Protocol of the Session on April 29, 2016

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einmal direkt auf den vorliegenden Antrag eingehen, weil ich da wirklich einige Punkte sehr bemerkenswert finde. Sie schreiben hier im ersten Satz, dass der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen unterbunden werden müsse. Das ist natürlich richtig. Natürlich muss Missbrauch unterbunden werden, gar keine Frage.

(Beifall FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Im- merhin!)

- Ich mache auch gut weiter, Herr Dr. Stegner.

(Zuruf)

- Natürlich. Der zweite Satz ist auch richtig:

(Kirsten Eickhoff-Weber)

„Der für die Fleischindustrie geltende Branchenmindestlohn muss eingehalten werden.“

- Selbstverständlich muss der Mindestlohn eingehalten werden!

(Beifall FDP, Johannes Callsen [CDU] und Heiner Rickers [CDU])

Bloß frage ich mich immer, warum Sie solche Forderungen in so einem Antrag aufführen

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

und warum Sie hier dann nur die Fleischbranche nennen. Natürlich muss der Mindestlohn überall eingehalten werden.

Der dritte Satz ist dann übrigens eins zu eins wie der erste Satz mit dem Unterschied, dass der Landtag jetzt nichts mehr feststellt, sondern der Landtag die Regierung auffordert, Missbrauch von Leiharbeit zu unterbinden. Auch das ist eine sehr originelle Forderung. Ich glaube nicht, dass man die Regierung noch einmal extra auffordern muss zu handeln, wenn es zu Missbrauch in solchen Fällen kommt.

Jetzt kommen wir einmal zum Inhalt, und zwar zu diesen vier Forderungen, die Sie aufgestellt haben, durch die Sie die Regierung auffordern, etwas zu tun.

Dass Sie natürlich durch die erste Aufforderung die Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - das ist ein Gesetz, das in der Tat noch bei der Bundesregierung auf Halde liegt, da gibt es Konflikte innerhalb der Koalition - unterstützen wollen, nehme ich Ihnen auch nicht übel. Das ist auch eine berechtigte Forderung. Das haben auch andere SPD-Landtagsfraktionen in den letzten Wochen gemacht. Der 1. Mai steht schließlich vor der Tür, und der DGB hat schon Anfang April 2016 zu diesem Thema eine große Demo in München veranstaltet. Dass Sie das dann noch einmal unterstreichen - alles in Ordnung.

Der zweite Spiegelstrich hat es allerdings in sich. Die Fraktionen von SPD, Grünen und SSW fordern ihre Regierung auf, „nicht zu schweigen“. Das ist wirklich eine sehr bemerkenswerte Forderung. Im dritten Spiegelstrich wird die Landesregierung aufgefordert, für eine umfangreiche und aufsuchende Beratung für mobile Arbeitskräfte Sorge zu tragen. Da sind auch Gelder bereitgestellt worden. Da sind wir gespannt auf die Umsetzung und auf einen Zwischenbericht, den es dann sicherlich im nächsten Jahr geben wird.

Ganz am Ende des Antrags wird dann die vorhandene Selbstverpflichtung der Unternehmen in der Fleischindustrie erwähnt. Hier fordert die Koalition, dass die Umsetzung der Selbstverpflichtung regelmäßig überprüft wird. Nun schauen wir einmal in diese Selbstverpflichtung hinein. Der Kollege Voß hat ja die Selbstverpflichtung angesprochen, hat aber nicht daraus zitiert, ich glaube auch, dass er aus gutem Grund nicht daraus zitiert hat. Ich mache das jetzt einmal, weil wir dann nämlich sehen, dass Ihr kompletter Antrag ins Leere läuft.

Und zwar steht in der Selbstverpflichtung - Zitat -:

„Zur Umsetzung dieser Selbstverpflichtung wird es einen jährlichen Bericht“

- man höre und staune

„der Gesamtbranche geben, indem die Fortschritte zur Erreichung der vereinbarten Ziele, den Anteil der Stammbelegschaft zu erhöhen, sowie die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse auszubauen, dargelegt werden.“

Weiter heißt es in der Selbstverpflichtung - ich zitiere weiter -:

„Die sich der Selbstverpflichtung anschließenden Unternehmen bekennen sich zu geltendem Recht und Gesetz … Insbesondere werden die Informationsrechte des Betriebsrates rund um den Einsatz von Werkverträgen beachtet und eingehalten. Die Betriebsräte werden bei solchen Maßnahmen angehört.“

Wie gesagt: Hier werden sämtliche Forderungen aus Ihrem Antrag noch einmal bestätigt. Das ist Ihnen wahrscheinlich ein bisschen peinlich,

(Beifall FDP und Heiner Rickers [CDU])

dass aufgedeckt wird, dass in Ihrem Antrag im Prinzip von dieser Selbstverpflichtung abgeschrieben wird. Ich finde es auch wirklich nicht fair, die Selbstverpflichtung von vornherein zu diskreditieren und zu sagen: Das wird ohnehin nicht eingehalten. - Seien Sie doch nicht so skeptisch! Diese Selbstverpflichtung ist im September 2015 unterzeichnet worden, und selbst Sigmar Gabriel, Herr Dr. Stegner, hat diese Selbstverpflichtung begrüßt. Sie ist sogar auch in seinem Haus unterschrieben worden.

(Beifall FDP)

(Oliver Kumbartzky)

Herr Kumbartzky, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Bitte schön.

Lieber Herr Kollege Kumbartzky, Sie nehmen leider nicht wahr, dass der Bundeswirtschaftsminister bei vielen anderen öffentlichen Gelegenheiten auf die empörenden Missstände in diesem Bereich hinweist. Die Selbstverpflichtung gut zu finden, ist das eine, aber dafür zu sorgen, dass bei Missständen, wenn sie denn nicht beseitigt werden, dann auch mit der Konsequenz zu rechnen ist, dass dann die Gesetzgebung folgt, das ist eben das andere. Wir reden über das Jahr 2016 und nicht über das Jahr 1916. Das muss man bedenken, wenn man einmal schaut, was wir da für Verhältnisse haben. Wir haben da teilweise Arbeitnehmer, die in solchen Bereichen arbeiten - auch in Norddeutschland -, die in Erdhöhlen leben. So etwas gibt es in Deutschland noch im Kontext mit solchen Dingen. Deshalb ist beides dringend notwendig. Selbstverpflichtung ist das eine, und da stehen gute Dinge drin. Aber die Ankündigung, dass es eine gesetzgeberische Konsequenz geben wird - und zwar rasch -, wenn das nicht umgesetzt wird, ist das andere. Das ist eben politische Konsequenz. Wenn Sie bei dem zweiten mitmachen würden, wären wir bei Ihnen. Sie haben es wunderbar vorgelesen. Ich finde, das sollten Sie häufiger tun, aus unseren Anträgen vorzulesen, die sind nämlich prima.

(Beifall Kirsten Eickhoff-Weber [SPD])

Vielen Dank. Ich glaube, wir sind tatsächlich gar nicht so weit auseinander. Ich habe ja auch gesagt, dass es gut ist, dass es diese Selbstverpflichtung gibt. Das sagten Sie auch. Natürlich muss der Staat, wenn diese Selbstverpflichtung nicht eingehalten wird, zusehen, dass es da neue Regelungen gibt. Das will ich gar nicht abstreiten. Ich glaube, da sind

wir gar nicht so weit auseinander. Aber ich finde es halt immer merkwürdig, sofort -

(Wolfgang Baasch [SPD]: Bezweifeln Sie denn, dass es Missstände gibt?)

- Herr Kollege, ich finde es halt falsch, immer sofort, nachdem so eine Selbstverpflichtung unterschrieben worden ist,

(Wolfgang Baasch [SPD]: Ja oder nein? - Reicht doch!)

das dann gleich wieder zu diskreditieren. Ihr Antrag ist nun einmal ein reiner Schaufensterantrag. So ist es nun einmal.

(Vereinzelter Beifall CDU - Zuruf Kirsten Eickhoff-Weber [SPD])

Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen. Ich glaube nicht, dass der Antrag den Kollegen dort hilft. - Ganz ehrlich. Was soll das denn?

(Beifall FDP)

Der CDU-Änderungsantrag bringt es kurz und knackig auf den Punkt.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Es gibt nun einmal die Selbstverpflichtung, Missbrauch von Zeitarbeit muss unterbunden werden, Gesetze müssen eingehalten werden, aber die Zeitarbeit darf auch nicht überreguliert werden.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

- Nun hören Sie doch einmal auf mit dieser Klassenkampfrhetorik!

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Zeitarbeit kann auch gut und gern ein Sprungbrett in Beschäftigung sein, insbesondere für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose. Sprechen Sie einmal mit Leuten, die von der Zeitarbeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gekommen sind! Die werden das bestätigen. Sie sollten den Wert und Erfolg von Zeitarbeit nicht schmälern. Frau Eickhoff-Weber, ohne Zeitarbeit ginge es dem deutschen Arbeitsmarkt schlechter, aber auch vielen Arbeitnehmern. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Uli König das Wort.