Protocol of the Session on April 27, 2016

Nachdem wir im September letzten Jahres die erste Lesung zum Landesnaturschutzgesetz sowie anderer Vorschriften hatten, hat es dazu ein ordentliches parlamentarisches Verfahren mit einer schriftlichen und einer mündlichen Anhörung gegeben. Die sehr umfangreiche Anhörung fiel - das kann auch nicht anders sein - im Ergebnis sehr unterschiedlich aus. Die Diskussionen um den Gesetzentwurf wurden kontrovers und zum Teil auch sehr emotional geführt. Das macht deutlich, welchen Stellenwert Naturschutz und Landschaft haben und welche Bedeutung das Landesnaturschutzgesetz dabei hat.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Die Anregungen aus der Anhörung haben wir dann auch zum Anlass genommen, Teile des Gesetzentwurfs zu ändern. Auch bei uns hat es darüber sehr intensive Beratungen gegeben, ohne dass wir dabei jedoch das Ziel aus den Augen verloren haben, die biologische Vielfalt zu stärken. Für die sehr konstruktive Diskussion möchte ich mich bei allen bedanken, aber auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen.

Ein wichtiger Aspekt zum Schutz der Vielfältigkeit ist die Sicherung der Lebensräume. Der Biotopenverbund ist hierfür ein geeignetes Instrument. Durch die Vernetzung sichern wir Lebensräume und -arten. Wir wollen landesweit auf eine Erhöhung der miteinander zu verbindenden Vorrangflächen für Natur auf 15 % hinwirken. Davon sollen mindestens 2 % der Flächen weitgehend unbeeinflusst von menschlichen Nutzungen bleiben. Zur Unterstützung dieser Ziele wird das Vorkaufsrecht wieder eingeführt, um somit naturschutzfachlich besonders wertvolle Flächen besser schützen zu können.

Auch mit der schrittweisen Ausweitung der Umwandlung von Naturwäldern in öffentliche Wälder auf 10 % werden wir künftig einen Beitrag zur Erfüllung der Biodiversitätsziele der Bundesregierung leisten. Dadurch erreichen wir, dass auf diesen Waldflächen nach einer Übergangszeit Bäume in

(Angelika Beer)

jeder Altersstufe stehen, die für unterschiedliche Tierarten Nahrung und Lebensraum bieten.

Die Bedeutung des Dauergrünlandes ist aus naturschutzfachlicher Sicht unbestritten. Doch viele der Grünlandflächen sind Opfer intensiver Landwirtschaft geworden. Gerade die sehr blühreichen Grünlandflächen sind Lebensraum zahlreicher Tierund Pflanzenarten. Diesem Aspekt wird im Landesnaturschutzgesetz künftig Rechnung getragen. Aus diesem Grund wird arten- und strukturreiches Dauergrünland künftig als geschütztes Biotop aufgenommen. Das heißt, es darf weiterhin bewirtschaftet werden wie bisher, jedoch darf es aus naturschutzfachlicher Sicht nicht zu einer Verschlechterung der ausgewiesenen Flächen kommen. Es gilt sozusagen ein Verschlechterungsverbot. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass der Landwirt die bisherige Nutzungsweise und Bewirtschaftung fortführen kann. Das hat also mit Enteignung ganz und gar nichts zu tun.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Der SSW hat 2007 bei der Änderung des Landesnaturschutzgesetzes die Abschaffung der Positivliste, in der Eingriffstatbestände definiert wurden, sehr kritisiert. Diese Liste hatte nach unserer Auffassung zu einer gesteigerten Rechtssicherheit geführt. Zumindest bei den dort aufgeführten Eingriffen konnte man sich sicher sein, dass diese nicht erlaubt sein würden. Das Weglassen der Positivliste lässt Definitionsspielraum, der zu Unsicherheiten und möglicher Ungleichbehandlung führt. Aus diesem Grund wird die Positivliste von Eingriffen wieder eingeführt.

(Beifalls SSW, Kirsten Eickhoff-Weber [SPD] und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit wird eine, auch nach Auffassung der Naturschutzbehörden, bewährte Regelung in das Gesetz wieder aufgenommen. Die Liste dient den zuständigen Behörden als Orientierungshilfe, wann ein von ihnen zuzulassendes oder durchzuführendes Vorhaben voraussichtlich einen naturschutzrechtlichen Eingriff darstellen wird. Die Positivliste sorgt somit für Klarheit und für Rechtssicherheit.

Wenn wir jetzt bei den Kreisen sind: Als Koalition ist uns der Kreisbeauftragte für Naturschutz sehr wichtig. Daher soll dessen Einsetzung künftig verpflichtend sein. Ebenso soll bei den unteren Naturschutzbehörden künftig ein Beirat für Naturschutz gebildet werden. Beides sind wesentliche Instrumente des ehrenamtlichen Naturschutzes. Sie

sind vor Ort und nehmen Handlungsbedarf und Auswirkungen von Maßnahmen sehr zeitnah wahr. Das dient letztendlich auch den Behörden. Sie sind ein wichtiges Bindeglied im Wirkungsgefüge von Politik, Verwaltung, Bürger und Naturschutzverbänden. Damit können sie bereits im Vorfeld dazu beitragen, Konflikte anzusprechen und gegebenenfalls zu lösen.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass diese Stärken auch künftig genutzt werden können. Ein weiterer Punkt, den ich dann auch ansprechen möchte, ist einer, den wir auch aus der Anhörung mitgenommen haben, das ist das Betretungsrecht. Der Ansatz der allgemeinen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Natur findet prinzipiell die Zustimmung beim SSW,

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

jedoch müssen wir erkennen - das war auch das Ergebnis der Anhörung -, dass das Betretungsrecht auf breiten Widerstand gestoßen ist. Wir haben die Äußerungen sehr ernst genommen und sind dann übereingekommen, das allgemeine Betretungsrecht herauszunehmen.

Wie bereits gesagt, hat es zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes eine sehr umfangreiche Anhörung gegeben. Wir haben uns mit allen Beteiligten getroffen, ihnen zugehört und mit ihnen diskutiert. Das Ergebnis liegt heute in Form dieser Anträge vor. Daraus geht auch deutlich hervor, dass wir uns den Vorschlägen in keiner Weise verwehrt haben, im Gegenteil: Einiges davon wurde aufgenommen und umgesetzt.

Bei allem war für uns aber wichtig, dass sich unser Ziel - die Stärkung der biologischen Vielfalt und Biodiversität - wie ein roter Faden durch dieses Landesnaturschutzgesetz zieht. Ich denke, dies ist uns auch wirklich gelungen. Wir werden ein fortschrittliches Landesnaturschutzgesetz bekommen, das auf Nachhaltigkeit und Biodiversität ausgerichtet ist. Es steht in keiner Weise im Widerspruch zu den Nutzern, denn der Schutz und der Erhalt von Natur und Landschaft dienen letztendlich auch dem wirtschaftlichen Nutzen. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat die Frau Abgeordnete Sandra Redmann.

(Flemming Meyer)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rickers, Herr Kumbartzky, um was ging es Ihnen eigentlich in Ihrem Redebeiträgen? Ich muss gestehen, ich habe das nicht verstanden. Welche Antworten geben Sie eigentlich? Stellen Sie überhaupt Fragen? - Auch nicht. Kein Wort über den Verlust der Arten, kein Wort über den Verlust natürlicher Lebensräume, nichts! Das Einzige, was Sie sagen und was Sie in dem ganzen Verfahren gesagt haben, ist: Nein, will ich nicht! - Ganz super, wirklich toll. Wen wollen Sie damit eigentlich beeindrucken? Sachliche Diskussion: null, Diskussion über einzelne Punkte: gar nichts.

Sie wissen genau, dass wir etwas tun müssen. Mein Verdacht ist eher, dass Sie damit irgendwie einer bestimmten Klientel abringen wollten, dass sie Ihnen Lob zollt. Das passiert aber nicht, das haben wir auch bei der Demonstration gesehen. Einen Tag vor der Demonstration haben Sie ein Landwirtschaftspapier herausgegeben in der Hoffnung, dass Sie gelobt werden. Das Lob ist ausgeblieben, zumindest habe ich nichts gelesen. Sie wollten einfach nur Aggressionen schüren, und wie Herr Meyer schon eben richtig gesagt hat, wieder zurück in die alte Diskussion zwischen Schützern und Nutzern. Das war Ihr Ziel, und dieser Plan ist nicht aufgegangen.

(Beifall SPD und SSW)

Ich hatte schon den Eindruck, dass wir mit dem Bauernverband - den greife ich jetzt einmal explizit heraus - eine sehr gute fachliche und sachliche Diskussion hatten. Dass es da in einzelnen Punkten unterschiedliche Auffassungen gibt, ist doch ganz normal, das ist doch logisch! Aber die haben sich dem nicht verwehrt. Ich habe von denen nicht ein einziges Argument gehört, dass in Ihre Richtung in der Art und Weise, wie Sie es hier vorgetragen haben, geht. Das lässt tief blicken!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie haben das Stichwort Waldgesetz genannt. Ja, Herr Kumbartzky, es stimmt: Wir haben keine zusätzlichen Änderungen aufgenommen. Ich habe allerdings in meiner Rede auch gesagt: Es wird in diesem Bereich für die Umsetzung noch Vorschläge der SPD-Fraktion geben. Ich gebe auch ein Stichwort: Naturschutz im Forst. Wie können wir da beispielsweise die Waldbesitzer unterstützen? In dem Fall des Landesnaturschutzgesetzes können wir das jetzt nicht akut, aber in der Umsetzung sehr

wohl. Ich habe übrigens mit dem Waldbesitzerverband telefoniert und ihm das bereits mitgeteilt.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Gut! Was denn?)

Lassen Sie mich zum Abschluss etwas sagen zur Behauptung, dem Minister in den Rücken zu fallen: Ich falle grundsätzlich niemandem in den Rücken, das ist nicht meine Art. Wenn ich auf jemandem sauer bin oder meinem Ärger Luft machen muss und Robert Habeck kennt das -,

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Wir auch!)

mache ich das immer sehr offen und klar, mitten ins Gesicht. Da brauche ich nicht erst jemandem in den Rücken fallen. - Vielen Dank.

(Heiterkeit - Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Heiner Rickers.

(Unruhe - Knacken des Mikrofons)

Ich habe nicht einmal einen Herzschrittmacher oder sonst etwas. Aber jedes Mal bin ich spannungsgeladen. Hoffentlich, nicht wahr, Herr Dr. Stegner?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das muss am Inhalt Ihrer Rede liegen! - Weitere Zurufe)

Sehr geehrte Frau Sandra Redmann, natürlich haben wir Antworten, und natürlich haben wir auch diskutiert. Fangen wir einmal beim Artenschutzbericht an. Ich habe mehrfach gesagt, was uns ärgert. Ich gehe nicht nur in meinem Wahlkreis, sondern im gesamten Kreis Steinburg regelmäßig mit zu Treibjagden, ob Sie es gut finden oder nicht. Warum gehe ich dort mit hin? - Nicht um zu schießen, sondern um zu sehen, wie sich dort die Artenvielfalt entwickelt hat.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Auf der Treibjagd?)

Und siehe da, was sehe ich da auf der Treibjagd? Sind Sie schon einmal mit gewesen, wenn man 15 km durch die Natur läuft?

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sehr häufig! - Zurufe SPD)

- Und was haben Sie gesehen?

(Unruhe)

Herr Rickers, Sie haben das Wort zu einem Beitrag!

Ich habe das Wort und werde Ihnen auch erklären, warum gerade dies mir auch gezeigt hat, dass nicht richtig ist, was Sie immer wieder behaupten. Sie sagen immer wieder: Artenvielfalt, Landwirtschaft, Intensivierung - alles sei schlechter geworden. Jetzt haben wir seit wenigen Jahren eine neue Agrarpolitik: Es gibt Greening, Fruchtfolgeverpflichtung, Randstreifenprogramme. Nicht alle Agrarumweltmaßnahmen, die hier in Schleswig-Holstein umgesetzt wurden, sind schlecht. Das möchte ich überhaupt nicht sagen.

Was ist das Ergebnis? Es ist vieles besser geworden. Wir laufen sowohl über die intensiv als auch über die extensiv genutzten Flächen, und die extensiven haben im Flächenumfang extrem zugenommen. Was stellen wir fest? Auf den extensiven Flächen ist auch kein Artenzuwachs zu verzeichnen, im Gegenteil: Wir haben keinen Fasan gesehen, keinen Hasen, kein Kaninchen, kein Rebhuhn. Wir haben nur das gesehen, was wir eigentlich nicht sehen wollen: Marder und Füchse - Prädatoren, Sie kennen das. Warum kommen wir dann zu dem Ergebnis, dass wir keine Lösungen haben? Weil Sie nicht wissen, wie es geht, und weil wir ein Stück weit auch nicht wissen, wo die Lösung liegt.

Ich komme zu einem anderen Punkt: Die Probleme, die durch die moderne anspruchsvolle Gesellschaft in Ballungszentren auftreten, sollen hier wieder einmal im ländlichen Raum bereinigt werden. Das kann so nicht gehen. Sie haben zu dem, was ich anzusprechen versucht habe, nicht eine Idee genannt. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, weniger auf der grünen Wiese zu bauen und mehr im Altbestand zu sanieren und dafür vielleicht auch Geld auszuloben?

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie kommen immer nur auf die Idee: Wir verwenden die Gelder als Ausgleichsmittel, kaufen Land, das legen wir still. Das ist bei Ihnen der einzig machbare Weg, die einzige Idee. Das kann auf Dauer so nicht gehen. 35.000 ha Eigentum in der Stiftung Naturschutz innerhalb von 25 Jahren: Nun erklären Sie mir einmal, ob das viel oder wenig ist! Ich würde sagen, dass es sehr viel ist. Denken Sie einmal darüber nach, ob es so weitergehen soll. Überall wurden Schutzzonen eingerichtet, halb