haben wir unterschiedliche Vorstellungen, wie das im Zweifel geht. Die löst man durch eine deutlich bessere Bezahlung, die löst man aber nicht dadurch, indem man sagt: Das wollen wir in Zukunft gar nicht mehr.
Lassen Sie mich zum Schluss eines zur Finanzierung sagen: Es ist ganz wunderbar, dass die Finanzierung auch für die Altenpflege in Zukunft so geregelt werden soll, dass es selbstverständlich ist, dass niemand mehr sein Schulgeld mitbringen muss, dass es selbstverständlich ist, dass die Ausbildungsvergütung entsprechend einheitlich geregelt ist. Aber bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen: Man regelt die Finanzierung, wenn wir die Chance haben, sie neu zu regeln, nicht in einem System, an dem am Ende 32 unterschiedliche Umlageverfahren, 16 Länderfonds, zahlreiche Finanztransaktionen und bis heute vollkommen unklare Berechnungen zwischen den zahlreichen Ausbildungsträgern stehen.
Ich bitte ganz herzlich um die Überweisung unseres Antrags, unserer Anregungen, die ganz konkret sind, in den zuständigen Ausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam aus Schleswig-Holstein einen Weg finden - ein klares Signal an Schleswig-Holstein - wie wir eine konstruktive Novelle der Ausbildung der Pflegeberufe hinbekommen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich nutze einmal die kurze Pause als Gelegenheit, weil es gerade so schön passt, dazu, Vertreterinnen und Vertreter der CDU vom Ortsverein Büchen ganz herzlich im Landtag zu begrüßen. Bitte tun Sie das mit mir gemeinsam!